Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 802

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 802 (NJ DDR 1960, S. 802); liehen Attacken gegen die (West)Berliner Justiz in zeitlicher Hinsicht mit Bestechungsfallen oder ähnlichen Verfahren zusammenfallen, bei denen leitende Personen des öffentlichen Dienstes oder Politiker verwickelt sind“, wie „Der Tag“ vom 28. Oktober 1960 berichtete, wird bei dem großen Frontstadt-Theater nicht viel herauskommen und die ganze dreckige Geschichte wird sich im Justizausschuß totlaufen. Unterdessen sind weitere Einzelheiten bekannt geworden. So sind nach einer Aufstellung der Westberliner Justizverwaltung zwischen dem 1. Januar 1959 und dem 3. November 1960 767 Verfahren wegen aktiver und passiver Bestechung angelaufen. Diese Zahl ist natürlich nicht vollständig, denn in ihr sind z. B. jene Korruptionsfälle nicht enthalten, die man von vornherein vertuscht hat. Man denke hierbei z. B. an die 30 Modellkleider im Werte von 30 000 D-Mark, die die Frau des „Regierenden“ Bürgermeisters Brandt „geschenkt“ erhielt. Von den genannten 767 Verfahren wurden nur 27 mit einem Gerichtsurteil beendet; alle anderen wurden nach einer Meldung im „Telegraf“ vom 19. November 1960 „als reine Bagatellfälle“ oder wegen „Unauffindbarkeit des Betroffenen“ eingestellt. Ein Teil wurde „an die Staatsanwaltschaften im Bundesgebiet abgegeben“. In Abwandlung des oben zitierten Satzes von Dehler könnte man sagen: „Wie die Westberliner Justiz den korrupten Frontstadtspitzen entgegentritt, macht ein wesentliches Stück des Westberliner Sumpfes aus.“ Und in diesem Sumpfe sitzen alle. Der „Regierende“ Brandt und, wie jetzt festgestellt wurde, auch sein Innenminister Lipschitz. In einem Interview, das die „Berliner Morgenpost“ am 19. November 1960 veröffentlichte, hat der Justizsenator Kielinger zugegeben, daß auch dieser „Herr“ sich in die Justiz eingemischt hat. Kielinger sagte auf eine entsprechende Frage: „Also, ich habe einen Brief von Lipschitz bekommen, in dem der Senator für Inneres vorschlug ob wir nicht in Berlin bei Bestechungsfällen eine etwas mildere Form der Ermittlungen und der Bestrafung praktizieren könnten.“12 Aber nicht nur der „Innenminister“ des „Regierenden“ Brandt hat sich eingemischt, die Einmischung erfolgte auch durch andere Stellen und war „ein ständiges Thema in den Sitzungen“ des Senats. In dem o. a. Interview kann man hierzu folgendes lesen: „Berliner Morgenpost“: „Trifft es zu, daß auch die Senatoren Schwedler, Theuner und Hertz Sie mehrfach vor und nach Senatssi-tzungen in mehr oder weniger eindringlicher Form ersucht oder gebeten haben, in bestimmten Fällen einzugreifen?“ Senator Kielinger: „Andere Senatoren? Wissen Sie, es war ein ständiges Thema in unseren Sitzungen, diese Bestechungsfälle Immer wieder wurde ich gefragt, müssen Ihre Staatsanwälte denn so barsch auftreten Natürlich ist es dabei vorgekommen, daß die Senatoren manchmal rot anliefen und sehr erregt wurden, weil sie nicht begreifen wollten, daß die Staatsanwaltschaft von Amts wegen verpflichtet ist, derartige Dinge zu verfolgen“. Am Dienstag, dem 22. November, ist nun die Denkschrift veröffentlicht worden, wobei allerdings die Namen der Betroffenen weggelassen wurden. Fall 1 : Bei dieser Sache handelt es sich um das Strafverfahren gegen den Baustadtrat Schley. In der Denkschrift befindet sich ein Aktenvermerk des Generalstaatsanwalts über ein