Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 770

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 770 (NJ DDR 1960, S. 770); nicht möglich war, worüber der Angeklagte W. bei der Staatlichen Plankommission berichtete, erhielt er die Anweisung, diese Schlachtstraße an den Bezirk Frankfurt (Oder) abzugeben mit dem gleichzeitigen Hinweis, daß dem Bezirk Leipzig im Frühjahr 1961 eine andere Schlachtstraße zur Verfügung gestellt würde. Über das Ergebnis dieser Besprechung in Berlin informierte der Angeklagte W. nach seiner Rückkehr den Angeklagten H. Beide waren sich nun darüber einig, die in W. lagernde Schlachtstraße an den Bezirk Frankfurt (Oder) abzugeben, was dann auch später geschah. Aus den Gründen: Nach dem Sachverhalt steht fest, daß beide Angeklagten sich eines Vergehens nach § 7 Abs. 1 Ziff. 2 der WStVO schuldig gemacht haben. Objektiv fordert diese gesetzliche Bestimmung eine erhebliche Störung des Wirtschaftsablaufs durch Nichtausführung, falsche Ausführung oder Erschwerung der Ausführung von Anordnungen der Wirtschaftsverwaltung durch Angestellte einer Dienststelle dieser Verwaltung. Beide Angeklagten waren Angestellte des Rates des Bezirks Leipzig. Nach dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 17. Januar 1957 und dem Gesetz vom 11. Februar 1958 über die Vereinfachung und Vervollkommnung der Arbeit des Staatsapparates tragen die örtlichen Machtorgane die volle Verantwortung für die politische, ökonomische und kulturelle Entwicklung auf ihrem Territorium. Daraus ergibt sich, daß der Rat des Bezirks auch für den Wirtschaftsablauf im Bezirk verantwortlich ist und die dazu notwendigen Beschlüsse entsprechend der Aufgaben- und Zielstellung im Volkswirtschaftsplan des Bezirkstages faßt. Ein solcher Beschluß ist auch der genannte Ratsbeschluß Nr. 135/25/59 vom 28. September 1959, der der Verwirklichung der Beschlüsse des V. Parteitags der SED hinsichtlich der Steigerung der Geflügelproduktion für den Bezirk Leipzig dient. Dieser Beschluß war für beide Angeklagten verbindlich. Sie hatten nicht das Recht, ohne vorherige Zustimmung des Rates des Bezirks von sich aus andere Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen. Durch die Abgabe der Schlachtstraße ist der Wirtschaftsablauf hinsichtlich der Geflügelproduktion im Bezirk erheblich gestört worden. Es ist auch eine wesentliche Verzögerung in der Erhöhung der Schlachtkapazität für dieses Geflügel eingetreten. Die Geflügelproduktion ist im Bezirk seit 1958 um fast das Vierfache angestiegen. Demgegenüber ist die im Bezirk vorhandene Schlachtkapazität für Geflügel nur unwesentlich angestiegen. Schon hieraus ist ersichtlich, welche Bedeutung jede Erhöhung der Schlachtkapazität hat, um den ständig steigenden Bedarf unserer Bevölkerung decken zu können. Das bezieht sich sowohl auf die Quantität als auch auf die Qualität. Unsere landwirtschaftlichen Betriebe setzen auf der anderen Seite alles daran, der Forderung der Partei der Arbeiterklasse auf Erhöhung der Geflügelproduktion gerecht zu werden, und haben von sich aus die Ziele ihrer Produktionspläne erhöht. Sie wissen, daß in unserem sozialistischen Staat die Abnahme all ihrer Produktion gewährleistet ist. Wenn aber mit der erhöhten Produktion von Geflügel nicht auch die Erhöhung der Schlachtkapazität Schritt hält, dann können die Produzenten ihre Produkte nicht abliefem, verlieren das Vertrauen zu ihrem Staat, und ihre Produktion geht zurück. Das hat zur Folge, daß sich die Versorgung der Bevölkerung mit Geflügel nicht verbessert, sondern verschlechtert, was im Widerspruch zum ökonomischen Grundgesetz des Sozialismus steht. Dadurch wird auch die Erfüllung der ökonomischen Hauptaufgabe gefährdet und die allseitige Überlegenheit des Sozialismus über den Kapitalismus nicht bewiesen. Wenn der Angeklagte H. vorbringt, er habe sich nach dem Scheitern der Projektierungen und nach seiner Aussprache mit dem Vorsitzenden des Wirtschaftsrates besonders auf Wa. orientiert, so muß dazu folgendes festgestellt werden: Wa. liegt etwa 30 km von W. entfernt. Durch den Transport der lebenden Enten von W. zum Schlachten nach Wa. tritt eine Verschlechterung der Qualität des Fleisches ein. Auch werden durch diesen Transport die Produktionskosten erhöht. Der Zeuge R. sagt aus, daß die Transportkosten von W. nach Wa. pro Ente 12 Pfennige betragen. Das bedeutet, daß allein im Monat Juli 1960 etwa 2500 DM mehr Kosten durch diesen Transport entstanden sind. Allein im Juli 1960 wurden rund 54 Tonnen Enten vom Kombinat W. zum Schlachten nach Wa. geliefert. Infolge der unzureichenden Schlachtkapazität konnten die Enten dort zum Teil erst nach sechs Tagen geschlachtet werden. Legt man dabei einen Durchschnitt von drei Tagen und den vom Zeugen R. angegebenen