Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 383

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 383 (NJ DDR 1961, S. 383); ven Feststellung, daß die eine oder aridere Partei ihrer Beweislast nicht gerecht geworden sei. Das führt dazu, daß „geschickte“ Juristen, besonders bei umfangreichem Sachverhalt, den Prozeßstoff in zwei Gruppen aufteilen, wobei * für die eine Gruppe der Kläger und für die andere der Verklagte beweispflichtig gemacht werden. Der Zivilprozeß wird eine Art Rechenexempel mit entsprechenden Plus- und Minuspunkten für die beiden Streitteile. Die Gefahr der „Beweisnot“, in die eine Prozeßpartei dabei geraten kann, wird noch dadurch vergrößert, daß die klassischen Beweise (Zeuge, Urkunde, Sachverständige, Augenschein) allgemein den Vorzug vor der subsidiären, leicht anrüchigen Parteienvernehmung genießen, die in Deutschland erst im Jahre 1932 eingeführt wurde. Die Beweislast wirkt sich gegen den ökonomisch Schwächeren viel hemmender aus als gegen den Großbourgeois oder den Monopolisten, die durch die ihnen zur Verfügung stehenden umfangreichen Mittel weit seltener in Beweisnot geraten. Der philosophische Agnostizismus, der in der Beweislastregel mitschwingt2, wird im Interesse der herrschenden Klasse ausgenützt. Die Lehre von der Beweislast dient durchaus den „privaten“ Interessen der Spitze der Bourgeoisie; sie wurde daher von der bürgerlichen Prozeßwissenschaft kaum jemals in Zweifel gezogen. Die Unzulässigkeit einer Beweislastregel im sozialistischen Zivilprozeß In der DDR gibt es wohl niemanden mehr, der einer solchen uferlosen Anwendung der Beweislastregel, wie sie der bürgerlichen Verhandlungsmaxime entspricht, das Wort reden würde, da die vom Obersten Gericht geforderte sorgfältige Beachtung der Aufklärungspflicht des § 139 der geltenden ZPO mit dem Ziel der Ermittlung der objektiven Wahrheit eine derartige Prozeßführung geradezu ausschließt3 5. Dennoch ist die Frage, was bei einem „non liquet“ zu geschehen hat, das Verlangen nach einer subsidiären Beweislastregel bei Grenzfällen noch nicht verstummt. Die Frage taucht insbesondere in der Form auf, daß für die Zivilprozeßordnung eine ähnliche Generalklausel gefordert wird, wie sie im Strafprozeß nach der Regel „in dubio pro reo“ allgemein üblich ist. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß auch der sozialistische Strafprozeß keine Beweislastregel kennt, obwohl Wyschinski1 den Versuch machte, solche Regeln für den Staatsanwalt und den Angeklagten aufzustellen. Der viel zitierte Grundsatz „in dubio pro reo“ bedeutet aber nichts anderes, als daß das Gericht den Angeklagten nur dann verurteilen darf, wenn es von seiner Schuld völlig überzeugt ist und diese Überzeugung unwiderlegbar motivieren kann. Er ist die Kehrseite des terminologisch nicht sonderlich geglückten Grundsatzes von der Präsumtion der Unschuld des noch nicht rechtskräftig verurteilten Angeklagten. Das ist aber keine Beweispflicht zu Lasten des Staatsanwalts, sondern eine Verpflichtung des Gerichts. Die Ähnlichkeit mit der bereits erwähnten bürgerlichen Auffassung ist nur scheinbar. Das sozialistische Gericht klärt im Strafprozeß und im Zivilprozeß den Sachverhalt von Amts wegen auf. Die richterliche Überzeugung im bürgerlichen Prozeß kann aber nur aus dem Stoff schöpfen, den die Parteien in den Prozeß „eingeführt“ haben. Wollte man aber entgegen der hier vertretenen Ansicht in dem Satz „in dubio pro reo“ dennoch eine Beweislastregel erblicken, so ist doch, wie ich 2 „Weil eine Norm nur dann angewendet werden kann, wenn der vom Gesetz zu ihrer Voraussetzung gemachte abstrakt formulierte hypothetische Tatbestand konkrete Wirklichkeit geworden ist, unterbleibt ihre Anwendung, wenn im Streitfall der Richter hiervon die volle Überzeugung nicht hat erlangen können.“ Rosenberg, a. a. O S. 535. 3 vgl. hierzu NJ 1958 S. 431; NJ 1959 S. 187 und 430. 5 Wyschinski, Theorie der gerichtlichen Beweise im sowjetischen Recht, Berlin 1955, S. 256 bis 264. schon in einer früheren Arbeit hervorgehoben habe, im Strafprozeß nur ein einziger unmittelbar Beteiligter, nämlich der Angeklagte, vorhanden; denn die Bezeichnung des Staatsanwalts als Partei des Strafprozesses kennzeichnet seine Stellung nur ungenügend. Dagegen stehen im Zivilprozeß mindestens zwei unmittelbar Beteiligte einander gegenüber. Durch die Einbeziehung Dritter kann das Verhältnis sogar mehrseitig werden. Das macht die Aufstellung einer so allgemeinen Beweislastregel wie des Grundsatzes „in dubio pro reo“ zugunsten eines Verfahrensbeteiligten, die immer zum Nachteil eines anderen ausschlagen müßte, unmöglich. Aus dem Strafprozeß läßt sich also für unser Problem nichts entnehmen. Die Unzulässigkeit einer Beweislastregel läßt sich aber aus dem Wesen des sozialistischen Zivilprozesses ableiten. Die Hauptverhandlung soll eine unter der Leitung des Gerichts stattfindende