Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 578

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 578 (NJ DDR 1960, S. 578); „Streitigkeiten“ Privatsache der Bürger seien, daß es hier nicht auf eine strafte Leitung des Verfahrens durch die Gerichte ankomme und daß man es innerhalb gewisser, durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtes gezogener Grenzen den „Parteien“ überlassen könne, wie sie „prozessieren“ wollen. Gerade die Verhandlungsführung im Zivilprozeß muß aber dazu beitragen, die privatrechtlichen Vorstellungen endgültig zu überwinden. Hier ist es besonders notwendig, die von Lenin geforderte „Einmischung des Staates in die zivilrechtlichen Angelegenheiten“® zu realisieren. Die übernommene Zivilprozeßordnung mit ihrer starken Betonung der Verhandlungsmaxime und des bürgerlichen Dispositionsprinzips, mit ihren zahlreichen Möglichkeiten zur Fällung von Formalurteilen hat all diesen negativen Tendenzen Vorschub geleistet und positiven Tendenzen zur Befreiung des Zivilprozesses aus seiner bisherigen Isolierung und seinem bisherigen Formalismus erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Im Strafprozeß sind ähnliche negative Tendenzen kaum zu beobachten. Schlechte Traditionen in dem geschilderten Sinn müssen in ihm kaum zerschlagen werden. Es liegt also nahe, möglichst viel von den bewährten Vorschriften unserer Strafprozeßordnung über die Hauptverhandlung auch für die Verhandlung im Zivilprozeß zu übernehmen, um die Verhandlung im Zivilprozeß der Verhandlung im Strafprozeß weitgehend anzugleichen. Es bestehen keine prinzipiellen Unterschiede zwischen diesen beiden Prozeßformen; beide sind wichtige Formen staatlicher Leitungstätigkeit, beide dienen der Erfüllung der im § 2 GV'G dem gesamten gerichtlichen Prozeß gestellten Aufgaben. Allerdings ist die im Strafprozeß vorgesehene Konzentration auf eine einzige Hauptverhandlung im Zivilprozeß nicht ohne weiteres möglich, da eine solche Vorbereitung, wie sie das Ermittlungsverfahren im Strafprozeß gewährleistet, im Zivilprozeß kaum denkbar ist. Auch gibt es im Strafprozeß nur einen unmittelbar Beteiligten3 4, dessen unmittelbar persönliches Interesse, dessen Sache Gegenstand des Prozesses ist, der in der Regel den Sachverhalt, auf den es ankommt, selbst am besten kennt, nämlich den Angeklagten. Im Zivilprozeß gilt dies alles für die beiden unmittelbar Beteiligten gleichgültig, ob man die bisher üblichen Worte „Kläger“ und „Verklagter“ beibehalten oder vielleicht „Antragsteller“ und „Antragsgegner“ sagen will. Die Diskussion zwischen diesen unmittelbar Beteiligten, unmittelbar Interessierten, in der Regel auch unmittelbar Informierten unter Leitung des Gerichtes muß also gleichfalls zu einer gewissen Modifikation der Verhandlung im Zivilprozeß gegenüber der Verhandlung im Strafprozeß führen5. Zu bedenken ist auch, daß unsere Strafprozeßordnung immerhin acht Jahre alt und daß die Entwicklung in der Zwischenzeit stürmisch weitergegangen ist. Insbesondere hat sich die Erkenntnis dessen, daß der demokratische Zentralismus auch ein im gerichtlichen Verfahren entscheidend wirksames Entwicklungs- und Organisationsprinzip ist, inzwischen allgemein durchgesetzt. Insofern muß die Neuregelung im Zivilprozeß über das im Strafprozeß bereits erreichte hinausgehen. II Der mögliche Konzentrationsgrad der Hauptverhandlung es dürfte angezeigt sein, diesen Ausdruck der Strafprozeßordnung auch für den Zivilprozeß zu über- 3 Lenin, Werke, Bd. 23, S. 177 (russ.). 4 Dabei ist nicht zu übersehen, daß es auch im Strafprozeß mehrere Angeklagte geben kann; aber es bedarf wohl keiner Erörterung, daß das Verhältnis zwischen mehreren Angeklagten, auch bei Interessengegensätzen, wesentlich anders ist, als das Verhältnis zwischen „Prozeßgegnern“ im Zivilprozeß. 