Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 339

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 339 (NJ DDR 1961, S. 339); Prinzip abgeht, alle gesellschaftsgefährlichen und unter Strafe gestellten Handlungen mit Kriminalstrafe zu verfolgen. Das AGB und vorher die Richtlinie vom 4. April 1960 stellen ausdrücklich fest, daß nicht alle gesellschaftsgefährlichen und vom Gesetz verbotenen Handlungen strafrechtlich verfolgt zu werden brauchen. Das Verhältnis von Gesellschaftsgefährlichkeit und Strafbarkeit Das theoretische Problem des Verhältnisses der Gesellschaftsgefährlichkeit, der Strafbarkeit und der Strafrechtswidrigkeit einer Handlung gewinnt damit eine neue Bedeutung. Die Handlungen geringer Gesell-schaftsgefährlichkeit, die an die Konfliktkommissionen abgegeben werden, hören nicht auf, strafrechtswidrig, d. h. strafrechtlich verboten zu sein, so wenig wie sie auf hören, gesellschaftsgefährlich zu sein; deswegen werden sie ja den Konfliktkommissionen übergeben. Die konkreten Handlungen sind dann aber nicht mehr strafbar in dem Sinne, daß strafrechtliche Maßnahmen erforderlich sind. Es ist nicht mehr notwendig, in diesem Falle Strafzwang anzuwenden. Bisher hatte die Unterscheidung zwischen Gesellschaftsgefährlichkeit und Strafbarkeit einer Handlung keine erheblich praktische Bedeutung. Jetzt aber müssen wir davon ausgehen, daß nicht nur in einzelnen Ausnahmefällen, sondern in verhältnismäßig vielen Fällen eine Handlung zwar (gering) gesellschaftsgefährlich sein kann, daß aber die Anwendung von Strafmaßnahmen nicht notwendig ist, d. h., daß sie in diesem Sinne nicht strafbar ist. Es wird im weiteren noch sichtbar werden, daß bei der Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit und der Strafbarkeit einer Handlung teilweise unterschiedliche Kriterien anzuwenden sind. Damit soll der enge Zusammenhang beider Eigenschaften nicht geleugnet werden. Wenn z. B. die Handlung nicht gesellschaftsgefährlich ist, so steht die Frage der Strafbarkeit überhaupt nicht; sie steht erst dann, wenn die Gesellschaftsgefährlichkeit der Handlung festgestellt ist. Der Unterschied beginnt allerdings schon, wenn untersucht wird, mit welcher Begründung die Verfahren an die Konfliktkommission übergeben werden. Wenn die Handlung, wenn auch nur gering, gesellschaftsgefährlich ist, so kann § 8 StEG nicht angewendet werden. Die Übergabe an die Konfliktkommission und die Einstellung des Verfahrens ergibt sich jetzt nach der Ergänzung der StPO durch das Einführungsgesetz zum AGB vom 12. April 1961 (GBl. I S. 49) unmittelbar aus den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl. § 3 EGAGB). Dadurch wird auch gesetzlich hervorgehoben, daß die Konfliktkommission eine wichtige staatliche Funktion übernommen hat. Hinsichtlich des Unterschieds der Verfahrenseinstellung bei Handlungen geringer Gesellschaftsgefährlichkeit und bei fehlender Gesellschaftsgefährlichkeit ist auch noch folgendes zu beachten: Bei geringer Gesellschaftsgefährlichkeit kann das Verfahren nur unter gleichzeitiger Übergabe an die Konfliktkommission eingestellt werden (§ 3 EGAGB). Liegen die Voraussetzungen von § 8 StEG vor, ist eine Übergabe an die Konfliktkommission nicht zwingend erforderlich. Wohl aber sind auch in diesem Falle die Strafverfolgungsorgane verpflichtet wie auch bisher , die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Täter in Gang zu setzen und zu unterstützen. Dazu wird in den meisten Fällen die Konfliktkommission das geeignete gesellschaftliche Organ sein. Es ist dabei unerheblich, ob hierzu § 144 Buchst, e oder, wie Beyer/Neumann Vorschlägen (S. 341 dieses Heftes), Buchst, a AGB herangezogen wird. Allerdings sollte ihre Bemerkung in einer Hinsicht nicht mißverstanden werden: Die Entscheidung darüber, ob eine Handlung gesellschaftsgefährlich ist oder nicht, d. h. unter § 8 StEG fällt, kann nur das Strafverfolgungsorgan, nicht die Konfliktkommission treffen. Daraus, daß der Konfliktkommission echte gesellschaftsgefährliche Handlungen zur Beratung übertragen wurden, ergeben sich eine Reihe wichtiger Schlußfolgerungen für ihre Arbeit. Die Bindung der Konfliktkommission an die einheitliche Gesetzlichkeit Die wichtigste Schlußfolgerung ist die, daß die Konfliktkommissionen in ihrer Tätigkeit an die einheitliche, gesamtstaatliche Gesetzlichkeit gebunden sind. § 143 AGB hat damit einen Mangel der Richtlinie vom 4. April 1960 korrigiert: Die Konfliktkommissionen sind auch auf dem Gebiet der Bekämpfung von Verletzungen der Strafgesetze an die einheitliche staatliche Leitung auf diesem Gebiet gebunden. Das bedeutet erstens, daß die Vollmachten, die die Konfliktkommissionen bekommen haben, ihnen nur durch staatlichen Akt übertragen werden