Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 353

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 353 (NJ DDR 1960, S. 353); / Während also die Opposition zur Regierungspolitik vom politischen und ideologischen Standpunkt der Regierung und ihrer Hintermänner aus be- und verurteilt wird, verschanzt man sich im gleichen Atemzug hinter der angeblichen „Gewaltenteilung“ und erklärt sich für inkompetent, wenn die Regierungspolitik selbst auf der Tagesordnung steht. III Das Düsseldorfer Urteil gegen die Repräsentanten des Friedenskomitees selbst widerspiegelt den wahren Inhalt und Zweck dieses Verfahrens. Es zeigt aber auch mit besonderer Deutlichkeit die Funktion der politischen Sonderstrafkammern im System der Bonner Diktatur. Insbesondere der Versuch einer Begründung des Urteilspruchs läßt erkennen, daß die Bonner militaristisch-klerikale Staatsideologie und die Politik der Adenauer-Regierung zum alleinigen Maßstab dafür wurde, was verfassungsmäßig oder verfassungswidrig ist. Damit wird das Sondergericht zum Exekutionsorgan der Bonner Machthaber. Seine Urteile sind lediglich Formblätter für administrative Willkürmaßnahmen, von denen jeder Gegner des aggressiven deutschen Militarismus und Imperialismus gleichermaßen bedroht ist. Das äußere Verfahren aber, die Gerichtsverhandlung unter Teilnahme von Verteidigern und Zeugen, die Beweiserhebung, das Frage- und Erklärungsrecht für die Angeklagten werden zur inhaltsleeren Form, dazu bestimmt, die Willkür scheinjuristisch zu verbrämen. Der italienische Rechtsanwalt Dr. Lucio Luzzatto, Mitglied des ZK der Sozialistischen Partei Italiens, des Büros des Weltfriedensrates und stellvertretender Vorsitzender des Rechtsausschusses der italienischen Kammer, konnte einige Sitzungen des Düsseldorfer Gerichts als sachverständiger Beobachter verfolgen. Er kam zu der Feststellung: „Man kann auch nicht sagen, daß es sich um einen politischen Prozeß handelt; es handelt sich vielmehr um eine politische Operation, die man unter Inanspruchnahme juristischer Formen durchführt Man will einfach Unterdrückungsmaßnahmen im Bereich der Politik ergreifen.“* Das Urteil von Düsseldorf aber ist lediglich ein weiteres Glied in der langen Kette der Musterprozesse gegen die demokratischen Kräfte Westdeutschlands. Für 3 Bulletin des Weltfriedensrates Nr. 4 (7. Jahrgang), Wien 15. Februar I960 S. 12. dieses Urteil gilt, was die Verteidiger der sechs an-geklagten Friedensfreunde bereits über einzelne Vorfälle in der Hauptverhandlung feststellen mußten: „Die Vorgänge in diesem Verfahren mögen manchem, der die Problematik politischer Strafverfahren bisher nicht kannte, als einmalige Ausnahme erscheinen, von der man keine Rückschlüsse auf die politische Strafjustiz schlechthin ziehen könne. Einzelne dieser Vorgänge hatten sich auch bislang tatsächlich noch nicht ereignet. Aber jeder Kenner der Materie wird bestätigen können: Die Verfahrensweise des Gerichts in der Hauptverhandlung gegen Persönlichkeiten des Friedenskomitees der Bundesrepublik Deutschland ist nichts als die konsequente Fortsetzung der seit Jahren praktizierten und kritisierten Verfahrensweise in der politischen Strafjustiz überhaupt.“ Doch diese „konsequente Fortsetzung“ des Gesinnungsterrors und seine faktische Ausdehnung auf die gesamte Opposition gegen die historisch bankrotte Politik des deutschen Militarismus und Imperialismus wie sie im Düsseldorfer Prozeß deutlich wurde erleichtert es zugleich, ihre Gefahren und auch den Weg zu ihrer Überwindung zu erkennen. Die Verteidiger erklärten: „Wir leugnen nicht, daß wir die Freiheit und das Recht in größter Gefahr sehen. Es ist deshalb unser Anliegen, der Forderung nach einer schnellen und gründlichen Abkehr von der bisherigen politischen Strafjustiz Nachdruck zu verleihen.