Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 140

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 140 (NJ DDR 1960, S. 140); Die Verteidigung stellte zu Beginn der elften Verhandlungswoche erneut mehrere Beweisanträge, mit denen bewiesen werden soll, daß das westdeutsche Friedenskomitee völlig zu Recht gegen die Aufrüstung in Westdeutschland gekämpft hat. Rechtsanwalt Dr. Ammann führte aus, die Verteidigung werde mit ihren neuen Anträgen beweisen, daß die von der Anklageschrift zitierten Erklärungen des westdeutschen Friedenskomitees aus der Situation heraus berechtigt und verfassungsmäßig waren, um damit den Schluß der Anklagebehörde zu widerlegen, daß die „gesamte Tendenz“ (!) dieser Ausführungen „verfassungswidrigen Charakter“ getragen habe. Man könne nicht die Politik der Bundesregierung mit der verfassungsmäßigen Ordnung gleichsetzen. Das käme einer Verurteilung aller politisch Andersdenkenden in Westdeutschland gleich, führte Dr. Ammann aus. Da das Gericht nur jene Dokumente verlesen habe, aus denen die Anklagebehörde eine strafbare Tätigkeit schlußfolgert, müsse die Verteidigung annehmen, daß das Gericht zu der gleichen Auffassung kommt. Die jetzt vorgelegten Dokumente bewiesen dagegen, daß sich das westdeutsche Friedenskomitee niemals mit verfassungsfeindlichen Absichten getragen hat und daß seine Feststellungen und Forderungen auch von anderen prominenten Personen erhoben wurden, die außerhalb des Friedenskomitees stehen. Damit sei bewiesen, daß die Angeklagten genau wie andere Bürger von ihrem im Grundgesetz garantierten Recht der freien Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben. Als Zeuge für die friedliche Zielsetzung des westdeutschen Friedenskomitees wurde am 28. Januar der Vorsitzende des japanischen Friedenskomitees, Prof. Dr. Yoshitaro Hirano, Mitglied der japanischen Akademie der Wissenschaften, vernommen. Der Wissenschaftler betonte, daß die Ziele des westdeutschen Friedenskomitees genau wie die des Weltfriedensrates neben der Erhaltung des Friedens immer nur die Prinzipien der friedlichen Koexistenz, der Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten und der friedlichen Lösung aller Probleme gewesen sind. Es sei ein allen nationalen Friedenskomitees gemeinsamer Gedanke, ‘nicht gegen die Verfassung oder die Regierung eines Landes zu arbeiten, sondern die Politik dieser Regierungen in eine Politik des Friedens zu verwandeln. „Diesen Eindruck hatte ich auch stets vom Friedenskomitee der Bundesrepublik“, sagte Prof. Hirano. „Von den hier angeklagten Persönlichkeiten habe ich immer nur Auffassungen gehört, die besagen, daß das westdeutsche Friedenskomitee eine deutsche Wiedervereinigung nur auf friedlichem Wege anstrebt und niemals daran gedacht hat, die gesellschaftlichen Verhältnisse der DDR auf die Bundesrepublik zu übertragen.“ Er glaube nicht, daß hinter dem Friedenswillen dieser Menschen irgendwelche „getarnten oder geheimen Absichten“ standen. In Japan umfasse die Friedensbewegung alle Schichten der Bevölkerung und stelle eine nationale Volksbewegung dar. „Ich glaube, daß auch in Westdeutschland die Friedensbewegung keine kommunistisch gelenkte Organisation ist. Das war mein Eindruck auf vielen Veranstaltungen des westdeutschen Friedenskomitees, die ich besucht habe.“ Der Zeuge fügte hinzu: „Der Gebrauch der atomaren Waffen ist illegal nach internationalem Recht, da er dem Recht der Humanität Und der Auffassung der öffentlichen Weltmeinung widerspricht. In Japan nimmt der Kampf für das Verbot der Atomwaffen den gleichen Raum wie in Westdeutschland ein. Diese Probleme sind in beiden Ländern von großer Bedeutung. Daher rührte auch unsere enge Zusammenarbeit mit den westdeutschen Freunden.“ * Im Verlauf der Verhandlung stellte die Verteidigung eine Reihe weiterer Beweisanträge, in denen sie nach-weisen wollte, daß die von Adenauer zur Durchsetzung der EVG und des Generalvertrages angewandten verfassungswidrigen Methoden zur Staatskrise führten und Proteste in weiten Kreisen westdeutscher Politiker und insbesondere in der SPD auslösten. Die Äußerungen des westdeutschen Friedenskomitees in diesem Zusammenhang werden von der Anklage als „Hetzfeldzug“ bezeichnet. Andere prominente Politiker, darunter of- fizielle Verlautbarungen der SPD, sagten jedoch in dieser Situation genau das gleiche, stellte Rechtsanwalt Dr. Posser in der Begründung der Beweisanträge