Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 70

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 70 (NJ DDR 1960, S. 70); Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Bezirksgericht im wesentlichen ausgeführt, daß die Klägerin unrichtig davon ausgehe, die Abgabe der Bodenkammer stelle für den Verklagten keine Härte dar. Nach dem Wortlaut des § 4 MSchG komme es vielmehr darauf an, ob die Vorenthaltung des betreffenden Raumes für die Klägerin eine schwere Unbilligkeit darstellen würde. Eine solche liege jedoch nicht vor. Der Haushalt beider Parteien bestehe aus je zwei erwachsenen Personen. Der Verklagte sei wohnraummäßig etwas günstiger gestellt als die Klägerin, dies könne aber noch nicht deren dringenden Eigenbedarf begründen. Wenn die Klägerin, obwohl sie zehn Jahre lang mit ihrem Sohn einen Schlafraum geteilt habe, glaube, nicht mehr abwarten zu können, bis der Verklagte die in Aussicht stehende AWG-Wohnung bezieht, dann solle sie ihrem Untermieter kündigen. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik, mit dem Verletzung des § 4 MSchG durch Nichtanwendung gerügt wird. Der Kassationsantrag hatte Erfolg: Aus den Gründen: Die Auffassung des Bezirksgerichts, daß die Vorenthaltung der von der Klägerin begehrten Bodenkammer keine schwere Unbilligkeit im Sinne von § 4 MSchG darstelle, kann unter allseitiger Betrachtung der im vorliegenden Fall gegebenen Sachlage nicht geteilt werden. Die Argumente, die zur Begründung der Zurückweisung der Berufung angeführt werden, können bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht überzeugen, Weil sie, ebenso wie die Auffassung des Kreisgerichts und der Abteilung Wohnraumlenkung, am Kernproblem des Streitfalles vorübergehen. Obwohl in erster wie auch in zweiter Instanz immer wieder darauf hingewiesen wird, daß die Klägerin zehn Jahre lang einen gemeinsamen Schlafraum mit ihrem erwachsenen, aber geistig beschränkten Sohn benutzt hat, konnte nicht behauptet werden, daß es sich hierbei um einen normalen und berechtigten Bedürfnissen genügenden Zustand handelt. Tatsächlich ist auch das Gegenteil der Fall, und es besteht somit ein dringendes gesellschaftliches Interesse an der schnellstmöglichen Beseitigung dieses Zustandes. Daraus folgt, daß der einzelne Bürger nicht nur ein Recht darauf hat, daß ihn die staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten wirksam bei der Beseitigung derart unerwünschter Wohnbedingungen unterstützen, sondern daß auch jeder Bürger verpflichtet ist, selbst dazu beizutragen, wenn in leichter Weise eine solche Abhilfe geschaffen werden kann. Grundsätzlich besteht demnach in solchen Fällen ein dringendes Interesse an der Erlangung weiteren Wohnraums, wobei sich das Einzelinteresse völlig mit den Interessen der Gesellschaft deckt. Schon von diesen gesellschaftlichen Gesichtspunkten aus betrachtet ist es verfehlt, der Klägerin gewissermaßen zum Vorwurf zu machen, daß sie zehn Jahre keinen Anstand daran genommen habe, mit ihrem Sohn in einem Raum zu schlafen. Ob dieser Vorwurf aber überhaupt den Tatsachen entspricht, ist zumindest fraglich. Der Vertreter der Klägerin hat vorgetragen, daß ihr im Jahre 1946, als sich ihr Sohn als landwirtschaftlicher Gehilfe bei einem Bauern befunden habe, der Rentner S. als Untermieter zugewiesen worden sei. Als ihr Sohn im Jahre 1949 nach Hause zurückgekehrt sei, habe sie keine andere Möglichkeit gehabt, als ihn in der bekannten Weise unterzubringen. Sie habe sich ständig (bei der Abteilung Wohnungswesen um eine Veränderung dieses Zustandes bemüht, aber keinen Erfolg gehabt. Mit diesem Vorbringen, das dafür spricht, daß die Klägerin keineswegs die ganze Zeit über mit ihren unzulänglichen Wohnverhältnissen zufrieden gewesen ist, hat sich das Bezirksgericht überhaupt nicht auseinandergesetzt. Der § 4 MSchG verlangt neben dem dringenden Interesse des Vermieters, das nach alledem nicht mehr ernsthaft angezweifelt werden kann, auch die Berücksichtigung der Verhältnisse des Mieters. Hierzu ist nun, was die streitige Bodenkammer betrifft, unbestreitbar, daß dieser Raum vom Verklagten für Wohnzwecke nicht benötigt wird. Auch bei dieser Betrachtung muß gleich zu Beginn darauf hingewiesen werden, daß es angesichts der durch die Folgen des faschistischen Aggressionskrieges entstandenen angespannten Wohn-raumlage, die trotz der großzügigen Maßnahmen unserer Regierung noch nicht völlig überwunden ist, vom gesellschaftlichen Standpunkt aus unvertretbar ist, Wohnraum, sei es auch nur für eine gewisse Zeit, ungenutzt zu lassen. Deshalb kann auch das Argument, der Verklagte ziehe in etwa einem Jahr ohnedies aus, nicht stichhaltig sein. Da im vorliegenden Falle die streitige Bodenkammer vom Verklagten nicht als Wohnraum benötigt wird seine eigene Einwendung, er schlafe tagsüber darin, wenn er Nachtschicht habe, kann angesichts des ihm zur Verfügung stehenden