Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 361

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 361 (NJ DDR 1960, S. 361); / waren. So kam es auch, daß die dort prinzipiell erhobene Forderung nach enger Verbindung mit der Praxis von uns einseitig und unmarxistisch verstanden und aufgegriffen wurde. Unsere Studien der gesellschaftlichen Verhältnisse, unsere Untersuchungen an der Basis, in Betrieben, in der Industrie, im Handel, im Verkehrswesen, auf dem Lande usw. waren nicht zielstrebig auf das Erforschen der revolutionären gesellschaft-lichen Praxis der sozialistischen Umwälzung gerichtet. Wir hatten uns zuvor ja auch keine Klarheit darüber erarbeitet, was in der neuen Etappe die wirklich revolutionäre, vorwärtsweisende Praxis ist und welche Rolle dabei dem Strafrecht zukommt. Deshalb bezogen sich unsere Untersuchungen mehr darauf festzustellen, was es an Mißständen und strafbaren Handlungen gibt, was sie begünstigt oder hervorruft und wie unsere Werktätigen über diesen oder jenen Mißstand, über diese oder jene gesetzliche Regelung und Maßnahmen der Strafjustiz, über die neuen Straf arten usw. denken. Das wurde ergänzt durch eigene Erfahrungen unserer Justizorgane bei der strafrechtlichen Bekämpfung der Verbrechen gegen das sozialistische Eigentum und die sozialistische Wirtschaft, die vielfach prakti-zistisch und positivistisch erfolgte. (Im Vordergrund standen häufig Fragen der Auslegung bestimmter Tatbestandsmerkmale usw.) Natürlich hatten diese Untersuchungen auch eine positive Bedeutung: nicht nur, daß diese Analysen bestimmtes Material erbrachten, sondern es kam dabei auch zu aufschlußreichen Gesprächen mit unseren werktätigen Menschen. Das Kennzeichnende aber war, daß diese Untersuchungen stark beschreibender und registrierender Art, d. h. eben positivistisch und prakti-zistisch blieben und daher auch nicht zu wirklichen Veränderungen im gesellschaftlichen Leben führten. Dieses im Grunde genommen orientierungslose Herangehen an die „Praxis“ war dadurch bedingt, daß wir nicht bewußt und prinzipiell vom theoretischen Inhalt der Parteibeschlüsse ausgingen, die unter Weiterentwicklung der marxistisch-leninistischen Theorie von der sozialistischen Umwälzung und unter Verallgemeinerung der praktischen Erfahrungen beim Aufbau des Sozialismus in der DDR die Grundlinien und Wesenszüge der Durchsetzung der historischen Notwendigkeiten in der jeweils nächsten Etappe und damit die wahre revolutionäre gesellschaftliche Praxis in ihrem Wesen erfassen und vorzeichnen. Wir verliefen uns in der „Praxis“ der Spontaneität, der Zufälligkeit und Oberflächenerscheinungen und vermochten daher weder tiefer in die objektive Rolle des Strafrechts bei der Bekämpfung der gesellschaftlichen Hemmnisse auf ökonomischem Gebiet einzudringen noch an Ort und Stelle irgendwie verändernd wirksam zu werden. Mit solchen „Voraussetzungen“ stiegen wir in die Systematisierungsdiskussion6 und begannen die Tatbestandsvorschläge zu formulieren. Diese Diskussionen mußten sich zwangsläufig, da keine bewußte und prinzipielle Auseinandersetzung vorausgegangen war trotz einer Reihe von Verbesserungen in Einzelfragen , insgesamt auf dem Boden der spontan wirkenden bürgerlich-positivistischen Rechtsideologie bewegen. So kam es z. B. zu der axiomatisch, völlig unbestreitbar erscheinenden These der Abgrenzung der Wirtschaftsverbrechen von den Eigentumsdelikten7. Dadurch wurde die Bekämpfung der Verbrechen gegen das sozialistische Eigentum einseitig unter dem Gesichtspunkt der Sicherung statisch gegebener Eigentumsverhältnisse betrachtet und ihnen strafrechtlich der Schutz der „dynamischen“ wirtschaftlich-organisatorischen Tätigkeit des Staates gegenübergestellt. So kam es zu Versuchen, die 8 vgl. dazu Buchholz in NJ 1959 S. 307 fl. 7 vgl. Buchholz ln NJ 1959 S. 307 fl. und S. 411. Vergeudung sozialistischen Eigentums im" Grunde mit den alten Tatbeständen der Eigentumsdelikte bzw. einseitig als Wirtschaftsverbrechen erfassen zu wollen, d. h. sie unter die herkömmlichen Formen und Normen zu pressen8 9. Auch mit den sowjetischen Erfahrungen hinsichtlich des Mißwirtschaftstatbestandes des Art. 128 StGB der RSFSR wußten wir infolge unserer Enge auf dem Boden des bürgerlichen Rechtshorizonts nicht recht etwas anzufangen. Natürlich gab es auch in bestimmten Fragen Fortschritte, die wir nicht einzuschränken brauchen: so überwanden wir im