Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 178

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 178 (NJ DDR 1961, S. 178); stration nach dem SMAD-Befehl Nr. 124 und der späteren Enteignungsgesetze, die nazistischen und monopolistischen Betriebe zu vernichten, also ihre Rechtspersönlichkeit zu zerschlagen31. Es ist nicht eine bloße Auflösung der Gesellschaft im Sinne des § 131 HGB eingetreten, vielmehr ist die Gesellschaft durch Eingriff der Staatsgewalt mit sofortiger Wirkung vernichtet worden. Demzufolge steht den früheren Gesellschaftern auch kein Gesellschafterrecht mehr zu. Ein Gesellschaftsvermögen ist nicht mehr vorhanden und kann auch nicht mehr entstehen32. In diesem Sinne hat sich auch das frühere Reichsgericht in seinem grundsätzlichen Urteil vom 20. Mai 1930 ausgesprochen, das bei den westdeutschen Erörterungen fast völlig verschwiegen wird33 34. Das Reichsgericht hat damals festgestellt, daß eine russische Aktiengesellschaft durch die Nationalisierung vernichtet wird, daß die alten Verwaltungsorgane beseitigt sind, daß den Aktionären jede Verfügung über ihre Aktien entzogen ist, und hat diese für kraftlos erklärt. Es gab seit der Enteignung keine Aktien, keine Aktionäre, keinen Vorstand mehr, die körperschaftliche Verfassung war beseitigt und die personenrechtliche Mitgliedschaft erloschen. Den ehemaligen Aktionären fehlt zur Geltendmachung einer Forderung in Deutschland die Sachberechtigung. Auch ein Fortbestehen der Aktiengesellschaft in Liquidation ist vom Reichsgericht abgelehnt worden. Diese Rechtssätze sind so eindeutig, daß sie trotz Anwendung des Territorialitätsprinzips für einen Fortbestand der juristischen Person keinen Raum mehr lassen; denn diese ist restlos vernichtet. Es handelt sich nicht um ihre Rechtsfähigkeit, sondern um ihre Existenz. Auch die Schweizer Gerichte haben den Untergang als juristische Person des Privatrechts bejaht und den Verlust der Rechtspersönlichkeit auch für das Ausland anerkannt, obwohl sie die sowjetische Gesetzgebung als gegen den schweizerischen ordre public verstoßend bezeichnen31. Trotz dieser international anerkannten Rechtslage hat die westdeutsche Rechtsprechung überwiegend die Möglichkeit, daß die juristische Person noch nach der Enteignung dieser ausweichen könne, mit den verschiedensten Begründungen bejaht. Die Argumentation, daß die juristische Person auf Grund reichsrechtlicher Bestimmungen ihre Rechtspersönlichkeit erlangt habe, also diese auch nur kraft Reichsrechts verlieren könne, während die Wirkung der Enteignungsnorm territorial beschränkt sei, scheitert an dem Grundsatz des Internationalen Privatrechts, daß das Recht am Sitz der Gesellschaft maßgebend ist. Die herrschende westdeutsche Ansicht geht dahin, daß der Grundsatz der Territorialität nur so ausgelegt werden könne, daß die in der Westzone belegenen „Gegenstände dem bisherigen Herrn verbleiben, die juristische Person, auf diese Güter gesehen, bestehen bleibt“. Um das „unmögliche Ergebnis“ zu vermeiden, daß etwa infolge des Untergangs der juristischen Person diese Gegenstände herrenlos werden, scheut man nicht vor dem geradezu perversen Rechtssatz zurück: „Das Subjekt des Vermögens verdankt dem Objekt, daß es am Leben bleibt; das Subjekt lebt durch das Objekt weiter“ von R a a p e „als ein bemerkenswertes und doch erklärliches Ergebnis“ bezeichnet35. Während man früher den Standpunkt vertreten hatte, daß durch die Enteignung einer Gesellschaft zwar ihr inländisches Vermögen erfaßt, ihre Rechtspersönlichkeit als solche aber unberührt gelassen werden könne, kamen auch die westdeutschen Gerichte später meist 31 vgl. Benjamin, NJ 1950 S. 146, 147; OLG Gera, Reg.Bl. Thür. 1948 II S. 230. 32 So auch schon EGR-Kommentar zum HGB, Berlin 1942, § 131, Anm. 31 a. E. 33 vgl. RGZ Bd. 129, S. 98 ff. = JW 1931 S. 141 f. 34 vgl. Ficker, a. a. O., S. 147 f. mit Schweizer BG-Entseheidun-gen in Anm. 26. 