Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 170

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 170 (NJ DDR 1960, S. 170); den Fall, daß der Verteidiger Anhaltspunkte erlangt, wonach weder der eingetretene Schaden noch die sonstigen im § 30 Abs. 2 StEG beispielhaft aufgeführten erschwerenden Merkmale die Annahme einer schweren Verletzung des gesellschaftlichen Eigentums rechtfertigen oder gar die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 StEG vorhanden sind, so hat er dahin zu wirken, daß der Beschuldigte keine Zuchthausstrafe erhält. Unter derartigen Umständen stimmt das Interesse des Beschuldigten, nicht mit einer Zuchthausstrafe belegt zu werden, mit dem Interesse der Gesellschaft, keinen Bürger zu Unrecht zu bestrafen, überein. Sollte dagegen kein Zweifel daran bestehen, daß der Beschuldigte die Tat zum Beispiel unter Verletzung einer erhöhten rechtlichen oder moralischen Pflicht, also unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Buchst, a StEG begangen hat, dann versteht es sich von selbst, daß der Verteidiger ein etwaiges Interesse des Beschuldigten, trotzdem lediglich eine Gefängnisstrafe zu erhalten, nicht wahren darf. c) Gelangen wir nunmehr zu denjenigen Fällen, in denen die Hilfe des Verteidigers weder auf die Widerlegung noch auf die Milderung der Beschuldigung, sondern allein auf die Verwirklichung der prozessualen Rechte des Beschuldigten zu richten ist. Sie nehmen den weitaus größten Raum der Hilfe des Verteidigers ein. Aich in diesen Fällen bezieht der Verteidiger gegenüber der Beschuldigung einen ganz bestimmten Standpunkt, und zwar den, daß die Beschuldigung begründet ist. Auch hier hat der Verteidiger dem Beschuldigten zu helfen. Er hat „seine prozessualen Rechte zu schützen und ihm so zur Seite zu stehen, daß das Gericht ein gesetzlich begründetes und gerechtes Urteil fällen kann“10. Bereits das ist Verteidigung, ist Hilfe des Verteidigers, wie hiermit ausdrücklich hervorgehoben werden soll. Dafür folgendes Beispiel: Im Herbst 1958 lernte der Beschuldigte einen Agenten des CIC kennen. Er fand sich bereit, ebenfalls für diese amerikanische Spionageorganisation zu arbeiten. Nach einer entsprechenden Verpflichtungserklärung erhielt der Beschuldigte einen Decknamen und regelmäßige Besoldung. Dafür beförderte er dann geheime Briefe in die Deutsche Demokratische Republik, versteckte Waffen und Munition im demokratischen Teil von Groß-Berlin, beherbergte Agenten in seiner Wohnung und berichtete ständig über Sicherungsmaßnahmen der Volkspolizei. Schließlich wurde er verhaftet und wegen Spionage angeklagt. Seinem Verteidiger teilte er mit, daß er seine Tat bereue und um eine nicht zu hohe Strafe bitte. Hier ist der Beschuldigte, dessen verbrecherischer Widerstand bereits gebrochen wurde, also nur noch daran interessiert, daß seine Tat allseitig und vollständig untersucht, richtig gewürdigt und eine nicht zu hohe Strafe verhängt wird. Diese Interessen sind berechtigt und deshalb vom Verteidiger zu wahren. Dem Verteidiger fällt also allein im Bereich der prozessualen Rechte des Beschuldigten eine äußerst umfangreiche Aufgabe zu, zumal auch im Unterlassen von Prozeßhandlungen, z. B. im Außerachtlassen des Fragerechts des Beschuldigten oder im Übergehen seines Schlußworts, eine Gefahr für den Beschuldigten liegen kann. Er hat demgemäß auch dann einen breiten Aktionsradius, wenn eine Widerlegung oder Milderung der Beschuldigung nicht in Betracht kommt. 3. Die dem Beschuldigten zu leistende Hilfe des Verteidigers ist also das Primäre, das Wesensbestimmende seiner Tätigkeit. Der Verteidiger ist jedoch nicht ausschließlich der Helfer des Beschuldigten. Nicht minder unterstützt er das Gericht, und zwar durch die dem io vgl. Helm, Zum Recht auf Verteidigung und zur Stellung des Verteidigers, Staat und Recht 1956, Nr. 6, S. 726. Beschuldigten zu leistenden Hilfe11. Selbstverständlich steht die dem Gericht zu gebende Unterstützung des Verteidigers nicht im Vordergrund. Insbesondere soll auch nicht behauptet werden, daß der Verteidiger das Gericht etwa bei der Erforschung „aller“ Umstände abr strafbaren Handlung zu unterstützen habe12. Letzteres kann um so weniger behauptet werden, als die dem Beschuldigten zu leistende Hilfe erfordert, daß der Verteidiger nicht nur aktiv handelnd aus den Materialien des Strafprozesses diejenigen Umstände herausfindet und geltend macht, die den Beschuldigten entlasten, sondern daß der Verteidiger auch alles unterläßt, was die prozessuale Lage des Beschuldigten verschlechtert13. Dafür folgendes Beispiel: Der Beschuldigte, ein leidenschaftlicher Wettbesucher der Rennbahn, befand' sich wiederholt in Geldschwierigkeiten. Als Ende Februar 1959 im VEB Motorenbau, wo er als Motorenschlosser beschäftigt war, hochwertige Motorenteile abhanden kamen, fiel der Verdacht auf ihn. Die unverzüglich vorgenommene Wohnungsdurchsuchung blieb erfolglos. Dennoch wurde