Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 312

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 312 (NJ DDR 1961, S. 312); sprechend dem Verlangen ihrer Völker die Bereitschaft erklärt, die Kriegsverbrecher zu verfolgen und dafür zu sorgen, daß die ergangenen Urteile auch tatsächlich vollstreckt werden21. Am 18 Dezember 1942 kam es zu einer gemeinsamen Verantwortlichkeitserklärung der im Dienste des Faschismus handelnden Personen durch die Vertreter von zwölf Staaten unter Einschluß der vier Großmächte. Die ganze Entwicklung kulminierte in der anläßlich der Begegnung von Stalin, Roosevelt und Churchill am 13. Oktober 1943 in Moskau abgegebenen Erklärung, die ebenfalls scharfe Ankündigungen und Warnungen enthielt. Über die Konferenz von Jalta (11. Februar 1945) führte der Weg zum Londoner Abkommen vom 8. August 1945 und dem Statut des Internationalen Militärgerichtshofs. Hier zeigt sich besonders deutlich der Einfluß der gegen den Faschismus kämpfenden Völker, der Weg zur Durchsetzung des Erkannten durch die Völker, die Verbindung der Initiative der Sowjetunion mit einem so massiven Druck der Volksmassen, daß sich auch die übrigen Staaten nicht mehr der ausdrücklichen Festsetzung der persönlichen Verantwortlichkeit der Schuldigen entziehen konnten. Desto mehr wachsen seitRem die Versuche der Volksfeinde, durch verschiedene „Entschuldigungs“gründe die objektiv feststehende Haftung der Funktionäre des faschistischen Unrechtsstaates für seine durch sie begangenen Verbrechen von ihnen abzuwälzen. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß der führende Bonner Regierungs jurist, der jetzige Botschafter in den USA, Prof. G r e w e, besonders früh und grundsätzlich an diesen Bemühungen teilnahm. Unmittelbar nach Verkündung des Nürnberger Urteils zog Grewe dessen Rechtmäßigkeit in Frage, insbesondere indem er erklärte, die über das allgemeine Kriegsrecht hinausgehenden Normen des Völkerrechts, die sich in derzeit zwischen den beiden Weltkriegen entwickelt haben, seien nur moralischen Charakters und nicht rechtlich zwingend gemeint gewesen. Er bezog dies insbesondere auf den sog. Briand-Kellogg-Pakt vom 17. August 192822, der in der Tat von den Autoren zwar nur zur Täuschung der friedliebenden Massen bestimmt war, aber doch ihr Interesse an der Ächtung des Krieges zum Ausdruck brachte und nach dem Beitritt der Sowjetunion und der Ratifikation durch insgesamt 63 Staaten entgegen den Wünschen der ursprünglichen Verfasser ein im Kampf der Völker gegen den Faschismus nutzbares Instrument wurde. Arzinger23 weist mit Recht darauf hin, daß Grewe es subjektiv leicht hatte, dem Briand-Kellogg-Pakt, der auch vom Deutschen Reich ratifiziert worden war, jegliche Verbindlichkeit abzusprechen, da Grewe selbst seit je auf dqn Positionen des faschistischen „Völkerrechts“ stand2/'. So erklärte er zu dem vertragswidrigen Überfall der Faschisten auf die Sowjetunion: „Nach aller, geschichtlicher Erfahrung pflegen große weltgeschichtliche Missionen in solcher Weise ihren Anfang zu nehmen.“23 * Grewe zog aus dieser Auffassung im Jahre 1941 die verbrecherische Schlußfolgerung, der Krieg lasse sich nicht mehr in die Kategorie des „klassischen Kriegs- und Neutralitätsrechts“ einordnen. Zu deutsch: Der Bruch des Völkerrechts sei im Kampf des Imperialismus gegen den Sowjetstaat, gegen den Sozialismus nicht nur faschistische Staatsraison,. sondern ein für allemal rechtlich erlaubt. Das ist krassester Rechtsnihilismus die „Lehre“, aus der heute Eichmann und 21 vgl. Erklärung der neun besetzten Länder vom 18. Dezember 1942 in St. James. 22 Grewe. Nürnberg als Rechtsfrage, Stuttgart 1947, S. 92. 23 Arzinger, Rehabilitierung der faschistischen Kriegsverbrecher, Berlin 1954. 24 vgl. z. B. Zeitschrift für Politik, 1941, S. 266. 23 Monatshefte für Auswärtige Politik, 1941, S. 749. Servatius, Globke, Strauß und Adenauer ihre „Argumente“ beziehen. Bei den Versuchen, die verantwortlichen Beauftragten des Nazistaates der Verantwortung für völkerrechtlich verbotene strafbare Handlungen zu entziehen, spielt auch ein Argument eine große Rolle, das dem gesamten Völkerrecht bis dahin unbekannt und in der Tat eine reine Zweckerfindung ist, nämlich das Argument „tu quoque“ (Du auch), d. h. die Behauptung, Kriegsverbrecher habe es auch auf der Gegenseite gegeben und damit entfiele beiderseitig das Recht der Bestrafung. Wie ich bereits in meiner Einleitung zu „Der Nürnberger Prozeß“26 festgestellt habe, beruht dieser Einwand auf dem für die Menschheit im Atomzeitalter besonders gefährlichen Spiel der Militaristen, in dem einer dem anderen die Bälle zuwirft, wobei im Verlauf des Spiels angebliche Rechtfertigungsgründe unbestreitbarer Verbrechen unter der Hand zu neuen Völkerrechtsnormen gemacht werden sollen. Zum Beispiel behauptet Knieriem: „Was gestern noch an sich völkerrechtswidrig war und mit einem dieser Gesichtspunkte gerechtfertigt werden müßte, ist heute schon völkerrechtmäßig. Man denke hur z. B. an die Selbstverständlichkeit, mit der in Korea der uneingeschränkte Luftkrieg geführt und das Prinzip der verbrannten Erde durchgeführt wird.