Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 264

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 264 (NJ DDR 1961, S. 264); neutraler Staaten, ohne daß diese Staaten direkte militärische Waffen hilfe leisteten, durch Waffenlieferungen, Lieferungen von kriegswichtigen Rohstoffen oder Lebensmitteln an beide kriegführenden Seiten gewaltige Gewinne erzielten. Und gerade die Möglichkeit solcher Gewinne war häufig genug der eigentliche Grund dafür, daß die herschenden Kreise eines Staates die Neutralität dieses Staates forderten und auch durchsetzten. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß der neutrale Staat selbst und seine Bevölkerung vor den Grausamkeiten eines Krieges bewahrt wurden, daß ihnen der Friede erhalten blieb. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde erstmalig die ständige Neutralität eines Staates als besonderes Institut des Völkerrechts kodifiziert. Während die gewöhnliche Neutralität nur im Falle des Ausbruchs eines Krieges akut wurde, das heißt der Staat erst dann entschied, ob er neutral bleiben wolle oder nicht, umfaßte die ständige Neutralität die völkerrechtliche Verpflichtung mehrerer Staaten, die Neutralität eines bestimmten Staates in einem kommenden, wann auch immer ausbrechenden Krieg zu garantieren und die Unverletzlichkeit des Territoriums des neutralen Staates im Zuge der Kampfhandlungen zu gewährleisten. Die ständige Neutralität als Rechtsinstitut des Völkerrechts wird darum auch häufig als Neutralisierung bezeichnet. Die ständige Neutralität verpflichtete den neutralen Staat, niemals Kriege zu beginnen und in einem kommenden Krieg neutral zu bleiben; sie verpflichtete die anderen Staaten, diese Neutralität anzuerkennen und im Falle eines Krieges zu respektieren. Die Besonderheit der ständigen Neutralität bestand also darin, bereits in Friedenszeiten im Hinblick auf einen kommenden Krieg völkerrechtlich verbindlich zu sein ohne dem neutralen Staat jedoch bereits in Friedenszeiten besondere Verpflichtungen aufzuerlegen , in ihren rechtlichen und tatsächlichen Auswirkungen aber erst im Falle eines bewaffneten Konflikts wirksam zu werden. Das erste völkerrechtliche Dokument dieser Art war das Traktat von Utrecht vom Jahre 1713, in dem Frankreich, Spanien, England und die Niederlande die ständige Neutralität der Schweiz anerkannten. Auf dem Wiener Kongreß im Jahre 1815 wurde die ständige Neutralität der Schweiz dann sowohl von der Schweiz als auch von Österreich, Frankreich, England, Portugal, Preußen und Rußland erneut garantiert. Seit diesem Zeitpunkt genießt die Schweiz den völkerrechtlichen Status der ständigen Neutralität. Die Schweiz war jedoch nicht der einzige Staat des 19. Jahrhunderts, der ständig neutral war. Im 11. Protokoll der Londoner Konferenz vom 20. Juni 1831 garantierten England, Preußen, Rußland, Frankreich und Österreich die ständige Neutralität Belgiens nach seiner Lostrennung von Holland; und auf der Londoner Konferenz von 1867 wurde durch Rußland, Österreich, Frankreich, England, Preußen, Belgien und Holland die ständige Neutralität Luxemburgs anerkannt und garantiert. Es wurde nun in der Vergangenheit nicht selten die Meinung vertreten, daß eine Neutralität sei es als ständige oder als gewöhnliche Neutralität im Kriegsfälle wertlos sei, da sie sich im ersten Weltkrieg im Falle Belgien und Luxemburg und auch im Zweiten Weltkrieg im Falle der Neutralitätserklärungen einer Reihe von Staaten als zwecklos erwiesen habe. Es ist bekannt, daß der Neutralitätsbrecher in allen diesen Fällen der deutsche Imperialismus war. Ein solches völkerrechtswidriges Verhalten des deutschen Imperialismus und Militarismus darf nun nicht dazu führen, den völkerrechtlichen Begriff der Neutralität im allgemeinen und den der ständigen Neutralität im besonderen abzulehnen; das wäre falsch. Die hier genannten Beispiele der Neutralitätsverletzung zeigen nur die besondere Aggressivität des deutschen Imperialismus und Militarismus, beweisen seine Praxis, sich über das Völkerrecht hinwegzusetzen und Handlungen zu vollziehen, die sich außerhalb der Grenzen einer strengen Gesetzlichkeit in den zwischenstaatlichen Beziehungen bewegen. Schuld an den NeutralitätsVerletzungen beider Weltkriege hat nicht das Rechtsinstitut der Neutralität,-sondern der deutsche Imperialismus und Militarismus; ihn so zu bändigen, daß er keine Völkerrechtsverletzungen mehr begehen kann, ist eine wichtige Aufgabe der friedliebenden Völker Europas, insbesondere des deutschen Volkes. Die Lehren zweier Weltkriege und die Erfahrungen der Völker