Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 285

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 285 (NJ DDR 1960, S. 285); Omnibus um 22.00 Uhr nach L. fahren wolle. Eine feste Zusage auf sein Angebot, sie nach Hause zu bringen, erhielt B. jedoch nicht. Daraufhin erhob er sich, um nach Hause zu gehen. Er wurde jedoch von H. aufgefordert, noch zu bleiben. Daraufhin verblieb B. weiter im Lokal. Nachdem dann R. der J. ein Glas Bier über ihren Rock geschüttet hatte, versprach ihr B., sie mit seinem Wagen nach Hause zu fahren. Inge J. war damit einverstanden, falls ihre Freundin, die noch bis 22.00 Uhr in der Gaststätte „Bräustübl“ arbeiten mußte, ebenfalls mitfahren könnte. Dabei gab sie B. auch zu verstehen, daß er mit auf ihr Zimmer kommen könne. Bs. Absicht war es, mit Inge J. geschlechtlich zu verkehren. H. erhielt nun Kenntnis von dem Vorhaben beider; auf deren Vorschlag, ebenfalls mitzufahren und sich mit der noch erwarteten Kollegin Inge Js. abzugeben, erklärte er sich einverstanden. Auf Grund eines zuvor von Inge J. ihm gegenüber geäußerten Bedenkens wegen der Trunkenheit Bs. hatte er sich ihr gegenüber bereit erklärt, dann selbst das Fahrzeug zu steuern. H. hatte etwa zehn bis zwölf Glas Bier getrunken. Anschließend vereinbarten H. und B., daß B., wenn er den LKW aus dem GHK geholt haben würde, vor der Gaststätte anhalten, zweimal Signal geben sollte und H. dann zusteigen würde. Alsdann gingen B. und Inge J. zum GHK. Dort bat B. den wachhabenden Pförtner G., ihm die Fahrzeugpapiere und den Fahrzeugschlüssel herauszugeben und im Wachbuch nicht zu vermerken, daß er das Fahrzeug für eine Privatfahrt benutzen wollte. Dieser Bitte kam G. nach, wobei er sich bewußt war, damit gröblich gegen die im Betrieb bestehende Dienstanweisung zu verstoßen. B. fuhr mit dem LKW „Phänomen“ vom Betriebsgelände herunter und ließ die davor wartende Inge J. zusteigen. Nachdem er verabredungsgemäß vor der Gaststätte „K.“ vorgefahren, Signal gegeben hatte und H. an den Wagen gekommen war, wurde vereinbart, daß B. mit Inge J. zunächst deren Freundin Bärbel K. vom „Bräustübl“ abholen und H. dann erst auf der Rückfahrt vor der Gaststätte „K.“ zusteigen sollte. Als B. zusammen mit Inge J. und Bärbel K. wiederum vor der Gaststätte „K.“ vorfuhr, stieg H. zu. Das nur für zwei Personen den Fahrer und einen Beifahrer zugelassene Fahrerhaus des LKW wurde nunmehr zu eng. H. nahm deshalb Bärbel K. auf seinen Schoß, während Inge J. zwischen B., der am Steuer saß, und H. Platz nahm. Danach wurde die Fahrt in Richtung L. fortgesetzt. Inzwischen war es etwa 22.00 Uhr geworden. Es regnete, jedoch war die Sicht klar und die Straße beleuchtet. Nachdem B. zunächst mit Standlicht gefahren war, schaltete er später volles Licht an; er fuhr mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 bis 60 km/h. Auf der Halberstädter Chaussee, Ecke Aßmannstraße, steuerte B. den LKW plötzlich scharf nach rechts an die Bordsteinkante. Dadurch wurde der dort mit seinem erleuchteten Motorrad haltende St. von dem LKW erfaßt und etwa 33 m auf der Straße mitgeschleift. Das Motorrad Sts. wurde etwa 65 m mitgerissen. Etwa 80 m von der Anstoßstelle entfernt brachte B. den LKW zum Halten. Er schrie seinen Mitfahrern zu: „Los raus, Inge, nimm deine Tasche mit, los, abhauen, ich habe eben einen totgefahren“. Damit wollte er erreichen, daß sich die beiden Mädchen sofort entfernten, um nicht offenbar werden zu lassen, daß sich vier Personen im Fahrerhaus befunden hatten. Inge J. und Bärbel K. verließen auch sofort den Wagen; als sie feststellten, daß es sich bei dem Überfahrenen um St. aus L. handelte, liefen sie davon, um nicht erkannt zu werden. H. wurde von B. aufgefordert, an der Unfallstelle zu bleiben und ihn nicht allein zu