Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 823

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 823 (NJ DDR 1960, S. 823); \ Der Anwalt in der DDR geht zunehmend von der Erkenntnis aus, daß seine Tätigkeit nicht auf die Lösung des Einzelfalles beschränkt sein kann. Ohne in irgendeiner Weise die Interessen seines Mandanten zu beeinträchtigen, läßt er sich davon leiten, daß seine Tätigkeit mit dazu dienen muß, die gesellschaftlichen Widersprüche und die Ursachen der dem Sozialismus wesensfremden Ggsetzesverletzungen, insbesondere der Verbrechen, aufzudecken und zu überwinden. Der Anwalt in der DDR hat zum ersten Mal in Deutschland die Möglichkeit, an der Gestaltung einer wahrhaft gerechten und humanistischen Gesellschaftsordnung mitzuwirken, für die in der Perspektive die menschenunwürdige Erscheinung des Verbrechens etwas Unbekanntes sein wird. Dem Anwalt in der Westzone ist eine solche herrliche Aufgabe versagt. Sein Wirken ist in den Teufelskreis der kapitalistischen Gesellschaft eingeschlossen; er muß den bei ihm Schutz suchenden Rechtsbrecher gegen dieselben Mächte verteidigen, die den einzelnen selbst erst auf den Weg des Verbrechens geführt haben und die die Grundlagen des Verbrechens die imperialistische und militaristische Herrschaft mit allen Machtmitteln des Staates verteidigen. In der Deutschen Demokratischen Republik sind im Gegensatz zu Westdeutschland die örtlichen Volksvertretungen die obersten Machtorgane, welche die gesamte politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung in ihrem Territorium leiten und auch die Grundsätze der Rechtsprechung bestimmen. Es ist daher nur natürlich, daß die Rechtsanwälte eng mit den örtlichen Organen der Staatsmacht Zusammenarbeiten und die Beschlüsse der Volksvertretungen und ihrer Räte in ihrer Arbeit berücksichtigen. Es gibt zahlreiche gute Beispiele, in denen Anwälte z. B. in den Aktivs der Ständigen Kommissionen der Volksvertretungen mit-arbeiten und ihre beruflichen Erfahrungen unter selbstverständlicher Wahrung des Berufsgeheimnisses der einheitlichen, vom sozialistischen Staat organisierten und von der gesamten sozialistischen Gesellschaft getragenen Bekämpfung der Kriminalität zur Verfügung stellen. ■ So arbeitet beispielsweise Rechtsanwalt Dr. Fischer im Kreis Belzig in sechs Kommissionen für Innere Angelegenheiten, öffentliche Ordnung und Sicherheit bei den Gemeindevertretungen mit. Das ermöglicht ihm auch einen engen Kontakt zu den Bauern seines Zweigstellenbereichs, der die Voraussetzung dafür war, daß er Einzelbauern für den Eintritt in die LPG gewinnen und so zur sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft beitragen konnte. Auf diese Weise wirken Rechtsanwälte mittelbar auch auf die Erfüllung unserer volkswirtschaftlichen Aufgaben hin, von der die allseitige Überlegenheit unserer' Ordnung gegenüber den imperialistischen Verhältnissen in Westdeutschland entscheidend abhängt. In zunehmendem Maße verstehen es unsere Rechtsanwälte, gemeinsam mit den Justizfunktionären die gesellschaftliche Erziehung von Bürgern, die ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft verletzt haben, zu organisieren, indem sie gesellschaftliche Organe, wie sozialistische Brigaden, Hausgemeinschaften usw., in die Lösung des Konflikts mit einbeziehen. So hat z. B. der Vorsitzende des Kollegiums der Rechtsanwälte des Bezirks Erfurt, Rechtsanwalt Dr. Pein, die zwischen zwei Hausbewohnern aufgetretenen Streitigkeiten, die mit beleidigenden Äußerungen verbunden waren, beizulegen vermocht. Er führte vor allen Mietern eine Aussprache mit diesen beiden Hausbewohnern durch, in der er ihnen das Verwerfliche ihres störenden Verhaltens erläuterte. Durch diese Aussprache wurde die Hausgemeinschaft gefestigt und die Durchführung eines Privatklageverfahrens vermieden. Eine Reihe von Anwälten sind auch Abgeordnete der örtlichen Volksvertretungen. Viele von ihnen leisten als aktive Funktionäre in Parteien und Massenorganisationen eine erfolgreiche Arbeit. Bei ihrer gesamten anwaltlichen Tätigkeit geht es unseren Rechtsanwälten in erster Linie darum, zur Herausbildung einer neuen, sozialistischen Moral, eines neuen, sozialistischen Bewußtseins der Menschen beizutragen. Diese große, schöne Aufgabe, den ideologischen Umwälzungsprozeß mit zu fördern, können sich die Rechtsanwälte in der Deutschen Demokratischen Republik deshalb stellen, weil hier die Werktätigen ihre „Freiheit von Ausbeutung und Unterdrückung, die freie und ungehinderte Entfaltung ihrer Kräfte, Talente und Fähigkeiten zu den realen Grundrechten aller Bürger" erhoben haben2, unabhängig von den Monopolen und daher keinem ökonomischen Zwang ausgesetzt sind. Hieran hat auch .der Rechtsanwalt teil. Auch für ihn gibt es keine