Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 25

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 25 (NJ DDR 1960, S. 25); gesamte Vorbringen der Parteien gesichert werden kann. Der Eid ist ein solches Mittel sicher nicht. IV Es ist zu prüfen, wie das Gericht in die Lage versetzt werden kann, den Kreis der in den Prozeß einzubeziehenden Werktätigen zu erweitern, welche Stellung der Staatsanwalt im Prozeß einnimmt und wie die örtlichen Organe der Staatsmacht im Zivilverfahren mitwirken. Dabei ist von folgendem auszugehen: 1. Die Tätigkeit der Gerichte ist, wie bereits ausgeführt, ein Teil der staatlichen Leitungstätigkeit. Die Leitung durch die Staatsorgane geschieht aber nicht spontan, sondern sie vollzieht sich planmäßig und nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus. Das muß auch mehr und mehr für die Tätigkeit des Gerichts gelten. Die Spontaneität in der gerichtlichen Tätigkeit kann in dem Maße überwunden werden, wie es dem Gericht gelingt, mit der Durchführung seiner Verfahren und mit seinen Entscheidungen breitesten Einfluß auf die gesellschaftliche Entwicklung zu nehmen. Indem das Gericht die dem Konflikt zugrundeliegenden gesellschaftlichen Ursachen aufdeckt, leitet es die Maßnahmen zu ihrer Beseitigung ein; es organisiert gewissermaßen die gesellschaftliche Erziehung. Die einzuleitenden Maßnahmen richten sich jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Es darf keine undifferenzierte Anwendung geben. Das Gericht muß genau prüfen, welche Maßnahmen in welchem Verfahren angewendet werden können und müssen. Die Erhöhung der Breitenwirkung wird nicht dadurch erreicht, daß etwa jedes Verfahren in die Öffentlichkeit hineingetragen wird oder zu jedem Verfahren die örtlichen Organe herangezogen werden. Ausgangspunkt müssen die konkreten örtlichen Verhältnisse sein un'd die Aufgaben, die sich aus den Schwerpunkten im Bezirk, im Kreis oder in der Gemeinde ergeben. So kann z. B. ein Verfahren in Mietsachen oder ein Verfahren auf dem Lande wegen Nichterfüllung von Verträgen über die Lieferung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder ein Verfahren über Gewährleistungsansprüche, richtig geführt, richtig entschieden und richtig ausgewertet, die weitere Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit gewährleisten. Damit nimmt das Gericht Einfluß auf die planmäßige Entwicklung. Von dem konkreten Charakter eines solchen Verfahrens hängt es auch ab, wen das Gericht in das Verfahren einbeziehen muß. Die Forderung nach Einbeziehung der breitesten Öffentlichkeit ist nicht so zu verstehen, daß der Zuhörerkreis schlechthin vergrößert wird. Auch bisher waren die Verfahren öffentlich. Es kommt jetzt darauf an, diejenigen Werktätigen in den Prozeß einzubeziehen, die die gesellschaftliche Erziehung leisten sollen. Das sind vor allem die Mitglieder des Kollektivs, in dem der Bürger arbeitet und lebt. Wie schon vorher gesagt, kann das Gericht die gesellschaftliche Erziehung grundsätzlich nicht selbst durchführen, es kann sie nur einleiten und organisieren. Wir müssen immer berücksichtigen, daß die gesellschaftliche Erziehung nicht eine einmalige Angelegenheit ist; sie ist bereits vor der Einleitung des Verfahrens vorhanden, sie dauert während des Verfahrens an, und sie wird nach der Entscheidung und jetzt sogar verstärkt durch die Wirkung des Verfahrens und des Urteils fortgesetzt. Deshalb muß den in den Prozeß einbezogenen Bürgern die Gelegenheit gegeben werden, in dem Verfahren selbst zu Wort zu kommen. Sie müssen zu dem Verhalten der am Prozeß unmittelbar beteiligten Parteien Stellung nehmen können und sich Klarheit über die gesamten Umstände verschaffen. Diese Grundsätze müssen schon heute gelten, wobei das Gericht die Möglichkeiten des jetzigen Zivilprozesses ausnutzen muß. Es muß z. B. unter Anwendung der Vorschriften über Zeugen und Sachverständige prüfen, ob es den Parteisekretär, den BGL-Vorsitzenden, den Leiter der sozialistischen Brigade als Mitglieder eines Kollektivs aus einem Betrieb oder den Vorsitzenden des Wirkungsbereichsausschusses der Nationalen Front oder den Leiter der Hausgemeinschaft als Vertreter der Wohngemeinschaft zum Prozeß als Zeugen laden oder sie als Zuhörer am Prozeß teilnehmen lassen will. Hat das Gericht in der Anwendung seiner Maßnahmen richtig differenziert, die im Prozeß Mit- wirkenden auf ihre Aufgaben und Pflichten hingewiesen, so nimmt es Einfluß auf die weitere Entwicklung. 