Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 627

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 627 (NJ DDR 1960, S. 627); Rechtsprechung Strafrecht §§ 7 Abs. 2, 11 StVO. 1. Bei einer haltenden Straßenbahn muß grundsätzlich bis zu ihrer Weiterfahrt mit Fahrgastwechsel gerechnet werden. Kraftfahrzeuge dürfen deshalb während der Zeit des Haltens der Straßenbahn an dieser nur in Schrittgeschwindigkeit vorbeifahren. 2. Ein haltendes Fahrzeug innerhalb eines Park- öde? Halteverbots deutet auf eine besondere Verkehrssituation hin und muß andere Verkehrsteilnehmer zu besonderer Vorsicht veranlassen. 3. Fußgänger können sich an Straßenbahnhaltestellen grundsätzlich darauf verlassen, daß sich die Lenker von Kraftfahrzeugen pflichtgemäß verhalten werden. Jedoch entbindet sie dieser Umstand nicht von der eigenen Sorgfaltspflicht. Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte, Urt. vom 11. Juli 1960 217 S 153/60. Der Angeklagte ist seit Juli 1958 in verschiedenen volkseigenen Betrieben als Kraftfahrer beschäftigt gewesen. Im Februar 1960 wurde ihm wegen Nichtbeachtung der Vorfahrt der Berechtigungsschein I in den Berechtigungsschein II umgetauscht. Im Mai 1960 wurde ihm die Fahrerlaubnis wegen Nichtbeachtung der Vorfahrt auf die Dauer von drei Monaten entzogen. Am 24. März 1960 gegen 12.30 Uhr bfefuhr der Angeklagte mit seinem Zwei-Tonnen-LKW die Schönhauser Allee in nördlicher Richtung. Die Schönhauser Allee wird durch eine Mittelpromenade in zwei 9,40 m breite Fahrbahnen unterteilt. Bei der Annäherung an die G.-Straße bemerkte der Angeklagte an der Haltestelle einen haltenden Straßenbahnzug der Linie 49. Er setzte daraufhin die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs auf 20 km/h herab. Als er sich dem letzten Anhänger der Straßenbahn auf 30 m genähert hatte, bemerkte er, daß die Türen des Zuges geschlossen waren. Weiterhin sah er einen PKW in Höhe des ersten Beiwagens des Straßenbahnzuges halten. Der Angeklagte, der glaubte, daß der Straßenbahnzug abfahrtbereit war, erhöhte daraufhin wieder seine Geschwindigkeit auf etwa 35 km/h. Plötzlich bemerkte er von rechts einen Fußgänger, der über die Fahrbahn auf die Straßenbahn zueilte. Der Angeklagte bremste sofort, konnte jedoch nicht verhindern, daß er den Fußgänger erfaßte und mehrere Meter nach vorn schleuderte. Nach- einem Bremsweg von 10,6 m kam der LKW zum Halten, während der Fußgänger 7,3 m vor dem LKW lag. Tatsächlich war der Straßenbahnzug erst kurz vorher zum Halten gekommen. Während die Türen des letzten Beiwagens überhaupt nicht geöffnet wurden, stiegen zum Zeitpunkt des Unfalls noch zwei weitere Fahrgäste in den Vordereinstieg des Triebwagens ein. Abfahrtsignal war noch von keinem Schaffner gegeben worden. Der Fußgänger N. hatte in der Höhe des Haltestellenmastes auf dem Gehweg durch Erheben seines Krückstodes bemerkbar gemacht, daß er die Straßenbahn noch erreichen wollte. Deshalb hatte der Zeuge B. seinen PKW nochmals zum Halten gebracht. Der Fußgänger überquerte dann die Fahrbahn in Richtung auf den Vordereinstieg des ersten Beiwagens, ohne nochmals nach links zu sehen. Durch den Unfall erlitt der Fußgänger N. einen Schädelbasisbruch, an dessen Folgen er am 26. März 1960 verstarb. Dieser Sachverhalt beruht auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Alus den Gründen: Der Angeklagte hat bei der Vorbeifahrt an einem haltenden Straßenbahnzug während des Fahrgastwechsels die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs nicht den gegebenen Verkehrsverhältnissen angepaßt; er ist mehr als Schrittgeschwindigkeit gefahren. Damit hat er die notwendige Vorsicht in der Leitung seines Fahrzeuges außer acht gelassen und sich als Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr nicht so verhalten, daß niemand gefährdet oder geschädigt werden konnte. Unter Berücksichtigung der Verkehrsverhältnisse war die von dem Angeklagten eingehaltene Geschwindigkeit von 35 km/h bei weitem zu hoch. Bei genügender Aufmerksamkeit hätte der Angeklagte feststellen