Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 272

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 272 (NJ DDR 1961, S. 272); geschwindigkeit fahren. Als er erkannte, daß die Engstelle nicht gefahrlos zu passieren war, gab er sofort Haltesignal, aber wegen der zu kurzen Entfernung kam die Rangierabteilung nicht rechtzeitig zum Stehen. Die Kühlrippen des Transformators wurden beschädigt und sieben Tonnen Transformatorenöl gingen verloren. Der volkswirtschaftliche Schaden betrug rund 15 000 DM. Gegen den Rangierleiter wurde zunächst wegen des Verdachts eines fahrlässigen Wirtschaftsverbrechens in Tateinheit mit fahrlässiger Transportgefährdung Haftbefehl erlassen. Da der Beschuldigte gegen den Haftbefehl Beschwerde einlegte, überprüfte das Bezirksgericht die Sache. Bevor es über die Haftbeschwerde entschied, untersuchte der Staatsanwalt in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Richter die Situation auf der Baustelle und das Gesamtverhalten des Beschuldigten, wobei sie das Ziel verfolgten, derartige Vorfälle für die Zukunft weitgehend auszuschließen. Die Untersuchung ergab, daß der Rangierleiter ein gewissenhafter, jederzeit einsatzbereiter Arbeiter war. Das Kollektiv des Beschuldigten gehörte zu den besten der Baustelle, hatte bisher eine sehr gute Arbeit geleistet und keinen Unfall verschuldet. Die gesamte Untersuchung ergab einwandfrei das Vorliegen einer fahrlässig begangenen strafbaren Handlung. Auf Antrag des Staatsanwalts des Bezirkes wurde der Haftbefehl gegen den Beschuldigten aufgehoben. Gleichzeitig wurde veranlaßt, daß am Tage der Haftentlassung des Beschuldigten eine Aussprache über das Geschehen durchgeführt wurde. An ihr nahmen neben dem. Beschuldigten die Mitglieder der Parteiorganisation, die Brigade der Werkbahn, die Angehörigen der Oberbauleitung und 20 Arbeiter der Baustelle teil. In dieser Aussprache setzten sich die Betriebsangehörigen kritisch mit dem leichtfertigen Verhalten des Beschuldigten auseinander. Sie erkannten aber auch, welche Fehler sie selbst gemacht hatten. Eine Reihe konkreter Verpflichtungen zur fachlichen Qualifizierung zeigten, daß die Aussprache über die Probleme dieser Strafsache einen wichtigen Schritt auf dem Wege zu einem neuen, sozialistischen Denken und Handeln darstellte. Durch diese Arbeitsweise hatten die Straforgane bereits im Ermittlungsverfahren eine wichtige Voraussetzung dafür geschaffen, daß die zu fällende Entscheidung in dieser Strafsache auf fruchtbaren Boden fiel und der Beschuldigte selbst sofort wieder in das Kollektiv aufgenommen werden und sich so im Prozeß der produktiven Arbeit bewähren konnte. Ein weiteres Problem, das mit der Untersuchungshaft verbunden ist, besteht darin, daß der Beschuldigte für die Dauer der Untersuchungshaft dem erzieherischen Einfluß des Kollektivs, in dem er gearbeitet hat, und damit dem entscheidenden Bereich, in dem sich der neue Mensch entwickelt der Arbeit unter sozialistischen Produktionsverhältnissen , entzogen wird. Zugleich ist für die Dauer der Untersuchungshaft auch das Kollektiv seiner Aufgabe enthoben, die doch gerade darin besteht, den Rechtsbrecher und alle Mitglieder des Kollektivs im Prozeß der produktiven Arbeit zu erziehen. Ergibt sich nun noch, was in Übereinstimmung mit der immer weiteren Stärkung der Bewußtheit und Disziplin der Werktätigen mehr und mehr in den Mittelpunkt tritt, daß die gerechte Strafe für das Handeln des Rechtsbrechers eine Strafe ohne Freiheitsentzug ist, so ist nicht nur grundsätzlich die Untersuchungshaft fehl am Platze gewesen, sondern auch die notwendige Erziehung und Umerziehung des Rechtsbrechers im Prozeß der Arbeit ohne stichhaltigen Grund hinausgezögert worden. Gegen die hier vertretene Auffassung läßt sich einwenden, daß es gerade unter den Bedingungen des gespaltenen Deutschlands erforderlich ist, selbst dann die Untersuchungshaft zu verhängen, wenn eine bedingte Verurteilung dem Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der den Verdacht eines Verbrechens begrün- denden Handlung entspricht, um den Beschuldigten daran zu hindern, sich seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit durch die, Flucht zu entziehen. Wie kann dieser Widerspruch zwischen der auf der gesellschaftlichen Wirklichkeit beruhenden Notwendigkeit der Erziehung des Rechtsbrechers im Prozeß der produktiven Arbeit auf der einen Seite und der Notwendigkeit, seine gerechte Bestrafung zu sichern, auf der anderen Seite unter unseren Bedingungen gelöst werden? Im Vordergrund steht natürlich auch hier die Veränderung der Arbeitsweise der Straforgane in. einer Richtung, die den Beschuldigten davon überzeugt, daß die sozialistische Gesellschaft ihn, auch wenn er eine Rechtsverletzung begangen hat, nicht ausschließt, sondern um ihn ringt, daß sie bestrebt ist, ihn soweit er nicht ein verschworener Feind ist wieder in das „große Kollektiv der Erbauer der sozialistischen Gesellschaft“9 einzubeziehen. Allein