Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 241

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 241 (NJ DDR 1961, S. 241); lieh, diese Grenzen auch durch Gesetzesänderungen - nachdrücklich in den Tatbestand dieser Vorschrift ■ aufzunehmen.“ Abschließend forderte der Verfasser folgende Ergänzung des § 92 Abs. 1: „Unter diese Tatbestände fällt nicht, wer in Gesprächen jeder Art Probleme der Wiedervereinigung Deutschland's im Sinne des Wiedervereinigungsgebots des Grundgesetzes gemäß dem Schlußsatz seiner Präambel in Verbindung mit seinem Artikel 146 behandelt.“15 Dieser Vorschlag ist beachtlich, wenngleich er auch davon abstrahiert, daß die unentbehrliche Vorbereitung für die demokratische Wiedervereinigung im Abschluß eines Friedensvertrages besteht. Dazu ist aber, was die Deutschen selbst anbetrifft, das auf allen Ebenen zu führende Gespräch über die Beendigung der Bonner Ätomrüstung und über die allgemeine und vollständige Abrüstung notwendig, um mit ihm wie Prof. Steenbeck auf dem gesamtdeutschen Kongreß für Frieden und Abrüstung in Weimar ausführte „eine Möglichkeit'zu suchen, zusammen zu leben, damit wir nicht im Gegeneinander sterben müssen ,“16 Bei der gegenwärtigen militaristischen Machtkonstellation in Bonn wäre die Verwirklichung der tatbestand-lichen Ausklammerung von Gesprächen über diese Problematik natürlich reine Utopie. Aber nicht einmal der oben zitierte und immerhin in einer bekannten Fachzeitschrift veröffentlichte begrenzte Vorschlag wurde von der Strafrechtskommission aufgegriffen trotz aller sonstigen regierungsoffiziellen Demagogie in Sachen Wiedervereinigung. Im Gegenteil: Die Fassung des vorgesehenen § 373 enthält Formulierungen, die in ihrer Dehnbarkeit die Gummiplantage der geltenden §§ 92, 100 d. StGB z. T. noch übertreffen. In vollendeter Parallele zum Inhalt des Schröder-Entwurfs eines Grenzsperrgesetzes, der von der Angst um den Zusammenschluß aller friedliebenden demokratischen Kräfte in Deutschland geprägt ist, ergibt bereits der Wortlaut der Nummer 1 des § 373 Abs. 1, daß es sich hier um einen wesentlichen Teilakt der Bonner „unfriedlichen Koexistenz“ handelt. Mit Strafe wird derjenige bedroht, der auf Bundesbürger „zu politischen Zwecken einwirkt und dadurch absichtlich oder wissentlich Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze verfolgt“. Das ist eine Kennzeichnung des „Angriffszieles“ wie gehabt. In der Entwurfsbegründung wird dazu ausgeführt: „Der; Tatbestand verlangt in seinem ersten Teil ein politisches Agitieren im Geltungsbereich des Strafgesetzbuchs; in seinem zweiten Teil, dee die Tat erst rechtswidrig macht, setzt er voraus, daß der Täter mit seinem Tun einen staatsgefährdenden Angriff verbindet, nämlich absichtlich oder wissentlich in der Bundesrepublik Deutschland staats- oder sicherheitsgefährdende Bestrebungen herbeizuführen, zu verstärken oder durchzusetzen, oder dazu Hilfe zu leisten versucht .“17 Die Entwurfsverfasser sehen sich also zunächst zu der Erklärung genötigt, daß „ein politisches Agitieren“, mithin ein Gespräch über politische Lebensfragen, strafrechtlich irrelevant (weil nämlich vom Wortlaut des Grundgesetzes sanktioniert) ist. Um aber nicht über ihre eigenen demagogischen Fallstricke zu stolpern, erklären sie auch hier die „staafsgefährdende Absicht“ entgegen den elementarsten Strafrechtsprinzipien zum konstitutiven Merkmal, zum eigentlichen Kriterium der Strafbarkeit. Das ist die gleiche Methode, die bereits bei der Abfassung der Blitzgesetz-Vorschriften benutzt wurde, um der Justizpräxis eine gesinnungsstrafrecht- 15 a. a. O., S. 226. 1 Neues Deutschland vom 29. Januar 1961. 17 Bundesratsdrucksache Nr. 270/60, S: 523. liehe Interpretation und Anwendung mindestens zu erleichtern. Insofern erübrigt sich auch hier jeder weitere Kommentar. Die Verwendung dieser der Freislerschen Reformkommission der dreißiger Jahre entlehnten Methode soll nun durch die folgende Bemerkung in der Entwurf sbegründung verschleiert werden: „Durch diese Voraussetzungen wird sichergestellt, daß z. B. politische Einzel- und Gruppengespräche oder eine Presseberichterstattung, die bloß der Information, der Abklärung der Standpunkte oder der geistigen Auseinandersetzung dienen, nicht erfaßt werden.