Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 724

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 724 (NJ DDR 1960, S. 724); den sollten, weil sonst Seuchengefahr und Hungersnot drohte. Da die Konzentrationslager überfüllt waren, erklärte Eichmann sich damit einverstanden. In der Aussage Mertens heißt es: „Eichmann hat dann das Reichsinnenministerium angerufen. Da es sich um eine Ausnahme von den Nürnberger Gesetzen, um eine Ausnahme von den in der Wannsee-Konferenz beschlossenen Maßnahmen zur Endlösung der Judenfrage handelte, hat auch der allgewaltige Eichmann Rückendeckung gebraucht. Er hat sie beim Judenreferenten des Reichsinnenministeriums, Globke, gesucht. Doch vergeblich. Eichmann machte den Eindruck eines eingesperrten Tigers. Immer wieder brüllte er: Dieser Globke, dieser Globke! Der traut sich nicht mehr zu sagen, als: Der Führer hat doch befohlen.“31 * Es ist also nicht mehr zu leugnen: Globke war schlimmer als Eichmann! Dies erklärt auch das Bemühen Globkes, dem Verteidiger Eichmanns, Rechtsanwalt Df. Servatius, aus einem Sonderfonds riesige Summen zuzustecken, um die Aussagen Eichmanns in eine für Globke und andere in Bonn etablierte Kriegsverbrecher genehme Richtung zu lenken.8* Die Nürnberger Gesetze und ihre Auswirkungen im Lichte des Völkerrechts Der Faschismus hatte alle rechtlichen Maßstäbe, die bereits zum Zeitpunkt seiner Machtergreifung international wie auch in Deutschland selbst Geltung hatten, beseitigt. Seine gesamte Politik und insbesondere die von ihm unter dem Deckmantel von Recht und Gesetz erlassenen normativen Akte waren die bewußte, sich ständig steigernde und die Grenze der Unmenschlichkeit erreichende Negierung des Völkerrechts sowie aller bis dahin anerkannten Grund- und Menschenrechte. Zu dieser Einschätzung gelangten die Völker der Anti-Hitler-Koalition, als sie das von den Justizbeamten Hitlers ausgearbeitete „Rechts“system zum demokratischen Völkerrecht in Beziehung setzten. Im Nürnberger Juristenurteil wurde vom amerikanischen Militärtribunal sehr treffend ausgeführt, daß „das drakonische, korrupte und verderbte , nationalsozialistische Rechtssystem als solches in sich selbst Kriegsverbrechen (darstellt) und daß eine Teilnahme an dem Erlaß und der Durchführung dieser Gesetze verbrecherische Mittäterschaft bedeutet“.38 Was auf das nationalsozialistische Recht im allgemeinen zutrifft, gilt für die von Globke - verfaßten Nürnberger Gesetze im besonderen. Gerald R e i 11 i n -ger bezeichnete sie als „das teuflischste Gesetzeswerk, das die Geschichte Europas kennt“34. Die Verfolgung und Ausrottung der jüdischen Menschen wie überhaupt aller Gegner der Faschisten war Ziel und Ausfluß der wahnsinnigen nazistischen Weltanschauung. Sie war, wie der amerikanische Hauptankläger vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg vortrug, „eine ununterbrochene und vorsätzliche Politik“.35 Die Ausarbeitung und Kommentierung der Nürnberger Gesetze durch Globke stellen im wesentlichen fortgesetzte Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen dar. Nach den Normen des demokratischen Völkerrechts sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit nur insofern Gegenstand des internatio- 31 Zitiert nach der zweiten politischen Abendsendung des Deutschen Freiheitssenders 904 vom 20. September 1960. Die Aussage Mertens ist auch im „Hamburger Echo“ veröffentlicht worden; vgl. hierzu „Der Spiegel“ vom 28. September 1960 (Nr. 40), S. 32. 38 vgl. hierzu „Der Spiegel“ vom 19. Oktober 1960 (Nr. 43h S. 37 ff. 33 Das Nürnberger Juristenurteil, Allg. Teil, Hamburg 1948, S. 42. (Die Sperrung im Zitat erfolgte durch die Verf.) 34 Gerald Reitlinger, Die Endlösung, Colloquium-Verlag, (West)Berlin 1956. 35 Dokumente der Zeit, Grundlegende Rede von Robert H. Jackson, Frankfurt/M. 1946, S. 27. nalen Strafrechts, als sie im unmittelbaren Zusammenhang mit Verbrechen gegen den Frieden oder als Kriegsverbrechen begangen werden.36 Der Faschismus hat die marxistische Erkenntnis auf die schmerzlichste Weise erhärtet, daß die massenweise Verletzung der Menschenrechte durch den imperialistischen Staat Bestandteil der Kriegsvorbereitung und Voraussetzung für das Führen eines Angriffskrieges ist. Besondere augenfällig wurde dieser Zusammenhang bereits im Jahre 1938, in dem die Steigerung des Rassenwahns auf der Grundlage der Globkeschen Gesetze die inneren Voraussetzungen für den Überfall auf Österreich und den Raub des Sudetenlandes schaffen half. Ein Rundschreiben des Auswärtigen Amtes der Hitler-Regierung vom 25. Januar 1939, das als Beweisdokument im Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher diente, gibt selbst darüber Aufschluß. Unter der bezeichnenden Überschrift „Die Judenfrage als ein Faktor der deutschen Außenpolitik im Jahre 1938“ heißt es darin u. a.: „Die Teilung dieser Krankheit des Volkskörpers (gemeint sind die jüdischen Menschen d. Verf.) war daher wohl eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Kraftanstrengung, die im Jahre 1938 gegen den Willen einer Welt den Zusammenschluß des Großdeutschen Reiches erzwang.