35 vgl. Raape, a. a. O., S. 628. zu der richtigen Fetstellung, daß die Enteignungsmaßnahmen auch die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft vernichten wollten. Daraus ergibt sich aber, wie auch in der Literatur anerkannt wurde, daß diese Rechtspersönlichkeit auch außerhalb des enteignenden Staates als erloschen angesehen werden muß, und zwar rückwirkend mit dem Zeitpunkt des betreffenden Dekrets36. Entgegen dieser richtigen, auch vom Obersten Gericht der DDR ständig vertretenen Konsequenz aus der Enteignung folgte die westdeutsche Rechtsprechung sehr bald den Versuchen französischer und amerikanischer Gerichte, diese Rechtsfolgen als unvereinbar mit dem ordre public bzw. der public policy zu behandeln und durch Anerkennung einer Sitzverlegung nach der Enteignung zu umgehen37. Das Widersinnige dieser fingierten Fortdauer beruht gerade darin, „daß es ein Unterschied ist, ob eine natürliche oder eine juristische Person ihr Ende findet“, worauf Raape zwar hinweist, ohne jedoch daraus die nächstliegende rechtliche Folgerung zu ziehen. Eine natürliche Person kann nämlich durch Wohnsitzwechsel auch nach der Enteignung noch ausweichen und hinterläßt bei ihrem Tode ihre Erben. Eine juristische Person dagegen hört mit dem Untergang ihrer Rechtspersönlichkeit schlechterdings auf zu existieren und hat nach der Enteignung keinen Rechtsnachfolger, denn die volkeigenen Betriebe haben das enteignete Vermögen originär erworben38. Deshalb kann von einem Fortbestand der juristischen Personen und ihrer Organe keine Rede sein, und eine Sitzverlegung ist rechtlich unmöglich, da siehe Reichsgericht keine Aktien, keine Aktionäre und kein Vorstand mehr vorhanden sind. Weil die Verfügungsgewalt der bisherigen Funktionäre mit der Auflösung der Gesellschaft erloschen ist, hat man ja auch die Bestellung eines Pflegers für das Auslandsvermögen für nötig gehalten. Der erwähnte Versuch, das Subjekt durch das Objekt weiterleben zu lassen siehe Raape , ist auch deshalb zum Scheitern verurteilt, weil anerkanntermaßen bei der Auflösung einer juristischen Person durch Beschluß der Mitgliederversammlung oder bei Verlust der Rechtsfähigkeit infolge von Konkurs oder Entziehung (§§ 41 ff. BGB) die Wirkung sich auch auf dasjenige Vermögen erstredet, das sich außerhalb des Staates befindet, nach dessen Rechtsordnung sie lebt. Es ist nicht einzusehen, warum bei der Enteignung einer juristischen Person dem Prinzip des Personalstatuts, das nach Internationalem Privatrecht für die juristische Person gilt, das Prinzip der Territorialität Vorgehen soll. Die einmütige Behauptung der westdeutschen Rechtsprechung und Rechtslehre, es könne keinen Unterschied machen, ob Subjekt der Enteignung eine juristische oder natürliche Person ist, ist bereits als eine petitio principii (Beweisfehler durch Verwendung eines noch unbewiesenen Satzes als Beweisgrund) widerlegt worden. Selbst wenn man der Auffassung folgen will, daß jeder Staat nur für eine Enteignung der in seinem Gebiet befindlichen Gegenstände zuständig sei, bleibt bei der unstreitig gewollten und durchgeführten Auflösung einer juristischen Person eben doch die Frage nach dem Rechtssubjekt offen. Die westdeutsche Fiktion, daß die im Westen belegenen Vermögensobjekte dem bisherigen Herrn verbleiben und die juristische Person eigens zu diesem Zweck ipso jure auch ohne Eintragung im Handelsregister bestehen bleibe, erinnert stark an Münchhausen, der sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf zieht. 36 vgl. Seidl-Hohenveldem, a. a. O., S. 107 (Anm. 1 und 2); S. 109 f.; Raape, a. a. O., S. 627 f.; OHG Köln, NJW 1950 S. 644; RG ln JW 1934 S. 2845 f. 37 vgl. Seidl-Hohenveldem, a. a. O., S. 110, 111. Zur westdeutschen Rechtsprechung vgl. BGHZ Bd. 20, S. 4, 12, 15 = NJW 1956 S. 785; BGHZ Bd. 25, S. 134, 143 f. = NJW 1957 S. 1433; BGH, Urt. vom 6. Oktober 1960, NJW 1961 S. 22 (betr. Konfiskation in der CSSR), wo zugegeben wird, daß „eine befriedigende Lösung nicht möglich“ ist (S. 23), weil eben der ganze Ausgangspunkt falsch ist. 38 vgl. OGZ Bd. 1, S. 266; Raape, a. a. O., S. 629; Seidl-Hohen-veldern, a. a. O., S. 113 f. 178;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 178 (NJ DDR 1961, S. 178) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 178 (NJ DDR 1961, S. 178)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die staatl und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, Jugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und dem Untersuchungsorgan hervorzurufen negative Vorbehalte dagegen abzubauen und damit günstige Voraussetzungen zu schaffen, den Zweck der Untersuchung zu erreichen. Nur die strikte Einhaltung, Durchsetzung und Verwirklichung des sozialistischen Rechts in seiner gesamten Breite bestätigte sich im Vorgehen gegen den. Die operativen Dienoteinheifen Staatssicherheit und dabei die Linie standen seit Mitte.

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