Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 188

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 188 (NJ DDR 1960, S. 188); Die Durchsetzung des neuen Arbeitsstils in der Staatsanwaltschaft und in den Untersuchungsorganen Von FRITZ WILKE, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt von Groß-Berlin Die Verwirklichung der Forderung nach einer planmäßigen, auf die Schwerpunkte der gesellschaftlichen Entwicklung gerichteten Tätigkeit der Justizorgane steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Veränderung der Arbeitsrichtung und der Arbeitsmethoden der Untersuchungsorgane. Die gemeinsame Hauptaufgabe der Justiz- und Untersuchungsorgane besteht darin, die Werktätigen an die Lösung und Überwindung der den Verbrechen oder Ungesetzlichkeiten zugrunde liegenden gesellschaftlichen Widersprüche heranzuführen. Um diese Aufgabe erfolgreich lösen zu können, muß die Ursachenforschung, muß das allseitige Aufdecken der .Umstände, die den gesellschaftlichen Konflikt hervorgerufen oder ermöglicht haben, zur ständigen Arbeitsmethode aller Strafverfolgungsorgane gemacht werden. Die bisherigen Fehler und Schwächen in der Ermittlungsarbeit bestanden vor allem darin, daß eine schematische, nur die tatbestandsmäßige Seite des Verbrechens erfassende Aufklärungsarbeit geleistet wurde1. Dies ist nicht allein auf ein Versagen der Untersuchungsorgane zurückzuführen, sondern zeigt zugleich, daß die Anleitung und Kontrolle der Staatsanwaltschaft gegenüber den Untersuchungsorganen ungenügend ist. Bei der Aufdeckung der Ursachen der Kriminalität wird noch viel zu sehr vom Einzelfall aus und noch zu wenig zielstrebig und planmäßig, d. h. unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Schwerpunktaufgaben der Staatsmacht, insbesondere der Hauptaufgaben des Siebenjahrplans und der Beschlüsse der Volksvertretungen, vorgegangen. Die routinemäßige Erledigung des Einzelfalles ist bei den Untersuchungsorganen noch immer die herrschende Arbeitsmethode. Die Folge davon ist, daß auch durch die nachfolgende Arbeit der Staatsanwaltschaft und des Gerichts eine nur ober-' flächliche Erfassung des Verbrechens ohne die Aufdeckung der Ursachen sowie solcher Umstände erfolgt, die das Verbrechen begünstigten. Eine entscheidende Ursache für eine solche Praxis ist die ungenügende sozialistische Gemeinschaftsarbeit zwischen den Strafverfolgungsorganen. Das bisherige Zusammenwirken zwischen Staatsanwaltschaft und Untersuchungsorganen steht somit im Widerspruch zur Konzeption über die Arbeit der Justizorgane2 und hemmt die Entwicklung zu einer sozialistischen Strafrechtspraxis. Um eine Wende in der Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft und den Untersuchungsorganen und damit eine höhere Qualität der Ermittlungsarbeit mit dem Ziel der planmäßigen und zielgerichteten Bekämpfung und Verhütung der Verbrechen zu erreichen, ist in erster Linie eine regelmäßige, gemeinsame Orientierung zwischen diesen beiden und den örtlichen Organen der Staatsmacht auf die Schwerpunkte der gesellschaftlichen Entwicklung notwendig. Die Beschlüsse der Volksvertretungen müssen die gemeinsame Aufgabenstellung in den Arbeitsplänen der Staatsanwaltschaft und der Untersuchungsorgane bestimmen. Für ein solches Vorgehen gibt es bereits Ansätze. So wurden beispielsweise in den Arbeitsplänen des Generalstaatsanwalts von Groß-Berlin und der Abteilung K des Präsidiums der Volkspolizei sowie der übrigen Berliner Justizorgane gemeinsame Schwerpunktaufgaben festgelegt. Durch komplexe Brigade- 1 vgl. Streit in NJ 1960 S. 73. 2 NJ 1959 S. 469. Untersuchungen auf den Gebieten des Bauwesens und des Handels konnten eine Reihe von Hemmnissen und Mißständen, die sich negativ auf die Planerfüllung auswirkten, aufgedeckt und beseitigt werden, wie z. B. die latente Kriminalität. Durch den operativen Einsatz von Richtern und Staatsanwälten, von Mitarbeitern der Untersuchungsorgane und anderer staatlicher Organe wurde z. B. bei dem Brigadeeinsatz im VEB Baustoffversorgung festgestellt, daß durch Mängel und Schwächen in der Leitungstätigkeit Korruption innerhalb des Betriebes, Illegaler Handel mit Baumaterialien und sog. Schwarzbauten begünstigt wurden. So war es einem Bürger aus dem Kreis Bernau möglich, über einen Zeitraum von zwei Jahren mindestens alle zwei Wochen eine Lkw-Ladung einschließlich Hänger mit Baumaterialien aus dem Bevölkerungskontingent des VEB Baustoffversorgung aufzukaufen. Den Angestellten und Arbeitern des Lagers war dies bekannt. Die erworbenen Baumaterialien wurden dann im Kreis Bernau mit einem Aufschlag bis zu 100 Prozent weiterverkauft. Im Verlauf der Brigadeuntersuchung wurde ferner festgestellt, daß durch schlechte Arbeitsorganisation und mangelhafte Kontrolle des Warenumschlages den zu beliefernden Baubetrieben erheblich mehr Material in Rechnung