Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 35

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 35 (NJ DDR 1960, S. 35); § 308 Abs. 1 StGB; § X Abs. 1 Zifl. 3, Abs. 2 WStVO. Vergeltung als ein Beweggrund für ein Verbrechen Racheakt läßt grundsätzlich nicht die Anwendung mildernder Umstände zu, da sie in besonders krassem Widerspruch zu den Grundsätzen der sozialistischen Moral und den in unserem Staat herrschenden Anschauungen über das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger steht. Dieser Beweggrund kann u. U. dann beachtlich sein, wenn der Täter die Tat im Affekt, unmittelbar nachdem er zum Zorn gereizt wurde, beging und wenn die gesamten objektiven Umstände, insbesondere die Bedeutung des angegriffenen Objektes, dies zulassen. OG, Urt. vom 16. Oktober 1959 2 Ust III 40/59. Dem Urteil des Bezirksgerichts liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Der 24 Jahre alte Angeklagte entstammt einer Bauem-femdlie. Er ist gelernter Schmied und arbeitete immer in seinem Beruf, zuletzt seit 1956 bei dem VEB Flußspat. Dort leistete er gute fachliche Arbeit; deswegen wurde er 1958 umd 1959 als Bestarbeiter und mit einer Geldprämie ausgezeichnet. Seinen Mitarbeitern gegenüber verhielt er sich kollegial, die ihn andererseits als leicht reizbar charakterisieren. Einige Zeit lang neigte er dem übermäßigen Genuß alkoholischer Getränke zu; er änderte jedoch dieses Verhalten, nachdem er seine Ehefrau kennen-gelernt hatte. Der Vater des Angeklagten bewirtschaftet eine 14 ha große Landwirtschaft; er wurde im September 1958 Mitglied einer LPG vom Typ I. Der Vater des Angeklagten ist sehr jähzornig; dieser Jähzorn war in der Kindheit und frühen Jugend des Angeklagten oft Anlaß, daß er ungerechtfertigte Züchtigungen über sich ergehen lassen mußte, die nicht selten in grobe Mißhandlungen ausarteten. Auch erhielt der Angeklagte vom Vater keine Anerkennung für seine Arbeit in der elterlichen Wirtschaft. Die häufigen Mißhandlungen erweckten bei dem Angeklagten ein starkes Haßgefühl gegen den Vater. Die Schikanen des Vaters führten im Jahre 1956 dazu, daß der Angeklagte das Elternhaus verließ und sich ein Zimmer mietete. Nach seiner Verheiratung half er auf Drängen seiner Mutter, Geschwister und Ehefrau ab und zu in der Wirtschaft. Da sein Vater die Arbeit noch immer nicht anerkannte, blieb das Haßgefühl beim Angeklagten trotz der örtlichen Trennung weiter bestehen. So äußerte er vor etwa ein und einem halben Jahr einigen Kollegen gegenüber, er werde seinem Vater noch einmal den Schädel einschlagen oder das Haus anzünden; er werde eine brennende Kerze in das Stroh stellen. Auf die Vorhaltungen eines Kollegen entstand der Eindruck, daß der Angeklagte seine Äußerungen bereute. Am 25. Juni 1959 wurde der Angeklagte von seinem Bruder gebeten, am nächsten Tag im elterlichen Betrieb Schrot zu mahlen, da die übrigen Familienmitglieder mit der Heuernte zu tun hätten. Der Angeklagte, der einige Tage Urlaub hatte, sagte seine Hilfe zu und fuhr am 26. Juni 1959 morgens mit dem Motorrad zu seinen Eltern. Der Vater empfing ihn etwa mit den Worten: „Es wird Zeit, daß du kommst. Du kannst gleich beim Abladen helfen.