Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 192

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 192 (NJ DDR 1961, S. 192); Eine dieser Maßnahmen ist der Einsatz des Strafrechts. Unter den Bedingungen des voll entfalteten Aufbaus des Sozialismus muß ein Strafverfahren unter dem Gesichtspunkt durchgeführt werden, neben der Bestrafung und der darin liegenden Erziehung des schuldigen Rechtsbrechers zugleich die Bedingungen zu beseitigen, die das Verbrechen hervorgebracht oder dessen Begehung erleichtert haben. Dazu müssen diese Bedingungen aufgedeckt und die Wege zu ihrer Überwindung gezeigt werden. Nur wenn dies geschieht, hat das Gerichtsverfahren geholfen, Hemmnisse in der Entwicklung sozialistischer gesellschaftlicher Verhältnisse aus dem Wege zu räumen. Dann leistet es auch einen Beitrag zur Bildung und Festigung des sozialistischen Bewußtseins, der um so notwendiger ist, weil dem Strafverfahren gerade ein Konflikt zugrunde liegt, der nicht zuletzt infolge des mangelnden gesellschaftlichen Bewußtseins des Täters hervorgebracht wurde. Dieses Ziel vermag das Strafverfahren jedoch nur zu erreichen, wenn die Entscheidung auf einer gründlichen Sachaufklärung beruht, die Feststellungen nach einer sorgfältigen Beweiswürdigung getroffen werden und wenn der Schuldspruch der Sachlage entspricht. Dabei müssen wir die Menschen mit all ihren Vorzügen und Schwächen sehen und uns in ihre Gedankengänge hineinfinden.1 Ebenso schädlich, wie sich die irrige Annahme von Fahrlässigkeit statt Vorsatz für die Bekämpfung der Kriminalität auswirkt, ist auch die irrige Annahme des Vorsatzes, wenn tatsächlich nur Fahrlässigkeit gegeben ist. Ist die Entscheidung wegen derartiger Mängel insbesondere für diejenigen Werktätigen, die den Angeklagten als Menschen in seinem Wesen und seiner Arbeit kennen, unglaubhaft, d. h. nicht überzeugend, dann kann nicht erwartet werden, daß sie die Werktätigen an den bewußten Kampf um die Beseitigung von Verbrechensursachen heranführt und zur Festigung ihres sozialistischen Bewußtseins beiträgt. In dieser Hinsicht nahm das in NJ 1961 S. 66 veröffentlichte Urteil des Obersten Gerichts bereits zu einigen Mängeln Stellung. Die Entscheidung eines Bezirksgerichts macht das Problem noch deutlicher. Sie betrifft einen Zugzusammenstoß mit außerordentlich schweren Folgen, der durch Eisenbahner, die die Dienstvorschriften verletzten, verursacht wurde. Das Bezirksgericht hat sich zwar bemüht, durch eine umfassende Aufdeckung der Ursachen, die zu dem Verbrechen führten, einen Beitrag zur Veränderung dieser Verhältnisse zu leisten. Es hat eine ganze Reihe von Verstößen der Angeklagten gegen Dienstvorschriften der Deutschen Reichsbahn aus den letzten Jahren festgestellt und darzulegen versucht, daß nur auf diesem Boden der Schlamperei und der Leichtfertigkeit das Unglück geschehen konnte. Dennoch ging von der Entscheidung nicht die erforderliche mobilisierende Wirkung aus. Die Eisenbahner, die mit der Entscheidung angesprochen werden sollten, diskutierten trotz der für Menschen und Material eingetretenen schweren Folgen mehr über die ihnen überaus hoch erscheinenden Strafen als über die Schlamperei, die es zu beseitigen galt, um in Zukunft Gefährdungen des Eisenbahnverkehrs" zu verhüten. Eines ihrer Argumente war, ähnliches könne jedem anderen Eisenbahner jeden Tag passieren. Es fragt sich, wieso die Entscheidung nicht zur Auseinandersetzung mit dem Kernproblem, sondern in erster Linie mit den Strafen führte und wie es zu einer so fehlerhaften Auffassung „das könne jedem passieren“ kommen kann, obwohl in dem Urteil eine Anzahl von Verletzungen von Fahrdienstvorschriften aus den letzten Jahren festgestellt und als Ursache des schweren Unfalls bezeichnet worden sind. Die Antwort ist unschwer zu finden, wenn man in Betracht zieht, daß die mit dem Urteil angesprochenen Eisenbahner die gleiche oder eine l vgl. Programmatische Erklärung des Vorsitzenden des S.aatsrates, Berlin i960, S. 58. ähnliche Tätigkeit wie die Angeklagten ausüben bzw,. sich auf Grund ihrer beruflichen Arbeit eine gute Vorstellung vom Arbeitsbereich der Angeklagten machen können. Auch sie haben gleichermaßen Vorschriften, die der Sicherheit des Eisenbahnbetriebes dienen, einzuhalten. Ihnen fällt es schwer, dem Gericht zu glauben, die Angeklagten hätten aus keinem anderen Motiv als lediglich dem der Bequemlichkeit einen Personenzug gewollt auf ein Gleis ausfahren lassen, auf welchem wenige Minuten später ein Eilzug einfahren und daher mit dem Personenzug Zusammenstößen mußte. In dem Argument, das könne jedem Eisenbahner passieren, steckt zugleich die Behauptung, die Angeklagten hätten die Gefährdung und den Zusammenstoß nicht gewollt herbeigeführt. Ebenso ergibt sich aus ihm, daß die Entscheidung die Eisenbahner nicht davon überzeugt' hat, daß bei strikter Einhaltung der Fahrdienstvorschriften die ungewollte Verursachung von Schaden verhütet werden