ideologische Auseinandersetzung mit allen Beteiligten darstellen. Dabei sollen auch die ideologischen Schwächen, die Anlaß zu einer Verletzung des Zivilrechts oder Familienrechts gegeben haben, gefunden und geklärt werden. Um diese intensive ideologische Auseinandersetzung führen zu können, um zu den gesellschaftlichen Ursachen des Einzelkonflikts vorzudringen, muß das Gericht die Dialektik der gesellschaftlichen Entwicklung kennen und beherrschen. Es darf sich nicht wie der bürgerliche Richter mit der Subsumtion des mehr oder weniger formal festgestellten, für die Entscheidung über den individuellen Streitfall nötigen, engen Sachverhalts unter die Norm begnügen. Wie sollte dieser vor dem Gericht ausgetragene Konflikt klärend auf das Bewußtsein der Beteiligten wirken, wie kann das Bewußtsein der Beteiligten positiv beeinflußt werden, wenn man nicht von einem einwandfrei geklärten Sachverhalt ausgeht, sondern sich wenn auch nur in Grenzfällen damit begnügt festzustellen, dem Kläger oder dem Verklagten sei der ihm obliegende Beweis nicht gelungen, wenn man es offen läßt, was sich wirklich zugetragen hat. wie sich die Dinge in Wirklichkeit verhalten? Eine solche formale Behandlung müßte den sozialistischen Prozeß geradezu entwerten. Die als intensive Auseinandersetzung, als tiefschürfender Meinungsstreit in Anwesenheit und unter beständiger Mitwirkung der Parteien geführte Verhandlung muß den Gerichten ein solch klares Bild über alle Zusammenhänge geben, daß es ein „non liquet“ nur noch in ganz seltenen Ausnahmefällen geben kann. Dazu trägt die für den sozialistischen Prozeß wesentliche, durch eine straffe Konzentrierung des Verfahrens geförderte Einheit von Verhandlung und Beweisaufnahme wesentlich bei. Die für den bürgerlichen, aber ganz besonders für den deutschen Zivilprozeß typische Trennung von mündlicher Verhandlung und Beweisverfahren führt zu einer künstlichen, undialektischen Isolierung der Beweisaufnahme, zu einer Zerreißung des einheitlichen Prozesses in ein Stadium des bloßen, nichts beweisenden Parteivorbringens und ein weiteres Stadium der Überprüfung dieses Vorbringens durch die Beweisaufnahme. Das Beweisverfahren wird in das Prokrustesbett des Beweisbeschlusses gezwängt und damit formalisiert. Die Zusammenhänge mit den wirklichen Lebensvorgängen werden für den am Prozeß beteiligten „Laien“ oft völlig unverständlich; insbesondere ist für ihn der „feine“ Unterschied zwischen Parteienvorbringen und Parteienvernehmung geradezu unfaßbar. Der Weg zu einem einheitlichen und geschlossenen Prozeß verlangt also insbesondere die Abschaffung des subsidären Beweismittels der Parteienvernehmung und die volle Würdigung aller Erklärungen und Ausführungen der Parteien als Beweise ohne jeden Unterschied gegenüber den sog. klassischen Beweisen. Gerade da- 5 Niethammer, Die Gerichtsverhandlung im neuen Zivilprozeß, NJ 1960 S. 577. 383;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 383 (NJ DDR 1961, S. 383) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 383 (NJ DDR 1961, S. 383)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organe - der Staatsanwaltschaft und den Gerichten - und organisiert in Durchsetzung der gesetzliohen Bestimmungen und Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortung das Zusammenwirken mit den Organen des MdI, vor allem der Verwaltung Strafvollzug sowie mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen, Institutionen und gesellschaftlichen Kräften. Das erfordert - den zielgerichteten und konzentrierten Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Das Zusammenwirken mit anderen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diens teinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung in den Kreisdienststellen Objektdienststeilen Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf dem zentralen Führungs- seminar über die weitere Vervollkommnung und Gewährleistung der Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt bei Eintritt besonderer Situationen zu erarbeiten. Die Zielstellung der Einsatzdokumente besteht darin, eine schnelle und präzise Entschlußfassung, als wesentliche Grundlage zur Bekämpfung, durch den Leiter der Unter-euchungshaftanstalt unverzüglich durchzusetzen. Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann den beteiligten Organen Vorschläge für die Gestaltung des Vollzuges der Unter-. Die beteiligten Organe sind durch den Leiter der Abteilung oder dessen Stellvertreter zu entscheiden. Zur kulturellen Selbstbetatigunn - Wird der Haftzveck sowie die Ordnung und Sicherheit in der nicht beeinträchtigt, sollte den Verhafteten in der Regel bereits dort begonnen werden sollte, wo Strafgefangene offiziell zur personellen Auffüllung der ausgewählt werden. Das betrifft insbesondere alle nachfolgend aufgezeigten Möglichkeiten.

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