fest. Es wurde ferner beantragt, eine Reihe von Filmen des westdeutschen Friedenskomitees im Gericht vorzuführen, da die Anklagebehörde auch aus der Filmarbeit des westdeutschen Friedenskomitees strafbare Handlungen ableitet. Mit allen verfügbaren Mitteln formaler Spitzfindigkeit, oft jedoch ohne jeglichqn Kommentar, wies das Gericht die wichtigsten Beweisanträge ab. Das führte zu der aus den Berichten der Tagespresse bekannten Erklärung der Rechtsanwälte, daß sie die Verteidigung niederlegen, wenn das Gericht diese willkürliche Verfahrensweise fortsetzt. Überhaupt zeichnete sich in diesen Tagen die Haltlosigkeit der Anklage und der Erklärungen ihrer Vertreter sichtbarer denn je ab. Bezeichnend dafür waren die Ereignisse in der Verhandlung vom 3. Februar. Nach heftiger Kritik der Angeklagten und der Verteidigung an den Methoden der Anklagebehörde und nach der Ankündigung von Rechtsanwalt Dr. Kaul, daß im Laufe des Tages noch weitere Enthüllungen über die ungesetzlichen Maßnahmen der Polizei folgen werden, beantragten die beiden Staatsanwälte Stinshoff und Keppler plötzlich eine Vertagung der Verhandlung bis zum 8. Februar. Sie könnten der Verhandlung nicht mehr folgen, erklärten sie, da sie beide „fiebrig erkrankt“ seien! Als „unsaubere Arbeit“ hatte Walter Diehl die Methode der Staatsanwaltschaft bezeichnet, Dokumente, bewußt aus dem Zusammenhang gerissen, dem Gericht vorzulegen, um dann strafbare Handlungen daraus zu konstruieren. Staatsanwalt Stinshoff beantragte daraufhin, Walter Diehl mit einer Ordnungsstrafe von 100 D-Mark zu belegen. Rechtsanwalt Dr. Kaul mußte das Gericht und den Staatsanwalt erst belehren, daß die Staatsanwälte nach den von der übergeordneten Behörde gegebenen Richtlinien für Strafverfahren nicht berechtigt sind, derartige Anträge zu stellen. Bei der Vernehmung eines Zeugen der politischen Polizei protestierte Rechtsanwalt Dr. Kaul dagegen, daß sich die Staatsanwaltschaft weigerte, der Verteidigung die vorliegenden Unterlagen über diese Zeugenvernehmung zur Einsicht zu geben. „Die Polizei und die Exekutivbehörden haben sich Dokumente des westdeutschen Friedenskomitees auf alle möglichen Arten beschafft, die in keiner Weise den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen.“ Ein entsprechender Antrag von Rechtsanwalt Kaul, die Unterlagen einsehen zu dürfen, wurde vom Gericht überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Diese und ähnliche Vorkommnisse beleuchten schlagartig die Situation im Düsseldorfer Prozeß gegen den Frieden. An ihnen wird ein übriges Mal die Schwächeposition der im Bonner Staat herrschenden Militaristen sichtbar, zugleich aber auch die Gefährlichkeit des Treibens dieser Kreise für das deutsche Volk und die Nachbarvölker. Aber ebenso wird eines immer klarer: Die Beherrscher Westdeutschlands können die Sache der Verständigung und Entspannung, die Sache des Friedens, der Demokratie und des sozialen Fortschritts auf die Dauer nicht aufhalten, auch nicht mit den Mitteln der politischen Gesinnungsjustiz. * Die Gewißheit, daß der Frieden, die Wahrheit und das Recht der Volksmassen, ihr Schicksal selbst zu bestimmen, triumphieren, daß sie die Lüge und das militaristische Unrecht, die sich im Bonner Staat und seiner Gesinnungsjustiz verkörpern, besiegen werden, gab auch dem Auftreten weiterer prominenter ausländischer Zeugen das Gepräge. Der Präsident des Weltfriedensrates, der britische Atomwissenschaftler Prof. Desmond Bernal, und der Dekan von Canterbury, Dr. Hewlett Johnson, die am 9. Februar als Zeugen auftraten, wiesen mit Nachdruck die Behauptung der Anklagebehörde zurück, daß der Weltfriedensrat (und damit auch die nationalen Friedenskomitees) eine kommunistische Organisation sei. Die Erklärungen dieser weltbekannten Persönlich- 140;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges berechtigt. Die Bestätigung ist unverzüglich beim Leiterder Abteilung einzuholen. Er hat diese Maßnahmen zu bestätigen oder aufzuheben. Über die Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben oder Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen, dem Leiter der Abteilung der Abteilung Staatssicherheit Berlin er faßt ist. Ausgenommen sind hiervon Verlegungen in das jfaft-kankenhaus des Aii Staatssicherheit , Vorführungen zu Verhandlungen, Begutachtungen oder Besuchen der Strafgefangenen.

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