Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 56

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 56 (NJ DDR 1960, S. 56); Die Entscheidung in Zivilsachen muß Ausdruck des sozialistischen Arbeitsstils des Gerichts sein Von Dr. HEINZ PÜSCHEL, Dozent an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ In der gegenwärtigen Periode des voll entfalteten sozialistischen Auf baus in der Deutschen Demokratischen Republik haben unsere Gerichte die Aufgabe, auf jedem ihrer Arbeitsgebiete den Volkswirtschaftsplan zur Grundlage ihrer gesamten Tätigkeit zu machen, in engster, kontinuierlicher Zusammenarbeit mit den örtlichen Organen der Staatsmacht, insbesondere mit den örtlichen Volksvertretungen und unter deren Führung, die gesellschaftliche Entwicklung bewußt und planmäßig zum Sieg des Sozialismus zu leiten. Auch in der Praxis unserer Gerichte in Zivilsachen werden bereits heute viele neue Wege beschritten, um diese .politische Führungstätigkeit gemeinsam mit den Werktätigen auszuüben, die Rechtsprechung in Zivilsachen aus ihrer bisherigen Isolierung vom gesellschaftlichen Gesamtprozeß herauszuführen und sie in planmäßiger Zusammenarbeit mit den örtlichen Staats- und Wirtschaftsorganen, der Nationalen Front und den demokratischen Massenorganisationen weitaus stärker in den Dienst der sozialistischen Umgestaltung zu stellen1. Im Zeichen der Vorbereitung der Richterwahlen gilt es, auf diesem Wege weiter vorwärtszuschreiten, alle vorhandenen Möglichkeiten der Durchsetzung des sozialistischen Arbeitsstils bereits heute, also auf dem Boden des geltenden materiellen und prozessualen Rechts und mit dessen schöpferischer Anwendung auf unsere veränderten Verhältnisse, voll auszunutzpn und damit den Entwicklungsgesetzen der sozialistischen Gesellschaft nachhaltiger zum Durchbruch zu verhelfen. Mit Recht hat Nathan darauf aufmerksam gemacht, daß unsere Gerichte bereits weitgehend auf dem Boden des geltenden Rechts auf wahrhaft sozialistische Weise arbeiten können und müssen, daß sie sich zu sozialistischen Staatsorganen zu entwickeln haben2 *. Das Erfordernis der Herausbildung sozialistischer Methoden der Führung der Massen besteht für die gesamte Tätigkeit des Gerichts, wobei Rechtsprechung und politische Massenarbeit ein untrennbare Einheit bilden. Es wäre eine einseitige und in ihren Auswirkungen schädliche Betrachtungsweise, wollte man die Aufgabe der Durchsetzung des sozialistischen Arbeitsstils etwa nur auf die mündliche Verhandlung und ihre Vorbereitung beziehen. Insbesondere darf in diesem Zusammenhang die Entscheidung, die das Gericht trifft, nicht außer acht gelassen werden. Für den Bereich des Strafverfahrens hat Krutzsch bereits ausgeführt, daß die Entscheidung, die das Gericht auf Grund eines nach den Gesichtspunkten des neuen Arbeitsstils durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der Hauptverhandlung zu fällen hat, eine andere Qualität erhalten werde und daß sich dies alles auch auf die. Form des Urteils auswirken müsse2. Besonders die vorausschauende, auf die Lösung der politischen, ökonomischen und kulturellen Schwerpunktaufgaben des Kreises bzw. des Bezirks orientierte Arbeit des Gerichts muß sich in der höheren Qualität seiner Entscheidungen widerspiegeln4. Von der Praxis der Zivilrechtsprechung her wird dies durch den Beitrag von Schröder bestätigt, wonach die vom KrG Neustrelitz angewandten neuen Formen der Durchführung von Eheverfahren weitgehend auch im Urteil des Gerichts ihren Niederschlag finden5. Diese Hinweise geben bereits allen Anlaß zu einer kritischen Überprüfung von Theorie und Praxis der 1 vgl. Frisch, NJ 1959 S. 425 f.; Döring, NJ 1959 S. 529 f.; Schröder, NJ 1959 S. 530 f.; Schreiber, NJ 1959 S. 424 1; Stras-berg NJ 1959 S. 564 f.; Eildermann, NJ 1959 S. 565; Rohlfien/ P. Schmidt, NJ 1959 S. 743 f. 2 Die Stellung des Gerichts und der Parteien im neuen Zivilprozeß, NJ 1959 S. 599. 2 Der neue Arbeitsstil im Strafverfahren und die Aufgaben der gesellschaftlichen Erziehung, NJ 1959 S. 156. 4 vgl. Sozialistisch leiten heißt gemeinsam mit den Werktätigen arbeiten (einige Erfahrungen aus der Arbeit der Brigade des Ministeriums des Innern im Bezirk Schwerin), Berlin-Wilhelmsruh 1959, S. 25. 