“ Der Angeklagte äußerte,' das lohne sich nicht mehr, worauf ihn der Vater als „faulen Hund“ bezeichnet. Darüber war der Angeklagte verärgert, zumal der Vater seine trotz des Urlaubs gezeigte Hilfsbereitschaft nicht anerkannte. Es kam ihm wieder der Gedanke, das elterliche Anwesen in Brand zu setzen, ohne zunächst einen solchen Entschluß zu fassen. Diese Gedanken beschäftigten ihn auch in der Folgezeit, als er sich mit seinem Bruder in der Garage darüber unterhielt, daß die Schrotmühle auf dem Heuboden nicht günstig stehe und außerdem kein Feuerlöscher vorhanden sei, wenn einmal etwas passiere. Nachdem er sich die Arbeitsheise seines Bruders angezogen hatte, begann er mit dem Getreideschroten. Als er drei Sack Getreide in die Schrotmühle geschüttet und einen Sack in die Futterküche getragen hatte, geriet er erneut in Ärger und Wut über das Verhalten seines Vaters. Er bemerkte dann auch eine Schachtel Streichhölzer in der Arbeitshose seines Bruders und entschloß sich, die Scheune anzustecken. Er zündete ein Streichholz an und setzte die vor der Heuwand liegende Spreu in Brand. Nachdem die Spreu Feuer gefangen hatte, brachte er einen Sack Schrot in die Futterküche. Danach zog er im Hausflur wieder seine eigene Hose an. Inzwischen hatte sein Bruder den Brand entdeckt und, nachdem er „Feuer“ gerufen hatte, die Alarmsirene in Betrieb gesetzt. Der Angeklagte versuchte mit einem Eimer Wasser das Feuer in der Scheune zu löschen, was ihm jedoch nicht mehr gelang. Er beteiligte sich an den Löscharbeiten und half, das Vieh in Sicherheit zu bringen. Durch den Brand wurde die Scheune bis auf den Teil des Stalles völlig zerstört. Es handelt sich um ein Doppelgebäude, in dem sich 20 Fuhren Heu, zehn Fuhren Stroh und zwei große Leiterwagen befanden. Der Gesamtschaden beträgt nach vorläufigen Schätzungen etwa 40 000 bis 45 000 DM. Das angrenzende Wohnhaus wurde nur leicht beschädigt. Nachdem der Angeklagte seine Täterschaft zunächst geleugnet hatte, gab er später zu, die Scheune vorsätzlich in Brand gesetzt zu haben, weil er einen Haß auf seinen Vater gehabt habe. Auf Grund dieser Feststellungen hat das Bezirksgericht den Angeklagten wegen Brandstiftung (§ 308 Abs. 1 und 2 StGB) in Tateinheit mit einem Wirtschaftsvergehen (§ 1 Abs. 1 Zäff. 3, Abs. 2 WStVO) zu zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt. Der Vertreter des Bezirksstaatsanwalts hatte drei Jahre Zuchthaus beantragt. Der Staatsanwalt des Bezirkes hat gegen das Urteil Protest eingelegt, mit dem eine nach Art und Höhe andere , Strafe erstrebt wird. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, das Bezirksgericht habe die in der Person des Angeklagten Hegenden Umstände überbetont und ihm deshalb zu Unrecht mildernde Umstände im Sinne des Abs. 2 des § 308 StGB zugebilligt. Die richtige Bewertung des Grades der Gesellschaftsgefährlichkeit der Handlung des Angeklagten erfordere aber die Strafzumessung aus § 308 Abs. 1 StGB. Der Protest hatte Erfolg. Aus den Gründen: Dem Bezirksgericht ist darin zuzustimmen, daß für die richtige und umfassende Bewertung der strafbaren Handlung des Angeklagten nicht nur die objektive Schwere und der Umfang der begangenen Straftat sowie die dabei an den Tag gelegte Intensität maßgeblich sind, sondern auch die in der Person des Angeklagten liegenden Umstände, soweit sie unmittelbar oder mittelbar mit dem strafbaren Verhalten in Zusammenhang stehen. Es ist auch richtig, daß die schweren Erziehungsfehler des Vaters und die daraus resultierenden, mit dem Tatmotiv in Zusammenhang stehenden Charaktereigenschaften des Angeklagten bei der Bemessung der Strafe nicht unbeachtet bleiben können. Das Bezirksgericht hat es jedoch verabsäumt zu prüfen, ob diese in der Person des Angeklagten liegenden Umstände überhaupt geeignet sind, als mildernde Umstände im Sinne von § 308 Abs. 2 StGB anerkannt zu werden, oder ob sie nur im Rahmen der Strafzumessung gemäß § 308 Abs. 1 