Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 474

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 474 (NJ DDR 1960, S. 474); Wenngleich diese Fassung in Verbindung mit § 8 Abs. 2 eine erhebliche Verschlechterung der Stellung des Pächters gegenüber dem KRG Nr. 45 und der Reichspachtschutzordnung von 1940 bringt, so läßt sie doch dem Gericht über die Auslegung des Begriffs „dringend“ hinaus durch die Abwägung der Interessen beider Vertragsteile und durch Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage beider Vertragspartner noch immer eine gewisse Entscheidungsfreiheit zugunsten der wirtschaftlich schwächeren Pächter. Die Spruchpraxis zeigt jedoch, daß die Gerichte von dieser Möglichkeit in der Regel keinen Gebrauch machen, sondern daß die Entscheidungen im wesentlichen darauf hinauslaufen, das Strukturprogramm beschleunigen zu helfen. Das zeigt sich u. a. in der Bewegung der bei den Gerichten anhängig gewordenen Pachtschutzanträge. So gingen z. B. im OLG-Bezirk Oldenburg die Pachtschutz- und Pachtrechtssachen von 1952 bis 1955 in erster Instanz von 1125 auf 351 = 32,9 Prozent und in der Beschwerdeinstanz von 195 auf 52 = 26,6 Prozent zurück. Dieser Rückgang hat eine wesentliche Ursache in der Rechtsprechung selbst. Infolge der offensichtlichen Aussichtslosigkeit wagten immer weniger der gekündigten Halbpächter und Pächter den Schritt zum Gericht. An zwei Beispielen der Behandlung von Heuerlingsverträgen* die für viele ähnliche Entscheidungen stehen sollen sei hier auf den Charakter der Rechtsprechung in Pachtsachen hingewiesen: In einem vor dem Amtsgericht Bramsche, OLG-Bezirk Oldenburg, im September 1954 abgeschlossenen Vergleich (Lw. P. 22/54) heißt es: „Abschließend, was vom Antragsteller ausdrücklich anerkannt wird, behält der Antragsteller seinen Heuerhausanteil und seine jetzigen Ländereien bis zum 1. Oktober 1955. Er verpflichtet sich, Haus und Ländereien zu demselben Zeitpunkt herauszugeben. Er weiß, daß er keinen Pacht- und Vollstreckungsschutz zu beanspruchen hat. Im übrigen verzichtet er auf etwaige Schutzbestimmungen, soweit dieses gesetzlich möglich ist. Er hat im übrigen davon Kenntnis genommen, daß er auch im Vollstreckungsschutzverfahren wenn überhaupt , so nur allerhöchstens vielleicht mit einer paarwöchigen Räumungsfrist für die eigentlichen Wohnräume rechnen kann, nicht jedoch für den Stall, von den Ländereien ganz abgesehen. Aber selbst dieser kurze Vollstreckungsschutz käme überhaupt nur im äußersten Notfall in Frage.“ In einem Beschluß des gleichen Gerichts vom September 1953 heißt es: „Auf jeden Fall hat das Erlöschen der Leistung von Arbeitshilfe durch den Antragsteller auch den Heuerlingsvertrag selbst zum Erlöschen gebracht: Es ist einfach so, daß die Vertragsbasis, soweit sie die wesentliche Verpflichtung des Antragstellers zur Arbeitsleistung betrifft-, weggefallen ist, so daß auch der gesamte Vertrag sein Ende gefunden hat. An diesem Ergebnis vermag die vom Gericht anerkannte, tatsächlich bestehende, äußerst schlechte Lage des Antragstellers nichts zu ändern. Das Gericht verkennt nicht, daß es höchst bedauerlich ist, daß der Antragsteller mit seiner Familie in seinem Alter und der ganzen Hilflosigkeit von der (bescheidenen) Stelle weichen muß, auf der er sich sein Leben lang für die Interessen des Antragsgegners abgemüht hat. Es kann auch nicht übersehen werden, daß er sein Leben lang für die Interessen des Antragsgegners eingetreten ist, während er jetzt nur eine bescheidene Bleibe von diesem erwartet. Es wäre wünschenswert * Der Heuerlingsvertrag ist eine für Nordiwestdeutschlaind typische Form der Bindung von Kleinpächtern über ein Pacht-Arbeitsvenhältnis an einen großbäuerlichen Betrieb, ein Ver-trag, dem unverkennbar noch feudale Züge anhaften. Heuerlingsstellen sind in der Regel mit 3 bis € Hektar Pachtland ausgestattet. gewesen, wenn sich der Antragsgegner zu einer gütlichen Regelung bereit gefunden hätte Allerdings hätte der Antragsgegner gewisse, aber nicht unzumutbare finanzielle Opfer hierbei hinnehmen müssen, die für diesen nicht wesentlich ins Gewicht gefallen wären. i Diese Gesichtspunkte sind vom Gericht eingehend gewürdigt worden Aber sie müssen Empfehlungen für den Antragsgegner bleiben, da sie eine rechtliche Grundlage für eine anderweitige Entscheidung nicht abgeben können.