2. Auch die Tätigkeit des Staatsanwalts im Zivilprozeß ist unter dem Gesichtspunkt der Planmäßigkeit der Arbeit zu sehen. Dafür sind noch folgende Erwägungen beachtlich: Mit der Veränderung des Inhalts des Rechts ändert sich auch der Begriff des zivilrechtlichen Anspruchs. Der von einem Bürger geltend gemachte Anspruch beruht eben nicht allein auf einem ihm individuell zustehenden Recht, sondern gründet sich auf die den Interessen der sozialistischen Gesellschaft dienende Rechtsordnung. Am deutlichsten wird dieser Inhaltswandel des Anspruchs im Familienverfahren sichtbar. Im bürgerlichen Recht konnte der Anspruch auf Ehescheidung nur darauf gestützt werden, daß der andere Ehegatte die Ehe schuldhaft zerrüttet hatte, und war nur auf die Auflösung der individuellen Beziehungen dieser zwei Eheleute gerichtet. Hier wird der tiefere Sinn des bürgerlichen Schuldbegriffs bei der Ehescheidung sichtbar: Alle Beziehungen der Bürger wurden von der Umwelt abstrahiert und in individuelle Beziehungen umgewandelt. Aus der Verletzung dieser Beziehungen durch einen Partner leitete der andere seinen Anspruch her; selbst bei der Ehescheidung. Im sozialistischen Familienverfahren geht es nicht mehr darum, daß ein Ehegatte die Scheidung der Ehe auf Grund eines Verschuldens des anderen Ehegatten beanspruchen kann, weil das nur eine formale Lösung des Einzelfalles wäre. Die Erhebung der Klage durch einen Ehegatten verpflichtet das Gericht, vom gesellschaftlichen Standpunkt aus alle Umstände und die Hintergründe des in der Ehe aufgetretenen Konflikts zu erforschen, die Ursachen aufzudecken und beseitigen zu helfen. In der Durchführung des Verfahrens liegt die leitende Tätigkeit des Staates, die mit der Durchsetzung des sozialistischen Familienrechts dem Schutz von Ehe und Familie dient. Damit kann das Recht und das gerichtliche Verfahren auch wirklich seine erzieherische Aufgabe erfüllen, weil eben das sozialistische Recht den Interessen der Werktätigen dient. Das, was hier über die Ehescheidung gesagt wurde, gilt in gleicher Weise auch für andere familienrechtliche Ansprüche. Die an einem Beispiel aus dem Familienrecht dargelegten Änderungen des Inhalts des „Anspruchs“ erfassen auch das Zivilrecht. Auch hier entscheidet das Gericht nicht allein über den individuellen Anspruch, sondern gestaltet bewußt die gesellschaftlichen Verhältnisse, indem es das sozialistische Recht verwirklicht und durchsetzt. Die Verwirklichung des Rechts erfolgt nach zwei Richtungen: indem über den Anspruch entschieden wird, werden sowohl die Interessen des einzelnen als auch die Interessen der Gesellschaft befriedigt. Im Rahmen der staatlichen Leitungstätigkeit kann es durchaus notwendig werden, ein gerichtliches Verfahren auch ohne Tätigwerden des Bürgers, also ohne Erhebung eines „Anspruchs“, einzuleiten und durchzuführen, damit die dem Recht obliegende fördernde Rolle durchgesetzt werden kann. Es kann nicht allein dem Bürger, überlassen bleiben, ob er einen Anspruch geltend machen will oder nicht, denn auch die Nichtausübung oder Nichtgeltendmachung eines Rechts kann sich hemmend auf die Entwicklung und Vollendung des Sozialismus auswirken. Ich denke da an solche Fälle, in denen ein gesellschaftliches Interesse daran besteht, z. B. die Verhältnisse in einem Wohnkomplex zu Fragen der Wohnungsinstandsetzung für eine größere Zahl von Mietern zu regeln, auch wenn sich keiner der Mieter zur Klageerhebung entschließt. Es sollte deshalb auch die Möglichkeit bestehen, daß der Staatsanwalt als Hüter der sozialistischen Gesetzlichkeit selbständig Klage erheben kann. In solchen Fällen würde er allerdings nicht als Vertreter des nicht tätig werdenden Klägers auftreten und auch nicht dessen Anspruch geltend machet!. Der Staatsanwalt wird hier als Organ des Staates, das über die Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu wachen hat und das in der Mitwirkung im Prozeß seine staatliche Leitungstätigkeit ausübt, tätig. Damit soll keineswegs gesagt werden, daß im neuen Zivilprozeß die Einleitung des Verfahrens durch den 25;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung, die teilweise Erfahrungen in der konspirativen Arbeit besitzen auch solche, die bei der Begehung der Straftaten hohe Risikobereitschaft und Brutalität zeigten. Daraus erwachsen besondere Gefahren für die Sicherung der ebenfalls zum persönlichen Eigentum solcher Personen zählender! Gewerbebetriebe, der Produktionsmittel und anderer damit im Zusammenhang stehender Sachen und Rechte. Heben der müsse!:, hierbei die Bestimmungen des Gesetzes über die Aufgaben und Ugn isse der Deutschen Volkspolizei. dar bestimmt, daß die Angehörigen Staatssicherheit ermächtigt sind-die in diesem Gesetz geregelten Befugnisse wahrzunehmen. Deshalb ergeben sich in bezug auf die Fähigkeit der Schutz- und Sicherheitsorgane; die Sicherheit des Staates und die Geborgenheit der Bürger zu gewährleisten, führen. Daraus folgt, daß für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung wird die Aufgabe gestellt, daß Störungen oder Gefährdungen der Durchführung gerichtlicher Haupt Verhandlungen oder die Beeinträchtigung ihres ordnungsgemäßen Ablaufs durch feindlich negative oder provokativ-demonstrative Handlungen unter allen Lagebedingungen zu verhindern, daß der Gegner Angeklagte oder Zeugen beseitigt, gewaltsam befreit öder anderweitig die ordnungsgemäße Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung ernsthaft stört.

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