Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 82

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 82 (NJ DDR 1960, S. 82); unseren Gerichten beiträgt, ist eine weitere für die Bekämpfung und Überwindung der Jugendkriminalität sehr zu beachtende Frage. Woraus erklären sich die auf dem Gebiet der gesellschaftlichen Erziehung festgestellten Mängel und wie sind sie zu beseitigen? Wenn in der Vergangenheit die Maßnahmen der gesellschaftlichen Erziehung noch nicht überall im erforderlichen Maße angewandt wurden, so m. E. vor allem deshalb, weil teilweise weder bei den Gerichten noch in den Betrieben volle ideologische Klarheit über die große Bedeutung der dabei zu lösenden Aufgaben besteht. Es kommt vor allem darauf an, in den sozialistischen Betrieben und ihren Partei- und Gewerkschaftsorganisationen über diese Fragen Klarheit zu schaffen, denn sie und die speziell zu diesem Zweck zu bildenden gesellschaftlichen Organe sollen ja der Träger und Organisator der gesellschaftichen Erziehung sein. Für die Werktätigen in den Betrieben handelt es sich doch insoweit um neue, mit ihrer beruflichen Tätigkeit meist nicht unmittelbar im Zusammenhang stehende Aufgaben. Ihnen muß deshalb in jeder Beziehung geholfen werden. Diese Hilfe zu leisten, ist vor allem Aufgabe der Richter und Staatsanwälte. Sie stellt ein Stück bewußter staatlicher Leitungstätigkeit dar. In Anbetracht der Arbeitsbelastung unserer Gerichte und Staatsanwaltschaften ist das eine Aufgabe, die zunächst sicher nur schwerpunktmäßig erfüllt werden kann. Aber sie muß in Angriff genommen werden, weil unsere Betriebe diejenigen Stätten sind, in denen die gesellschaftliche Erziehung am wirkungsvollsten durchgeführt werden kann. Die in der Justiz erst in letzter Zeit überwundenen Auffassungen der bürgerlichen Gewaltenteilungslehre stecken in bestimmtem Umfange auch noch in den Köpfen der leitenden Betriebsfunktionäre und der Werktätigen und drücken sich in der Auffassung aus, daß die Verbrechensbekämpfung sowie die Erziehung der Straffälligen ausschließlich Sache der Justizorgane sei. Es kann deshalb nicht nur darauf ankommen, den Werkleitungen und den Partei- und Gewerkschaftsfunktionären unserer sozialistischen Betriebe bewußt zu machen, daß sie für die Durchführung der gesellschaftlichen Erziehung eine große Verantwortung tragen und welcher Art die dabei zu ergreifenden Maßnahmen sind. Wichtiger noch ist es, zunächst Klarheit darüber zu schaffen, warum es der jetzige Stand unserer gesellschaftlichen Entwicklung möglich und notwendig macht, diesen neuen Schritt auf dem Wege der weiteren Entfaltung der sozialistischen Demokratie zu gehen. Die Schaffung der ideologischen Klarheit über die Gesetzmäßigkeit dieser Entwicklung, nämlich die Übertragung der Erziehung von Rechtsverletzern von den staatlichen Organen unmittelbar auf die Gesellschaft, bildet eine Voraussetzung für die Beseitigung der Hindernisse, die gegenwärtig in vielen Betrieben der Durchsetzung der gesellschaftlichen Erziehung noch im Wege stehen. Je mehr Werktätige eines Betriebes in die gesellschaftliche Erziehung mit ihren vielfältigen Formen z. B. kollektive Aufdeckung und Beseitigung der objektiven und subjektiven Faktoren, die die Begehung von strafbaren Handlungen verursachten oder begünstigten; Teilnahme an der Hauptverhandlung und deren Auswertung im Betrieb; gesellschaftliche Umerziehung des Täters einbezogen werden, desto wirkungsvoller wird sie nicht nur in bezug auf die Bekämpfung des einzelnen Falles; sondern vor allem in Hinblick auf die Verhütung ähnlicher Handlungen durch andere Werktätige sein. Dabei geht es nicht nur um die Verhinderung strafbarer Handlungen, sondern überhaupt um die Einschränkung von Handlungen, die der Vollendung der sozialistischen Umgestaltung hinderlich sind. Die volle Durchsetzung der gesellschaftlichen Erziehung wird auch dazu führen, daß die Gerichte von den Betrieben eine bessere Unterstützung für die Wirksamkeit ihrer Strafrechtsprechung erhalten. Die Auffassungen darüber, wie die erforderliche Verbesserung der Rechtsprechung einschließlich ihrer Auswertung erreicht werden soll, sind bislang unterschiedlich. Während Schlegel aus den von ihm festgestellten Hemmnissen für die Verbesserung der Tätigkeit der Gerichte eine Reihe von Schlußfolgerungen zieht, die ausschließ- lich organisatorische Veränderungen der Arbeitsweise der Gerichte zum Inhalt haben, vertrete ich die Auffassung, daß eine der wichtigsten Aufgaben der Justizorgane darin bestehen muß, Sorge zu tragen, daß durch die Schaffung ideologischer Klarheit über die Gesetzmäßigkeit der. oben gekennzeichneten Entwicklung in ständig wachsendem Maße die ganze Kraft unserer sozialistischen Gesellschaft in den Kampf um die Überwindung der Kriminalität einbezogen werden kann und muß. Das Gericht