StGB Berücksichtigung finden können. Die Überprüfung der Entscheidung hat ergeben, daß die Umstände, unter denen der Angeklagte die Straftat begangen hat, die Anwendung des § 308 Abs. 2 StGB nicht zulassen. Danach stellt sich die Tat als eine Vergeltungshandlung Racheakt dar. Beweggründe dieser Art lassen grundsätzlich nicht die Anwendung mildernder Umstände zu, weil sie in besonders krassem Widerspruch zu den Grundsätzen der sozialistischen Moral und den in unserem Staat herrschenden Anschauungen über das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger stehen. Bei der Prüfung der Voraussetzungen, ob mildernde Umstände vorliegen, können solche Beweggründe möglicherweise dann beachtlich sein, wenn der Täter z. B. infolge einer ihm zugefügten Mißhandlung oder einer schweren Beleidigung in Zorn geraten und aus dieser Situation heraus sofort zur Tat geschritten ist, und die gesamten objektiven Tatumstände, insbesondere die Bedeutung des angegriffenen Objektes, dies zulassen. Das trifft im vorliegenden Fall jedoch nicht zu. Zwar bestand beim Angeklagten wegen des nicht zu billigenden Verhaltens des Vaters eine starke Verärgerung und Abneigung. Diese Einstellung des Angeklagten zu seinem Vater, die durch die Beschimpfung am Tattage neue Nahrung erhalten hatte, hat jedoch bei ihm eine Reaktion ausgelöst, die in ihrer Art und überaus großen gesellschaftsschädlichen Wirkung in keinem Verhältnis zu dem Gebaren des Vaters in der Vergangenheit und auch am Tattage steht. Durch seine Tat hat der Angeklagte nicht nur seinen Vater getroffen. Die schädlichen Wirkungen seiner Handlung gehen weit darüber hinaus. Durch die für das ganze Dorf hervorgerufene Gefahr einer Ausbreitung des Brandes und die Vernichtung volkswirtschaftlich so bedeutsamer Werte wie einer Scheune und umfangreicher Ernteerträgnisse sind die gesellschaftlichen Belange, diese Werte zu erhalten und mit größtmöglichem Nutzen für die Erfüllung der ökonomischen Hauptaufgabe und die immer fortschreitende sozialistische Entwicklung der Landwirtschaft einzusetzen, erheblich beeinträchtigt worden. Läßt schon die hierdurch charakte- 35;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 35 (NJ DDR 1960, S. 35) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 35 (NJ DDR 1960, S. 35)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Hauptabteilung und der Abteilung strikt zu gewährleisten ist. Über die Aufnahme des BeSucherVerkehrs von Strafgefangenen, deren Freiheitsstrafe im Verantwortungsbereich der Abteilung vollzogen wird, entscheidet der Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach Konsultation mit dem Untersuchungsorgan nach den Grundsätzen dieser Anweisung Weisungen über die Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Untersuchungshaftanstalt den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung der Vollzugseinrichtung beeinträchtigen, verpflichten ihn, seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen. Weisungen, die gegen die sozialistische Gesetzlichkeit, gegen die Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung oder die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft -zur Gewährleistung der Sicherheit in der Untersuchungshaft arrstalt ergeben. Die Komplexität der Aufgabe rungen an die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung. Mit Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages Rede zur Eröffnung des Parteilehrjahres im in Güstrow - Material der Bezirksleitung der Schwerin - Rubinstein, ,L.

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