Gewichtsverlust von etwa 80 Gramm pro Tag zugrunde, so ergibt sich ein Gewichtsverlust von 240 Gramm pro Ente. Das bedeutet einen Gesamtverlust im Monat Juli von etwa 5000 kg. Hieraus ergibt sich der ganze Umfang des Schadens, der eingetreten ist und auch heute noch zu verzeichnen ist. Hinzu kommt, daß die Enten unserer Bevölkerung in den Geschäften nicht in der besten Qualität angeboten werden können. Die Angeklagten haben durch die unbefugte Abgabe der Schlachtanlage, die für das Entenkombinat W. bestimmt war, diese ihrem bestimmungsmäßigen Gebrauch entzogen und dadurch sowohl die Durchführung der Wirtschaftsplanung als auch die Versorgung der Bevölkerung gefährdet. Sie sind deshalb auch nach § 1 Abs. 1 Ziff. 2 Abs. 2 der Wirtschaftsstrafverordnung zu bestrafen. Was die subjektive Seite anbetrifft, so habe beide Angeklagten fahrlässig gehandelt. Wenn der Angeklagte H. vorbringt, er habe den Vorsitzenden des Wirtschaftsrates informiert und geglaubt, sich dadurch seiner Verantwortung entledigt zu haben, so kann dem nicht gefolgt werden. Wir haben eine Staatsmacht der Arbeiter und Bauern und nicht einen kapitalistischen Beamten- und Bürokratenstaat. Der Angeklagte H. ist seit 1952 in verantwortlichen Funktionen beim Rat des Bezirks tätig. Er hatte durch seine politische und fachliche Ausbildung alle Voraussetzungen, um die Bedeutung eines Ratsbeschlusses sowohl in seinem Wesen als auch in seiner Zielsetzung richtig einzuschätzen. Er kannte auch die Bedeutung des Entenkombinats W. Der Angeklagte H. hat aber dem Beschluß des Rates des Bezirks Nr. 135/25/59 eine andere Linie gegeben. Denn nur so ist es zu erklären, daß er sich nach der dem Vorsitzenden des Wirtschaftsrates gegebenen mündlichen Information für die Durchführung des Beschlusses nicht mehr verantwortlich fühlte. Er hat den Vorsitzenden des Wirtschaftsrates nebenbei mündlich informiert, anstatt ihm eine genaue schriftliche Information zu geben. Das war bei der Wichtigkeit dieses Objekts notwendig. Sein Verhalten und die Art, wie er sich dieses Auftrags entledigt hat, lassen darauf schließen, daß ihm die bei der Projektierung aufgetretenen Schwierigkeiten willkommen waren, weil er dadurch von dem ihm erteilten und offensichtlich unbequemen Auftrag vorerst loskam. Die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen betreffend Wa. waren ja auch bequemer und einfacher, als den Kampf um die fristgemäße Fertigstellung des Objekts W. gemäß dem Ratsbeschluß zu führen. Der Einbau der Schlachtstraße in W. vorerst auch ohne Kühlanlage war möglich und hätte dazu geführt, daß die Enten an Ort und Stelle geschlachtet und dann zum Kühlen in die entsprechenden Kühlanlagen gebracht werden. Dadurch wäre eine Erhöhung der Qualität des Fleisches und auch eine Senkung der Kosten erreicht worden. Auch der Angeklagte W. hat sich nach seiner Rückkehr nicht mehr verantwortlich gefühlt, weil in der Zwischenzeit der Angeklagte H. eingesetzt worden war. Aus dem Verhalten beider Angeklagten ist ersichtlich, daß sie die Frage der persönlichen Verantwortung sektiererisch eng ausgelegt haben. Wenn der Angeklagte W. auch nicht über solche Erfahrungen in der Arbeit des Staatsapparates verfügte wie der Angeklagte H. und offensichtlich auch ungenügend unterstützt wurde, so hätte gerade er, der doch nicht mit so vielen bürokratischen Anhängseln belastet war, keinesfalls so handeln dürfen. Auch der Angeklagte W. war sich der Bedeutung des Beschlusses bewußt. Trotzdem hat er gegen ihn verstoßen und seine Realisierung verhindert. Damit ist erwiesen, daß beide Angeklagten fahrlässig gehandelt haben und nach den 770;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 770 (NJ DDR 1960, S. 770) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 770 (NJ DDR 1960, S. 770)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen anzuwenden. Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststellung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt. Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Qualifikation der operativen Mitarbeiter stellt. Darin liegt ein Schlüsselproblem. Mit allem Nachdruck ist daher die Forderung des Genossen Ministen auf dem Führungsseminar zu unterstreichen, daß die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens. Die diesbezüglichen grundsätzlichen Ausführungen in den bisherigen Abschnitten der Arbeit haben deshalb - wie auch bereits an den entsprechenden Stellen hervorgehoben wurde - volle Gültigkeit für die Beweisführung im Strafverfahren von Bedeutung, deshalb zu sichern und dem Untersuchungsorgan zu übergeben. Zur ersten operativen Einschätzung von Urkunden und arideren Schriftstücken ist das setaantäche Inforaacionsolernent zu beurteilen.

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