Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 656

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 656 (NJ DDR 1960, S. 656); troffen werden müssen, um ein unfallfreies Arbeiten zu gewährleisten. Die Verletzung dieser Aufklärungs- und Informationspflicht habe dazu geführt, daß G. keine Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und die bei der Reparatur beschäftigten Arbeiter nicht über die möglichen Gefahren belehrt habe, so daß der tödliche Unfall eine voraussehbare Folge der pflichtwidrigen Unterlassung des Angeklagten sei. Auf Grund der vom Bezirksgericht gegebenen Weisung hat das Kreisgericht den Angeklagten auch wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) verurteilt. Der Präsident des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation der Urteile des Bezirksgerichts und des Kreisgerichts wegen Verletzung des Gesetzes durch unrichtige Anwendung des § 222 StGB beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Die tatsächlichen Feststellungen werden nicht angefochten, von ihnen ist auszugehen. A u s d e'n Gründen: Das Bezirksgericht hat zwar richtig erkannt, daß im vorliegenden Falle die fahrlässige Tötung des Lehrlings A.U. nicht durch ein positives Handeln, sondern nur durch ein Unterlassen verursacht worden sein kann. Nicht beachtet worden ist dabei aber, daß bei den durch Unterlassen begangenen Erfolgsverbrechen um ein solches handelt es sich hier eine Erfolgsabwendungspflicht nur besteht, wenn der Unterlassende rechtlich verpflichtet ist, dem möglichen Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges entgegenzuwirken. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit tritt ein, wenn für den Unterlassenden eine sich aus dem Gesetz oder aus seiner gesellschaftlichen Stellung ergebende Pflicht zum Handeln bestand und er diese Pflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt hat. Die vordringliche Forderung unseres Staates nach Sicherung des Lebens und der Gesundheit der Werktätigen auch mit dem Mittel des Strafrechts durchzusetzen, ist eine der wichtigsten Aufgaben der Justizorgane. Strafrechtliche Sanktionen dürfen jedoch nur dann verhängt werden, wenn festgestellt ist, daß eine konkrete Pflichtverletzung und damit ein schuldhaftes Handeln vorliegt. Die vom Bezirksgericht vertretene Rechtsauffassung, der Angeklagte sei verpflichtet gewesen, den Betriebsleiter G. auf die bei der Verwendung von Salzsäure möglichen Gefahren hinzuweisen und ihn über die zu treffenden Sicherungsmaßnahmen aufzuklären, weil er ihm Ratschläge für die Durchführung der Reparatur erteilt habe, ist fehlerhaft. Eine solche summarische strafrechtliche Verantwortlichkeit ist unserem demokratischen Strafrecht fremd. Der Angeklagte ist zutreffend wegen Vergehens nach §§ 1, 2 und 45 der Verordnung zum Schutze der Arbeitskraft verurteilt worden, weil er als selbständiger Schlossermeister seinen Lehrling nicht über die Einhaltung der Arbeitsschutzanordnungen 1, 303 und 616 belehrt hat. Er war aber darüber hinaus strafrechtlich nicht dafür verantwortlich, daß die Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz in der Molkerei in B. auch für die anderen bei der Reparatur der Wasserpumpe mitwirkenden Werktätigen so gestaltet wurden, daß Arbeitsunfälle vermieden werden mußten. Diese Verpflichtung oblag allein dem Verurteilten G., wie das Bezirksgericht in seinen Urteilsgründen zutreffend ausgeführt hat. G. hätte als Betriebsleiter der Molkerei schon vor Beginn der vorgesehenen Arbeiten alle daran beteiligten Werktätigen, auch den nicht im Betrieb angestellten Lehrling A. U. dessen Mitarbeit er duldete entsprechend den Arbeitsschutzanordnungen 303 und 616 belehren und für eine ständige Aufsicht am Schacht der Wasserpumpe durch einen Arbeitsschutzverantwort-liehen Sorge tragen müssen. Dazu war er nach §§ 1 und 2 der Arbeitsschutzverordnung verpflichtet. Nur seine schuldhafte Unterlassung war ursächlich für den tödlichen Unfall, so daß er allein die gesellschaftsschädliche Folge zu verantworten hat. Für den Angeklagten bestanden dagegen keine rechtlichen oder aus seiner gesellschaftlichen Stellung sich ergebenden Verpflichtungen, den die Reparatur in eigener Verantwortung durchführenden G. allgemein auf seine Verantwortlichkeit und im einzelnen auf die einschlägigen Arbeitsschutzanordnungen hinzuweisen. Dem Kassationsantrag ist darin zuzustimmen, daß mit den die technische Seite der Reparatur betreffenden Hinweisen des Angeklagten an G. für ihn keine Verpflichtung zur Aufklärung über die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen begründet worden ist, da ihm ein Auftrag zur Reinigung des Pumpenfilters nicht erteilt worden ist. Die vom Bezirksgericht vertretene Auffassung, jedem Bürger, der über bestimmte Kenntnisse verfügt und davon erfährt, daß mit einer Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen verbundene Arbeiten vorgenommen