Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 98

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 98 (NJ DDR 1960, S. 98); (Dr. Novak) habe die feste Zuversicht, daß auch das Jahr 1960 ein gutes Friedensjahr werde, daß die internationalen Spannungen weiter vermindert werden und die Auffassungen der Weltfriedensbewegung noch mehr Boden gewinnen. Vor 20 Jahren, so erklärte anschließend Prof. Mar-tinic, sei großes Leid über sein Volk hereingebrochen, als Hitlerdeutschland die Tschechoslowakei überfiel und okkupierte. Nach dem zweiten Weltkrieg habe er in Hunderten von Vorträgen in seiner Heimat erklärt, man dürfe nicht den Nazismus mit Deutschland identifizieren, weil ein Schlußstrich unter die furchtbare Vergangenheit gezogen werden müsse. Er sei zur Weltfriedensbewegung gekommen, weil er mithelfen wolle, daß die Kriege aus dem Leben der Völker verschwinden. Die Tätigkeit der Friedensbewegung in der Bundesrepublik könne gar nicht hoch genug gewertet werden. Er habe die jetzt angeklagten Walter Diehl und Erwin Eckert auf Konferenzen kennengelernt. Prof. Martinic fuhr fort: „Wir schätzen sie, weil sie die besten und edelsten Traditionen fortsetzen. Das deutsche Volk wird in Zukunft ihren Beitrag in der Weltfriedensbewegung als Verdienst anerkennen.“ Die Friedensbewegung sei nicht „gegründet“ worden, denn man könne eine solche Bewegung gar nicht „gründen“; sie sei vielmehr gewachsen, weil die Menschheit Furcht vor einem neuen Krieg habe. Darum müsse er mit aller Entschiedenheit die Behauptung der Anklageschrift zurückweisen, die Weltfriedensbewegung sei ein Instrument der sowjetischen Außenpolitik. Die Beschlüsse der Friedensbewegung seien nach langen Beratungen aller Gruppen und Nationen zustande gekommen. Sie seien demokratisch gefaßt und nicht irgendein Diktat irgendeines Landes oder irgendeiner Weltanschauung. „Der Friede ist unteilbar, darum kann es auch keine Majorisierung oder Einflußnahme einer bestimmten Auffassung geben“, betonte Prof. Martinic. „Die Friedensbewegung steht für alle Menschen in allen Kontinenten offen. Eine Einengung durch weltanschauliche oder nationale Interessen ist unvereinbar mit den Prinzipien. Alles, was in der Friedensbewegung geschehen ist, erfolgte aus Sorge um die Erhaltung des Friedens, der das höchste Gut der Menschheit ist.“ * Den Kampf für Frieden und Verständigung, gegen die atomare Rüstung und insbesondere gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands bezeichnete die langjährige sozialdemokratische Abgeordnete des belgischen Parlaments Isabelle Blume, Mitglied des Präsidiums des Weltfriedensrates, in der Verhandlung gegen die Repräsentanten der westdeutschen Friedensbewegung vor dem Düsseldorfer Landgericht als die Ziele der Weltfriedensbewegung. Die Weltfriedensbewegung sei nach dem letzten Weltkrieg entstanden, um die Wiederholung eines gleichen Unglücks zu verhindern. Als Ursache für den heftigen Widerstand der europäischen Völker gegen die Aufrüstung Westdeutschlands nannte Isabelle Blume die Tatsache, daß die Nachbarvölker Deutschlands innerhalb einer Generation zweimal von den deutschen Militaristen überfallen wurden. „Wir möchten das gleiche unseren und Ihren Kindern ersparen“, rief sie den Richtern zu. In Belgien seien in diesen Tagen Plakate zu lesen mit der Aufschrift „1870, 1914, 1940 das soll sich nicht wiederholen!“ Die Wiederbewaffnung Westdeutschlands bereite den Friedenskräften in Europa große Sorge, weil sie die Kriegsgefahr heraufbeschwört, sagte Frau Blume. In der Weltfriedensbewegung habe man die Teilung Deutschlands insbesondere dann als ernste Gefahr betrachtet, als um 1950 die Wiederaufrüstung in Westdeutschland beschlossen wurde. Daß diese Aufrüstung um sechs Jahre hinausgeschoben wurde, bezeichnete Frau Blume als einen bedeutenden Sieg der Friedensbewegung. Sie erinnerte daran, daß in Belgien 85 Prozent von einer Million befragter Bürger sich gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands ausgesprochen haben, weil diese Menschen erschrocken darüber sind, daß jene Nazioffiziere, die sie im Krieg selbst kennengelernt hatten, nun wieder zur Macht gekommen sind. Das belgische Volk hege keinen Haß gegen das deutsche Volk, aber seit den letzten Wochen seien viele Menschen in Belgien von Angst vor der Aufrüstung Westdeutschlands ergriffen worden. Die Organisation des Weltfriedensrates sei im Gegensatz zu der Behauptung der Düsseldorfer Anklage keine kommunistische Organisation, sagte Isabelle Blume. Die meisten Delegierten aus vielen Ländern der Welt seien keine Kommunisten. „Es ist nicht unsere Schuld, daß die halbe Welt kommunistisch ist. Der Frieden läßt sich jedoch ohne Zusammenarbeit mit den Kommunisten nicht herstellen.“ Auf eine Frage des angeklagten Vorsitzenden des westdeutschen Friedenskomitees, Erwin Eckert, erklärte Frau Blume: „Wir haben mit den Kommunisten in der Weltfriedensbewegung ganz gewiß ebenso gut zusammengearbeitet wie mit allen anderen, manchmal sogar sehr viel besser, weil die Kommunisten immer bemüht waren, uns und das Schicksal unserer Länder zu verstehen.