Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 193

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 193 (NJ DDR 1961, S. 193); Tateinheit zwischen vorsätzlicher Transportgefährdung und fahrlässiger Tötung ausnahmsweise möglich sein, so ist doch eine derartige rechtliche Beurteilung im vorliegenden Falle abwegig und bringt lediglich die seltsame Lage des Bezirksgerichts zum Ausdruck, in welche es durch die Konstruktion des Vorsatzes hinsichtlich der Transportgefährdung geraten war. Diesen Vorsatz hat das Bezirksgericht festgestellt, weil die Angeklagten keine stichhaltigen Argumente hätten anführen können, inwiefern sie mit Umständen rechneten, die eine Ge-meingefahr verhindern konnten. Hinsichtlich der Tötung beim Zusammenstoß hat es aber keineswegs solche „Argumente“ erwähnt, wonach die Angeklagten zwar die Gefährdung wollten, jedoch damit rechneten, daß kein Zusammenstoß und damit auch keine Tötung von Menschen in Betracht kam. Zur Verneinung des Tötungsvorsatzes und zur Annahme der Fahrlässigkeit berief sich das Bezirksgericht darauf, daß die Angeklagten in ihrem Bewußtsein als Werktätige und als Eisenbahner nicht so tief gesunken seien, daß sie „diese Katastrophe, den Tod und die Verletzung anderer Bürger, gebilligt haben“. Es zeigt sich hier das eigenartige und unglaubhafte Ergebnis, daß das Bewußtsein der Angeklagten erst wirksam geworden sei, soweit es um die Tötung der Reisenden ging. Soweit im konkreten Fall der ausfahrende und mit Personen besetzte Zug in ein Gleis geleitet wurde, auf welchem sich in entgegengesetzter Richtung ein einfahrender Eilzug näherte, und damit die reale Gefahr für das Leben einer Vielzahl von Menschen und für erhebliche Sachwerte entstand, die unter den gegebenen Umständen fast mit Sicherheit zur Katastrophe führen mußte, hat dasselbe Bewußtsein nach Ansicht des Bezirksgerichts keine Hemmungen ausgelöst; die Angeklagten hätten den Eintritt dieser Gefährdung gebilligt. Bei dem vorliegenden Sachverhalt gab es nur zwei Möglichkeiten: entweder wurden die Verbrechen fahrlässig begangen oder vorsätzlich. Die Kombination zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit dagegen widerspricht der Wirklichkeit. Aber nicht nur die fehlerhafte Annahme des Vorsatzes hinsichtlich der Transportgefährdung rief das Unverständnis der Eisenbahner hervor, die mit der Entscheidung zum Kampf gegen die Schlamperei mobilisiert werden sollten. Die Unklarheiten des Bezirksgerichts über die Fragen der Kausalität haben zum Nichtver-slehen der Entscheidung ebenfalls beigetragen. Wiebereits angedeutet, wurde der Zugzusammenstoß vorwiegend dadurch verursacht, daß ein Weichenwärter das Stellen einiger Weichen für die Ausfahrt eines Zuges fehlerhaft unterließ. Wie es zu der Unterlassung kam, braucht hier nicht erörtert zu werden. Den sachkundigen Eisenbahnern vermag deshalb nicht einzuleuchten, weshalb wie das Bezirksgericht u. a. ausführt die fehlerhafte Methode der telefonischen Erteilung eines Fahrbefehls durch den Fahrdienstleiter für das Unglück ursächlich gewesen sein soll; denn hätte der Fahrdienstleiter den Inhalt des Fahrbefehls wie vorgeschrieben diktiert, dann wäre der Zug ebenso wie geschehen in das falsche Gleis gefahren. Sie begreifen auch nicht, was sich geändert hätte, wenn sich der Fahrdienstleiter vor der Erteilung des Befehls die ihm gemeldete Weichenstörung hätte näher erläutern lassen. Vom Bezirksgericht wird auch für ursächlich angesehen, daß sich der Fahrdienstleiter vor der Erteilung des Befehls „Ab“ nicht die Rückmeldung des vorhergefahrenen Zuges habe geben lassen. Auch hier irrt das Bezirksgericht. Erstens wäre die Rückmeldung erteilt worden, und zweitens hätte sie sich auf das richtige Gleis bezogen, nicht aber auf das falsche, das infolge unterbliebener Weichenstellung benutzt wurde. Am Sachhergang hätte sich also auch bei Einholung der Rückmeldung nichts . geändert Es kann davon Abstand genommen werden, die weiteren auf dem gleichen Gebiet liegenden Fehler einzeln zu erörtern. Diese Beispiele zeigen bereits, daß es notwendig ist, die Ursächlichkeit eines bestimmten Verhaltens für den Eintritt eines strafrechtlich bedeutsamen Erfolges einwandfrei festzustellen. t)as ist insbesondere bei einem komplizierten Sachverhalt nur möglich, wenn zu diesem Zweck die einzelnen Erscheinungen eines Gesamtzusammenhangs so weit isoliert werden, daß die eine als Ursache und die andere als Wirkung erkennbar wird. Infolge dieser erheblichen Mängel hat das Bezirksgericht nicht zwischen den wahren und unmittelbaren Ursachen der Gemeingefahr und des Unfalls, die bei Vorliegen der Schuld die Bestrafung der Angeklagten rechtfertigen, und den sonstigen Pflichtwidrigkeiten unterschieden. Die letzteren, die disziplinarisch zu ahnden sind, verlieren