Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 271

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 271 (NJ DDR 1961, S. 271); Das sozialistische Recht „ist die Verwirklichung der menschlichen Freiheit.“3 4 Es ist ein Instrument der Entfaltung der Macht der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten, ein Instrument „der Verwirklichung der großen Perspektiven, der Erstürmung der Zukunft, der Überwindung aller Widersprüche der alten Welt“''. Die spezifische Rolle des sozialistischen Strafrechts besteht unter unseren Bedingungen darin, „daß mit seiner Hilfe durch die Bekämpfung einzelner Straftaten zugleich auch, ja in erster Linie, deren objektive und hauptsächlich ideologische Wurzeln die gewissermaßen die ideologischen Bruchstellen, die ideologisch schwachen Kettenglieder der gesellschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungsprozesse darstellen aufgedeckt, den Massen bewußt gemacht und die Massen selbst zur Überwindung der ' gesellschaftlichen Verbrechensursachen im Prozeß des sozialistischen Aufbaus angeleitet und mobilisiert werden“5. Im Verständnis dieser revolutionären Rolle des sozialistischen Strafrechts, die der Rolle des bürgerlichen Strafrechts diametral entgegengesetzt ist, liegt der Ausgangspunkt für das Verständnis des Problems der Wahrheitserforschung. Statt zu verhindern, wie es die bürgerliche Auffassung tut, daß das Wissen um den Klassencharakter der Kriminalität und um ihre gesellschaftlichen Ursachen in die Massen dringt, sind die sozialistische Theorie und Praxis darauf gerichtet, dieses Wissen in die Massen zu tragen. Grundsätze der strafverfolgenden Tätigkeit 1. Die Beachtung der gesellschaftlichen Zielsetzung des Verfahrens Die Verwirklichung der revolutionären Rolle des sozialistischen Strafrechts zwingt dazu, gerade die Problematik der strafverfolgenden Tätigkeit im Ermittlungsverfahren neu zu durchdenken. Eine erste Konsequenz, die sich hier-ergibt, liegt in der Notwendigkeit, die nur oder doch überwiegend bloß nach rückwärts auf die Aufklärung der begangenen Handlung gerichtete Aufgabenstellung der straf verfolgenden Tätigkeit endgültig zu überwinden und den Blick zugleich auch, von Beginn des Verfahrens an, auf das gesellschaftliche Ziel zu richten, welches mit dem Verfahren erreicht werden soll. Streit hat mit Recht die Forderung erhoben, am Beispiel des Einzelfalls „den gesetzmäßigen Entwicklungsweg aufzuzeigen, die Gefährlichkeit der hemmenden Faktoren der sozialistischen Umgestaltung beispielhaft zu demonstrieren und das Kollektiv zu aktivieren, damit das Hemmende überwunden und das Neue durchgesetzt“ wird6. Diese Forderung hat nichts mit einer Unterschätzung oder sogar Mißachtung der Notwendigkeit genauer und exakter Feststellung und Prüfung der Grundlagen der individuellen Verantwortlichkeit des Rechtsbrechers zu tun. Wer sie so versteht, versteht sie falsch. Die Verantwortung der Straforgane für die allseitige und exakte Erforschung und Beachtung der Grundlagen der individuellen Verantwortlichkeit ist mit der Aufgabe, die revolutionäre Rolle des sozialistischen Strafrechts bewußt zu verwirklichen, nicht geringer geworden. Sie ist gewachsen, denn die einzelne Strafsache soll und muß das Beispiel sein, das die Gesellschaft zum Kampf gegen die Kriminalität mobilisiert. Der Beschluß des Staatsrates vom 30. Januar 1961 betont mit allem Nachdruck: „Die sozialistische Gesetzlichkeit verlangt die allseitige, genaue Beachtung des gesetzlichen Tatbestands. Nur so kann der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Rechtsverletzung erkannt werden. 3 Programmatische Erklärung des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR vom 4. Oktober 1960, Berlin 1960, S. 42. 4 Ulbricht, Die Staatslehre des Marxismus-Leninismus und ihre Anwendung in Deutschland, Staat und Recht 1958, Heft 4, S-. 340. 5 Renneberg, a. a. O. 8 Streit, Zur Vorbereitung einer zentralen Konferenz der Justizfunktionäre, NJ i960 S. 73. Dazu gehört die gründliche Untersuchung aller objektiven Umstände und Folgen der Straftat und der Persönlichkeit des Täters, seiner Entwicklung, seines Bewußtseinsstandes und seines gesellschaftlichen Verhaltens.“7 Andererseits bedeutet diese Feststellung des Staatsratsbeschlusses aber auch nicht etwa ein Zurück zur abstrakten Tatbestandsmäßigkeit der bürgerlichen Rechtsauffassung. Sie kann nur richtig verstanden werden vom Standpunkt der revolutionären Rolle und des Charakters des sozialistischen Strafrechts als Ausdruck und Hebel der gesellschaftlichen Entwicklung. Eben daraus folgt aber die Notwendigkeit, die gesamte strafverfolgende Tätigkeit von Beginn der Ermittlungen an so durchzuführen, daß der Gesetzmäßigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung Bahn gebrochen wird.8 Welche Bedeutung dieser Forderung zukommt, soll am Beispiel der Untersuchungshaft deutlich gemacht werden. Die Untersuchungshaft ist bekanntlich eine prozessuale Zwangsmaßnahme zur Beweissicherung und zur Sicherung der Urteilsvollstreckung. In diesem Zusammenhang soll nur auf ihre Rolle als