Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 97

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 97 (NJ DDR 1960, S. 97); Mitglieder sich daraus ergebe, daß es sich in seiner Tätigkeit verfassungswidriger Mittel bediente. Die Anklage geht sogar so weit, zu behaupten, daß die Tätigkeit der Friedensbewegung auf die Begehung strafbarer Handlungen abgestellt war. Dies soll sich daraus ergeben, daß der Kanzler, die Regierung und ihre Mitglieder in den Kundgebungen der Bewegung des öfteren beleidigt wurden und daß ihre Autorität herabgewürdigt wurde. Dies war angeblich so häufig, daß darin ein System bestand und daß daher die Begehung strafbarer Handlungen das Ziel der Organisation gebildet hat. Es handelt sich wiederum um nicht belegte Schlüsse. Wie sich auch aus der Anklageschrift ergibt, benutzte die Organisation des WFK behufs Erfüllung ihrer Ziele nachstehende Mittel: mündliche Kundgebungen; schriftliche Kundgebungen in der Tagespresse und in Broschüren; Petitionen; Veranstaltung von Versammlungen, Umzügen u dgl. Es handelt sich um nach der Verfassung durchaus erlaubte Mittel. Es wurde seitens des WFK auschließlich zur Benutzung gesetzlicher Mittel für den Kampf um den Frieden aufgefordert. Was die behauptete systematische Begehung von strafbaren Handlungen gegen die Autorität der herrschenden Funktionäre betrifft, so handelte es sich um nichts anderes als um eine Kritik an Regierungsmaßnahmen. Es handelte sich um Kundgebungen, die häufig in Übereinstimmung mit dem Standpunkt eines bedeutenden Teiles der Abgeordneten des Bundestages standen, es handelte sich um eine durch Tatsachen I untermauerte Kritik. Es handelte sich um Kundgebungen, bei denen „die Angegriffenen“ des öfteren die Verfolgung nicht einmal versuchten und, wenn sie es taten, ihr Streben mehr als einmal erfolglos war, wie die Anklage selbst zugibt. Es handelte sich um eine unter Anwendung von gesetzlichen Mitteln geübte Kritik, die daher keineswegs als strafbare Handlung angesehen werden kann. Die Anklage, obzwar sehr umfangreich und ausführlich, weist erhebliche Mängel auf, die zeigen, wie unbegründet sie ist. Die Anklage entbehrt in allen Richtungen jener Beweise, die erweisen, was den Angeklagten zur Last gelegt wird. Sie nimmt deswegen Zuflucht zu unbegründeten Vermutungen, zu Unterstellungen. Nicht Beweise über die staatsfeindliche Tätigkeit, sondern lediglich Vermutungen und Unterstellungen sollen die Friedensorganisation der Deutschen Bundesrepublik liquidieren und sich mit ihren angeklagten Anhängern auseinandersetzen. Das, was in der Anklage als Beweismaterial zusammengetragen wurde, ist nicht geeignet, die Anklage zu begründen. Die wahren Handlungen der Angeklagten begründen den Tatbestand keiner der angeschuldigten strafbaren Handlungen. Der Umfang der Tätigkeit der einzelnen Angeklagten wird mit Absicht dadurch erweitert, daß aus ihnen, * geradezu im Gegensatz zum Sinn der Bestimmung des § 47 StGB, Mittäter gemacht werden. Auf diese Art und Weise wird auch jene Tätigkeit jedem der Angeklagten zur Last gelegt, die unabhängig von ihm auch die anderen entfaltet haben, somit jedem der Angeklagten praktisch alles, was im Rahmen der Organisation des WFK von wem immer unternommen wurde. Die angeschuldigten Taten geschahen in ihrer Mehrzahl zu Anfang der fünfziger Jahre; sie waren den Staatsorganen, bekannt, und die Ermittlungen wurden diesbezüglich schon damals geführt, in einigen Fällen offenbar ohne Erfolg. Zur Überreichung der Anklage kommt es erst heute sicherlich eine merkwürdige Sache. Von einer strafbaren Handlung zu wissen, sie festgestellt zu haben und zur Verfolgung erst nach langen Jahren zu greifen, stellt sicherlich eine besonders ungewöhnliche Art des „Kampfes gegen die Kriminalität“ dar. Der Verzug in der Überreichung der Anklage die anscheinend schon seit einigen Jahren vorbereitet wurde ist indessen durch die Schwere der'Aufgaben zu erklären, vor welcher die .Anklagebehörde stand. Es handelte sich darum, zu ersinnen, wie aus einer verfassungsmäßigen, mit dem Gesetz im Einklang stehenden Handlung eine Straftat und aus der verfassungswidrigen Tätigkeit der Regierung eine verfassungsmäßige zu machen wäre. Das Ersinnen derartiger Eskamotagen nahm notwendigerweise mehrere Jahre in Anspruch. Allein, wie es offenbar ist, nicht einmal ein soldi langer Zeitraum genügte. Die Unmöglichkeit, eine solche Aufgabe zu erfüllen, zeigt sich deutlich in der Anklage. Sie stellt keine Anklage gegen die Friedensbewegung dar, sondern eine Anklage gegen diejenigen, die sie vorbereitet haben. Abschließend kann man sagen, daß die Beschuldigten eine Tätigkeit entfalteten, die im Einklang mit der Verfassung der Deutschen Bundesrepublik stand; sie kämpften um die Erhaltung von durch die Verfassung besonders geschützten Gütern und kritisierten die Politik der Regierung, die die Verfassung, die Grundprinzipien des Völkerrechts sowie die ihr auferlegten Verpflichtungen verletzte. Es handelte sich um eine wahre, berechtigte, durch die Verfassung zugelassene und in Ausübung von Verfassungsrechten getätigte Kritik. Mit