Telefongespräch mit dem Snatsdirektor Dr. Kauffmann folgenden Wortlauts: 2 Berliner Morgenpost vom 1. November 1960. „Ich habe (Dr. Kauffmann) mitgeteilt, daß inzwischen von der Tclizei ermittelt worden ist, daß Schley von einer anderen Firma Ohne Entgelt sich einen Anlegesteg an seinem Grundstück hat bauen lassen, daß ihm die Firma „Stratiebau“ außer den bisher schon festgestellten Arbeiten die Uferbefestigung des Grundstückes kostenlos angelegt hat und daß von einer dritten Firma (Hochbau) unentgeltliche Bauarbeiten an seinem Hause ausgeführt worden sind. Herr Senatsdirektor Dr. Kauffmann bat darum, daß die neuen Ermittlungen nicht zur Verzögerung der Entscheidung über die Haftentlassung herangezogen werden sollten Der Herr Regierende Bürgermeister und der Bürgermeister Amrehn bäten auch darum, daß dies als bindende Zusage von uns aufgefaßt werde.“1* Fall 2: Über die Behandlung von sogenannten „Werbe-geschenkcn“ wurde in einer Besprechung bei der Senatsverwaltung für Justiz von Staatsanwalt R a d k e folgender Aktenvermerk gefertigt: „Herr Senator Dr. Kielinger wies darauf hin, daß in einer Besprechung am 16. Februar 1959 Einigkeit darüber bestanden habe, daß die Anklageerhebung in den Fällen ,Werbegeschenke“ zurückgestellt werden sollte.“14 In dieser Beratung hat Staatsanwalt Radke auch darauf hingewiesen, daß allein der Staatsanwalt Dr. Fuhrmann „35 Fälle der aktiven Bestechung“ zu bearbeiten habe. Fall 3 : In einem Vermerk des Staatsanwalts Radke über eine Beratung in der Westberliner Justizverwaltung am 7. April 1960 heißt es: „Herr Senatsdirektor Dr. Kauffmann entgegnete, daß bei ihm und bei anderen Senatsverwaltungen der Eindruck entstanden sei, daß die Staatsanwaltschaft in Westberlin in Bestechungssachen übereifrig vorgehe. Er stellte die Frage, ob es nicht wichtiger sei, die Verfahren, bei denen es sich um kleinere Werbegeschenke handele, durch Verneinung der inneren Tatseite mangels Beweises einzustellen.“15 Staatsanwalt Radke hat in dieser Beratung erklärt, daß die Staatsanwaltschaft „die Kirche im Dorfe lasse“, denn es seien sogar „Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt worden, in denen es sich um die Annahme von Bargeld gehandelt habe“.10 Fall 4 : Über eine Beratung vom 6. Mai 1960 hat Generalstaatsanwalt Görcke folgenden Vermerk gemacht: „Der Herr Senator (gemeint ist Kielinger) führt aus, daß er es mißbillige, daß in der BVG-Sache formelle Ermittlungsverfahren eingeleitet worden seien Der Herr Senator erklärte noch, daß eine Sonderbehandlung von Persönlichkeiten, die an hervorragender Stelle im öffentlichen Leben tätig seien, nach seiner Auffassung nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde.“11 Fall 5 : In einem Vermerk über eine Beratung der Justizverwaltung mit Staatsanwälten des „Korruptionsdezernats“ am 25. August 1960 hat Staatsanwalt K 1 i n g b e r g folgende interessanten Bemerkungen von Dr. Kauffmann niedergelegt: „Einen Beschuldigten, der 2900 D-Mark monatlich verdient, kann man nicht mit Geschenken, insbesondere Weinsendungen beeinflussen.“ In einer späteren IS Der Tagesspiegel vom 22. November 1960. 14 ebenda. 15 ebenda. '6 ebenda. ebenda. 802;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 802 (NJ DDR 1960, S. 802) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 802 (NJ DDR 1960, S. 802)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

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