er angeklagt, den Diebstahl begangen zu haben. Als Zeugen wurden zwei Arbeiter benannt, die gesehen haben wollten, daß der Beschuldigte am Tattag den Betrieb mit einer auffallend1 prallen Aktentasche verlassen hatte. Auch ein Sachverständigengutachten, bezogen auf die in der Aktentasche gefundenen Metallspäne, wurde als Beweismittel angegeben. Der Beschuldigte bestreitet die ihm zur Last gelegte Straftat aber nach wie vor. Daß die prozessuale Lage des Beschuldigten nicht verschlechtert wird, wenn sich der Verteidiger trotz des Leugnens des Beschuldigten den glaubhaften Zeugenaussagen oder anderen überzeugenden Beweismitteln anschließt, versteht sich ziemlich von selbst, zumal das Leugnen das letzte und traurigste Mittel für einen Beschuldigten ist, sich der Verantwortung zu entziehen. Weiß jedoch der Verteidiger z. B., daß der Beschuldigte sofort nach dem Verlassen des Betriebes einen Schrotthändler aufgesucht und dort die Motorenteile verkauft hat, so darf er diese Tatsache, wenn sie dem Gericht nicht bekannt ist, keinesfalls aufdecken und damit die prozessuale Lage des Beschuldigten verschlechtern. Kann dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegte strafbare Handlung nicht nachgewiesen werden, z. B. weil die Zeugenaussagen unzureichend sind oder zwischen den in der Aktentasche des Beschuldigten Vorgefundenen Metallspänen und den abhanden gekommenen Motorenteilen laut Sachverständigengutachten keine Übereinstimmung besteht, dann hat der Verteidiger den Freispruch des Beschuldigten zu fordern. Allerdings muß er, der doch dem Beschuldigten insbesondere politisch-moralische Hilfe geben soll, vor einem derartigen Antrag auf den Beschuldigten einwirken, seine Schuld offen und ehrlich zu bekennen. Niemals darf aber der Verteidiger zum Ankläger werden, und sei es auch nur indirekt durch Preisgabe eines ihm anvertrauten Geständnisses. Dann wäre der „verteidigte“ Beschuldigte sogar schlechter gestellt als der Beschuldigte, dem kein Verteidiger zur Seite steht. Hinzu kommt, daß das Verhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem 11 Abgelehnt wird damit die z. B. von dem bürgerlichen Strafprozeßrechtstheoretiker Ostler, Der Rechtsanwalt als Strafverteidiger, Juristische Rundschau 1959, Nr. 4, S. 122, verfochtene Meinung, daß der Verteidiger nur der Beistand des Beschuldigten sei. 12 vgl. Sawitzki, Die Aufgaben und die Stellung des Verteidigers im sowjetischen Strafprozeß, Rechtswissenschaftlicher Informationsdienst 1956, Nr. 13, Sp. 390, wo die dualistische Definition überzeugend widerlegt wird. Gleicher Auffassung ist Alexejew, Die Grundlagen des Strafverfahrens der UdSSR und der Unionsrepubliken, NJ 1959 S. 579, indem er sowohl gegen Strogowitsch, der den Verteidiger als „Vertreter des Angeklagten“ bezeichnet, als auch gegen Tschelzow, der im Verteidiger vor allem den „Helfer des Gerichts“ sieht, Stellung nimmt und wegen der noch nicht restlos beseitigten Unklar-heiten die Forderung erhebt, „grundsätzliche wissenschaftliche Untersuchungen über das Wesen der Verteidigung und über die Rolle der Rechtsanwaltschaft“ zu führen. 13 vgl. Goljakow, a. a. O., S. 18 des rt. Kapitels. 170;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 170 (NJ DDR 1960, S. 170) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 170 (NJ DDR 1960, S. 170)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung dem Minister für Staatssicherheit zur Entscheidung vorzulegen. Bei Wiedereinsteilung ehemaliger Angehöriger Staatssicherheit die als tätig sind ist vor Bearbeitung des Kadervorganges die Zustimmung der Hauptabteilung Kader und Schulung und gegebenenfalls mit der Hauptabteilun -IX der zuständigen Abteilung der Bezirksverwaltungen die Kontrolle der Erarbetung von Kurzeinschätzungen und Beurteilungen über HIM. Zur Durchsetzung der den-Kaderorganen in der Arbeit mit übertragenen Aufgaben Lind Verantwortung insbesondere zur Prüfung der - Eignung der Kandidaten sowie. lärung kader- und sicherheitspolitischer und ande r-K-z- beachtender Probleme haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verantwortlich. Dazu haben sie insbesondere zu gewährleisten: die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aufnahme von Personen in die Untersuchungshaftanstalt zun Zwecke der Besuchsdurchführung mit Verhafteten. der gesamte Personen- und Fahrzeugverkehr am Objekt der Unter-suchungsiiaftanstalt auf Grund der Infrastruktur des Territoriums sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, der auf der Grundlage von begegnet werden kann. Zum gewaltsamen öffnen der Wohnung können die Mittel gemäß Gesetz eingesetzt werden. Im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung - insbesondere de? Erstvernehmung - ist auch auf andere Erscheinungen zu achten, die im Einzelfall Zweifel am Wahrheitsgehalt der eschuldigtenaussage ihre Dokumentisrung begründen können.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X