konnten. Das bedeutet zweitens, daß die Konfliktkommissionen nicht berechtigt sind, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen und zu beschließen, die der sozialistischen Gesetzlichkeit widersprechen. Die Konfliktkommissionen sind nicht berechtigt, Maßnahmen zu treffen, die anderen Organen Vorbehalten sind (z. B. echte Strafmaßnahmen oder Geldstrafen usw.). In gleicher Weise sind sie nicht berechtigt, etwa Aufbauschichten im NAW zu „verhängen“. Dabei ist es richtig, daß man den Konfliktkommissionen große Freiheit bei der Auswahl der wirksamsten Erziehungsmaßnahmen gibt, die im konkreten Fall anzuwenden sind. Sicherlich muß auch dabei eine bessere Anleitung gegeben werden als bisher in der Richtlinie vom 4. April I960. Wenn festgestellt wird, daß die Konfliktkommissionen an die einheitliche Gesetzlichkeit gebunden sind, so bedeutet das schließlich auch, daß sich der Umfang ihrer Tätigkeit aus dem Gesetz bestimmt. Sie dürfen also keine Sachen behandeln, zu denen sie nicht durch Gesetz bevollmächtigt sind. Insbesondere muß gegen Tendenzen Stellung genommen werden, den Konfliktkommissionen Verfahren zu übertragen, die nicht geringe Gesellschaftsgefährlichkeit aufweisen, sondern mitunter sogar erhöhte Gesellschaftsgefährlichkeit. Die Ursachen der Rechtsverletzungen aufdecken Aus dem Charakter und der Aufgabenstellung der Konfliktkommissionen folgt weiter und das gilt ganz besonders bei der Behandlung geringfügiger Verletzungen des Strafgesetzes , daß sie die Ursachen, die zu der Handlung geführt haben, und die Bedingungen, die sie begünstigt haben, aufdecken und beseitigen müssen. Dafür haben die Konfliktkommissionen oft günstigere Voraussetzungen als die Justizorgane. Das Kollektiv nimmt hier unmittelbar an der Diskussion teil. In aller Offenheit kann in der Diskussion der Finger auf die Wunde gelegt werden, und es können auch gleich Beschlüsse gefaßt werden, wie die Ursachen und begünstigenden Bedingungen beseitigt werden können, welche konkreten Maßnahmen zu ergreifen sind usw. Die Beratung in der Konfliktkommission ist insofern operativer und unmittelbar wirksamer als das beste Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren. Deshalb muß diese Arbeitsweise auch durchgesetzt werden, denn sonst ist der gesellschaftliche Nutzen der Behandlung einer Sache vor der Konfliktkommission nicht groß; sonst kann man nicht sagen, daß sich die neue Konfliktkommission über die bisherige Arbeitsweise der alten Konfliktkommissionen erhoben hat, auch wenn sie inzwischen größere Vollmachten erhalten hat. In Fällen, in denen festgestellt wird, daß Verletzungen des Strafgesetzes durch Fehler in der Leitungstätigkeit oder falsche Arbeitsweise der Werkleitung oder gesellschaftlicher Organisationen im Werk oder einzelner Funktionäre hervorgerufen oder begünstigt wurden, sollten die Konfliktkommissionen diese Feststellungen auch der Werkleitung, der BGL oder dem entsprechen- 339;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 339 (NJ DDR 1961, S. 339) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 339 (NJ DDR 1961, S. 339)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung in jedem Verantwortungsbereich der Linie zunehmende Bedeutung, Das Anliegen des vorliegenden Schulungsmaterials besteht darin, die wesentlichsten theoretischen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen der Abteilung Staatssicherheit Berlin Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit , Aus-ffSiung; Durchführungslbastimmung zur Anweisung zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Dienstobjekten der Abteilung Staatssicherheit Berlin. Die weitere Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit zur Aufdeckung ungesetzlicher Grenzübertritte unbekannter Wege und daraus zu ziehende Schlußfolgerungen für die Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung von Erscheinungen des ungesetzlichen Verlassens der zunehmend über die Territorien anderer sozialistischer Staaten zu realisieren. Im Zusammenhang mit derartigen Schleusungsaktionen erfolgte die Eestnahme von Insgesamt Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, die an der AusSchleusung von Bürgern. mitwirkten. Davon hatten Verbindung zu Merscherhändier-banden und anderen feindlichen Einrichtungen Personen, die von der oder Westberlin aus illegal in das Staatsgebiet der einreisten; durch in die reisende. Rentner aus der DDR; durch direktes Anschreiben der genannten Stellen. Im Rahmen dieses Verbindungssystems wurden häufig Mittel und Methoden der Tatbegehung, im engeren Sinne: Die in den speziellen Strafrechtsnormen vorhandene exakte Beschreibung der in der die Straftat realisiert werden kann.

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