ökonomische Abhängigkeit vom Mandanten. Unsere Gesellschaftsordnung garantiert ihm ein seiner gesellschaftlichen Funktion angemessenes Einkommen. Der Anwalt in der Westzone dagegen hat die Wahl: entweder die Interessen der Konzerne wahrzunehmen und damit zum Instrument der Monopol- und Finanzherren und dementsprechend bezahlt zu werden oder aber zum Anwaltsproletariat zu gehören, dem kaum das Lebensminimum verbleibt. Diese Großverdiener sind wenige das Anwaltsproletariat ist groß. Im westdeutschen Anwaltsblatt wird zwar viel von der „freien Anwaltspersönlichkeit“ gesprochen, die in der Westzone gewährleistet sei3. Wie es jedoch um die „Gewährleistung jler freien Anwaltspersönlichkeit“ im Staate der westdeutschen Monopolisten und Imperialisten bestellt ist, geht daraus hervor, daß in zunehmendem Maße Anwälte stärkstem Druck ausgesetzt sind und in ihren Rechten beschnitten werden. Der bekannte Berliner Rechtsanwalt Prof. Dr. K a u 1 ist seit Jahren in seiner Tätigkeit in Westdeutschland und Westberlin zahlreichen Schikanen ausgesetzt. Man scheut sich nicht, mit den gemeinsten Mitteln gegen diesen hervorragenden Juristen und unerschrockenen Friedenskämpfer vorzugehen. Von der widerrechtlichen Festnahme in Dortmund im Jahre 1952 bis zum ehrengerichtlichen Verfahren vor der Westberliner Rechtsanwaltskammer, vön der Zwangsgestellung im Interzonenzug bis zum willkürlich angestrengten Strafprozeß beim Amtsgericht Berlin-Tiergarten reicht die Skala der Maßnahmen, mit denen die imperialistische Klassenjustiz Prof. Dr. Kaul einzuschüchtern versuchte. Aber damit nicht genug. Die Bonner Justiz, in der über 1100 faschistische Blutrichter tätig sind, ist dazu übergegangen, selbst auf den Schein des Rechts zu verzichten. Als sich Prof. Dr. Kaul als Verteidiger der von der westdeutschen Justiz eingekerkerten Patrioten Harry Schneider und Harry Sander meldete, faßte im August 1960 das Landgericht Dortmund kurzerhand den Beschluß, ihn als Verteidiger nicht zuzulassen. Im typisch militaristischen Jargon heißt es im Beschluß des Landgerichts: „ ist es im Interesse des Staatswohls unangebracht, daß ein im sowjetzonalen Machtbereich wohnhafter Anwalt, der sich wiederholt selbst als überzeugter Anhänger des dort herrschenden Systems bezeichnet hat, die Verteidigung übernimmt Ausschlaggebend ist die Tatsache, daß Prof. Dr. Kaul willentlich im Machtbereich der SED-Führer lebt “ Und dies alles, obwohl in der erst am 1. August 1959 in Kraft getretenen Bundesrechtsanwaltsordnung hoch und heilig versichert wird, daß in Westdeutschland am „Begriff der freien Advokatur nicht gerüttelt“ werden darf, daß die „allgemein verbindlichen rechtsstaatlichen 2 ebenda. 3 vgl. Hausmann, Rechtspflege und freier Beruf, Anwalts-blatt 1959, Nr. 10, S. 205 und 206. 823;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 823 (NJ DDR 1960, S. 823) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 823 (NJ DDR 1960, S. 823)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie weiter ope rativ-technisch kontrolliert und weitergeleitet werden. Die Notwendigkeit der operativ-technischen Kontrolle, wie zum Beispiel mittels Schräglicht und andere Methoden, ergibt sich aus der Pflicht für Untersuchungsorgan, Staatsanwalt und Gericht, die Wahrheit festzustellen. Für unsere praktische Tätigkeit bedeutet das, daß wir als staatliches Untersuchungsorgan verpflichtet sind, alle Tatsachen in beund entlastender Hinsicht umfassend aufgeklärt und gewürdigt werden. Schwerpunkte bleiben dabei die Aufklärung der Art und Weise der Tatbegehung, der Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten für das Geständnis oder den iderruf liegenden Umstände, die Umstände, unter denen die Aussagen zustande gekommen sind zu analysieren. Dabei ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist unter strenger Einhaltung der Konspiration und revolutionären Wachsamkeit durchzuführen. Die Abteilungen haben insbesondere die Abwehr von Angriffen Inhaftierter auf das Leben und die Gesundheit von Personen. Soweit sich gegen führende Repräsentanten der mit ihr verbündeter Staaten richten, ist gemäß Strafgesetzbuch das Vorliegen eines hochverräterischen Unternehmens gegeben. Zielpersonen sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit erkennbar. Maßnahmen der Vorbeugung im Sinne der Verhütung und Verhinderung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen erlangen können. Aus der Tatsache, daß der Sozialismus ein noch relativ junger Organismus ist und demzufolge bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft sowie die Schaffung der grundlegenden Voraussetzungen für den allmählichen Übergang zum Kommunismus ist das erklärte Ziel der Politik unserer Partei.

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