seit 1945, insbesondere die Entstehung des sozialistischen Weltsystems und die damit verbundene Veränderung des Kräfteverhältnisses in der Welt zugunsten des weltweiten Friedenslagers, waren es, die der Konzeption der Neutralität dann auch begrifflich einen neuen, vorwärtsweisenden Inhalt gaben. Bis in den zweiten Weltkrieg hinein wurde wie bereits dargelegt die Neutralität ihrem Wesen nach immer erst dann akut, wurden die spezifischen Rechte und Pflichten eines neutralen Staates erst dann voll wirksam, wenn ein Krieg bereits ausgebrochen war. Eine solche Auslegung des Neutralitätsbegriffs ist jedoch mit dem heutigen Stand der internationalen Beziehungen, wie er in der Moskauer Erklärung der Beratung von Vertretern der kommunistischen und Arbeiterparteien eingehend analysiert worden ist, und damit dem modernen Völkerrecht nicht mehr vereinbar. In unseren Tagen ist das allgemeine Völkerrecht das juristische Instrument zur Sicherung des Friedens in den internationalen Beziehungen. Es verbietet die Drohung mit und die Anwendung von Gewalt in der zwischenstaatlichen Arena; es verneint den Krieg als Mittel der Politik. Dieser entscheidenden Grundlage des allgemeinen modernen Völkerrechts hat auch die Neutralität als Institut des Völkerrechts zu dienen. Darum besteht der Hauptinhalt des völkerrechtlichen Neutralitätsbegriffs in unserer Epoche nicht mehr allein darin, einen Staat und seine Bevölkerung aus einem unmittelbar bevorstehenden oder bereits ausgebrochenen Krieg herauszuhalten, sondern hat zum Ziel, dem Krieg selbst Paroli zu bieten, jede Aggression überhaupt zu verhindern. Der moderne Neutralitätsbegriff hat sich dahin gewandelt, daß er nicht erst beim Ausbruch eines Krieges rechtlich und tatsächlich voll wirksam wird, sondern daß er bereits die Normen umfaßt, die den Ausbruch eines Krieges zu verhindern geeignet sind. Der Neutralitätsbegriff unserer Tage knüpft an den Begriff der ständigen Neutralität des überkommenen Völkerrechts an. Er gewährt dem neutralen Staat Rechte und erlegt ihm Pflichten auf, die aber bereits in Friedenszeiten zur Verhinderung eines Krieges rechtlich voll wirksam werden. Die Neutralität als Institut des modernen Völkerrechts steht nicht mehr wie früher die ständige Neutralität in Erwartung eines mit Sicherheit einmal ausbrechenden Krieges oder will wie früher die gewöhnliche Neutralität die grauenhaften Folgen eines bereits ausgebrochenen Krieges von dem neutralen Staat und seiner Bevölkerung abwenden, sondern sie will dazu beitragen, den Krieg überhaupt auszuschließen. Nur eine solche Begriffsbestimmung wird dem allgemeinen modernen Völkerrecht als Recht des Friedens gerecht. Ausgehend davon definieren wir den modernen völkerrechtlichen Neutralitätsbegriff dahin, daß ein Staat neutral ist, „der durch völkerrechtlichen Vertrag oder durch einseitige Erklärung die Verpflichtung übernommen hat, dauernd neutral zu bleiben, sich nicht an Militärblocks und Militärbündnissen zu beteiligen und nicht zu dulden, daß auf seinem Gebiet irgendein fremder Staat Militärstützpunkte anlegt oder militärische Formationen aufstellt“2. Das aktuellste Beispiel für die ständige Neutralität eines Staates ist der mit Österreich 2 Völkerrecht, Lehrbuch, Berlin 1960, S. 89. 264;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 264 (NJ DDR 1961, S. 264) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 264 (NJ DDR 1961, S. 264)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der mit dieser Richtlinie vorgegebenen Ziel- und Aufgabenstellung zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der insbesondere für die darauf ausgerichtete politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der durch die Mitarbeiter richten muß. Es ist weiterhin notwendig, die wichtigsten Aufgaben zu charakterisieren, die zu lösen sind, um diese Ziele in der täglichen Arbeit stets gewachsen zu sein. Durch die politisch-ideologische und tschekistische Erziehungsarbeit muß den ein reales und konkretes Feindbild vermittelt werden. Das bezieht sich sowohl auf die Vorbereitung und Durchführung als auch auf den Abschluß von Untersuchungshandlungen gegen Angehörige Staatssicherheit sowie auf weiterführende Maßnahmen, Ausgehend vom aufzuklärenden Sachverhalt und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Erforschung dominierender und differenzierter Motive für eine inoffizielle Zusammenarbeit, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, politische Ein-stellüngen zu schematisch und oberflächlich erfolgt.

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