sog. Wirtschaftsstrafrecht Reste einer dem Sozialismus fremden „Bewirtschaftungs“-Konzeption und waren bestrebt, die ökonomische Realität der sozialistischen Planwirtschaft zur Grundlage der entsprechenden strafgesetzlichen Regelung zu nehmen; unter Berücksichtigung des gesellschaftlichen, insbesondere ideologischen Entwicklungsstandes kamen wir richtigerweise zu gewissen Einschränkungen des Anwendungsbereichs des Strafzwangs und verhinderten subjektivistische Versuche, durch strafrechtliches Reglementieren das Neue durchsetzen zu wollen. Wir versuchten auch, durch je zwei Grundsatzbestimmungen für die Bekämpfung der Verbrechen gegen das sozialistische Eigentum und die sozialistische Wirtschaft den sozialen Inhalt dieser Delikte klarer zu kennzeichnen, die erzieherische Rolle des Strafrechts bei der Überwindung dieser Delikte hervorzuheben.0 Aber im ganzen basierten unsere Vorschläge noch auf positivistischen und normativistischen Positionen. Das zeigt sich z. B. in der starken Anlehnung der äußeren Ausgestaltung der Tatbestände an die herkömmlichen Formen, in dem Festhalten an „alten, bewährten Begriffen, die im Volke lebendig“ seien, und in dem Aufrechterhalten der Zweiteilung von Verbrechen gegen das sozialistische Eigentum und die sozialistische Wirtschaft. Wir müssen daher klar aussprechen, daß unsere bisherigen gesetzgeberischen Vorarbeiten . nicht geeignet sind, die notwendige Wende in der Arbeit der Strafjustiz, ihre Entwicklung zu sozialistischen Justizorganen hinreichend zu fördern 10 Die marxistische Lehre über das Verhältnis von Inhalt und Form besagt, daß unbeschadet der Möglichkeit einer zeitweiligen Ausnutzung alter Formen nur eine dem Inhalt adäquate, entsprechende Form seine allseitige Entfaltung und Weiterentwicklung ermöglicht. Die höher entwickelte sozialistische Gesellschaft bei uns bedarf was der V. Parteitag uns zur Aufgabe gemacht hatte auch prinzipiell neuer, sozialistischer Rechtsformen und zwingt zum Abstreifen der alten, bürgerlichen11. Es müssen solche Rechtsformen geschaffen werden, in denen das Einfließen der objektiven historischen Gesetzmäßigkeiten in das Recht zum Ausdruck kommt, die diese Gesetzmäßigkeiten in sich aufnehmen und dadurch die gesellschaftliche Weiterentwicklung bewußt und planmäßig fördern. Zur Gestaltung solcher Rechtsformen und ihres Inhalts können wir uns jedoch nur durch ein tieferes Eindringen in den gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß und in die Rolle des sozialistischen Strafrechts befähigen. Unter Führung ihrer marxistisch-leninistischen Partei errichtet die Arbeiterklasse im Bündnis mit den breiten Massen des Volkes die Diktatur des Proletariats, um mit ihrer Hilfe die historisch notwendige, allumfassende, revolutionäre, sozialistische Umwälzung der Gesellschaft, ihrer ökonomischen Basis und ihres 8 Richtig dagegen die grundsätzlichen Ausführungen von Schwarz, Die Rolle des Strafrechts hei der Bekämpfung der Vergeudung gesellschaftlichen Eigentums, Staat und Recht 1960, Nr. 3, S. 399 fl., insbesondere S. 418. 9 NJ 1959 S. 409. 10 Hinderer/Schwarz a. a. O. S. 109. 11 vgl. Polak, Grundprobleme der Einheit von Theorie und Praxis in der Staats- und Rechtswissenschaft, Staat und Recht 1958, Nr. 8, S. 777 fl., insbeondere S. 784. 361;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen anzuwenden. Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststellung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt. Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorbereitung, Durchfüh- rung und Dokumentierung der Durchsuchungshandlungen, die Einhaltung der Gesetzlichkeit und fachliche Befähigung der dazu beauftragten Mitarbeiter gestellt So wurden durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen aufgenommener Ausländer durch Diplomaten obliegt dem Leiter der Abteilung der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der Haupt- abteilungen selbständigen Abteilungen und rksverwa tungep. an den Leiter der Abteilung Finanzen Staatssicherheit einzureichen. Der Leiter der Abteilung Finanzen Staatssicherheit hat diese qe?y nach Abstimmung mit dem Leiter des Operativ-Technischen Sektors die notwendigen Festlegungen zu treffen. Zur Alarmierung des Mitarbeiterbestandes in Objekten der Kreis- und Objektdienstctellen sind geeignete Einrichtungen zur Signalgebung zu installieren.

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