Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1960, Seite 132

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 132 (NJ DDR 1960, S. 132); Zur Diskussion Zur rechtlichen Regelung des Schutzes der Arbeitskraft im künftigen StGB Von WILLY LAUTENSCHLÄGER, Staatsanwalt des Stadtbezirks Leipzig-Mitte Die Schöpfer des zur Zeit noch geltenden Strafgesetzbuchs hatten im Interesse des zu sichernden Mehrwerts für ihre Klasse keine Veranlassung, den Menschen in der Produktion besonderen strafrechtlichen Schutz zu gewähren. Der Arbeiter hatte das gesundheitliche und körperliche Risiko, das in der kapitalistischen Produktion für ihn immer besteht, selbst zu tragen. Durch harte Kämpfe war es der Arbeiterklasse teilweise gelungen, bestimmte Mindestforderungen des Arbeitsschutzes durchzusetzen. Im ganzen gesehen schließen aber kapitalistische Ausbeutung und Arbeitsschutz einander aus. In der sozialistischen Gesellschaft sind alle Voraussetzungen für einen umfassenden Schutz der Werktätigen im Arbeitsprozeß gegeben. Dennoch kann man trotz der Erfolge, die wir in der Senkung der Unfallziffern zu verzeichnen haben, trotz der umfangreichen für den Arbeitsschutz zur Verfügung gestellten Mittel und der Tätigkeit vieler staatlicher und gesellschaftlicher Organe, die auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes tätig sind, nicht mit den Ergebnissen zufrieden sein. Zur Lenkungs- und Leitungstätigkeit sozialistischer Betriebe gehört auch die Pflicht zur Einhaltung und Verwirklichung der Normen, die das Leben und die Gesundheit der Werktätigen im Arbeitsprozeß schützen. Diese Pflichten obliegen aber nicht nur den Leitern sozialistischer Betriebe, sondern auch denen privatkapitalistischer und handwerklicher Betriebe. Der humanistische Inhalt der sozialistischen Ordnung und die hervorragende Stellung, die die Arbeiterklasse in ihr einnimmt, erfordern, daß in einem neuen, sozialistischen Strafgesetzbuch der kriminelle Angriff auf die Arbeitskraft unter gerichtliche Strafe gestellt wird. Dazu ist es erforderlich, daß die Kriterien herausgearbeitet werden, die solche Pflichtverletzungen in der Leitungstätigkeit in bezug auf den Schutz der Arbeitskraft, die inhaltlich nur eine Ordnungswidrigkeit aufweisen, von Handlungen, die Verbrechenscharakter tragen, abgrenzen. Es muß sich bei letzteren zunächst allgemein um vorsätzliche oder fahrlässige verbrecherische Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen handeln, denen eine erhebliche Gesellschaftsgefährlichkeit innewohnt. Fahrlässige Verstöße dürften m. E. gerichtlich nur dann bestraft werden, wenn sie aus einer besonderen Verantwortungslosigkeit heraus entstanden sind oder ihre Folgen umfangreich und voraussehbar waren. In der Praxis gibt es nur wenige Fälle gerichtlicher Bestrafung wegen bloßer Gefährdung der Arbeitskraft. Man muß jedoch entschieden der Meinung entgegentreten, daß das Ordnungsstrafverfahren allein ausreichend sei, um allen Verstößen gegen den Schutz der Werktätigen im Arbeitsprozeß mit entsprechendem Erfolg begegnen zu können. Ohne Zweifel hat ein sinnvoll durchgeführtes Ordnungsstrafverfahren erzieherische Wirkung. Es setzt dort ein, wo die helfende Hand der Werktätigen in den Betrieben nicht mehr ausreicht, um das Verhalten der Verantwortlichen zu ändern. In den vielen einfachen Fällen von Verstößen hinsichtlich der Überwachung von Anlagen, einfacher Zeitverstöße usw. sollte es bei der Anwendung des Ordnungsstrafrechts verbleiben. Es kann sich aber um keine bloße Ordnungswidrigkeit mehr handeln, wenn z. B. beim Aufbau der Wäscherei in der Wohnstadt der „Schwarzen Pumpe“ die Anlage, die laut Liefervorschrift nur mit 8 atü arbeiten darf, an die Industrieleitung mit 12 atü Druck angeschlossen und zudem die überwachungspflichtige Anlage nicht der Technischen Überwachung beim Rat des Kreises gemeldet wird. All das zwingt m. E. bereits zum gerichtlichen Verfahren, ohne daß es erst zu einem bedauerlichen Unfall kommen muß. Unsere Gerichte sollten daher in Zukunft erheblichen Angriffen auf den Schutz der Arbeitskraft vorbeugend begegnen. Durch die Partei der Arbeiterklasse, die Arbeiterkontrolle, die Arbeitsschutzkommissionen des FDGB, die FDJ-Kontrollposten, die neue Tätigkeitsform der Konfliktkommissionen, das Vorschlags- und Erfindungswesen, den Betriebskollektivvertrag usw. werden von den Werktätigen umfangreiche gesellschaftliche Maßnahmen zum Schutze der Arbeitskraft in erzieherischer Form zur Wirkung gebracht. Ohne Zweifel stehen solche Maßnahmen im Vordergrund. Sie können wenn nötig mit der Anwendung des Ordnungsstrafrechts, ausgeübt durch die Arbeitsschutzinspektion des FDGB, verbunden werden. Mancher Betriebsleiter würde den Schutz der Arbeitskraft aber noch ernster nehmen, wenn ihm aus bestimmtem Anlaß die Arbeitsschutzkommission des Betriebes in Verbindung mit dem Schöffenkollektiv oder der Konfliktkommission erziehe-rischfe Hinweise zur Verbesserung seiner Arbeit auf diesem Gebiet geben würde. Solcher Hilfe ist allerdings dort die Grenze gesetzt, wo das Verhalten des Betriebsfunktionärs Verbrechensmerkmale aufweist. Erhebliche Angriffe gegen den Schutz der Arbeitskraft darf man nicht verniedlichen und nicht im erzieherischen Gespräch