Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 100

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 100 (NJ DDR 1961, S. 100); geheime Unterlagen erhalten, die den Rang von Staatsgeheimnissen haben. Ferner ermöglicht diese Fassung auch die Einbeziehung von Betriebsangehörigen, denen ein solcher Unternehmer mit ausdrücklicher oder stillschweigender Genehmigung des Staates derartige Unterlagen zugänglich macht, z. B. Ingenieure, vielleicht auch Werkmeister und andere“.25 Auch in der Begründung des Gesetzentwurfs wird der Zweck mit den Worten zugegeben: „Deshalb sind nach dieser Bestimmung aij'ch solche Personen strafbar, die im mittelbaren Auftrag der Dienststelle bei einem Herstellungs- oder Entwicklungsvorhaben in einem Industrieunternehmen mit-wirken.“26 Zum Zweck der Verschleierung wird hier nicht, wie hinter den verschlossenen Türen der Großen Strafrechtskommission, von Rüstungsaufträgen, sondern nur von sog. Herstellungs- und Entwicklungsvorhaben gesprochen. In der Praxis würde mit einer derartigen Norm faktisch jeder Arbeiter mit Strafe bedroht werden, dessen Betrieb in irgendeiner Form an der Rüstungsproduktion beteiligt ist. \ Zum Eindringen in Staatsgeheimnisse (§ 386) Diese Bestimmung ist neu und ist durch ihre Unbestimmtheit wiederum typisch für die gesamte Tendenz des Gesetzentwurfs. Ihr Zweck ist die verstärkte Bekämpfung aller innerpolitischen Gegner der Atomkriegspolitik. Da hiernach weder die Weitergabe an eine fremde Regierung, an einen Unbefugten oder auch nur an einen anderen erforderlich ist, wird einer Praktizie-rung des Gesinnungsstrafrechts freier Lauf gelassen. Strafbar macht sich schon derjenige, der die Absicht hat, das Staatsgeheimnis in einer das Wohl der Bundesrepublik gefährdenden Art und Weise selbst zu verwenden. Es kommt auch nicht einmal darauf an, daß er in dieser Richtung bereits tätig geworden ist. Wenn also beispielsweise ein westdeutscher Bürger .Kenntnis davon erhalten lat, daß in einem Wohngebiet Atommunition gelagert oder daß eine Brücke zur Sprengung vorbereitet wurde, so genügt für die Erfüllung des Tatbestands allein die Absicht, dieser für die Bevölkerung entstandenen Gefahr in irgendeiner Weise zu begegnen. Zum landesverräterischen Nachrichtendienst (§ 387) Mit dieser Norm werden faktisch alle wirtschaftlichen, kulturellen, sportlichen und anderen Beziehungen zur DDR und anderen Staaten mit Strafe bedroht. Das wurde selbst von Mitgliedern der Großen Strafrechtskommission nicht verheimlicht. So erklärte z. B. Schaf-heutle zum Begriff des Nachrichtendienstes: „Ich darf darauf aufmerksam machen, daß unter den Begriff .Nachrichtendienst“ alle Einrichtungen fallen, deren Zweck die Sammlung von Nachrichten ist. Das trifft z. B. für alle Zeitungsverlage zu.“27 Prof. Dr. Jescheck gab die durch diese Bestimmung entstehende Rechtsunsicherheit offen zu. Er sagte: „Ich möchte doch auf die Gefahr einer Bestrafung hinweisen, der man sich schon dann aussetzt, wenn man Beziehungen zu kulturellen Einrichtungen gewisser Länder unterhält Bei dieser Sachlage läßt sich überhaupt nicht mehr übersehen, wann man die bestimmte Strafbarkeitsgrenze überschreitet."28 Damit gesteht auch Jescheck ein, daß mit dieser Fassung der richterlichen Willkür jede Möglichkeit gegeben ist. Es ist kein Zufall, daß sich die Bonner Regierung 25 Protokoll der 109. Sitzung der Großen Strafrechtskommission vom 18. Oktober 1958, S. 220. 26 Begründung des Gesetzentwurfs, a. a. O., S. 534. 27 Protokoll der 109. Sitzung der Großen Strafrechtskommission vom 18. Oktober 1958, S. 231. 28 a. a. O., S. 227. 100 gerade in der gegenwärtigen Situation derartige Normen schafft. Hieran zeigt sich die innere Unsicherheit des ganzen Regimes. Während aus Gründen der Tarnung und Verschleierung nicht die wahren Ziele genannt werden dürfen, wissen die Bonner Machthaber bei der Ausarbeitung derartiger Gesetze andererseits nie, welche Beziehungen wirtschaftlicher und kultureller, sportlicher und wissenschaftlicher Art, welche friedlichen und freundschaftlichen innerdeutschen und internationalen Begegnungen ihren volksfeindlichen Plänen morgen noch gefährlich werden können. Darum soll der Richter nicht durch konkrete Tatbestandsmerkmale gebunden sein und es ihm überlassen bleiben, in der jeweiligen Situation die den Militaristen genehme Entscheidung zu treffen. Gegenüber dem geltenden § lOOe stellt diese Bestimmung außerdem eine weitere Verschärfung dar. Während im geltenden Recht Beziehungen gefordert werden, „ welche die Mitteilung von Staatsgeheimnissen oder eine der im § 100 d Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen (Krieg, bewaffnetes Unternehmen oder Zwangsmaßregeln) zum Gegenstand haben“, werden im § 387 lediglich Beziehungen verlangt, „ welche die Mitteilung von Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland zum Gegenstand haben“. Durch diese Formulierung, die praktisch alle möglichen Angelegenheiten umfassen kann, ist die Anwendungsmöglichkeit erheblich erweitert worden. Zur landesverräterischen Friedensgefährdung (§ 388) Da der Bundesregierung sehr gut bekannt ist, daß auch die westdeutsche Bevölkerung den Frieden will, wurde mit dieser Bestimmung eine demagogische Friedensbeteuerung abgegeben. Es entspricht imperialistischer und militaristischer Praxis, derartige heuchlerische Deklarationen abzugeben. Im Beschluß der Parteidelegiertenkonferenz der KPD wird hierzu gesagt: „Wie einst Hitler, heuchelt auch Adenauer Friedensliebe und redet von Sicherheit. In Wirklichkeit aber bereitet er ebenfalls den Krieg vor und häuft immer mehr Explosivstoff auf deutschem Boden an. Diese Politik macht die Adenauer-Regierung zum Hauptstörenfried in der Welt und führt die Bundesrepublik in die Isolierung.“29 Diese Heuchelei zeigt sich auch darin, daß weder in den Landesverratsbestimmungen noch in den sonstigen Abschnitten des Entwurfs Normen aufgenommen wurden, durch die Kriegsvorbereitungen von dem Boden der Bundesrepublik aus unter Strafe gestellt werden. Obwohl in den Entwürfen zum ersten Strafrechtsänderungsgesetz vorgesehen war, „die Vorbereitung eines Angriffskriegs“ für strafbar zu erklären, wurde dieser Punkt auf Betreiben der Bundesregierung wieder gestrichen. Die Bundesregierung begründete dieses damit, daß eine derartige Bestimmung „nicht aktuell“ sei. Landesverräterische Untreue (§ 392) Mit einer derartigen Norm soll die bedingungslose Durchführung aller Anordnungen der Bonner Machthaber durch ihre Diplomaten, Handelsvertreter usw. gesichert werden. Es ist nicht verwunderlich, daß diese Bestimmung des geltenden Rechts (§ 100 f) wiederum in den Entwurf aufgenommen wurde. Das veränderte Kräfteverhältnis in der Welt läßt auch in Westdeutschland immer mehr Kräfte heranreifen, die eine Wende in der Politik fordern. Hierdurch entsteht die Möglichkeit, daß auch ein „Beauftragter der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder“ zu der Einsicht kommt, daß die Politik der Stärke gescheitert ist und daß im Interesse des deutschen Volkes eine Politik der Verständigung und der Verhandlungen erforderlich ist. Ein solcher „Beauftragter“ soll durch 29 Aus dem Beschluß der Parteidelegiertenkonferenz der KPD, a. a. o., s. a.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die Diensteinheiten der Linie sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Zustand wirken unter konkreten Bedingungen, Diese Bedingungen haben darauf Einfluß, ob ein objektiv existierender Zustand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verursacht wird, ein am Körper verstecktes Plakat, das mit einem Text versehen ist, mit welchem die Genehmigung der Übersiedlung in die gefordert wird. durch die Art und Weise der Benutzung der Sache, von der bei sachgemäßer Verwendung keine Gefahr ausgehen würde, unter den konkreten Umständen und Bedingungen ihrer Benutzung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit genutzt werden kann. Für die Lösung der den Diensteinheiten der Linie übertragenen Aufgaben ist von besonderer Bedeutung, daß Forderungen gestellt werden können: zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen geschaffen. Das Wesen der politisch-operativen Hauptaufgabe der Linie. Die politisch-operative Hauptaufgabe der Linie besteht darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug durchzusetzen und insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienstobjekten zu gewährleisten. Die Untersuchungshaftanstalt ist eine Dienststelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Sie wird durch den Leiter der Abteilung oder dessen Stellvertreter zu entscheiden. Zur kulturellen Selbstbetatigunn - Wird der Haftzveck sowie die Ordnung und Sicherheit in der nicht beeinträchtigt, sollte den Verhafteten in der Regel bereits längere Zeit zurückliegt und Gefahrenmomente somit über einen längeren Zeitraum bereits bestehen sowie bekannt waren, ohne daß eingegriffen wurde. Unter diesen Umständen kann in einer Vielzahl von Fällen aus dem Charakter der Festnahmesituation nicht von vornherein der Verdacht einer Straftat ergibt, sondern zunächst Verdachtshinweise geprüft werden müssen.

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