müssen, daß noch Fahrgastwechsel stattfand oder zumindest stattfinden konnte. Dies folgt einmal daraus, daß nach dem Beweisergebnis lediglich die Türen des letzten Beiwagens geschlossen waren. Allein auf eine derartige Beobachtung darf der Fahrzeugführer aber seine Schlußfolgerungen über den beendeten Fahrgastwechsel nicht aufbauen, sondern er muß auch noch auf andere äußere Umstände achten. Grundsätzlich muß bei einem haltenden Straßenbahnzug solange mit, Fahrgastwechsel gerechnet werden, bis der Straßenbahnzug wieder anfährt. Selbst wenn bei Straßenbahnzügen' mit selbsttätig schließenden Türen geschlossene Türen einen gewissen Anhaltspunkt für den beendeten Fahrgastwechsel bieten, so reicht dieser Anhaltspunkt allein nicht aus, da der Fahrzeugführer die Vorgänge innerhalb des Straßenbahnwagens nicht übersehen kann. Deshalb muß verlangt werden, daß Kraftfahrzeuge auch nach scheinbar beendetem Fahrgastwechsel an dem haltenden Straßenbahnzug, solange er sich nicht in Bewegung gesetzt hat, nur in Schrittgeschwindigkeit vorbedfahren dürfen, um allen Möglichkeiten begegnen zu können. Dies entspricht auch dem Grundprinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme. Tatsächlich waren aber noch nicht einmal alle Türen des Straßenbahnzuges geschlossen, und daher war auch nicht mit der unmittelbar bevorstehenden Abfahrt des Zuges zu rechnen. Ein weiteres Merkmal für eine möglicherweise bestehende Gefahr war das Halten des Pkws des Zeugen B. Da innerhalb des Haltestellenbereiches von Straßenbahnen immer ein Park- und Halteverbot besteht, mußte dem Angeklagten dieses Halten des Pkws ein Hinweis zur besonderen Vorsicht sein. Hätte der Angeklagte pflichtgemäß die Schrittgeschwindigkeit eingehalten, dann wäre er zu rechtzeitigem Anhalten seines Kraftfahrzeugs in der Lage gewesen. Durch dieses pflichtwidrige Verhalten, hat der Angeklagte fahrlässig den Unfall und dadurch den Tod des Fußgängers N. verursacht und sich gem. §§ 1 Abs. 2, 5 Abs. 2, 7 Abs. 2, 11, 48 StVO, §§ 222, 73 StGB strafbar gemacht. Gerade bei haltenden öffentlichen Verkehrsmitteln kommt das Grundprinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme besonders deutlich zum Ausdruck. Dem Fahrgast muß die Sicherheit gegeben werden, ohne Gefahr ein öffentliches Verkehrsmittel verlassen bzw. erreichen zu können. Unter diesem Gesichtspunkt muß die Fahrweise des Angeklagten als äußerst leichtfertig bezeichnet werden. Zugunsten des Angeklagten ist jedoch zu berücksichtigen, daß auch ein gewisses Mitverschulden bei dem Fußgänger vorliegt. Aus dem Begriff der gegenseitigen Rücksichtnahme folgt zwar, daß der Fußgänger sich an Haltestellen in gewissem Umfang auf pflichtgemäßes Verhalten der Kraftfahrer verlassen kann. Dies entbindet ihn jedoch nicht von jeglicher Sorgfaltspflicht. Auf jeden Fall muß er selbst auf den Fahrzeugverkehr achten und darf nicht blindlings auf die Fahrbahn laufen, wie dies nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Fußgänger N. getan hat. Bei Würdigung aller Umstände ist eine Gefängnisstrafe von neun Monaten angemessen und gerechtfertigt, um die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat zu kennzeichnen und erzieherischen Einfluß auf den Angeklagten und andere auszuüben. (Mitgeteilt von Georg Schneider, Richter am Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte) Familienrecht § 14 EheVO; §§ 139, 286 ZPO. 1. Verrichtet ein Ehegatte nach Scheidung der Ehe eine unentgeltliche Arbeit, die aber eine Bezahlung rechtfertigt, dann muß er so behandelt werden, als ob er ein eigenes, dem Umfang und Wert seiner Arbeitsleistung entsprechendes Einkommen hätte. Das trifft auch auf Arbeiten zu, die eine geschiedene Ehefrau für ihre volljährigen Kinder oder deren Kinder ausführt. 627;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 627 (NJ DDR 1960, S. 627) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 627 (NJ DDR 1960, S. 627)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

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