Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 195

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 195 (NJ DDR 1961, S. 195); zogen worden. Es bleibt unverständlich, warum das Bezirksgericht diesen Beweis erhoben hat, obwohl es von dem Rechtsanwalt des Verklagten mit aller Deutlichkeit auf die Unzulässigkeit der Anordnung einer erbbiologischen Untersuchung in diesem Fall hingewiesen worden war und sich auch in der Berufungsinstanz keine Tatsachen ergeben hatten, die eine solche Anordnung hätten rechtfertigen können. Die Nichtbeachtung des Vorbringens des Rechtsanwalts hat hier nicht nur zur Verletzung der Gesetzlichkeit geführt, sondern auch eine mehrjährige Verzögerung des Rechtsstreits und erhebliche Kosten verursacht, die hätten vermieden werden können. Die fehlerhafte Entscheidung des Bezirksgerichts ist durch Kassationsurteil des Obersten Gerichts aufgehoben worden. Eine Einschränkung der Rechtsverteidigung ist auch in dem beim Bezirksarbeitsgericht Karl-Marx-Stadt anhängig gewesenen Berufungsverfahren BA 40/60 festzustellen. Der Verklagte war im Strafverfahren dem Grunde nach zum Schadensersatz verurteilt worden. Zur Verhandlung über die Höhe der mehreren Ansprüche der Klägerin war die Klage an das Kreisarbeitsgericht Karl-Marx-Stadt verwiesen worden, das den Anträgen der Klägerin stattgegeben hatte. Der vom Verklagten mit der Einlegung der Berufung beauftragte Rechtsanwalt hat in der Berufungsbegründung die Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften und des materiellen Rechts geltend gemacht. Es wurde insbesondere gerügt, daß das Kreisarbeitsgericht der Klägerin Ansprüche zugesprochen habe, über die vom Strafgericht dem Grunde nach überhaupt nicht entschieden worden sei. Des weiteren wurde mit der Berufung beanstandet, daß das Kreisarbeitsgericht das Strafurteil nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht habe und die vom Verklagten bestrittenen Schadensersatzansprüche der Klägerin vom Gericht nicht nachgeprüft worden seien. Weiter wurden in der Berufungsinstanz Ausführungen darüber gemacht, daß die Entstehung eines Schadens und im übrigen auch die Verursachung durch den Verklagten vom Kreisarbeitsgericht nicht festgestellt worden sei. Das Bezirksarbeitsgericht hat diesen Inhalt der Berufungsbegründung zum Anlaß genommen, in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils gegen den Rechtsanwalt den schwerwiegenden Vorwurf zu erheben, daß seine Berufungsschrift nicht den Anforderungen entspreche, die an eine Prozeßführung durch einen Anwalt gestellt werden müßten. Im Berufungsschriftsatz sei nicht das Bestreben spürbar, den gesellschaftlichen Konflikt der Lösung zuzuführen, sondern der Prozeßbevollmächtigte des Verklagten habe mit „juristischen Spitzfindigkeiten“ von der den Parteien und dem Gericht gestellten Aufgabe abgelenkt. Unabhängig davon, ob die Berufung im Ergebnis unbegründet war oder nicht, muß festgestellt werden, daß eine derartige Wertung eines durchaus sachlichen Verteidigungsvorbringens eine schwere Verletzung der den Bürgern durch die Verfahrensgesetze garantierten Rechte im Prozeß darstellt. Das Bezirksarbeitsgericht ist sich offenbar dessen nicht bewußt, daß mit solchen unsachlichen Bemerkungen die Mitwirkung des Anwalts im Prozeß wesentlich eingeschränkt, wenn nicht ausgeschaltet wird und der Eindrude entstehen kann, dem Gericht sei die Erörterung einzelner Fragen unerwünscht. Es ist das Recht eines jeden Bürgers, mit dem Rechtsmittel alle Verletzungen des Prozeß- und materiellen Rechts geltend zu machen. Dieses Recht des Bürgers und des von ihm beauftragten Rechtsanwalts unterliegt keiner Einschränkung. In dem hier erwähnten Arbeitsrechtsstreit, bei dem es sich insoweit allerdings um einen besonders krassen Ausnahmefall handelt, waren mit den „juristischen Spitzfindigkeiten“ offensichtlich die prozessualen Rügen gemeint. Damit hat das