lassen. Gleichwohl entfernte sich H. Er begab sich in seine Wohnung und legte sich ins Bett. Er war sich darüber im klaren, sich an einer nicht ordnungsgemäßen Fahrt beteiligt zu haben, und entfernte sich von dem Unfallort aus Angst vor den Folgen seines Verhaltens. B. verließ gleichfalls den LKW und ging zu dem auf der Straße liegenden Geschädigten, der durch das Anfahren und Mitschleifen getötet worden war. St. hatte mit seinem Motorrad hart an der rechten Bord-, steinkante der Halberstädter Chaussee unter einer brennen-‘den Straßenleuchte gestanden und sich mit seiner Braut unterhalten. Die bei beiden Angeklagten am 30. Oktober bei B. um 0.20 Uhr und bei H. um 7.00 Uhr entnommene Blutprobe wies einen Blutalkoholgehalt von 1,0 °/nn bei B. und von I, 6 Voo bei H. aus. Auf der Grundlage dieser Sachverhaltsfeststellungen hat das Bezirksgericht B. und H. wie folgt verurteilt: B. wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) in Tateinheit mit vorsätzlichem Verstoß gegen die StVO (§§ 1 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 und 2, 7 Abs. 1, 49) und in weiterer Tateinheit mit unbefugtem Gebrauch eines Kraftfahrzeuges zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren; H. wegen Beihilfe (§ 49 StGB) zu dem von B. begangenen Vergehen nach § 49 StVO zu einem Jahr Gefängnis. Außerdem ist gemäß § 7 StEG die öffentliche Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe angeordnet worden. Gegen dieses Urteil richten sich soweit es den Angeklagten H. betrifft der zuungunsten dieses Angeklagten eingelegte Protest des Staatsanwaltes und die Berufung des Angeklagten H. Beide Rechtsmittel sind auf den Schuld-und Strafausspruch beschränkt. Protest und Berufung führten zur Aufhebung des Urteils. Aus den Gründen: Von beiden Rechtsmitteln wird zutreffend die Verurteilung H.s wegen Beihilfe zu dem von B. begangenen Verstoß gegen § 49 StVO beanstandet, wenn auch nicht alle mit der Berufung insoweit erhobenen Bedenken begründet sind. So kann dem Berufungsvorbringen, B. sei auf Grund des bei ihm festgestellten Blutalkoholgehalts in seiner Fahrtüchtigkeit nicht erheblich beeinträchtigt gewesen, weil eine solche Beeinträchtigung erst bei einem Blutalkoholspiegel von 1,5%0 und darüber gegeben sei, nicht gefolgt werden. Diese in VerkehrsstfafSachen der vorliegenden Art häufig vertretene Auffassung ist grundlegend irrig; sie beruht auf einer schematischen Anwendung der von der medizinischen Wissenschaft auf der Grundlage von Blutalkoholbestimmungen vorgenommenen Einschätzung der Alkoholbeeinflussungsgrade. Dabei wird jedoch übersehen, daß es sich hierbei um allgemeine Erfahrungswerte handelt, deren Grenzen im Rahmen der jeweils angegebenen Staffelungen der Alkoholkonzentration flüssig sind und bei der Beurteilung des konkreten Falles unter dem Gesichtspunkt der individuellen Besonderheiten des jeweiligen Täters, so seiner physischen und psychischen Konstitution, und zwar zur Zeit der Alkoholaufnahme, betrachtet werden müssen. Entgegen dem Berufungsvorbringen kann den allgemeinen medizinischen Einschätzungen auch keinesfalls abgelesen werden, daß die untere Grenze der erheblichen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit bei l,5%o liegt; danach wird der Kraftfahrer bei einer derartigen Alkoholkonzentration vielmehr als absolut fahrunfähig angesehen. Außerdem wird insbesondere bei den genannten Werten von 1 bis 1,5%0 nochmals besonders auf die Notwendigkeit der Beachtung aller konkreten Umstände hingewiesen (Hansen, Gerichtliche Medizin, S. 157). Der medizinisch-wissenschaftlichen Blutalkoholbestimmung kommt mithin die Bedeutung eines wichtigen Beweismittels bei der Feststellung des Grades der Alkoholbeeinflussung zu; sie ist jedoch nicht das alleinige und ausschließliche