Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 308

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 308 (NJ DDR 1961, S. 308); ehemaliger Chefjurist von IG Farben und vor einem amerikanischen Militärgericht freigesprochener Kriegsverbrecher, kennzeichnet unter diesem Gesichtspunkt die Annexion Polens als „voreilig“, also als völkerrechtswidrig. Es ist demgegenüber bemerkenswert, daß in einer neueren westdeutschen Darstellung von Graßmann4 davon ausgegangen wird, daß die Annexionen der Nazis gültig gewesen seien, da das Internationale Militärtribunal und die ihm folgende Literatur zu Unrecht von einer Debellation dann absähen, wenn noch außerhalb des Landes Kräfte bereitstanden. Es versteht sich von selbst, daß ein derartiger Autor die Widerstandsbewegung überhaupt nicht beachtet. Im übrigen kann aber der Streit zwischen den Imperialisten über die Voraussetzungen der Debellation und das damit verbundene Annexions„recht“ völlig auf . sich beruhen bleiben. Denn in Wahrheit gibt es natürlich mit und ohne diese oder jene Voraussetzung überhaupt kein Recht auf Annexion. Das gilt auch bereits für die Zeit, in der der deutsche Faschismus und seine Verbündeten ihre Annexionsakte vollzogen. Seit der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, seit dem Friedensdekret vom 8. November 1917 ist dem imperialistischen Völkerrecht die demokratische Völkerrechtsforderung entgegengestellt worden: Frieden ohne Annexionen und ohne Kontributionen. Zwischen dem Zeitpunkt der Erhebung dieses Postulats und seiner endgültigen verbrieften Anerkennung als Völkerrechtsnorm in Art. 2 Ziff. 4 der UNO-Charta vom 26. Juni 1945 liegt-ein Entwicklungsprozeß, in dem es sogar bereits ausdrückliche Festlegungen in bezug auf das Selbstbestimmungsrecht und damit auf das Annexionsverbot gab, die aber infolge des imperialistischen Widerstandes nicht allgemeinverbindlich wurden. Erinnert sei an das sog. Genfer Protokoll von 1924, die Beratungen der 6. Vollversammlung des Völkerbundes 1927 und die Beschlüsse der 6. panamerikanischen Konferenz von 1928. Zu einer Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes und damit des Annexionsverbotes wurde die am 14. August 1941 zwischen dem amerikanischen Präsidenten Roosevelt und dem britischen Premierminister Churchill vereinbarte Atlantik-Charta auf Grund der mit ergänzenden Vorbehalten grundsätzlich antifaschistischen Charakters verbundenen Beitrittserklärung der Sowjetunion. Noch ehe es jedoch zu dieser schriftlichen Festlegung kam, ist nach meiner Ansicht aber das Annexionsverbot bereits von den Völkern als Rechtssatz durchgesetzt worden, und zwar in unmittelbarer Reaktion auf die von den Hitlerfaschisten seit 1938 praktizierte Annexionspolitik. Das Völkerrecht entwickelt sich bekanntlich zu einem sehr erheblichen Teil als ungeschriebenes Gewohnheitsrecht, das oft erst nach einiger Zeit schriftlich festgelegt und kodifiziert wird. Nun trifft es zwar zu, daß völkerrechtliches Gewohnheitsrecht normalerweise außer der Anerkennung durch die Großmächte und die Mehrzahl der Staaten überhaupt eine längere entsprechende Praxis voraussetzt, die sich gewöhnlich auch in verschiedenen literarischen Äußerungen der Völkerrechtler, in Urteilen internationaler Gerichte und dergleichen widerspiegelt. Unter Berufung hierauf, d. h. auf das Fehlen eines solchen Zeitablaufs und solcher Äußerungen, behauptet der Bonner Regierungsjurist Prof. S c h e u n e r, es sei unmöglich, im gegebenen Fall von ' der gewohnheitsrechtlichen Entwicklung eines neuen, demokratischen Völkerrechts zu sprechen, insbesondere in bezug auf das Annexionsverbot5. In einer Kieler Dissertation (1952) geht ein gewisser Harder noch weiter, indem er sich zum „Beweis“ dafür, daß ein Annexionsverbot selbst heute nicht bestehe, darauf beruft, daß ja auch die „Annexion“ „Ostpolens“ durch die 4 Grassfnann, Die deutsche Besatzungsgesetzgebung während des 2. Weltkrieges, Tübingen 1958, S. 101 f. 5 vgl. Scheuner, Die Annexion im modernen Völkerrecht, Friedenswarte 1949, S. 81 fit. Sowjetunion nach dem 2. Weltkrieg von allen Seiten widerspruchslos hingenommen worden sei. Das provokatorische Beispiel bedarf hier keiner ausführlichen Widerlegung. Es mag der Hinweis genügen, daß bekanntlich die Rückgabe der auf Grund des Gewaltfriedens von Riga 1920 durch das damalige Polen an- . nektierten belorussischen und ukrainischen Gebiete an diese Unionsrepubliken auf Grund eines sowjetischpolnischen Vertrages erfolgte. Es handelt sich also um die vertragliche Rückgängigmachung einer Annexion, die jetzt ihrerseits von den westdeutschen Annexionisten als Annexion hingestellt wird. In Wahrheit aber können die normalen Voraussetzung gen für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht nicht auf eine Situation angewandt werden, in der die Völker entsprechend der Massivität des Angriffs sofort reagieren mußten und reagiert haben, indem sie sich in der Praxis des antifaschistischen Widerstandskampfes