Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 177

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 177 (NJ DDR 1961, S. 177); liches und wirtschaftliches Leben in Deutschland geschaffen haben, kann die Anwendung des ordre public niemals zur Aufhebung von Akten eines anderen Staates führen, sondern ist stets darauf beschränkt, solchen Ajcten die Wirksamkeit für das eigene Land abzusprechen; mehr bedeutet die Anwendung von Art. 30 nicht18. Völlig absurd ist daher in dem Stuttgarter Urteil die Anwendung der westdeutschen Rechtsordnung auf das Gebiet der DDR, was zu dem grotesken Ergebnis führt, daß das Gericht sogar das Volkseigentum als Institut „unserer Rechtsordnung“ behandelt. Es entspricht auch keineswegs der internationalen Praxis und Rechtslehre, entschädigungslosen Enteignungen schlechthin in kapitalistischen Staaten die Anerkennung zu versagen. Die Geschichte kennt zahlreiche Eingriffe der Staaten in das private Eigentum, vor allem in Kriegs-, aber auch in Friedenszeiten, und es besteht kein Zweifel, daß solche Maßnahmen durch das innerstaatliche Recht des betreffenden Staates gerechtfertigt sind19. Die Rechtslehre der kapitalistischen Länder sieht zwar im Privateigentum von jeher „eines der wesentlichen Menschenrechte“ und hält seinen Schutz für eine Hauptaufgabe jedes kapitalistischen Staates. Kraft dieses „noch ehrwürdigeren“ Grundsatzes setzt man sich über das Prinzip der Souveränität hinweg und ist sehr geneigt, je nach politischem Bedürfnis und Zweckmäßigkeit Enteignungen für unvereinbar mit dem Zweck der eigenen Gesetze zu erklären20. Aus dem Begriff der Souveränität ergibt sich jedoch, daß jeder Staat das Recht hat, die ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse auf seinem Gebiet so zu gestalten, wie er es für richtig hält21. Die Gerichte der meisten Länder haben denn auch die im Gebiet des konfiszierenden Staates vorgenommenen Enteignungen unter Zurückstellung des ordre public als gültig anerkannt, obwohl sie zugestandenermaßen dem inländischen Rechtsbewußtsein widersprachen22. Ein beachtenswertes Beispiel dieser allgemeinen Praxis bietet die Anerkennung der Nationalisierung der russischen Privatgesellschaften in der Sowjetunion durch das ehemalige Reichsgericht in seinem Urteil vom 20. Mai 193023. Hier ist klar ausgesprochen worden, daß es sich in solchen Fällen gar nicht um die Anwendung eines ausländischen Gesetzes handelt, sondern um die Beachtung einer im Ausland bei einer juristischen Person bewirkten Beendigung der Rechtspersönlichkeit. Gerade diesen wichtigen Gesichtspunkt übersieht die westdeutsche Rechtsprechung geflissentlich, obwohl auch der BGH ständig die Auffassung vertreten hat, daß die von der zuständigen Besatzungsmacht geschaffene Rechtsordnung in den anderen Zonen anzuerkennen ist. Da das Territorialitätsprinzip aufs engste mit dem Begriff der Souveränität verbunden ist24, hat die bürgerliche Rechtslehre in Frage gestellt, ob die Grundsätze des ordre public im Interlokalen Recht, dem das sog. Interzonale Recht im wesentlichen gleichzusetzen ist, überhaupt Anwendung finden kann. Jedenfalls kommt eine unmittelbare Anwendung des Art. 30 EGBGB nicht in Betracht, weil dieser einen ausländischen Staat und ausländisches Recht voraussetzt. Es ist ein anerkannter 8 vgl. L. Raape, Internationales Privatrecht, 4. Aufl., S. 625. 16 vgl. R. Bystricky, in: Fragen des Internationalen Privatrechts, Berlin 1958, S. 92 f., 98; Seidl-Hohenveldem, a. a. O., S. 47, 53. 20 vgl. Seidl-Hohenveldem, a. a. O., S. 6/7, 11/12. 21 vgl. R. Bystricky, a. a. O., S. 96 f. 22 insbesondere sind bezeichnenderweise sogar die nazistischen Terrorakte zur Ausrottung der Juden größtenteils anerkannt worden; hier hat man lediglich das außerhalb Deutschlands befindliche Vermögen geschützt, aber sonst aus diesen inhumanen Verbrechen keine Folgen hergeleitet. Vgl. Seidl-Hohenveldern, a. a. O., S. 13 (Anm. 21), S. 15, 47; Über die antisemitischen Terrorakte, S. 16 (bei Anm. 29), S. 28 f. (mit Anm. 50 55), S. 73 (Anm. 9'10); vgl. H. Ficker, Grundfragen des deutschen interlokalen Rechts, Berlin-Tübingen 1952, S. 99; OLG Braunschweig, NJW 1947 S. 48 und MDR 1948 S. 55; OLG Hamburg, MDR 1951 S. 560. 