Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 99

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 99 (NJ DDR 1959, S. 99); treten, griff er auf die Mehrzahl der Reichsgerichtsräte und Richter des Weimarer Staates zurück. Im engen Bündnis mit Hitlers neuen Juristen leitete die Hitlerjustiz unter der Führung des 4. Strafsenats des Reichsgerichtes, danach unter Führung des Freislerschen „Volksgerichtshofes“ die hemmungslose Verfolgung der antifaschistisch-demokratischen Kräfte ein. Der gerichtliche Terror entfaltete sich vollends und erhielt in der faschistischen Sonderjustiz seine ausgeprägteste Gestalt als „das terroristische System der Nazigerichte“6. II Inhaltlich wird das System des gerichtlichen Terrors durch die Tendenz bestimmt, der allgemeinen Politik des imperialistischen Staates zu dienen. Die Herrschaft der Monopole, Banken ünd Kriegsgewinnler und ihre Politik der Vorbereitung und Führung des Krieges soll gegen das Streben der eigenen Bevölkerung nach Frieden und Freiheit gesichert werden. Das trat besonders deutlich in der faschistischen Justiz in Erscheinung. Selbst der Militärgerichtshof Nr. III der Vereinigten Staaten mußte in seinem am 5. Dezember 1947 in Nürnberg erlassenen Urteil gegen die angeklagten Nazijuristen u. a. feststellen: „Das Verhalten der Angeklagten muß im Zusammenhang mit der Vorbereitung eines Angriffskrieges gesehen werden und muß so, wie es sich im Rahmen des Strafrechts und Rechtssystems des Dritten Reiches bewegt, bewertet werden. Wir werden deshalb als nächstes die rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorgänge betrachten, auf Grund deren das gesamte Rechtssystem in ein Werkzeug zur Verbreitung der nationalsozialistischen Ideologie, zur Ausrottung jeder dagegen bestehenden Opposition, sowie zur Förderung von Plänen für einen Angriffskrieg und für Welteroberung umgewandelt wurde.“7 Eine besondere Rolle spielt der gerichtliche Terror bei der Unterdrückung des Freiheitskampfes der kolonialen und halbkolonialen Völker (z. B. die Kolonialjustiz in Kenia, Malta und Algerien) und des Abwehrwillens der kriegerisch überfallenen Völker (siehe nazistische Standgerichte in den okkupierten Gebieten, die Gerichte im amerikanisch besetzten Korea und Vietnam). Der Form nach verbindet das System des gerichtlichen Terrors die beiden Hauptmethoden der Imperialisten, ihre Herrschaft zu sichern: die Anwendung der direkten Gewalt und die Verbreitung demagogischer Parolen. Die innerhalb des terroristischen Gerichtssystems fungierenden Sonder- und Ausnahmegerichte sind ihrem Wesen nach keine Gerichte, keine Organe der Rechtsprechung, die den strafgesetziich ausgedrückten Willen der herrschenden Klasse im Einzelfall mittels Anwendung gesetzlich angedrohter Strafen durchzusetzen suchen. Sie sind vielmehr wie das Nürnberger Juristenurteil feststellte „für terroristische Funktionen“8 bestimmt. Willkürlich, nach imperialistischen Opportun-nitätsprinzipien werden bestimmte Polizeimaßnahmen gegen die Gegner der imperialistischen Politik und Herrschaft angeordnet, die die Form von Rechtssprüchen erhalten. Der Henker und Polizist wirft sich die Robe des Richters um und besetzt den Richterstuhl, um Mord und Freiheitsberaubung und andere Terrormaßnahmen als Ausspruch und Vollstreckung gesetzlicher Strafen auszugeben. Diese „Gerichte“ sind deshalb Organe der Exekutive, die sich den Anschein von Organen der Rechtspflege geben. Das wird im Nürnberger Juristenurteil mit den Worten bestätigt: „Die Beschuldigung, kurz gesagt, ist die der bewußten Teilnahme an einem über das ganze Land verbreiteten und von der Regierung organisierten System der Grausamkeit und Ungerechtigkeit unter Verletzung der Kriegsgesetze und der Gesetze der Menschlichkeit, begangen im Namen des Rechts unter der Autorität des Justizministeriums und mit Hilfe der Gerichte. Der Dolch des Mörders war unter der Robe des Juristen verborgen.“9 Präambel der Proklamation Nr. 3 des Kontrollrats vom 20. Oktober 1945 betr. Grundsätze für die Umgestaltung der Rechtspflege (Amtsblatt des Kontröllrats in Deutschland, S. 22). 7 Das Nürnberger Juristenurteil, Sonderveröffentlichiungen des Zentral-Justizblattes für die Britische Zone Nr. 3, Rechts- und Staatswissenschaftlicher Verlag G. m. b. H. Hamburg, S. 46/47. 8 a. a. O., S. 47. 9 a. a. O., S. 43. Die Richter dieses terroristischen Gerichtssystems verbinden die terroristischen Funktionen der Polizei des Innenministeriums mit denen eines Propagandaministeriums der imperialistischen Gewaltherrschaft. Die heute in Westdeutschland vielfach wiederholte Behauptung, es handle sich um ordentliche Gerichte der Strafgerichtsbarkeit, ist Demagogie in vierfacher Hinsicht. Die Exekutivorgane, die terroristische Opportunitätsentscheidungen zu fällen haben, werden innerhalb des allgemeinen Systems der Justiz eingebaut und als ordentliche oder Sondergerichte ausgegeben. Der politische Gegner wird als „Verbrecher“, als „Verfassungsfeind“, als „Landesverräter“ hingestellt. Der Terror wird als Anwendung gesetzlich festgelegter Strafe bezeichnet. Die Urteile sind Pamphlete der imperialistischen Lügen- und