5 Darüber, daß der Zivilprozeß trotz der Zulassung solcher Diskussionen nicht zum Parteienprozeß im bürgerlichen Sinne wird, siehe die weiteren Ausführungen. nehmen hängt stark von ihrer Vorbereitung ab. Eine konzentrierte, zielstrebige Verhandlung ist nur möglich, wenn vorher ganz exakt geklärt ist, welche Fragen zu lösen sind, um zu einer richtigen Entscheidung zu gelangen, und welche Maßnahmen zu einer richtigen, vollständigen Lösung dieser Fragen nötig sind. Bei diesem Streben nach Konzentration geht es nicht nur um die rasche Abwicklung des Verfahrens, sondern insbesondere darum, daß die konzentrierte Hauptverhandlung in welcher der vollständige Prozeßstoff und das ganze Beweisverfahren vor dem gesamten, in seiner Zusammensetzung absolut unveränderlichen Richterkollegium ausgebreitet wird die beste Gewähr nicht nur für eine richtige Entscheidung des Einzelkonflikts gibt, sondern auch für die Leistung eines entsprechenden Beitrags zur Beseitigung der tieferen Ursachen, die den Einzelkonflikt erst ermöglichten. Der Antrag auf Einleitung eines Zivilverfahrens, der bisher als Klage bezeichnet wurde, wird fast niemals die Zuverlässigkeit und Exaktheit einer staatsanwalt-schaftlichen Anklageschrift im Strafprozeß aufweisen, selbst wenn ein solcher Antrag ausnahmsweise vom Staatsanwalt gestellt wird. Die starke Position, die dem Staatsanwalt gemäß dem 3. Kapitel der StPO im vorbereitenden Abschnitt des Strafprozesses gebührt, wird ihm bei der Vorbereitung eines Zivilprozesses nicht ohne weiteres eingeräumt werden können, ohne in Übertreibungen zu verfallen, die von der Mehrheit unserer Bürger nicht verstanden würden. Ein solcher Antrag auf Einleitung eines Zivilverfahrens ist daher qualitativ in der Regel nur einer Anzeige gemäß § 102 Ziff. 3 und 4 StPO gleichzustellen. Das bedeutet keine Herabsetzung des Wertes einer solchen „Klageschrift“. Auch Strafanzeigen können eine gediegene sorgfältige Arbeit darstellen, die dem Staatsanwalt und den Untersuchungsorganen wesentliche Hilfe gewährt. Völlig klar scheint es zu sein, daß der Antrag auf Einleitung eines Zivilverfahrens an die Gerichte zu richten ist, daß er nur von den Gerichten überprüft und behandelt werden kann. Kein sozialistischer Staat kennt eine Vorprüfung von Zivilklagen oder Anträgen auf Einleitung eines Zivilverfahrens durch andere Stellen als durch die Gerichte. Um diesem grundlegenden Unterschied zu entgehen, der in der Vorbereitung der Hauptverhandlung zwischen Strafprozeß und Zivilprozeß besteht, gibt es eine Reihe noch nicht veröffentlichter Vorschläge, den Zivilprozeß mit einem dem strafprozessualen Ermittlungsverfahren sehr ähnlichen, aber vom Gericht durchzuführenden Vorverfahren beginnen zu lassen. In diesem Vorverfahren sollen nicht nur die beiden unmittelbar Beteiligten (Kläger und Verklagter) ihren Standpunkt darlegen und Vorbereitungen getroffen werden, ähnlich wie sie im § 272 b ZPO zwar vorgesehen, aber in der Praxis fast nie realisiert werden, sondern es sollen auch bereits Beweise erhoben1 werden können. Bei den Vorschlägen auf Einschaltung eines solchen zivilprozessualen „Ermittlungsverfahrens“ scheint mir der obenerwähnte, dem Zivilprozeß nun einmal nicht völlig abzusprechende zweiseitige Charakter nicht genügend berücksichtigt zu sein. Selbstverständlich ist der sozialistische Zivilprozeß kein Parteienstreit im bürgerlichen Sinn, in dem sich der Egoismus, die kleinlichen Interessen der beiden „Parteien“ ohne Rücksicht auf die Belange der Gesellschaft austoben können, sondern es ist gerade Aufgabe des sozialistischen Gerichts, die unmittelbar Beteiligten auf die Übereinstimmung ihrer richtig verstandenen Interessen mit den Interessen der sozialistischen Gesellschaft hinzulenken. Auch die Verhandlung im Zivilprozeß soll dazu beitragen, daß die dem sozialistischen Recht innewohnende Tendenz, die persönlichen Interessen der Menschen auf das höhere 578;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 578 (NJ DDR 1960, S. 578) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 578 (NJ DDR 1960, S. 578)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

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