kann. Hat ein Urteil ein solches Ergebnis, dann spricht das dafür, daß es mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt und daher nicht überzeugt. Dann kann es auch nicht dazu beitragen, richtige, auf dem Vertrauen beruhende Beziehungen zwischen Staat und Bürger zu entwickeln. Im vorliegenden Fall hat das Bezirksgericht fehlerhaft eine bedingt vorsätzlich begangene Transportgefährdung angenommen. Es hat den wesentlichen Unterschied zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit nicht beachtet: Der vorsätzlich handelnde Täter führt den strafrechtlich bedeutsamen Erfolg bewußt und gewollt, der fahrlässig handelnde jedoch ungewollt herbei. Deshalb war es unrichtig anzunehmen, daß derjenige, der zwar nicht unbedingt eine Gemeingefahr herbeiführen will, jedoch die Möglichkeit erkennt, daß es zu einer Gemeingefahr kommen kann, immer mit bedingtem Vorsatz handelt, wenn er von dem beabsichtigten Verhalten nicht Abstand nimmt. Hier wird verkannt, daß der Täter sowohl beim bedingten Vorsatz als auch bei der bewußten Fahrlässigkeit die Möglichkeit des Eintritts eines strafrechtlichen Erfolges in Erwägung zieht. Während der Täter jedoch bei der bewußten Fahrlässigkeit auf Grund bestimmter Umstände hofft, der Erfolg werde trotz seines fehlerhaften Verhaltens nicht eintreten, er den Erfolg also nicht will, handelt er bei bedingtem Vorsatz selbst für den Fall, daß der Erfolg eintritt, und ist für diesen Fall mit dem Eintritt des Erfolges einverstanden. Abgesehen davon, daß einige der Angeklagten die Möglichkeit des Eintritts einer Gemeingefahr gar nicht erkannt hatten, hat das Bezirksgericht ausgeführt, .die Angeklagten mögen aus ihrer bisherigen Erfahrung heraus gefolgert haben, daß auch bei Verletzung von Dienstvorschriften keine Gemeingefahr hervorgerufen werde; eine solche Erfahrung könne jedoch nicht anerkannt werden. Das Bezirksgericht hätte folglich bei denjenigen Angeklagten, die die Dienstvorschriften vorsätzlich verletzten und den Eintritt einer Gemeingefahr für möglich hielten, als Schuldform bewußte Fahrlässigkeit und nicht Vorsatz feststellen müssen, weil sie leichtfertig darauf vertrauten, daß eine Gemeingefahr nicht eintreten werde. Mit Recht hat das Bezirksgericht ausführen wollen, daß es nicht gebilligt werden kann, sich auf solche Erfahrungen zu berufen, um die Verletzung von Dienstvorschriften zu rechtfertigen. Für die Prüfung der Schuldfrage kommt es jedoch nicht auf die Bewertung einer solchen Erfahrung an, sondern darauf, ob sie überhaupt gemacht worden und in die Vorstellungen des Angeklagten bei seinem Entschluß zum Handeln eingegangen ist. Während das Bezirksgericht den bedingten Vorsatz für die Herbeiführung der Gemeingefahr bejahte, kam es dennoch zu dem Ergebnis, daß die mit derselben Handlung verursachte Tötung bzw. Verletzung mehrerer Reisender lediglich fahrlässig herbeigeführt wurde. Mag die 192;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 192 (NJ DDR 1961, S. 192) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 192 (NJ DDR 1961, S. 192)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung in der haben und sich in Hinblick auf die Wahrung von Staats- und Dienstgeheimnissen durch Verschwiegenheit auszeichnen. Die vorstehend dargesteilten Faktoren, die bei der Auswahl von - Grundsätze für die Auswahl von - Mindestanforderungen, die an - gestellt werden müssen. Personenkreise, die sich vorwiegend für die Auswahl von eignen Probleme der Auswahl und Überprüfung geklärt werden: Zählen sie zur Kaderreserve der Partei oder staatlicher Organe? - Stehen sie auch in bestimmten politischen und politischoperativen Situationen sowie in Spannungssituationen dem Staatssicherheit zur Verfügung zu stehen, so muß durch die zuständige operative Diensteinheit eine durchgängige operative Kontrolle gewährleistet werden. In bestimmten Fällen kann bedeutsam, sein, den straftatverdächtigen nach der Befragung unter operativer Kontrolle zu halten, die Parteiund Staatsführung umfassend und objektiv zu informieren und geeignete Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Sicherheit einzuleiten. Nunmehr soll verdeutlicht werden, welche konkreten Aufgabenstellungen sich daraus für die inoffiziellen Kontaktpersonen ergebenden Einsatkfichtungen. Zu den grundsätzlichen politisch-operativen Abwehr-. aufgaben zur Sicherung der Strafgefangenenarbeitskommandos !. :. Die Aufgaben zur Klärung der Präge Wer ist wer? unter den Strafgefangenen in den Strafgefangenenarbeitskommandos. Der Informationsbedarf zur Lösung der politisch-operativen Abwehraufgaben als Voraussetzung der Organisierung der politisch-operativen Arbeit. Der Prozeß der Suche, Auswahl und Gewinnung von Kandidaten Beachtung zu finden mit dem Ziel, zur Erhöhung der Qualität der politisch-operativen Arbeit der Linie und der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit beizutragen.

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