Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 357

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 357 (NJ DDR 1961, S. 357); dleekt und Justiz in de* d&uudasrepublik CARLOS FOTH und GERHARD ENDER, Staatsanwälte beim Generalstaatsanwalt der DDR Neue Beweise gegen Globke, den Eichmann in Bonn Der „höchste und einflußreichste Berufsbeamte der Bundesrepublik“, wie die Hamburger Zeitschrift „Die Zeit“ Dr. Hans Globke in ihren einleitenden Bemerkungen zu dem am 17. Februar 1961 abgedruckten Interview mit ihm nennt, hat sein jahrelanges beharrliches Schweigen nun endlich gebrochen. Er hat sich am 28. April 1961 sogar zu einem Fernsehinterview gestellt, in dem er ein wesentliches und aufschlußreiches Teilgeständnis abzulegen gezwungen war. Globke tat diesen Schritt nicht freiwillig: Er wollte ihn nach seiner eigenen Darstellung erst tun, wenn er keine amtliche Stellung mehr bekleidet, aber er wurde durch die immer stärker werdende Empörung der 'Weltöffentlichkeit und die Fülle -der täglich neu entdeckten Beweise über seine Mitschuld an der Ausrottung der Juden, insbesondere durch den erst in diesen Tagen uraufgeführten Fernseh-Dökumentarfilm „Aktien J“, dazu gezwungen. Wie unfreiwillig Globke diesen Schritt tat, beweisen sein im Juli vorigen Jahres gestellter Strafantrag gegen „Unbekannt" wegen der Veröffentlichung der Broschüre „Globke und die Ausrottung der Juden“ und die im Januar 1961 erfolgte Beschlagnahme der in Frankfurt (Main) durch Vertreter der Obersten Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik übergebenen Dokumente, die Globke aufs schwerste belasten. Das beweist weiter die erzwungene Abgabe des durch den hessischen Generalstaatsanwalt Dr. Bauer gegen Globke eingeleiteten Ermittlungsverfahrens an deg in der Reinwsschungspraxis bewährten Oberstaatsanwalt in Bonn (erzwungen deshalb, weil Dr. Bau: den beiden Vertretern der Obersten Staatsanwaltschaft der DDR gegenüber ausdrücklich betonte, daß er von sich aus nicht daran denke, das Verfahren nach Bonn abzugeben). Und das beweist schließlich der Anfang Februar 1961 erfolglos von Globke gestellte Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen den Abdruck von Dokumenten in der Wiesbadener Illustrierten „Weltbild“. Globkes Teilgeständnis im westdeutschen Fernsehen ist deswegen so aufschlußreich und sensationell, weil Globke viele Tatsachen eingesteht, die er bisher nicht nur hartnäckig geleugnet hat, sondern gegen deren Aufdeckung er unter den bundesrepublikanischen Verhältnissen sogar wagen konnte, Strafantrag zu stellen. Inzwischen hat sich bekanntlich der Autor der von Bonn geächteten Broschüre „Globke und die Ausrottung der Juden“, der bekannte Journalist Rudolf Hir sch , bereit erklärt, vor jedem westdeutschen Gericht den Wahrheitsbeweis für die von ihm veröffentlichten Tatsachen anzu treten*. Offenbar hat der Oberstaatsanwalt in Bonn bisher noch keine Erlaubnis erhalten, das zu tun, wozu jeder Staatsanwalt in einem Rechtsstaat kraft Gesetzes verpflichtet ist, nämlich das Ermittlungsverfahren gegen „Unbekannt“ in ein Ermittlungsverfahren gegen einen bekannten „Täter“ umzuwandeln und den Beschuldigten, der seine Bereitschaft dazu ausdrücklich und öffentlich erklärt hat, zu hören. Oder hat der Oberstaatsanwalt in Bonn dieses von ihm eingeleitete Ermittlungsverfahren bereits wegen erwiesener Schuldlosigkeit eingestellt und den Anzeigeerstatter Globke 1 ND vom 13. April 1961, S. 7. mit dem Hinweis auf dessen eigenes Geständnis entsprechend beschieden? Die Öffentlichkeit würde sich sicherlich dafür interessieren, welche Antwort der Oberstaatsanwalt in Bonn auf diese Fragen geben kann. Was hat nun Globke eingestanden? 1. Globke gestand, daß er an der ersten Ausführungsverordnung zum Reichsbürgergesetz und zum Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre mitgearbeitet hat an jenen Gesetzen also, die die Grundlage für die spatere Vernichtung von sechs Millionen Juden geschaffen haben. 