Zweckpropaganda, insbesondere des Antikommunismus und der psychologischen Kriegsvorbereitung und -füh-rung. Die juristische Hauptmethode, die der deutsche Imperialismus anwendet, Terror und Volksbetrug im System des gerichtlichen Terrors zu verbinden, ist worauf schon Wilhelm Liebknecht hinwies die Gesinnungsverfolgung, die rechtliche Diskriminierung der Gesinnung. Sie ist durch zwei Merkmale gekennzeichnet. Diffamierung der unerwünschten Gesinnung Durch den Gesetzgeber oder die Strafjustiz des imperialistischen Staates wird eine bestimmte politische Überzeugung im Widerspruch zu den Tatsachen für verfassungsfeindlich und verbrecherisch erklärt. Die Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus, insbesondere seine Staatsauffassung, wurden als hoch- und landesverräterisch diffamiert, weil sie angeblich die „Verfassung des Reiches“, die „völkische Widerstandskraft“, die deutsche „Wehrkraft“ und „Verteidigungsbereitschaft“ zersetzen sollten. Bestrafung der unerwünschte Gesinnung Der Gesetzgeber erläßt ein Strafgesetz, das eine bestimmte „verfassungsfeindliche“, „staatsgefährdende“, hoch- oder landesverräterische Gesinnung für verbrecherisch und strafbar erklärt. Oder die Richter gestalten auf eigene Faust (mittels sog. „Auslegung“, „Analogie“ oder Gewohnheitsrechts) derartige Regeln. Es wird ein Gesinnungsstrafrecht geschaffen und eine Gesinnungsjustiz gebildet. So entstanden die Gesinnungsverfolgungen des 4. Senats des ehemaligen Reichsgerichtes, die im Widerspruch zur Weimarer Verfassung und dem geltenden Strafgesetz erfolgten10, weiter das sog. „nationalsozialistische Täter- und Willensstrafrecht“ und der Freislersche „Volksgerichtshof“, der die Gesinnungsgesetze praktizierte. Auf diese Weise wird unter dem Anschein eines Gerichtsverfahrens und eines Rechtsspruches die Gesinnung des politischen Gegners ver-lälscht, und er wird auf Grund seiner politischen Überzeugung als Hoch- und Landesverräter und Staatsverbrecher diskriminiert, seiner Freiheit beraubt oder ermordet. Willkür und Terror verknüpfen sich mit Demagogie und Betrug zum System des gerichtlichen Terrors. III Die Völker der Welt, die nach der. militärischen Niederlage des Faschismus die Beseitigung der imperialistischen Macht des Krieges in Deutschland und die Sicherung des Friedens wünschten, mußten nicht allein den engen Zusammenhang zwischen Imperialismus, Militarismus, Krieg und Abbau der Bürgerfreiheiten beachten. Sie mußten auch davon ausgehen,daß sich der deutsche Imperialismus neben dem unverhüllten Terror des gerichtlichen Terrors bedient hat, um die Stimme der friedliebenden Frauen und Männer zu ersticken und den Weltbrand in Europa zu entzünden. Im Potsdamer Abkommen, in den Gesetzen, Direktiven und Proklamationen des Alliierten Kontrollrates wurde die Beseitigung der fachistischen Terrorjustiz geboten, ihre Wiedererrichtung verboten. Im Potsdamer Abkommen heißt es: io vgl. Liepmann, Kommunistenprozesse, München 1928. 99;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 99 (NJ DDR 1959, S. 99) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 99 (NJ DDR 1959, S. 99)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der Beschlüsse unserer Partei, den Gesetzen unseres Staates sowie den Befehlen und Weisungen des Gen. Minister und des Leiters der Hauptabteilung unter Berücksichtigung der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich sowie der Möglichkeiten und Fähigkeiten der und festzulegen, in welchen konkreten Einsatzrichtungen der jeweilige einzusetzen ist. Die Intensivierung des Einsatzes der und insbesondere durch die Anwendung von operativen Legenden und Kombinationen sowie anderer operativer Mittel und Methoden; die Ausnutzung und Erweiterung der spezifischen Möglichkeiten der Sicherheitsbeauftragten, Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, sich den Zielobjekten unverdächtig zu nähern und unter Umständen für einen bestimmten Zeitraum persönlichen Kontakt herzustellen. Sie müssen bereit und fähig sein, auf der Grundlage und in Durchführung der Beschlüsse der Parteiund Staatsführung, der Verfassung, der Gesetze und der anderen Rechtsvorschriften der und der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, festzulegen; bewährte Formen der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen und die sich in der Praxis herausgebildet haben und durch die neuen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen dazu befugten Leiter zu entscheiden. Die Anwendung operativer Legenden und Kombinationen hat gemäß den Grundsätzen meiner Richtlinie, Ziffer, zu erfolgen. Die Nutzung der Möglichkeiten staatlicher sowie wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen, gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte; die Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung während der Durchführung der OPK. Die Leiter haben zu gewährleisten, daß auf der Grundlage der erarbeiteten politisch-operativ bedeutsamen Informationen noch stärker und differenzierter zur Einleitung und Realisierung von Maßnahmen zur Veränderung der Situation herangezogen werden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X