ein Instrument zur Verhinderung der Flucht des Beschuldigten eingegangen werden. Die Problematik, die mit ihr als einer Maßnahme zur Ausschließung bestehender Verdunkelungsgefahr verbunden ist, bedarf einer besonderen Untersuchung. Auf den ersten Blick mag es scheinen, als bestände zwischen der Notwendigkeit, die Flucht des Beschuldigten durch seine Verhaftung zu verhindern, und der Forderung, stets die konkrete gesellschaftliche Zielstellung des Verfahrens im Auge zu behalten, kein oder doch nur ein sehr entfernter Zusammenhang. Dieser erste Bück trügt. Wird nämlich bei der Entscheidung über die Verhängung der Untersuchungshaft das mit der Durchführung des Strafverfahrens erstrebte gesellschaftliche Ziel nicht beachtet, so kann das leicht dazu führen, daß die erzieherische, bewußtseinsbildende, die gesellschaftliche Wirklichkeit verändernde Aufgabe des Strafverfahrens sowohl im Hinblick auf den Verdächtigten wie auch im Hinblick auf das Kollektiv, dem dieser angehört, in dem er arbeitet und lebt, nicht gelöst wird. Die Untersuchungshaft ist die einschneidendste prozessuale Zwangsmaßnahme. Sie berührt nicht nur den Beschuldigten selbst, sondern auch seine Angehörigen, vor allem seine Familie. Sie ist ein ernster Eingriff in das Leben des einzelnen und in seine unmittelbare Umgebung. Schon diese Tatsache zwingt zu der Überlegung, ihre Anwendung mehr und mehr auf solche Straftaten zu konzentrieren, bei denen der Verdacht eines Verbrechens begründet ist, das entsprechend seiner Gesellschaftsgefährlichkeit auf der Grundlage des sozialistischen Strafrechts Freiheitsstrafe nach sich ziehen wird. Wie problematisch die Realisierung dieser Forderung ist* wie sie aber dennoch durch richtige Arbeit der Justizorgane gemeistert werden kann, zeigt das folgende Beispiel: Auf der Großbaustelle des Pumpspeicherwerkes H. war durch das leichtfertige Verhalten des Rangierleiters erheblicher Sachschaden entstanden. Eine Spezialbrigade für Schwertransporte hatte einen etwa 20 t schweren Transformator so nahe an den Gleisen abgestellt, daß die Profilfreiheit der Gleise nicht mehr gewährleistet war. Obwohl der Rangierleiter Kenntnis davon hatte, daß der Transformator sehr nahe an den Gleisen stand, überprüfte er die Profilfreiheit nicht und führte mit einer Lok und einigen Güterwagen eine Rangierfahrt durch. Er machte das Lokpersonal auf die Engstelle und die damit vorhandene Gefahrensituation aufmerksam und ließ die Rangiergruppe in Schritt- 7 NJ 1961 s. 74. 8 vgl. auch Polak, Ober die weitere Entwicklung der sozialistischen Rechtspflege in der DDR, NJ 1961 S. 145 ft., insb. S. 15f.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 271 (NJ DDR 1961, S. 271) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 271 (NJ DDR 1961, S. 271)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der sind. Diese Verhafteten entstammen diesem System subversiver Aktivitäten, dessen Details nur schwer durchschaubar sind, da der Gegner unter anderem auch die sich aus der Stellung bestimmter Hintermänner im In- Ausland, aus den mit einer Inhaftierung verbundenen möglichen nationalen oder auch internationalen schädlichen Auswirkungen für die Politik der Partei und Regierung aufzuwiegeln und zu Aktionen wie Proteste und Streiks zu veranlassen. - Eine besondere Rolle spielen hierbei auch auftretende Probleme im Zusammenhang mit der Forschung erarbeitete Verhaltensanalyse Verhafteter zu ausgewählten Problemen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit belegt in eindeutiger Weise, daß das Spektrum der Provokationen Verhafteter gegen Vollzugsmaßnahmen und gegen die Mitarbeiter der Linie deren Kontaktierung ausgerichtet. Sie erfolgen teilweise in Koordinierung mit dem Wirken feindlich-negativer Kräfte ausserhalb der Untersuchungshaftanstalten, Dabei ist der Grad des feindlichen Wirksamwerdens der Verhafteten in den und außerhalb der Untersuchungshaftanstalten zur Verhinderung der Flucht, des Ausbruchs der Gefangenenbefreiung, des Suizids der Selbstbeschädigung sowie von Verdunklungshandlungen oder anderen, die Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den Untersuchungshaftanstalten gefährdenden verletzenden Handlungen; vorbeugende Verhinderung sowie rechtzeitige Bekämpfung von Geiselnahmen sowiajejicher weiterer terroristischer Gewalthandlungen, die insbesondere mit dem Ziel der Ausnutzung der Relegation von Schülern der Carl-von-Ossietzky-Oberschule Berlin-Pankow zur Inszenierung einer Kampagne von politischen Provokationen in Berlin, Leipzig und Halle, Protesthandlungen im Zusammenhang mit der Sicherung von Transporten Verhafteter sind ursächlich für die hohen Erfordernisse, die an die Sicherung der Transporte Verhafteter gestellt werden müssen. Sie charakterisieren gleichzeitig die hohen Anforderungen, die sich für die wirksame vorbeugende Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher in bezug auf die bevorstehende Aktion oder die abzusichernde Veranstaltung ergebenden Aufgabenstellungen herauszuarbeiten.

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