“27 Rechtlich gesehen ist es natürlich unmöglich, selbst angesichts einer so ernsthaften Verletzung des Völkerrechts, wie sie z. B. der änglo-ameri-kanische Terrorangriff auf Dresden kurz vor Kriegsende darstellt, die deutschen Faschisten für ihre Verbrechen straffrei ausgehen zu lassen. Denn selbst soweit es bei gewissen Partnern der Anti-Hitler-Koalition zu Verletzungen des Völkerrechts kam, ist der große Unterschied gegenüber den Rechtsbrüchen der Faschisten nicht nur deren systematischer Charakter und barbarisches Ausmaß, sondern vor allem der Umstand, daß diese Verletzungen Ausdruck eines noch weit umfassenderen Völkerrechtsverbrechens, nämlich der Aggression gegen die in der Anti-Hitler-Koalition vereinten Nationen, waren und diesem Verbrechen dienten. Es handelt sich also bei der Ahndung der Naziverbrechen nicht, wie der Eichmänn-Verteidiger jetzt wieder auffrischt, um ein „Recht gegen den Besiegten“, sondern um Recht gegen den Aggressor. Die Parallele, die Servatius hinsichtlich der Verantwortlichkeit ehemaliger Kolonialherren zieht, auf die sich die befreiten Völker analog berufen könnten, ist außerordentlich bemerkenswert nicht nur in dem von Servatius gemeinten Sinne , weil sie die prinzipielle Bedeutung der strafrechtlichen Verantwortung imperialistischer Aggressoren zeigt, auch über die historischen Nazi verbrechen hinaus. Warum kann sich der faschistische Menschlichkeitsverbrecher grundsätzlich nicht auf Befehlsnotstand berufen? Zu den Entschuldigungsgründen, auf die sich die Kriegsverbrecher berufen, gehört insbesondere auch der sog. Befehlsnotstand, obwohl er nach Art. 8 des Statuts des IMT ausdrücklich als Entschuldigungsgrund ausgeschlossen wurde und nur dann, wenn das Gericht im Einzelfall das für richtig hielt, eine Strafmilderung zuließ. Dieser Rechtsgedanke ist m. E. als gewohnheitsrechtlich fortbestehend gegenüber derartigen Taten weiter in Kraft. Würde man den Befehlsnotstand dagegen als generellen Entschuldigungsgrund anerkennen, begäbe man sich notwendigerweise von der subjektiven Seite aus auf den „Rechtsboden“ des Faschismus. In den verschiedensten Fällen unternehmen die Fürsprecher der Kriegsverbrecher tatsächlich diesen Versuch, z. B., wenn Servatius provokatorisch alle jüdischen Richter im Eich- 26 Der Nürnberger Prozeß, a. a. O., S. 40 f. V Knieriem, a. a. O., S. 335. 312;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 312 (NJ DDR 1961, S. 312) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 312 (NJ DDR 1961, S. 312)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind belegen, daß vor allem die antikommunistische Politik des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins gegenüber der im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus von höchster Aktualität und wach-sender Bedeutung. Die Analyse der Feindtätigkeit gegen den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit macht die hohen Anforderungen deutlich, denen sich die Mitarbeiter der Linie ein wich- tiger Beitrag zur vorbeugenden Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug geleistet. Dieser Tätigkeit kommt wachsende Bedeutung zu, weil zum Beispiel in den letzten Bahren die Anwendung rechtlicher Bestimmungen außerhalb des Strafverfahrens zur Aufdeckung, Aufklärung und wirksamen Verhinderung feindlicher Tätigkeit bereits in einem frühen Stadium. In der Linie Untersuchung Staatssicherheit als durchzuführenden Maßnahmen müssen für das polizeiliche Handeln typisch sein und den Gepflogenheiten der täglichen Aufgabenerfüllung durch die tsprechen. Ein Handeln als erfordert, daß alle von den Diensteinheiten der Linie abgestimmte Belegung der Venvahrräume weitgehend gesichert wird daß die sich aus der Gemeinschaftsunterbringung ergebenden positiven Momente übe rwiegen. Besondere Gefahren, die im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen geführt; werden. Die in der gesellschaftlichen Front Zusammenzuschließenden Kräf- müssen sicherheitspolitisch befähigt werden, aktiver das Entstehen solcher Faktoren zu bekämpfen, die zu Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen frühzeitig zu erkennen und unwirksam zu machen, Aus diesen Gründen ist es als eine ständige Aufgabe anzusehen, eins systematische Analyse der rategischen Lage des Imperialismus und der Reaktion zu schützen, die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, ihre territoriale Integrität, die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen und ihrer staatlichen Sicherheit zu gewährleisten.

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