wird sich z. B. viel besser und konkreter über die Situation in einem bestimmten Bereich eines Betriebes informieren können, wenn es dabei die uneingeschränkte Unterstützung der betreffenden Werktätigen und Funktionäre erhält. Es wird aber ein Gericht verhältnismäßig viel Zeit kosten, wenn es, um eine gute Auswertung der Strafverfahren zu gewährleisten, sich in jedem Fall derartig umfangreich informieren soll, um selbst konkret bestimmen zu können, welche Kollegen an der Verhandlung teilnehmen sollen. Vielmehr kommt es doch darauf an, in den Betrieben Klarheit zu schaffen, welche Grundsätze für die Delegierung von Kollegen zur Teilnahme an Verhandlungen zu beachten sind. Es muß also erläutert werden, daß es darum geht, Kollegen zu delegieren, die dem Gericht helfen können, die politisch richtige Entscheidung zu fällen, und die gleichzeitig willens und in der Lage sind, im Betrieb die Dinge zu verändern, die die Begehung des Verbrechens begünstigt haben. Darüber hinaus kann es auch erforderlich sein, solche Kollegen an einer Verhandlung teilnehmen zu lassen, die durch ihr Verhalten die Begehung der Handlung erst ermöglicht haben oder die aus anderen Gründen durch die Teilnahme an einer Strafverhandlung erzieherisch beeinflußt werden sollen. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die an einer Verhandlung teilnehmenden Kollegen eines Betriebes nicht immer und unbedingt der gleichen Brigade oder dem gleichen Meisterbereich wie der Täter angehören müssen. Um zu einer vorausschauenden und planmäßigen Tätigkeit der Straforgane zu kommen, kann es sich sogar als zweckdienlich erweisen, auch Angehörige anderer Betriebe zur Teilnahme an bestimmten Strafverhandlungen einzuladen. Es ist auch Aufgabe der Ermittlungsorgane, diese Fragen in ihrer Tätigkeit zu berücksichtigen. Diese Organe dürfen sich nicht darauf beschränken, nur die Umstände zu ermitteln, die mit der Tat in unmittelbarem Zusammenhang stehen-und zur Begründung der Tatbestandsmäßigkeit und Feststellung der Gesellschaftsgefährlichkeit erforderlich sind. Aufgabe aller an der Bekämpfung der Kriminalität beteiligten Organe ist es, durch die Lösung ihrer speziellen Aufgaben zur Erfüllung der Gesamtaufgabe beizutragen, die darin besteht, nicht nur die einzelne Straftat, sondern die Wurzeln der Kriminalität zu bekämpfen. Die Ermittlungsorgane müssen daher dem Gericht bereits konkrete Hinweise für die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung des gesamten Strafverfahrens geben. Abschließend noch eine Bemerkung zur Verbesserung der Arbeit der Schöffen in den Betrieben. Der von Schlegel gemachte Vorschlag, anzustreben, daß an der Verhandlung möglichst ein Schöffe aus der gleichen Abteilung teilnimmt, der dann an Hand des ihm übergebenen Urteils die Auswertung vornimmt, ist zu begrüßen, wenn auch seiner Realisierung oft Schwierigkeiten im Wege stehen werden. Die Autorität der Schöffen im Betrieb wird dadurch zweifellos gestärkt. Um die Schöffen aus der von Schlegel angedeuteten, auch im Potsdamer Karl-Marx-Werk vorhandenen Isolierung herauszulösen, ist zu überlegen, ob sie nicht auch noch in anderer Weise stärker in Erscheinung treten könnten. Im Zusammenhang mit der Aufklärung von Straftaten werden in den Betrieben nach deren Bekanntwerden aus Unkenntnis über den tatsächlichen Sachverhalt oder infolge von Feindtätigkeit oft die unsinnigsten Diskussionen geführt und die schädlichsten Gerüchte verbreitet. Die Schöffen fühlen sich, da sie meist nicht mehr als die anderen wissen, nicht in der Lage, derartigem Gerede sicher entgegentreten zu können. Üm diesen Zustand zu überwinden, sollte man dazu übergehen, soweit das der einzelne Fall und der Stand der Ermittlungen zulassen, die Schöffen über 82;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 82 (NJ DDR 1960, S. 82) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 82 (NJ DDR 1960, S. 82)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere in der Volkswirtschaft; alle Straftaten aufzudecken und aufzuklären; die gesetzlichen Möglichkeiten, für eine differenzierte Anwendung der Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die unterschiedlichsten Straftaten, ihre Täter und die verschiedenartigsten Strafmaßnahmen zielgerichtet durchzusetzen. Aus diesem Grunde wurden die Straftatbestände der Spionage, des Terrors, der Diversion, der Sabotage und des staatsfeindlichen Menschenhandels unter Ausnutzung des Reiseund Touristenverkehrs in über sozialistische Staaten in enger Zusammenarbeit mit den anderen Linien und Diensteinheiten sowie im engen Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen und den operativen Linien und territorialen Diensteinheiten - gründlich durchdenken und die notwendigen realen Vorschläge erarbeiten.

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