Wohnraumes so wenig ernstgenommen werden, daß sich ein weiteres sachliches Eingehen darauf erübrigt , kann die Berücksichtigung der Verhältnisse des Mieters nur darin bestehen, daß dem Verklagten die Möglichkeit geboten wird, die bislang in der Bodenkammer verwahrten Einrichtungsgegenstände anderweitig so unterzubringen, daß sie vor Beschädigungen und dem Zugriff fremder Personen geschützt sind. Die Einräumung angemessenen Abstellraumes, dessen notwendige Größe in einer vorangegangenen Stellungnahme von der Abteilung Wohnungswesen mit fünf bis sechs Quadratmetern bezeichnet wurde, ist von der Abteilung Wohnungswesen als Bedingung für die Zuweisung der Bodenkammer an die Klägerin gesetzt worden. Über die erforderliche Größe und Beschaffenheit des Ersatzraumes hatten aber die mit dem Streitfall befaßten Gerichte zu befinden. Das Kreisgericht konnte sich mithin seiner Pflicht zur allseitigen Abwägung aller Umstände nicht damit entledigen, daß es sich auf die Stellungnahme der Abteilung Wohnungswesen vom 2. August 1958 bezog, in der ein Abstellraum in der Größe von fünf bis sechs Quadratmetern gefordert wurde. Abgesehen davon, daß es völlig unklar ist, auf welcher Sachkenntnis diese Forderung der Abteilung Wohnungswesen beruht, hat sie in einer späteren Stellungnahme vom 20. September 1958 eine Einschränkung insofern vorgenommen, daß nur noch von „angemessenem“ Abstellraum gesprochen wird. Was aber unter Berücksichtigung der bestehenden Verhältnisse „angemessen“ ist, das hatten, wie schon bemerkt, die mit der Sache befaßten Gerichte zu entscheiden. Obwohl das Kreisgericht einen Ortstermin abgehalten hat, findet sich darüber kein Wort in den Urteilsgründen. Das Bezirksgericht hat sich mit diesem Problem überhaupt nicht befaßt. Auf eine derart formale Weise können aber Konflikte zwischen unseren Bürgern nicht zufriedenstellend im Sinne der gesellschaftlichen Verhaltensregeln unter den Bedingungen des Aufbaus des Sozialismus gelöst werden. Richtig wäre gewesen, wenn das Kreisgericht an Ort und Stelle mit den Parteien diese Frage erörtert und für den Fall, daß der von der Klägerin angebotene Abstellraum tatsächlich für die sachlich berechtigten Bedürfnisse des Verklagten nicht oder nicht gänzlich einen genügenden Ersatz darstellt, gemeinsam mit den Parteien nach anderen Lösungsvorschlägen geforscht hätte. Auch in dieser Richtung hat das Kreisgericht aber offenbar nichts unternommen; das Bezirksgericht hat darin keinen Grund zur Beanstandung erblickt und ist selbst auf diese Frage überhaupt nicht eingegangen, weil es unrichtig die Auffassung vertreten hat, daß die Wohnverhältnisse der Klägerin für sie keine Beschwer darstellen und sie anderenfalls ihrem Untermieter kündigen könne. Der letztgenannte Umstand, der auch vom Kreisgericht für seine klagabweisende Entscheidung mit herangezogen worden ist, wurde auch voh der Abteilung Wohnungswesen stark in den Vordergrund gestellt. Hierzu muß aber bemerkt werden, daß der grundsätzlich richtige Ausgangspunkt unserer Wohnraumpolitik, die Zerreißung von geschlossenen Wohnungen durch Untermietverhältnisse zu vermeiden, auf den vorliegenden Fall unrichtig in Betracht gezogen worden ist. Die streitige Bodenkammer gehört überhaupt zu keiner geschlossenen Wohnungseinheit einer der Parteien. Der Verweis der Klägerin auf die Kündi- 70;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Organe, Betriebe, Kombinate imd Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen, weitere feindlich-negative Handlungen zu verhindern und Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung dient er mit seinen Maßnahmen, Mittel und Methoden dem Schutz des Lebens und materieller Werte vor Bränden. Nur durch die Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und ist für die Zusammenarbeit das Zusammenwirken mit den. am Vollzug der Untersuchungshaft beteiigten Organen verantwortlich. Der Leiter der Abteilung der aufsichtsführende Staatsanwalt das Gericht sind unverzüglich durch den Leiter der zuständigen Abteilung der Hauptabteilung zu informieren. Gegebenenfalls können auf der Grundlage der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer. Bestandteil der Grundaufgabe Staatssicherheit in Übereinstimmung mit der Struktur der für die Bearbeitung des konkreten Problemkreises zuständig ist; Dienstanweisung über das politisch-operative Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit mit der Deutschen Volkspolizei und den anderen Organen des Ministeriums des Innern im Prozeß der Realisierung dieser Vereinbarung tragen. Daraus ergibt sich für unser Organ, besonders die Hauptabtei lungen und die Aufgabe, im Zusammenwirken mit dem zu sichern, daß die Auftragserteilung und Instruierung der noch stärker im Mittelpunkt ihrer Anleitung und Kontrolle vor allem gegenüber den mittleren leitenden Kadern steht.

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