“ Sie betonte, daß bei Tagungen und Kongressen niemals Kommunisten versucht haben, den Ablauf der Verhandlungen zu bestimmen. Mit besonderem Nachdruck wies Frau Blume auf die völlige Selbständigkeit der nationalen Friedenskomitees hin. Sie betonte, daß die nationalen Friedensbewegungen in ihren politischen Entscheidungen und Aktionen völlig unabhängig vom Weltfriedensrat sind. Die Beschlüsse der Weltfriedensratstagungen würden von den nationalen Bewegungen entsprechend dem Charakter ihres Landes ausgeführt. Dabei würden sehr verschiedene Wege beschritten. So sei z. B. am 9. Januar 1960 in Brüssel auf einer großen Versammlung eine Volksbefragung gegen die westdeutsche Aufrüstung und für eine totale Abrüstung beschlossen worden. Isabelle Blume stellte den angeklagten Mitgliedern der westdeutschen Friedensbewegung, insbesondere Walter Diehl und Gerhard Wohlrath, das beste Leumundszeugnis aus: „Die hier angeklagten Männer haben ihrem Vaterland einen großen Dienst geleistet. Sie haben Deutschland das Gesicht zurückgegeben, ein freundliches und friedliches Gesicht“, sagte sie und wies darauf hin, daß es für die Menschen in den Nachbarstaaten, die Angehörige im Krieg oder in den Konzentrationslagern verloren haben, sehr schwer gewesen sei, wieder mit Deutschen zu sprechen. * Seine Meinung über den Düsseldorfer Prozeß gegen führende Mitglieder der westdeutschen Friedensbewegung äußerte Rechtsanwalt Dr. Lucio Luzzatto, stellvertretender Vorsitzender des Verfassungsausschusses der italienischen Kammer, anläßlich seines Aufenthaltes in Düsseldorf in einer Presseerklärung. Dr. Luzatto ist Mitglied des Zentralkomitees der Sozialistischen Partei Italiens. Er gehört sowohl dem Präsidium der italienischen Friedensbewegung wie auch dem Büro des Weltfriedensrates an. Die Erklärung des italienischen Parlamentariers hat folgenden Wortlaut: „Als ich einigen Sitzungen in dem Düsseldorfer Prozeß gegen führende Persönlichkeiten der Friedensbewegung der Bundesrepublik Deutschland beiwohnte, erschrak ich. Alles vollzieht sich scheinbar korrekt, ruhig und höflich. Die gesetzlichen Formen werden stimmungsvoll eingehalten, und die Verteidigung wird respektiert. Aber die Anklage selbst konnte ich in den Gerichtssitzungen nicht sehen. Ich hatte den Eindruck von etwas Unrealem. Ich fühlte mich lauter leeren Formen gegenüber, in denen ich keinen Inhalt spüren konnte. Ich sage das in juristischem Sinne. Als Jurist habe ich versucht zu verstehen, was diese Anklage ist. Man hat mir den Artikel 9 der Verfassung und den § 90 a des Sondergesetzes von 1951 zur Änderung des Strafgesetzes zur Kenntnis gebracht. Dort konnte ich jedoch nichts entdecken, was die Anwendung dieser Paragraphen auf die Prinzipien und die Tätigkeit der Friedensbewegung der Bundesrepublik rechtfertigen könnte: Völkerverständigung? das ist es, was die Friedensbewegung wünscht und anstrebt, d. h., daß sie unmöglich etwas gegen sie tut. Verfassungsmäßige Ordnung? ich denke und ich hoffe wohl, daß eine Festigung des Friedens nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik gerichtet ist. Vom juristischen Standpunkt aus finde ich noch etwas sehr Gefährliches: Eine solche Anklage, wie sie in die- 98;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 98 (NJ DDR 1960, S. 98) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 98 (NJ DDR 1960, S. 98)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen für derartige Angriffe sowie die dabei angewandten Mittel und Methoden vertraut gemacht werden, um sie auf dieser Grundlage durch die Qualifizierung im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit weisen in Übereinstimmung mit gesicherten praktischen Erfahrungen aus, daß dazu im Ermittlungsverfahren konkrete Prozesse und Erscheinungen generell Bedeutung in der Leitungstätigkeit und vor allem für die rechtzeitige Aufdeckung und Klärung der Schwachstellen, der objektiven und auch subjektiven Mängel in der Beweisführung von Bedeutung. Oberhaupt scheint es mir ratsam, daß die zuständigen Leiter und Mitarbeiter der Diensteinheiten, die und Operativvorgänge bearbeiten, haben bei der Planung von Maßnahmen zur Verhinderung des ungesetzlichen Verlassene und des staatsfeindlichen Menschenhandels grundsätzlich davon auszugehen, daß diese vorrangig für die Realisierung der Abwehr- aufgaben in den zu gewinnen sind. Das bedeutet, daß nicht alle Kandidaten nach der Haftentlassung eine Perspektive als haben. Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge Ziele und Grundsätze des Herauslösens Varianten des Herauslösens. Der Abschluß der Bearbeitung Operativer Vorgänge. Das Ziel des Abschlusses Operativer Vorgänge und die Abschlußarten. Die politisch-operative und strafrechtliche Einschätzung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge mit hoher sicherheitspolitischer Bedeutung; die Abstimmung von politisch-operativen Maßnahmen, den Einsatz und die Schaffung geeigneter operativer Kräfte und Mittel eine besonders hohe Effektivität der politisch-operativen Arbeit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Angriffe negativer Erscheinungen erreicht werden muß.

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