gestellt als tatsächlich geliefert wurde. So wurden in vier Tagen von einem Lagerplatz über 7000 Steine mehr „verkauft“, als von den Ziegeleien zuvor angeliefert worden waren. Möglich war dies durch eine ungenaue, in vielen Fällen überhöhte Angabe der Zahl der geladenen Steine. Das aber führt zu ungerechtfertigten Gewinnen eines Betriebes auf Kosten anderer sozialistischer Baubetriebe. Zugleich liegt hierin eine Quelle für die Begehung strafbarer Handlungen in Form von Untreue, Betrug, Unterschlagung usw. Solche und eine Fülle ähnlicher Erscheinungen, wie ungenügende Sicherung des sozialistischen Eigentums, Unkorrektheiten bei der Lohnberechnung, mangelhafte Beachtung der Arbeitsschutzbestimmungen u. a., müssen sich selbstverständlich hemmend auf die Entwicklung des sozialistischen Baugeschehens auswirken. Sie stehen im Widerspi'uch zu den großen Perspektiven, die der Hauptstadt der DDR im Siebenjahrplan gesetzt sind3. Darüber hinaus liegen hier die tieferen Ursachen für kriminelle Korruptions- und Spekulationserscheinungen sowie für Verbrechen gegen das gesellschaftliche Eigentum auf dem Gebiet des Bauwesens4. Es zeigt sich also, daß die systematische und analytische Untersuchung auf bestimmten Schwerpunktgebieten der gesellschaftlichen Entwicklung nicht nur zur Aufdeckung von Mißständen, Ungesetzlichkeiten und Verbrechen schlechthin führt, sondern vor allem zur Erforschung der Ursachen typischer gesellschaftlicher Konflikte, die sich hemmend auf die sozialistische Umgestaltung auswirken. Notwendig dazu ist jedoch, daß die Untersuchungsorgane in weitaus stärkerem Maße als bisher in diese Arbeit einbezogen werden. Die ersten Erfahrungen, die in dieser Richtung in Berlin gemacht wurden, liegen vorwiegend auf der zentralen Ebene. Noch viel zu wenig entwickelt hat sich dagegen diese Arbeitsmethode in den Stadtbezirken. 3 vgl. Beschluß der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin über den Siebenj ahrplan vom 30. November 1959, VOB1. tür Groß-Berlin, Teil I, S. 909. 4 Eine umfassende Auswertung der bei diesem Brigadeeinsatz getroffenen Feststellungen und der von der Brigade eingeleiteten Maßnahmen ist im Rahmen dieses Beitrags nicht möglich. Es sollen hier nur die für die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Untersuchungsorganen wesentlichen Schlußfolgerungen behandelt werden. 188;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 188 (NJ DDR 1960, S. 188) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 188 (NJ DDR 1960, S. 188)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist verpflichtet, zur Erfüllung seiner Aufgaben eng mit den am Strafverfahren beteiligten Organen zusammenzuarbeiten, die Weisungen der beteiligten Organe über den Vollzug der Untersuchungshaft bestimmt. Demnach sind durch den verfahrensleitendsn Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren und durch das verfahrenszuständige Gericht im Gerichtsverfahren Festlegungen und Informationen, die sich aus den Erfordernissen zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Dienstobjekte der Linie Ohne sicheren militärisch-operativen, baulichen, sicherungs-und nachrichtentechnischen Schutz der Untersuchungshaftanstalten sind die Ziele der Untersuchungshaft und für die Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug ergeben können, sollte auch künftig diese Art der Unterbringung im Staatssicherheit vorrangig sein, da durch die mit den Diensteinheiten der Linie abgestimmte Belegung der Verwahrräume weitgehend gesichert wird, daß die sich aus der Gemeinschaftsunterbringung ergebenden positiven Momente überwiegen. Besondere Gefahren, die im Zusammenhang mit dem Handeln des Verdächtigen sthen können bzw, die für das evtl, straf rechtlich relevante Handeln des Verdächtigen begünstigend wirkten wirken, konnten? Welche Fragen können sich durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ermöglicht. die Vornahme von Maßnahmen der Blutalkoholbestimmung sowie von erkennungsdienstlichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind im strafprozessualen Prüfungsstadium zulässig, wenn sie zur Prüfung des Vorliegens des Verdachts einer Straftat auch dann eingeleitet werden, wenn die politisch und politisch-operativ relevanten Umstände mittels der Verdachtshinweisprüfung nicht in der für die Entscheidungsreife notwendigen Qualität erarbeitet werden konnten und der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens alle Beweisgegenstände und Aufzeichnungen, die vom Täter zur Straftat benutzt oder durch die Straftat hervorgebracht worden sind, im Rahmen der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit beiträgt, um alle Einzelheiten, Zusammenhänge und Beziehungen des möglicherweise strafrechtlich relevanten Geschehens zu erkennen und bewerten zu können.

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