2. Globke gestand: „Das Namensänderungsgesetz ist von mir verfaßt worden-1 jenes barbarische faschistische Gesetz also, das die jüdischen Bürger zwang, die Vornamen Sara und Israel anzunehmen, und sie dadurch Gestapo, SS und SD auslieferte. 3. Globke gestand, daß auf Grund dieses von ihm verfaßten Namensgesetzes die Hinzufügung der Namen Sara und Israel der Leitsteüe der Gestapo durch die Standesbeamten zu melden war. 4. Globke leugnete mit keinem Wort, daß er den Kommentar zu den verbrecherischen Nürnberger Rassengesetzen verfaßte, den der Vorsitzende des NS-Volksgerichtshofes, Blutrkhter Freister, jubelnd begrüßte. 5. Globke gestand, daß er Vorschläge zur Kennzeichnung der Pässe der jüdischen Bürger unterbreitete, die ihnen ein Entkommen in die Schweiz unmöglich machen sollte. 6. Globke gestand, daß er während des Krieges die Anordnung bekräftigte, wonach Heiratsanträgen von Ausländern Fotos in unbekleidetem -Zustand bzw. im Badeanzug beigefügt werden mu'teo, um die Betreffenden „rassisch" zu überprüfen eine Verordnung, die zur Aussonderung der angeblich Minderwertigen in die Gasöfen der KZ diente2. Dieses Teilgeständnis Globkes bestätigt die von der Deutschen Demokratischen Republik der Öffentlichkeit mitgeteilten Tatsachen und enthüllt, in welch furchtbarer Weise sich der Staatssekretär im Bonner Bundeskanzleramt „der höchste und einflußreichste Berufsbeamte“ an den Verbrechen Eichmanns mitschuldig gemacht hat, ja, erst die Grundlage und unabdingbare Voraussetzung für diese Verbrechen geschaffen hat. Allein diese von Globke ein gestandenen Tatsachen würden in jedem demokratischen Staat ausrekhen, um ihn sofort seines Amtes zu entheben und vor Gericht zu stellen. Allein das erzwungene Eingeständnis, die 1. Ausführungsverordnung zum Reichsbürgergesetz und zum Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre ausgearfoeitet zu haben, belastet Globke als einen der Hauptverantwortlichen für die Ausrottung der Juden in ganz Europa. Es ist geradezu eine Verhöhnung der Opfer, wenn Globke in seinem Fernsehinterview zum Ausdruck bringen will, daß er „mit Hilfe dieser 1. Ausführungsverordnung die Wünsche des ehemaligen Stellvertreters des Führers“, S Ausschuß für Deutsche Einheit zum Geständnis des 25ch-mann-Komplieen, ND vom 30. April 1961, S. 2. 357;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 357 (NJ DDR 1961, S. 357) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 357 (NJ DDR 1961, S. 357)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der hier zu untersuchenden Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Verhaltensweisen Ougendlicher werden Jedoch Prüfungshandlungen sowie Befragungen auf verfassungsrechtlicher auf Grundlage des Gesetzes relativ häufig durchgeführt. Alle diesbezüglichen Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie mit den Mitteln des Gesetzes zu beachten, daß die Gefahr nicht nur zum Zeitpunkt ihrer Mitteilung an Staatssicherheit , sondern auch noch zum Zeitpunkt der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß die operative Beobachtung rechtzeitig geplant und sinnvoll in die gesamten Maßnahmen zur Vorgangsbearbeitung eingegliedert wird. Die Beobachtung muß durch ein richtig aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken der verschiedenen operativen Kräfte, Mittel und Methoden, Absichten und Maßnahmen feindlich-negativer Kräfte zur Planung und Vorbereitung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten aufzuspüren und weiter aufzuklären sowie wirksame Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte und ihnen vorgelagerten Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen, Die vorbeugende Sicherung von Personen und Objekten, die im staatlichen Interesse eines besonderen Schutzes bedürfen. Die politisch-operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet geht übereinstimmend hervor, daß es trotz der seit dem zentralen Führungsseminar unternommenen Anstrengungen und erreichten Fortschritte nach wie vor ernste Mängel und Schwächen in der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung -von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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