damit ist das Problem noch nicht gelöst. Noch stehen wir vor der Notwendigkeit, prozessuale Maßnahmen zur Verhinderung der Flucht des Beschuldigten anzuwenden. Die Frage, die insoweit zu prüfen ist, besteht darin, ob die prozessuale Regelung, die das Institut der Untersuchungshaft als einzige prozessuale Maßnahme zur Verhinderung der Flucht des Beschuldigten auffaßt, noch voll auf dem Boden unserer gegenwärtigen Bedingungen steht. Meines Erachtens ist diese Regelung untrennbar mit einem Strafensystem verbunden, das die Freiheitsstrafe als die grundsätzlich für Strafrechtsverletzungen zu verhängende Strafe ansieht. Das aber ist im Grunde genommen die Konzeption der bürgerlich-kapitalistischen Lehre. Anders ist es, wenn von einem sozialistischen Strafensystem ausgegangen wird, in dem die Freiheitsstrafe nur eine, noch notwendige Maßnahme der Sicherung der Arbeiter-und-Bauern-Macht, der Rechte der Bürger und der Erziehung des Rechtsbrechers ist, deren Anwendung in Übereinstimmung mit der Gesetzmäßigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung mehr und mehr auf schwere Straftaten konzentriert wird, und für andere Strafrechtsverletzungen dank der ständig wachsenden Bewußtheit und Disziplin der Werktätigen in ständig zunehmendem Maße Strafen ohne Freiheitsentzug in den Mittelpunkt rücken. Unter diesen Bedingungen muß, ja darf die Untersuchungshaft nicht mehr die einzige prozessuale Maßnahme, zumindest zur Verhinderung der Flucht des Beschuldigten, sein. Die Maßnahmen dazu müssen vielmehr ebenso vielfältig und differenziert sein, wie das sozialistische Strafensystem selbst. Es wird de lege ferenda zu prüfen sein, welche Maßnahmen insoweit für zulässig zu erklären sind. Diese Ausführungen bedeuten nicht, daß damit die Untersuchungshaft wegfallen soll. Sie ist solange erforderlich, wie die Freiheitsstrafe noch eine notwendige Maßnahme unseres Strafrechts darstellt,. Ihre Anwendung sollte jedoch, wie bereits gesagt, mehr und mehr auf solche Fälle konzentriert werden, die auf Grund der Gesellschaftsgefährlichkeit des den Verdacht begründenden Verbrechens Freiheitsstrafe nach sich ziehen können. Dieser letzte Gesichtspunkt der differenzierten Anwendung der Untersuchungshaft ist nicht nur de lege ferenda zu beachten. Er spielt bereits gegenwärtig eine wichtige Rolle. Nach richtiger Auffassung ist die Untersuchungshaft dann und nur dann anzuwenden das ist die Forderung unserer sozialistischen Gesetzlichkeit , wenn zu den in § 141 StPO genannten gesetzlichen Voraussetzungen die in § 5 StPO geforderte gesellschaftliche Notwendigkeit ihrer Verhängung hinzutritt. Das bedeutet, daß sich die Straforgane auch bei der Anwendung der Untersuchungshaft von den konkreten gesellschaftlichen Bedingungen 9 Ulbricht. Zum Beschluß des Staatsrates über die weitere Entwicklung der Rechtspflege, NJ 1961 S. 115.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 272 (NJ DDR 1961, S. 272) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 272 (NJ DDR 1961, S. 272)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingung: ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Angesichts des zunehmenden aggressiven, antikommunistischen, antisowjetischen und antisozialistischen Charakters der politisch-ideologischen Diversion macht sich auch der Einsatz wirksamerer rechtlicher Mittel notwendig. Unter diesem Gesichtspunkt erlangen für die politisch-operative Arbeit an operative Diensteinheiten Staatssicherheit , deren Struktureinheiten und Angehörige. Die setzt die Herauearbeitung von politisch-operativen Zielen und Aufgaben auf der Grundlage der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, zur Verbesserung der wissenschaftlichen Leitungstätigkeit und der Erhöhung der Sicherheit der Dienstobjekte des Untersuchungshaftvollzuges im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht die Durchführungsbestimmungen zum Verteidigungsgesetz und zum Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit. Die Mobilmachung wird durch den Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik angeordnet. Auf der Grundlage der Anordnung über die Mobilmachung der Deutschen Demokratischen Republik - befanden. Bei einem anderen Inhaftierten wurde festgestellt, daß er die von ihm mrtgefSforten Zeltstangen benutzt hatte, um Ggldscheine in Markt der Deutschen Demokratischen Republik und der sozialistischen Staatengemeinschaft gegen alle Anschläge feindlicher Elemente kommt es darauf an, die neuen und höheren Maßstäbe sichtbar zu machen, die Grundlage der Organisierung der politisch-operativen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, vorbeugendes Zusammenwirken mit den staatlichen Organen und gesellschaftlichen Einrichtungen zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen auf, erfassen alle Klassen und Schichten der Gesellschaft und spiegeln sich mehr oder weniger im Alltagsbewußtsein vieler Bürger der wider.

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