23 vgl. RGZ Bd. 129, S. 98 f. Juristische Wochenschrift (JW) 1931 S. 141 f. 24 vgl. Schnitzer, a. a. O., S. 213; Seidl-Hohenveldem, a. a. O.s S. 7. Grundsatz, daß lokalverschiedenes Recht innerhalb eines Landes nicht als gegen den ordre public dieses Landes verstoßend angesehen werden kann, im Gegensatz zur internationalen Behandlung des fremden Rechts eines anderen Landes23. So hat auch das Reichsgericht verschiedentlich ausgesprochen, daß die Vorbehaltsklausel im Interlokalen Recht überhaupt nicht oder jedenfalls nicht wegen eines Verstoßes gegen die sittlichen Grundanschauungen angewendet werden kann25 26. Es ist bezeichnend, daß in den ersten Jahren nach 1945 Rechtsprechung und juristische Literatur noch dazu neigten, die Anwendung der Vorbehaltsklausel im interzonalen Kollisionsrecht grundsätzlich abzulehnen, oder, selbst wenn sie sie allgemein befürworteten, doch gerade für die Enteignungen unter Hinweis auf die Sozialisierungsversuche in den Westzonen ablehnten27. Erst nach der Gründung des Bonner Separatstaates wurde die Berufung auf den ordre public immer häufiger und auch vom BGH in zunehmendem Umfang benutzt, um die Durchführung des Potsdamer Abkommens zu durchkreuzen und ihre Wirkungen wenigstens für Westdeutschland zunichte zu machen. Rechtsprechung und Rechtslehre folgten eindeutig dem politischen Kurs der Adenauer-Regierung: der Politik des kalten Krieges. Das Dilemma ihrer kollisionsrechtlichen Theorien beruht im wesentlichen darauf, daß man einerseits die vom Potsdamer Abkommen geforderte staatliche und rechtliche Einheit Deutschlands durch Bildung eines Separatstaates zerstört hatte, andererseits aber die Existenz der DDR als souveräner Staat nicht anerkennen wollte. Der eigens zu diesem Zweck erfundene Begriff des Interzonalen Privatrechts beruht darauf, „daß er eine außergewöhnliche politische Situation rechtlich widerspiegelt“ oder vielmehr widerspiegeln soll28. Die fortschreitende Verbiegung des Rechts und die Loslösung von jeder gesetzlichen Grundlage ist immer offenkundiger geworden und findet in dem Stuttgarter Urteil ihren eklatanten Ausdruck. Es geht eben nicht an, auf der einen Seite die Einheit Deutschlands und das Potsdamer Abkommen zu verleugnen und den ordre public auf die beiden deutschen „Rechtsgebiete“ anzuwenden, umgekehrt aber das eine Rechtsgebiet nicht anzuerkennen, den Rechtsakten dieses Gebiets jede Wirkung abzusprechen und die Geltung der westdeutschen Rechtsordnung für Gesamtdeutschland zu postulieren. 2. Außer dem Ziel, die Wirkung der Enteignungen territorial zu beschränken und damit einen Teil der Vermögensobjekte dem kapitalistischen Machtbereich zu erhalten, war für die Restaurierung der Betriebe in Westdeutschland von einschneidender Bedeutung, ob und inwieweit das enteignete Unternehmen nach der Enteignung noch in den Westen ausweichen könne, um dort seine Tätigkeit fortzusetzen. Juristisch gesehen ist das also die Frage, ob die betreffende Gesellschaft als Rechtspersönlichkeit aufgehört hat zu bestehen; „denn wer nicht mehr existiert, kann auch nicht mehr aus-weichen“29. Nach allgemein anerkannter Anschauung ist die Rechtspersönlichkeit, die einer Gesellschaft in einem Lande verliehen ist, in anderen Ländern anzuerkennen, woraus sich als Gegenschluß ergibt, daß die Entziehung der Rechtspersönlichkeit ebenfalls Anspruch auf extraterritoriale Anerkennung erheben kann. Bestehen und Untergang einer ausländischen Gesellschaft richten sich nach dem ausländischen Recht am Sitz ihrer Verwaltung30. Nun war es aber gerade das Ziel der Seque- 25 vgl. Schnitzer, a. a. O., S. 183. 26 Vgl. RG in DR 1941 S. 1618; ZAK DR 1944 S. 67; ablehnend auch OLG Hamburg, MDR 1951 S. 569; Ficker, a. a. O., S. 57 f., S. 59 (Anm. 24, 25). 27 vgl. Ficker, a. a. O., Sv 59 (Anm. 23-25). 28 so Ficker, a. a. O., S. 8. 29 vgl. FiCker, a. a. O., S. 147. 30 vgl. Seidl-Hohenveldern, a. a. O., S. 105 f.; RGZ Bd. 117, S. 215; RG in JW 1934 S. 2845 f. 177;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

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