“ Es besteht kein Zweifel daran, daß die Selbstentlär-vung der politischen Justiz durch ihr Urteil gegen die Friedensbewegung dazu beigetragen hat, weitere Kreise der westdeutschen Bevölkerung von der Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes aller friedliebenden Menschen gegen die Bonner Atomkriegspolitik zu überzeugen. Wenn sich die noch von der Propaganda über eine „unabhängige“ politische Justiz beeinflußten Teile der westdeutschen Bevölkerung von der wahren Funktion der Sondergerichte überzeugen, dann werden sie auch die Erkenntnis gewinnen, daß das Bemühen um eine gründliche Abkehr von dieser „Justiz“ und der Kampf für eine parlamentarisch-demokratische Ordnung, in der der Wille des Volkes nach Frieden, Demokratie und sozialem Wohlstand oberstes Gesetz ist, untrennbar miteinander verbunden sein müssen. 4 4 Ebenda. Zu einigen Fragen der Arbeit der Strafverfolgungsorgane Von JOSEF STREIT, Sektorenleiter in der Abt. Staats- und Rechtsfragen beim Zentralkomitee der SED Vor einigen Wochen wurden in mehreren Blättern der Frontstadt Westberlin Teile aus der Kriminalitätsstatistik für das Jahr 1959 veröffentlicht. Nach diesem Bericht wurden im Jahre 1959 in Westberlin 76 209 Verbrechen und Vergehen begangen. Gegenüber dem Jahre 1958 (72 040 Straftaten) stieg die Kriminalität in Westberlin um 5,8 Prozent. Besonders erschütternd ist der hohe Anteil jugendlicher Täter. Der Anteil der Jugendkriminalität an der Gesamtkriminalität betrug 30,3 Prozent. Von Kindern unter 14 Jahren wurden ca. 3000 Straftaten begangen. Bei der Betrachtung dieser ungeheuerlichen Zahlen wird der Leser an eine Feststellung erinnert, die Karl Marx vor über hundert Jahren getroffen hat. Marx schrieb im September 1859 in der „New York Daily Tribüne“: „Es muß irgend etwas faul im Innersten eines solchen sozialen Systems sein, das seinen Reichtum vergrößert, aber dabei die Armut nicht verringert, und in dem die Kriminalität sogar schneller als die Bevölkerung wächst.“ Sehen wir uns den eingangs erwähnten Bericht der Westberliner Polizei etwas genauer an. Es sind dort angeführt: 30 000 Diebstähle, 10 000 Einbrüche, 1550 Sittlichkeitsverbrechen, 230 Raubüberfälle, 8 Morde usw. Diese Verbrechen sind das Ergebnis der zügellosen Ausbeutung, der hektischen Jagd nach Profit, der skrupellosen Konkurrenz, der Arbeitslosigkeit, des Luxus für einige wenige und der hoffnungslosen Not der vielen anderen, der sozialen Ungleichheit, der Ausschweifungen, der Allmacht des Geldes, des Fehlens echter Ideale, der „abendländischen Kultur“ und der importierten „amerikanischen Lebensweise“. Das Ansteigen der Jugendkriminalität in Westberlin ist besonders auf die zunehmende Demoralisierung der Jugend zurückzuführen. Diese systematische Vemich- 353;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität - Analyse von Forschungs und Diplomarbeiten - Belegarbeit, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit . Die auf den Sicherheitserfordemissen der sozialistischen Gesellschaft beruhende Sicherheitspolitik der Partei und die Befehle und Weisungen stellen die entscheidende und einheitliche Handlungsgrundlage dar Planung, Leitung und Organisierung der vorbeugenden Tätigkeit Staatssicherheit dar. Sie richten die Vorbeugung auf die für die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung beruhende Bereitschaft der Werktätigen, ihr Intei esse und ihre staatsbürgerliche Pflicht, mitzuwirken bei der Sicherung und dem Schutz der Deutschen Demokratischen Republik ein. Die vorliegende Richtlinie enthält eine Zusammenfassung der wesentlichsten Grundprinzipien der Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im Operationsgebiet. Sie bildet im engen Zusammenhang mit der Pflicht, sich zum Zwecke der Befragung zur Verfügung zu stellen, steht das Recht des Verdächtigen, im Rahmen der Verdächtigenbefragung an der Wahrheitsfeststellung mitzuwirken.

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