werden sollen, obliege eine Rechtspflicht zur Aufklärung und damit zur Erfolgsabwendung, ist fehlerhaft. Mit ihr wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit uferlos ausgedehnt; das steht im Widerspruch zu den Prinzipien des sozialistischen Strafrechts, weil eine solche Rechtsanwendung zu einer Desorientierung der Bürger hinsichtlich der ihnen obliegenden konkreten Rechtspflichten führt und nicht geeignet ist, mit den Mitteln des Rechts aktiv fördernd auf die Entwicklung und Festigung des sozialistischen Rechtsbewußtseins der Bürger einzuwirken. Offensichtlich hat sich das Bezirksgericht von dem Gedanken leiten lassen, daß sich in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens der Grundsatz der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung immer mehr durchsetzt. Das ist zwar richtig, und insoweit wäre der Angeklagte als erfahrener Fachmann moralisch auch verpflichtet gewesen, den Verurteilten G. über die mit der Verwendung von Salzsäure verbundenen Gefahren aufzuklären und auf die zu beachtenden Arbeitschutzanordnungen hinzuweisen. Seine strafrechtliche Verantwortlichkeit wird dadurch jedoch nicht begründet, weil für ihn keine Rechtspflicht dazu bestand. Zwischen seiner Unterlassung und dem tödlichen Unfall besteht kein Kausalzusammenhang. Nach alledem hätte das Bezirksgericht den Protest des Staatsanwalts, soweit mit diesem die Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung beantragt worden ist, als unbegründet zurüdeweisen müssen. Sowohl das Urteil des Bezirksgerichts als auch die Entscheidung des Kreisgerichts, mit der der Angeklagte entsprechend der fehlerhaften Weisung verurteilt worden ist, beruhen auf einer Verletzung des § 222 StGB. Das Urteil des Bezirksgerichts war demzufolge im angefochtenen und das des Kreisgerichts im vollen Umfange gemäß § 312 Abs. 2 StPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über den Protest an das Bezirksgericht zurückzuverweisen. §§ 8 Abs. I, 15 StVO. 1. Ein Fahrzeugführcr darf nur dann einen anderen Verkehrsteilnehmer überholen, wenn der zu Überholende die Absicht des Überholens bemerkt hat und dies zu erkennen gibt. 2. Jeder Fahrzeugführer hat unabhängig von der Anzeige seiner Fahrtrichtungsänderung Rücksicht auf den nachfolgenden Verkehr zu nehmen. Das trifft besonders für langsam fahrende Verkehrsteilnehmer, wie z. B. Radfahrer, zu. Die erst auf. 10 m angezeigte Änderung der Fahrtrichtung durch einen Radfahrer entspricht nicht der -gegenseitigen Rücksichtnahme und erfolgt nicht rechtzeitig. KrG Neubrandenburg, Urt. vom 20. Juli 1960 2 S 96 60. Obwohl der Angeklagte noch nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war, fuhr er mit seinem Motorrad vom Typ „Jawa“ 175 ccm am 29. Mai 1960 die St.-Straße mit einer Geschwindigkeit von etwa 25 km/h entlang. An der Abzweigung zur S.-Straße bemerkte der Angeklagte vor sich einen Radfahrer. Dieser Radfahrer hielt etwa 10 m vor der Abzweigung den Arm nach links heraus und fuhr dann über die Straße, um nach links in die S.-Straße einzu'bie-gen. Der Angeklagte erhöhte in dem Moment, als er den Radfahrer und dessen Absicht, die Fahrtrichtung zu ändern, bemerkte, seine Geschwindigkeit, um noch links an dem Radfahrer vorbeizufahren. Dies gelang ihm aber nicht mehr. Die Vorderräder beider Fahrzeuge stießen zusammen, beide Fahrzeugführer stürzten und zogen sich erhebliche Verletzungen zu. Aus den Gründen: Der Angeklagte hat die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit eines Bürgers angegriffen und die ✓ 656;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 656 (NJ DDR 1960, S. 656) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 656 (NJ DDR 1960, S. 656)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutlich zu machen. Diesen Forschungsergebnissen werden anschließend einige im Forschungsprozeß deutlich gewordene grundsätzliche Erfordernisse zu solchehPrüfungsverfahren angefügt, die von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit mit der Entscheidung des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung gibt. Das ist in der Regel bei vorläufigen Festnahmen auf frischer Tat nach der Fall, wenn sich allein aus den objektiven Umständen der Festnahmesituation der Verdacht einer Straftat besteht oder nicht und ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlunqsverfahrens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege ermöglichen. In der Untersuchungspraxis Staatssicherheit hat diese Entscheidungsbefugnis der Untersuchungsorgane allerdings bisher keine nennenswerte Bedeutung. Die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten der Dienst-einheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist. Die Diensteinheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist. Die Diensteinheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist.

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