deshalb für das Strafverfahren keineswegs an Bedeutung. Sie müssen als der Schlendrian und die Leichtfertigkeit, auf denen Verbrechen dieser Art gedeihen, aufgedeckt werden,, damit der Kampf gegen sie aufgenommen werden kann. Das Bezirksgericht hat jedoch lediglich eine Trennung zwischen den früheren Pflichtverletzungen und denen .vom Unfalltage vorgenommen und die Pflichtverletzungen vom Unfalltagfür ursächlich erklärt. Im vorliegenden Falle hat die ungenügende Prüfung der Kausalität nicht nur zu falschen Schlüssen bei der Schuldfeststellung und zu weit überhöhten Strafen geführt, sondern auch dazu beigetragen, daß die Entscheidung nicht verstanden wurde, so daß von ihr nicht die erstrebte erzieherische Wirkung im Kampf gegen den Schlendrian ausging. Wenn sich die vorstehenden Ausführungen auch auf Verkehrsdelikte beziehen, so haben sie doch allgemeine Gültigkeit. Je mehr es uns gelingt, die Strafrechtsprechung zur Veränderung der Verhältnisse nutzbar zu machen, um die Verbrechensursachen beseitigen zu helfen, um so schwieriger wird sie, weil weit mehr in den Kreis der Erörterungen einbezogen werden muß, als zur bloßen Feststellung der formalen Tatbestandsmäßigkeit erforderlich ist. „Die sozialistische Gesetzlichkeit verlangt die allseitige, genaue Beachtung des gesetzlichen Tatbestandes. Nur so kann der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Rechtsverletzung erkannt werden. Dazu gehört die gründliche Untersuchung aller objektiven Umstände und Folgen der Straftat und der Persönlichkeit des Täters, seiner Entwicklung, seines Bewußtseinsstandes und seines gesellschaftlichen Verhaltens“.2 Es ist verfehlt zu glauben, die Probleme dadurch lösen zu können, daß lediglich wegen eines schweren Schadens unbedingt eine schwere Schuldform angenommen und auf schwere Strafen erkannt wird. Das verletzt die Gerechtigkeit. Die Kompliziertheit des gesellschaftlichen Lebens gestattet keine Simplifizierung in der Strafrechtsprechung, sondern erfordert ein tiefes Eindringen in die gesellschaftlichen Prozesse. Wie das Beispiel zeigt, nehmen uns die Werktätigen solche Entscheidungen nicht ab, und sie nützen in der Tat niemand. Nur objektiv richtige Urteile nach einer die Menschen ansprechenden Verhandlung und in Verbindung mit einer zweckdienlichen Auswertung sichern den sozialistischen Aufbau, schützen die Rechte der Bürger, tragen zur Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins und zur Schaffung eines Vertrauensverhältnisses zwischen de Bürgern und ihrem Staat bei. 2 vgl. Beschluß des Staatsrates über die weitere Entwicklung der sozialistischen Rechtspflege in der DDR vom 30. Januar 1961, NJ 1961 S. 74. 193;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 193 (NJ DDR 1961, S. 193) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 193 (NJ DDR 1961, S. 193)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der sind vielfältige Maßnahmen der Inspirierung feindlich-negativer Personen zur Durchführung von gegen die gerichteten Straftaten, insbesondere zu Staatsverbrechen, Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung Spionage Ökonomische Störtätigkeit und andere Angriffe gegen die Volkswirtschaft Staatsfeindlicher Menschenhandel und andere Angriffe gegen die Staatsgrenze Militärstraftaten Verbrechen gegen die Menschlichkeit Entwicklung und Wirksamkeit der politisch-operativen Untersuchungsarbeit und ihrer Leitung. Zur Wirksamkeit der Untersuchungsarbeit, zentrale und territoriale Schwerpunktaufgaben zu lösen sowie operative Grundnrozesse zu unterstützen Eingeordnet in die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit konnte in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten dazu beigetragen werden, gegen die und andere sozialistische Staaten gerichtete Pläne, Absichten und Aktivitäten beitragen kann. Die imperialistischen Geheimdienste und andere feindliche Zentren versuchen zunehmend, ihre Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie ihre Mittel und Methoden zu konspirieren, zu tarnen und so zu organisieren, daß als Voraussetzung für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die erforderlichen Beweise in beund entlastender Hinsicht umfassend aufgeklärt und gewürdigt werden. Schwerpunkte bleiben dabei die Aufklärung der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten des inhaftierten Beschuldigten unter den Zweck der Untersuchungshaft die gesetzliche Pflicht, keinen Mißbrauch der Rechte bezüglich einer Umgehung des Zwecks der- Untersuchungshaft oder bezüglich der Störung von Sicherheit und Ordnung zu schaffen. Dabei ist beim Einsatz neuer technischer Sicherungsmittel stets davon auszugehen, daß diese niemals den Menschen ersetzen werden können.

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