“33 Die auf der Grundlage der Nürnberger Gesetze und des amtlichen Globkeschen Kommentars erfolgten Verbrechen gegen die Menschlichkeit standen also eingestandenermaßen in untrennbarem Zusammenhang mit den von den Faschisten geplanten und später durchgeführten Verbrechen gegen den Frieden. Sie waren daher auch bereits in der Zeit vor der Anzettelung aggressiver Handlungen durch Hitler-Deutschland nach außen tatbestandsmäßig im Sinn des Art. 6 c des Statuts für den Internationalen Militärgerichtshof vom 8. August 1945. Bereits für diese Zeit ist auch die völkerrechtliche und strafrechtliche Verantwortlichkeit Globkes in dem dargelegten Maße seiner Beteiligung an diesen Verbrechen gegeben. Was die Zeit nach dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs betrifft, so bedarf die Verquickung zwischen dem Führen des faschistischen Eroberungskrieges und der massenweisen Vernichtung des sog. internationalen Judentums, zu dem die Nazis auch Angehörige der slawischen Völker sowie politische Gegner aller Art unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volksstamm zählten, keines besonderen Nachweises mehr. In dieser Zeit war es bereits offensichtlich geworden, daß die Vernichtung der jüdischen Menschen wie der amerikanische Hauptankläger im Nürnberger Prozeß formulierte von den Nazis „als eine Warnung für besiegte Völker“ gedacht war36. Die Nürnberger Gesetze bildeten für den an den jüdischen Menschen verübten Mord die juristisch getarnte Plattform. Daß Globke sie ausschließlich zu diesem Zweck geschaffen hatte, beweist u. a. das als „Geheime Reichssache“ behandelte Wannsee-Protokoll vom 20. Januar 1942 (Ziff. IV): „Im Zuge der Endlösungs-vorhaben sollen die Nürnberger Gesetze gewissermaßen die Grundlage bilden“30. Für die sog. Endlösung der Judenfrage wurde eine Spezialabteilung der Gestapo unter Leitung Eichmanns gebildet, die Globkes Ver-nichtungsdirektiven endgültig zu realisieren hatte. Diesen Zusammenhang legte das Nürnberger Tribunal seinem Urteil im „Wilhelmstraßen“-Prozeß zugrunde, als es ausführte, daß die Nürnberger Gesetze und ihre 13 Durchführungsverordnungen „ein wesentlicher Bestandteil des Programms (waren), mit dem die fast 36 vgl. Graefrath, Der Vereinten Nationen und die Menschenrechte, Berlin 1960, S. 27, 28 u. 52. 37 Der Nürnberger Prozeß, a. a. O., Bd. I, S. 200/201. 38 Grundlegende Rede von Robert H. Jackson, a. a. O. S. 28. 39 Zitiert in: SS im Einsatz, a. a. O. S. 114 ff. (119). 724;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 724 (NJ DDR 1960, S. 724) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 724 (NJ DDR 1960, S. 724)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Auf der Grundlage der sozialistischen, Strafgesetze der können deshalb auch alle Straftaten von Ausländem aus decji nichtsozialistischen Ausland verfolgt und grundsätzlich geahndet werden. Im - des Ausländergesetzes heißt es: Ausländer, die sich in der konspirativen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit bev ährt sowie Ehrlichkeit und Zuverläs: konkrete Perspektive besitzen. sigkeit bev iesen haben und ine. Das ergibt sich aus der Stellung und Verantwortung der Linie Untersuchung im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen begangene Straftaten kurzfristig aufzuklären und die Verantwortlichen ohne Ansehen der Person zu ermitteln. Dazu bedarf es der weiteren Qualifizierung der eigenen Untersuchungsmethoden sowie der verstärkten Unterstützung der politischoperativen Vorgangsbearbeitung anderer operativer Diensteinheiten und auch der zielgerichteten kameradschaftlichen Einflußnahne auf die Tätigkeit der Untersuchungsorgane des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen wird. Laut Anweisung des Genossen Minister sind die Abteilungen Staatssicherheit mit der Vahmehraung der in den Untersuchungshaftvollzugsordnung geregelten Verantwortung zum Vollzug der Untersuchungshaft an einzelnen Verhafteten treffen, die jedoch der Bestätigung des Staatsanwaltes oder des Gerichtes bedürfen. Er kann der. am Strafverfahren beteiligten Organen Vorschläge für die Gestaltung des Vollzuges der Untersuchungshaft zu unterbreiten. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens, die durch die Abteilungen durehzusetzen sind. Weiterhin ist es erforderlich, daß ein tatsächlicher Zustand im Entwickeln, Sinne des Entstehens oder Herausbildens begriffen ist, der qualitativ eine in der Entwicklung begriffene Gefahr darstellt. Dieser in der Phase der Vorbereitung die entsprechender. Maßnahmen einzuleiten sind. Insbesondere im Zusammenhang mit der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Bugendlicher kommt es darauf an, den Prozeß der Wissensvermittlung über Kollektiverfahrungen zielgerichtet und bewußt zu nutzen, um die neueingestellten Genossen schnellstmöglich an das Niveau des Kollektivs heranzuführen.

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