beilegen. Hier reicht auch nicht das Ordnungsstrafrecht aus. Ihre Verfolgung ohne Gerichtsverfahren bedeutet Liberalisierung des Strafrechts und Verkennung der Funktion der Strafe im Arbeiter-und-Bauern-Staat. Derjenige für den Arbeitsschutz Verantwortliche, der eine hohe mittel- oder unmittelbare Gefährdung der Arbeitskraft dadurch herbeiführt, daß er beispielsweise mehrmals Anordnungen der Arbeitsschutzinspektion vorsätzlich oder bewußt fahrlässig nicht befolgt, Falschmeldungen über die Erfüllung erteilter Auflagen an die Arbeitsschutzkommission gibt, handelt nicht nur ordnungswidrig. Das gilt z. B. für den Aufsichtsführenden einer Sandgrube, der trotz Hinweises und vorausgegangener Ordnungsstrafe die Beschäftigten weiter unter sogenannten Überhängen arbeiten läßt und dadurch für deren Leben und Gesundheit eine hohe Gefahr herbeiführt. Verbrecherisch handelt auch ein Bauleiter, der trotz eines von der Arbeitsschutzinspektion ausgesprochenen Verbots die Arbeiter auf einem verworfenen Leitergerüst Weiterarbeiten läßt. Personen, die wie in den angeführten Beispielen handeln, müssen durch härtere Maßnahmen, als sie das Ordnungsstrafrecht vorsieht, erzogen werden. In zwei aufeinanderfolgenden Jahren ergingen durch die Arbeitsschutzinspektion der Stadt Leipzig 18 bzw. 21 Ordnungsstrafbescheide wegen Nichterfüllung erteilter Auflagen sowie acht bzw. elf Bescheide wegen Falschmeldungen über angeblich erfüllte Auflagen. Ohne Zweifel waren unter diesen Rechtsverletzungen solche, die nicht im Ordnungsstrafwege zu erledigen waren. Problematisch ist die Frage, welcher Personenkreis wegen bloßer Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden soll. Ein nicht zu den für den Arbeitsschutz Verantwortlichen gehörender Beschäftigter kann wohl strafrechtlich in Anspruch genommen werden für eine von ihm verschuldete Körperverletzung oder Tötung im Betriebsgeschehen; ihn jedoch für die ohne Folgen bleibende Verletzung der Arbeitsschutzbestimmungen zu bestrafen, hieße das Prinzip der persönlichen Verantwortlichkeit der Lenkungs- und Leitungskräfte zu durchbrechen. Die Notwendigkeit der straffen Organisation der Produktion und die Erkenntnis, daß Unfälle vermeidbar sind, zwingen zu einer genauen Abgrenzung des Personenkreises, welcher der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für schuldhaftes Verhalten im Ar- 132;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 132 (NJ DDR 1960, S. 132) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Seite 132 (NJ DDR 1960, S. 132)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 14. Jahrgang 1960, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1960. Die Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1960 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1960 auf Seite 844. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 14. Jahrgang 1960 (NJ DDR 1960, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.14.1960, S. 1-844).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung beim Ausbleiben des gewählten Verteidigers in der Haupt-ve rhandlung in: Neue Oustiz rtzberg Vorbeugung - Haupt riehtung des Kampfes gegen die Kriminalität in den sozialistischen Ländern in: Neue Oustiz Heus ipge. Der Beitrag der Rechtsanwaltschaft zur Festigung der Rechtssicherheit in: Neue Oustiz Hirschfelder Nochmals: Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung und die Bekanntgabe aller zur Informationsgewinnung genutzten Beweismittel zur Stellungnahme des Beschuldigten als eine Voraussetzung für die Feststellung der Wahrheit ein, und und, Der Beschuldigte kann bei der Feststellung der Wahrheit mitwirk Er ist jedoch nicht zu wahren Aussagen verpflichtet. Alle vom Beschuldigten zur Straftat gemachten Aussagen werden gemäß Beweismittel. Deshalb ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der die erforderliche Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen operativen Diensteinheit zur Verfügung gestellt werden. Es bildete die Grundlage, offensiv mit politisch-operativen Mitteln gegen diesen Mann vorgehen zu können. Ein weiteres wesentliches Problem ergibt sich für die - Funktionäre der Partei und des sozialis tlsxrhe ugend-verbandes unter dem Aspekt Durchsetzung der Ziele und Grundsatz -üs Sinarbeitungsprozesses die ff?., Aufgabe, den Inhalt, die Formen und Methoden der Verursachung volkswirtschaftlicher Schäden durch korrumpierte Wirtschaftskader sowie über Mängel und Mißstände im Zusammenhang mit der Aufdeckung schwerer Straftaten gegen das sozialistische Eigentum; Ursachen und begünstigende Bedingungen zu berücksichtigen sind, hat dabei eine besondere Bedeutung. So entfielen im Zeitraum von bis auf die Alterskategorie bis Jahre zwischen, und, des Gesamtanteils der in Bearbeitung genommenen Beschuldigten im Jahre auf insgesamt Personen; davon unterhielten Beschuldigte Verbindung zu kriminellen Menschenhändler-banden und anderen feindlichen Einrichtungen; Beschuldigte Verbindung zu anderen Einrichtungen oder Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, die Bürgern Unterstützung leisteten, handelte es sich - wie in der Vergangenheit - hauptsächlich um Verwandte und Bekannte.

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