Beweismittel hierfür, sondern muß, wie jedes andere Beweismittel, im Zusammenhang mit den übrigen Ergebnissen der Beweisaufnahme, wie dem klinischen Befund, den konkreten Feststellungen über die physische und psychische Verfassung des Täters zur Zeit der Alkoholaufnahme, gewürdigt werden. Erst dann ist eine zuverlässige Feststellung möglich, ob und in welchem Umfang eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit Vorgelegen hat. Im vorliegenden Fall hat das Bezirksgericht zutreffend auf die konkreten, die Fahrtüchtigkeit Bs. als erheblich beeinträchtigt kennzeichnenden objektiven Umstände hingewiesen, die jedoch noch insofern zu ergänzen sind, als B. den ganzen Tag über gearbeitet, nach Beendigung seiner Arbeitszeit auch noch keine feste Mahlzeit zu sich genommen und in diesem erschöpften Zustand sofort mit der Alkoholaufnahme begonnen hat. Der Feststellung des Bezirksgerichts, der zur Tatzeit mit etwa l,3%o alkoholbeeinflußte B. sei zur Zeit der Tat in seiner Fahrtüchtigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen, ist daher vollauf zuzustimmen. Auch das weitere Vorbringen der Berufung, daß eine durch Unterlassen begangene Beihilfe zu sogenannten eigenhändigen Delikten begrifflich ausgeschlossen sei, ist irrig. Richtig ist, daß es sich bei einem Verstoß gegen § 49 StVO um ein sogenanntes eigenhändiges Delikt handelt, das nur von dem Kraftfahrer begangen werden kann, der, obwohl er in seiner Fahrtüchtigkeit durch den Genuß geistiger oder anderer berauschender Mittel erheblich beeinträchtigt ist, gleichwohl ein Fahrzeug auf einer öffentlichen Straße führt. Die Eigenhändigkeit dieses Vergehens schließt zwar eine Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft aus, nicht jedoch eine Beihilfehandlung, und zwar auch nicht eine durch Unterlassen begangene Gehilfenschaft. Voraussetzung für die zuletzt genannte Teilnahmeform wie überhaupt für alle durch Unterlassen begangenen Straftaten ist jedoch, daß dem Gehilfen eine entweder durch 285;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Organe, Betriebe, Kombinate imd Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen, weitere feindlich-negative Handlungen zu verhindern und Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung dient er mit seinen Maßnahmen, Mittel und Methoden dem Schutz des Lebens und materieller Werte vor Bränden. Nur durch die Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist die Staatsanwaltschaftüche Aufsicht über den Vollzug der Untersuchungshaft zu werten. Die staatsanwaltschaftliohe Aufsicht über den Untersuchungs-haftVollzug - geregelt im des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik ver-wiesen, in denen die diesbezügliche Zuständigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden festgelegt ist r: jg-. Die im Zusammenhang mit der in Westberlin stajttgfundenen Tagung des und der Weltbank im, die Organisierung eines Protestmarsches am gegen staatliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Veröffentlichungen in kirchlichen Publikationen und weitere damit im Zusammenhang stehende Probleme und Besonderheiten berücksichtigen. Dies bezieht sich insbesondere auf Wohnungen, Grundstücke, Wochenendhäuser, Kraftfahrzeuge, pflegebedürftige Personen, zu versorgende Haustiere, Gewerbebetriebe da die damit verbundenen notwendigen Maßnahmen zur Sicherung des Ei- Vf- gentums Beschuldigter!däziMfei, daß die im Artikel der Vejfä ssung-geregelten Voraussetzungen der Staatshaftung nicht ZürnTragen kommen. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und anderer sozialistischer Staaten bieten welche operativen Hinweise enthalten sind, die für die Bearbeitung von Objekten des Feindes Bedeutung haben.

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