Bezirksarbeitsgericht zum Ausdruck gebracht, daß es die Be- deutung der Prozeßvorschriften verkennt. An der strengen Einhaltung der Bestimmungen der Prbzeß-gesetze muß nach wie vor in allen Verfahren festgehalten werden. Das Prozeßrecht ist ein Teil des einheitlichen Rechts der Deutschen Demokratischen Republik und dient zur Durchsetzung des materiellen Rechts. Die Verletzung des Prozeßrechts gefährdet die Erfüllung der dem Gericht in jedem einzelnen Verfahren obliegenden Aufgaben und führt in der Regel zu einer fehlerhaften Entscheidung. Das Gericht als Organ zum Schutz und zur Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit muß auch bei der Anwendung des Prozeßrechts selbst ein Beispiel der genauen Einhaltung und Beachtung des Gesetzes gebend In diesem Zusammenhang soll zum wiederholten Male klargestellt werden, daß die noch immer zu beobachtende Praxis einiger Kreisgerichte, die Gebühren eines beauftragten Rechtsanwalts im Eheverfahren als nicht erstattungsfähig anzusehen, obwohl nach § 19 Abs. 1 Satz 2 EheVO der andere Ehegatte die gesamten Kosten des Verfahrens tragen müßte, dem Gesetz widerspricht. In diesen Fällen lassen sich die Gerichte wenn auch meist unausgesprochen davon leiten, daß der betreffende Ehegatte (in der Regel handelt es sich um die Frau) des Beistandes eines Rechtsanwalts nicht bedurft hätte. Das Oberste Gericht hat in seinem Urteil vom 18. Februar 1960 1 ZzF 2/60 ausgesprochen, daß zu den für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen Kosten nach § 91 Abs. 2 ZPO auch die Gebühren und Auslagen des beauftragten Rechtsanwalts gehören. In dieser Entscheidung ist weiter ausgeführt worden, daß jeder Bürger berechtigt ist, sich zur Durchsetzung seiner Ansprüche vor Gericht der Hilfe eines Anwalts zu bedienen, und daß dieses Recht vollends solchen Frauen zugebilligt werden muß, die oft nicht in der Lage sind, ihre Interessen in dem für die fernere Gestaltung ihres Lebens wie auch des der Kinder bedeutungsvollen Ehescheidungsprozeß in ausreichendem Maße selbst wahrzunehmen. Schließlich gibt ein dem Obersten Gericht bekanntgewordener Fall Anlaß zu dem Hinweis, daß es grundsätzlich unzulässig ist, einer Partei im Berufungsverfahren die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen einstweiliger Kostenbefreiung zu versagen, ihr aber gemäß § 11 AnglVO Befreiung vom Anwaltszwang zu erteilen, „weil die Sach- und Rechtslage keine Schwierigkeiten“ bereite. Eine solche Handhabung widerspricht eindeutig dem Sinn und Zweck der Befreiung vom Anwaltszwang. Darüber hinaus hat das Oberste Gericht bereits in seinem Urteil vom 18. Juni 1956 2 Za 39/56° darauf hingewiesen, daß die Befreiung vom Anwaltszwang für natürliche Personen nur in wirklich begründeten Ausnahmefällen in Erwägung gezogen werden kann. Mit den hier angeführten Beispielen sollte gezeigt werden, welche Hilfe eine aktive Mitarbeit des Anwalts im Verfahren für das Gericht bedeutet und daß mitunter die Abänderung durch das Rechtsmittel- oder Kassationsgericht entbehrlich gewesen wäre, wenn dem Vorbringen des Rechtsanwalts die erforderliche Beachtung geschenkt worden wäre. Die Nichtachtung der verantwortlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts stellt eine unzulässige Einschränkung der den Bürgern durch die Verfahrensgesetze garantierten Rechte im Prozeß dar. Deshalb müssen worauf Streit8 9 10 schon vor längerem eindringlich hingewiesen hat noch vorhandene sektiererische Tendenzen gegenüber der Anwaltschaft nunmehr endgültig überwunden werden. 8 Das Zivilprozeßrecht der DDR, Berlin 1957, Bd. I, S. 8. 9 NJ 1957 S. 27. 10 Streit, NJ 1960 S. 75. 295;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 195 (NJ DDR 1961, S. 195) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 195 (NJ DDR 1961, S. 195)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

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