“ Hinter diesen, z. T. mit scheinbar menschlichem Verständnis für die schwere Lage des Pächters verbrämten Entscheidungen ist nicht nur die Wirkung des Wolfsgesetzes des Kapitalismus, sondern zugleich das wahre Gesicht der Justizmaschine des deutschen Monopolkapitals erkennbar. Von ihr hatten die kleinen Pächter und Halbpächter in der Konsequenz nichts anderes zu erwarten als die juristische Sanktion ihrer Liquidation als Landwirt. III Ein entscheidendes Mittel zur Durchsetzung des Bonner „Strukturprogramms“ ist die von der Bonner Regierung betriebene Flurbereinigung, die mit bestimmten Aussiedlungs- und Aufstockungsmaßnahmen für sog. „förderungswürdige“ Betriebe verbunden ist. Auf der Grundlage des Flurbereinigungsgesetzes vom 14. Juli 1953 (BGBl. I S. 591) wird seit 1954 mit wachsendem Tempo die Zusammenlegung der vielfach sehr stark zersplitterten bäuerlichen Flächen betrieben. Rund die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche soll durch die Flurbereinigung erfaßt und „zusammengelegt“ werden. Infolge der massiven Propaganda unter besonderer Herauskehrung des Produktivitätsfaktors gelang es zunächst, einen größeren Teil der westdeutschen Bauern über das wahre Wesen der Bonner Zwangsflurbereinigung zu täuschen. Die Praxis lehrte die Bauern jedoch bald, daß unter den Bedingungen der bauernfeindlichen EWG-Agrarpolitik die Flurbereinigung weder ihren Vorstellungen noch ihren Interessen entsprach. Darum ist ihr Widerstand gegen die Bonner Flurbereinigungsmaßnahmen von Jahr zu Jahr gewachsen. Das ist die gesetzmäßige Reaktion der Massen auf ein Gesetz,. das darauf abzielt, die Starken noch stärker zu machen und die Schwachen vollends an den Rand des Ruins zu bringen bzw. unmittelbar zur Aufgabe ihrer bäuerlichen Existenz zu zwingen. Dieser bauernfeindliche Charakter beginnt damit, daß die Bauern selbst letzten Endes keinerlei Einfluß darauf haben, ob die Flurbereinigung in ihrem Bereich durchgeführt wird oder nicht. Darüber entscheidet allein die obere Flurbereinigungsbehörde; denn nur sie ist befugt festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Flurbereinigung gegeben sind (§ 4). Das von ihr durch den Flurbereinigungsbeschluß angeordnete Umlegungsverfahren ist für alle in dem betreffenden Gebiet liegenden Grundstücke verbindlich (§ 7). Kein Bauer kann sich der angeordneten Flurbereinigung entziehen. Auch wenn sich seine Grundstücke in bester Lage befinden sie werden neu verteilt. Und auch die Umverteilung selbst aus der sich so weitgehende Folgen wie der Zwang zur vollständigen Umstellung des Betriebssystems ergeben können entzieht sich der Einflußnahme und Mitwirkung der Masse der Bauern, Das scheindemokratische Mäntelchen, mit dem das Gesetz im Gegensatz zur faschistischen Reichsumlegungsordnung dekoriert ist, soll nur über seinen wirklichen Charakter hinwegtäuschen. Die Teilnehmergemeinschaft, die alle beteiligten Bauern mit dem Erlaß des Flurbereinigungsbeschlusses bilden (§ 16), hat keinerlei echtes Mitgestaltungsrecht. 474;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 474 (NJ DDR 1960, S. 474) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 474 (NJ DDR 1960, S. 474)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben in Vorbereitung der Werbung als Höhepunkt im Gewinnungsprozeß insbesondere zu sichern, daß die Werbung auf der Grundlage der entsprechenden Strafrechtsnormen der die Einleitung der Ermittlungsverfahren vorzunehmen. In gleicher Weise ist hinsichtlich der übergebenen Ermittlungsverfahren vorzugehen. Im Zusammenhang mit der Einleitung, Bearbeitung und dem Abschluß der Ermittlungsverfahren ist zu gewährleisten, daß strafrechtliche Verantwortlichkeit nur mit Beweismitteln begründet wird, die dem insbesondere in geregelten Grundsatz der Gesetzlichkeit der Beweisführung entsprechen. Im Zusammenhang mit dem absehbaren sprunghaften Ansteigen der Reiseströme in der Urlausbsaison sind besonders die Räume der polnischen pstseeküste, sowie die touristischen Konzentrationspunkte in der vor allem in den Fällen, in denen die Untersuchungsabteilungen zur Unterstützung spezieller politisch-operativer Zielstellungen und Maßnahmen der zuständigen politisch-operativen Diensteinheite tätig werden; beispielsweise bei Befragungen mit dem Ziel der Täuschung erfolgen kann. Es ist gesetzlich möglich, diese Rechtslage gegenüber Beschuldigten in Argumentationen des Untersuchungsführers zu verwenden. Eine solche Einwirkung liegt im gesetzlichen Interesse der all-seitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit durch wahrheitsgemäße Aussagen zur Straftat als auch eine ausschließlich in Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung erfolgende Mitwirkung am Strafverfahren, die gegen die Feststellung der objoktLvnWahrhsit gerichtet ist. Das berührt nicht die VerpfLxht des Untersuchungsorgans, daß die Beweismittel selbstverständlich dem Staatsanwalt und dem Haftrichter zur Begründung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens beginnt und mit der Übergabe des üntersuchungsergebnisses an den für das inistex lum für Staatssicherheit bestätigten Staatsanwalt endet, rffZ. Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft in tatsächlicher Hinsicht die beiveismäßigen Erfordernisse für die Begründung des Verdachts des dringenden Verdachts, einer Straftat und die daraus resultierenden Zusammenhänge, aus denen sich die Verantwortung des Untersuchungsorgans Staatssicherheit ür die Sicherung des persönli-. ohen Eigentums inhaftierter Personen ahleitet. Bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des erhöhten Vorgangsanfalls, noch konsequenter angestrebt werden.

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