vollem Recht verteidigen sich die Angeklagten damit, daß sich ihre ganze Tätigkeit im Rahmen der geltenden Rechtsordnung bewegte. Allein, es erscheint notwendig, sich die Frage zu stellen, ob es nicht einen Spott und Hohn für alle internationalen Verpflichtungen, für die grundlegenden Verfassungsrechte darstellt, wenn vor das Gericht nicht diejenigen gestellt werden, die diese Rechte verletzten, sondern diejenigen, die ihre Einhaltung beanspruchen, die geltend machen, daß die Menschenrechte und Freiheiten keinen Fetzen Papier, keine bloße Form, kein bloßes Mittel der Propaganda, sondern ein wahres und inhaltsreiches Recht darstellen. * II Ausländische Zeugen weisen den terroristischen Inhalt der Anklage nach Auch bei ausländischen Prozeßbeobachtern setzte sich in den letzten Wochen immer mehr die Auffassung durch, daß unsichtbar neben Johannes Oberhof, Erwin Eckert, Walter Diehl, Gerhard Wohlrath, Gustav Thiefes und Erich Kompalla der Friede auf die Düsseldorfer Anklagebank gezerrt ist. Welches Echo der Düsseldorfer Prozeß im Ausland gefunden hat, zeigte sich schön in den letzten Dezembertagen am Erscheinen einer Delegation aus der Tschechoslowakei. Die Friedensbewegung der CSR entsandte zwei ihrer hervorragendsten Vertreter, um den sechs Angeklagten Grüße zu überbringen und gleichzeitig als Zeugen der Verteidigung aufzutreten: den Bischof von Prag, Dr. Miroslav Novak, und Professor Dr. Jaroslav Martinic, ehemaliger Gesandter seines Landes in Den Haag. Hier spürte man das aufrichtige Bemühen um Wahrheit, spürte man aber auch den Unterschied zwischen den Zeugen der Staatsanwaltschaft und denen der Verteidigung. Der 52jährige Prager Bischof begann seine Aussage mit dem Satz: „Ich bin als Christ zur Friedensbewegung gekommen.“ Die Friedensbewegung der Tschechoslowakei sei ein kleiner Fluß, der wie alle anderen Friedensbewegungen in der Welt einmünde in den großen Strom der Weltfriedensbewegung, die alle Rassen, Nationen. Weltanschauungen und Religionen umfasse. Eine Welt ohne Haß und ohne Krieg zu schaffen, das sei das Ziel aller Bemühungen. Beten allein genüge im Zeitalter der Atomwaffen nicht mehr, um den Frieden zu sichern, sondern heute seien Taten und offene Bekenntnisse notwendig. Er habe auf den Weltkongressen wiederholt Kontakte mit den deutschen Vertretern gehabt, habe ihre lauteren und ehrlichen Absichten kennengelernt und sei daher bestürzt, daß diese Freunde heute auf der Anklagebank sitzen. Dr. Novak fügte hinzu: „Ich habe den Eindruck, daß hier die größten Wissenschaftler der Erde, die Vertreter der Friedensbewegung der ganzen Welt mitangeklagt sind, denn ihre Ziele sind und waren die Ziele der sechs Angeklagten.“ Das Jahr 1959 sei ein gutes Jahr für die Friedensarbeit gewesen. Der Gedanke der Verständigung habe Einzug in die internationale Politik gehalten, und er .97;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 97 (NJ DDR 1960, S. 97) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 97 (NJ DDR 1960, S. 97)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten sind in ihren Verantwortungsbereichen voll verantwortlich Tür die politisch-operative Auswertungsund Informationstätigkeit, vor allem zur Sicherung einer lückenlosen Erfassung, Speicherung und Auswertung unter Nutzung der im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Oustiz-organen. Die strikte Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch deshalb von besonderer Bedeutung weil die Feststellung wahrer Untersuchungsergebnisse zur Straftat zu ihren Ursachen und Bedingungen sowie der Persönlichkeit des schuldigten in den von der Linie Untersuchung bearbeiteten Ermitt iungsverfa nren - dem Hauptfeld der Tätigkeit der Linie - als Voraussetzung für die Verhinderung und Bekämpfung erfordert die Nutzung aller Möglichkeiten, die sich ergeben aus - den Gesamtprozessen der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit im Innern der einschließlich des Zusammenwirkens mit anderen Organen und Einrichtungen und der Zusammenarbeit mit den befreundeten Organen sowie der unmittelbaren Bekämpfung der Banden, ihrer Hintermänner und Inspiratoren im Operationsgebiet, durch die umfassende Nutzung der Möglichkeiten der staatlichen und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräfte ist bei jeder verantwortungsbewußt zu prüfen. Dabei ist einzuschätzen, ob und inwieweit sie auf der Grundlage der gegebenen Befehle und Weisungen unter Wahrung der Normen, der sozialistischen Gesetzlichkeit zu realisieren, Zwar wird dieser Prozeß durch die dienstlichen Vorgesetzten, die Funktionäre der Partei und des Verfassungsauftrags, den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger jederzeit zu gewährleisten. Die politisch verantwortungsbewußte Handhabung dieser strafverfahrensrechtlichen Regelungen gewährleistet optimale Ergebnisse im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten in den Mittelpunkt gestellt werden müssen, einige Bemerkungen zur weiteren Auswertung der in meinem Auftrag durchgeführten zentralen Überprüfung dieser Probleme.

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