5 NJ 1959 S. 531. Entscheidung des Zivilverfahrens. Hinzu kommt noch, daß gerade bei der Fällung der Endentscheidung stets die Gefahr besteht, daß das Gericht über den Einzelheiten des von ihm zu entscheidenden Prozesses den gesellschaftlichen Zusammenhang, der hinter der Sache steht, aus den Augen verliert und daß damit aus den vielen wertvollen Erfahrungen, die das Gericht auf Grund einer Ermittlungs- und Verhandlungsführung neuen Stils gewonnen hat, im Urteil nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. Wir stehen deshalb vor der Aufgabe, die spezifische Rolle der gerichtlichen Entscheidung, insbesondere des Urteils, bei der Tätigkeit des Gerichts in Zivilsachen neu herauszuarbeiten. Die Funktion der Entscheidung In dem Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, das unsere bisherige Theorie des Zivilurteils in knappen Worten umreißt, wird das Urteil als die wichtigste gerichtliche Entscheidung im Zivilprozeß bezeichnet6. Diese Einschätzung kann so allgemein nicht aufrechterhalten werden. In dem Maße nämlich, in dem es dem Gericht bei einer sozialistischen Arbeitsweise gelingt, den gesellschaftlichen Widerspruch, der unmittelbar oder mittelbar zur Anrufung des Gerichts geführt hat, an Ort und Stelle aufzuspüren und die Werktätigen zur gemeinsamen Lösung der aufgeworfenen gesellschaftlichen und persönlichen Lebensprobleme zusammenzuführen, sie zur freiwilligen und bewußten Einhaltung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen, zur Organisierung ihrer eigenen gesellschaftlichen Verhältnisse zu erziehen, wird die Notwendigkeit, den Prozeß durch Urteil zu entscheiden, nicht mehr so im Vordergrund stehen wie bisher. Im Gegenteil ist ein Prozeßergebnis, das die bewußte Selbsttätigkeit der Menschen bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse dokumentiert und Ausdruck einer neuen, sozialistischen Arbeitsweise des Gerichts, der sichtbare Erfolg seines unbürokratischen Einsatzes bei der Beseitigung der aufgetretenen Hemmnisse der gesellschaftlichen Entwicklung ist, sicherlich noch höher zu bewerten als das Urteil, das sonst hätte ergehen müssen. Welche großen Möglichkeiten schon heute bestehen, den engen Rahmen des einzelnen Prozesses dadurch zu sprengen, daß in geeigneten Fällen außerhalb des Gerichts in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Staatsorganen eine Aussprache mit den Beteiligten und ihren Kollektivs geführt und auf diese Weise die Initiative und Selbsttätigkeit der Massen gefördert wird, zeigen die von Schröder mitgeteilten Erfahrungen des KrG Neustrelitz, auf die hier verwiesen werden kann7. Weiterhin heißt es in dem Lehrbuch: „Das Gerichtsurteil ist eine staatliche Willensäußerung. Mit ihm bringt das Gericht zum Ausdruck, ob und in welchem Umfang der vom Kläger geltend gemachte Anspruch gesetzlich begründet ist und warum nach seiner Überzeugung nur diese und keine andere Entscheidung dem Sachverhalt und den Gesetzen entspricht. Diese Überzeugung von dem, was Rechtens ist, gewinnt das Gericht im Verlauf eines Prozesses, der mit der Prüfung der Klage beginnt und in der Beratung des Gerichts nach Schluß der mündlichen Verhandlung seinen Abschluß findet.“8 Offensichtlich sind diese Vorstellungen noch stark vom bürgerlichen Zivilprozeß beeinflußt. Sie sind in erster Linie nicht nach vorwärts, sondern nach rückwärts gewandt. Das Urteil wird als logische Folge der gesamten Tätigkeit des Gerichts aufgefaßt, ohne daß die gesell- 6 Das Zivilprozeßrecht der Deutschen Demokratischen Republik, I. Band, Berlin 1957, S. 317. 7 Einige Bemerkungen zur Vorbereitung und Durchführung von Zivilverfahren, NJ 1959 S. 772. 8 a. a. O. S. 317 f. 56;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 56 (NJ DDR 1960, S. 56) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 56 (NJ DDR 1960, S. 56)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und der sozialistischen Gesellschaft. Die Strategie zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft schließt daher strategische Aufgaben für die weitere Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen und zur Erziehung entsprechend handelnder Personen, die Strafgesetze oder andere Rechtsvorschriften verletzt haben. Als ein Kernproblem der weiteren Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit erweist sich in diesem Zusammenhang die Feststellung bedeutsam, daß selbst in solchen Fällen, bei denen Bürger innerhalb kurzer einer Strafverbüßung erneut straffällig wurden, Einflüsse aus Strafvollzug und Wiede reingliederung nur selten bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Gestaltung des Aufenthaltes in diesen, der des Gewahrsams entspricht. Die Zuführung zum Gewahrsam ist Bestandteil des Gewahrsams und wird nicht vom erfaßt. Der Gewahrsam ist auf der Grundlage der gemeinsamen Lageeinschätzung das einheitliche, abgestimmte Vorgehen der Diensteinheitan Staatssicherheit und der Deutschen Volkspolizei sowie der anderen Organe des Ministeriums des Innern bei der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens unter strikter Wahrung ihrer spezifischen Verantwortung ständig zu gewährleisten, sind die Kräfte und Mittel Staatssicherheit noch stärker auf die Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels zu konzentrieren; sind die Deutsche Volkspolizei und andere Organe des Ministeriums des Innern bei der vollen Entfaltung ihrer Potenzen zur wirksamen Lösung der ihnen übertragenen Aufgaben auszuschöpfen. Zu beachten ist jedoch, daß es den Angehörigen Staatssicherheit nur gestattet ist, die im Gesetz normierten Befugnisse wahrzunehmen.

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