“13 Wenn man sich indessen vor Augen führt, wie die entsprechenden Organe des Bonner Staates in unzähligen Fällen auf solche Gespräche oder schon auf die reine Vorbereitung soldier Diskussionen reagierten, dann kann man nicht umhin, diese Bemerkung als ganz plumpe Spiegelfechterei zu bezeichnen, es sei denn, es handelt sich um die Propagierung aggressiver und revanchistischer Gedankengänge. Allein die Tatsache, daß die Bonner Behörden dem Auftreten des Kriegshetzers Schlamm Vorschub leisteten, andererseits aber für Hunderte DDR-Bürger, die in ehrlicher Sorge um das Schicksal der Nation mit ihren westdeutschen Berufskollegen, Freunden und Verwandten sprachen oder sprechen wollten, das Tor (vor allem das Gefängnistor) schlossen, ist Beweis genug für die friedensfeindliche Position der regierenden Kreise und ihrer Helfer in Justiz und Gesetzgebung. Unter diesem Aspekt müssen auch die Vorschläge verschiedener Mitglieder der Strafrechtskommission über die Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale des § 373 gesehen werden. Erfahrungsgemäß wird (das war bereits in der Weimarer Justizpraxis üblich) diese Interpretation von den Gerichten als eine Art Richtlinie angesehen, selbst wenn die vorgeschlagenen Bestimmungen noch nicht Gesetz geworden sind. Ausgehend von dieser Tatsache, muß den Hinweisen so kurz sie auch sein mögen Beachtung geschenkt werden, die das Tatbestandsmerkmal „zu politischen Zwecken einwirkt“ betreffen. In der Kommission wurde durch Generalbundesanwalt Güde die Frage aufgeworfen, „ob hier nur das Anwerben für die im Tatbestand genannten Bestrebungen gemeint ist oder jede politische Propaganda, mit der letzten Endes die genannten Bestrebungen verfolgt werden “ Die Antwort der Regierungsvertreter war eindeutig. Staatssekretär Krille erklärte, daß durch den Tatbestand „jegliche politische Propaganda“ erfaßt werde. Ministerialdirektor Schafheutle sprach sich gleichfalls dafür aus, wobei er seiner Rolle als einer der führenden Vertreter des Antikommunismus auf justizpolitischem Gebiet durch die weitere Bemerkung nachkam, daß „es sich hierbei um eine höchst gefährliche Waffe der Kommunisten außerhalb des Bereichs der Bundesrepublik handelt“18 19. Man sollte auch dieses Eingeständnis der Schwäche tiefer hängen, wenn Schafheutles Formulierung auch keineswegs originell ist. Seit meht als hundert Jahren fürchten die herrschenden Kreise insbesondere in Deutschland die Verbreitung der Wahrheit über ihre Pläne der inneren und äußeren Aggression, fürchten sie die- Zerschlagung ihrer Lügen über die „Verteidigung des Vaterlandes“ oder wie sie die von ihnen errichtete Ordnung zur Ausbeutung und Unterdrückung von Millionen Menschen sonst bezeichnen mögen. Seit mehr als hundert Jahren ist es üblich, alle die Menschen, die sich in irgendeiner Form an der Verbreitung dieser Wahrheit beteiligen, mit der Kinderschreck-Bezeichnung * vom „bösen Kommunisten“ zu belegen, selbst wenn si'e der Theorie und Praxis der Partei der Arbeiterklasse fernstehen. 18 a. a. O. 19 Protokoll der 106. Sitzung der Großen Strafrechtskommission, S. 142. 241;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 241 (NJ DDR 1961, S. 241) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 241 (NJ DDR 1961, S. 241)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren durch zusetzen sind und welche Einflüsse zu beachten sind, die sich aus der spezifischen Aufgabenstellung Staatssicherheit und der Art und Weise der Unterscheidung wahrer und falscher Untersuchungsergebnisse detailliert untersucht und erläutert. An dieser Stelle sollen diese praktisch bedeutsamen Fragen deshalb nur vom Grundsätzlichen her beantwortet werden. Die entscheidende Grundlage für die Erfüllung der ihr als poiitG-operat ive Dienst einheit im Staatssicherheit zukomnenden Aufgaben. nvirkiehuna der gewechsenen Verantwortung der Linie ifür die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu den Möglichkeiten der Nutzung inoffizieller Beweismittel zur Erarbeitung einer unwiderlegbaren offiziellen Beweislage bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren! Die Beratungen vermittelten den beteiligten Seiten jeweils wertvolle Erkenntnisse und Anregungen für die Untersuchungsarbeit, Es zeigte sich wiederum, daß im wesentlichen gleichartige Erfahrungen im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? führten objektiv dazu, daß sich die Zahl der operativ notwendigen Ermittlungen in den letzten Jahren bedeutend erhöhte und gleichzeitig die Anforderungen an die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung sowie ein konkretes, termingebundenes und kontrollfähiges Programm der weiteren notwendigen Erziehungsarbeit mit den herauszuarbeiten.

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