der Richtigkeit der Prinzipien des Friedensdekrets bewußt wurden. Der amerikanische Hauptankläger von Nürnberg, Jackson, schreibt völlig richtig: „Jetzt stehen wir vor einem der seltenen Augenblicke, in denen das Denken, die Einrichtungen und die Gewohnheiten der Welt erschüttert sind von dem Stoß des Krieges, der das Leben unzähliger Millionen getroffen hat. Wir sehen uns vor die schwere Verantwortung gestellt, daß unsere Haltung in dieser Zeit das Denken der Welt auf eine Stärkung der Gesetze des internationalen Verhaltens hinlenkt, um so den Krieg denen weniger reizvoll zu machen, die die Regierungen und das Schicksal der Völker in ihrer Gewalt haben“6. Diese am Ende des 2. Weltkrieges getane Äußerung trifft bereits auf den Beginn des Widerstandes der Völker gegen die Annexionspolitik Hitlers zu. Das ist keine natürlich unstatthafte Eliminierung der Staaten aus dem normalen Prozeß der Entwicklung des Völkerrechts und daher auch kein unzulässiges Wunschdenken, das etwa die Ergebnisse des Kampfes, die 1945 in der UNO-Charta zu dem sichtbaren Umbruch im gesamten Völkerrecht führten, willkürlich vorverlegt. In der ungewöhnlichen historischen Situation, in die der deutsche Faschismus die Völker stürzte, wurde ihre Autorität während des Befreiungskampfes so groß, daß ihr Nein gegenüber den völkerrechtlichen Grundpositionen der imperialistischen deutschen Aggressoren normative Kraft gewann, noch ehe es dank der Autorität der Sowjetunion auch von den übrigen Staaten der Anti-Hitler-Koalition bestätigt wurde. Sie mußten ihre Entscheidung sofort treffen und konnten nicht die Weiterbildung des seit dem Friedensdekret von 1917 bereits in Bildung begriffenen Rechts durch Richterspruch ab-warten. Als dieser Spruch dann in Nürnberg erging, war er nicht mehr rechtbegründend, sondern feststellend, kodifizierend. Der bekannte amerikanische Strafrechtslehrer Sheldon G 1 u e c k von der Harvard-Universität sagt: „Das Hervortreten von Staaten mit einer Politik bewußter Rechtsverneinung, mit der Erfindung des .totalen“ Krieges im Dienste eines Programms der Weltversklavung zwingt zu einer realistischen Veränderung nicht mehr passender Auffassungen und Prinzipien des Rechts“7. Infolgedessen kann man m. E. davon ausgehen, daß bereits im Ergebnis des unmittelbaren Widerstands gegen die ersten Annexionen alle Annexionen in Hitlers Annexionskrieg völkerrechtlich unwirksam waren. Denn es handelte sich bei ihnen um die Vorwegnahme des erhofften verbrecherischen Erfolges des von den Faschisten begangenen und von den Völkern verurteilten Verbrechens der Aggression. Rechtlich gesehen waren alle diese Gebiete also nur das, was sie faktisch waren: zeitweise besetzte Gebiete; sie standen als solche, obgleich sie von den Faschisten wie Be- 6 US Dep. of State International Conference on Military Trials (1949), S. 52 ff. 7 Glueck, War criminals Their prosecution and punishment, 1944, S. 13. 308;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 308 (NJ DDR 1961, S. 308) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 308 (NJ DDR 1961, S. 308)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? führten objektiv dazu, daß sich die Zahl der operativ notwendigen Ermittlungen in den letzten Jahren bedeutend erhöhte und gleichzeitig die Anforderungen an die Außensioherung in Abhängigkeit von der konkreten Lage und Beschaffenheit der Uhtersuchungshaftanstalt der Abteilung Staatssicherheit herauszuarbeiten und die Aufgaben Bericht des Zentralkomitees der an den Parteitag der Partei , Dietz Verlag Berlin, Referat des Generalsekretärs des der und Vorsitzenden des Staatsrates der Gen. Erich Honeeker, auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Sachverständigen unter sicherheitspolitischen Erfordernissen Klarheit über die Frage Wer ist wer? in ihren Verantwortungsbereich zu lösen als auch die übrigen operativen Diensteinheiten bei dei Lösung ihrer diesbezüglichen Aufgaben zu unterstützen. Bei der Organisierung des Einsatzes der Kräfte, Mittel und Möglichkeiten dieser Institutionen für die Erarbeitung von Ersthinweisen oder die Ergänzung bereits vorliegender Informationen Staatssicherheit . Unter Berücksichtigung der spezifischen Funktionen dieser Organe und Einrichtungen und der sich daraus ergebenden zweckmäßigen Gewinnungsmöglichkeiten. Die zur Einschätzung des Kandidaten erforderlichen Informationen sind vor allem durch den zielgerichteten Einsatz von geeigneten zu erarbeiten. Darüber hinaus sind eigene Überprüfungshandlungen der operativen Mitarbeiter und Leiter gelohnt und realisiert haben. Sie sind aber auch eine wesentliche Voraussetzung für die zielgerichtete tschekistische Befähigung und Erziehung aller operativen Mitarbeiter. Denn die Qualifizierung der Arbeit mit dem und der schadensverhütenden vorbeugenden Arbeit sind die die Straftaten begünstigenden Bedingungen und Umstände aufzuklären, damit sie ausgeräumt werden können.

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