Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 98

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 98 (NJ DDR 1959, S. 98); Recht und Justiz in der Bundesrepublik Zum System und Umfang der strafrechtlichen Gesinnungsverfolgung von Gegnern der NATO-Politik in Westdeutschland Von Prof. Dr. HANS GERÄTS und Dr. GERHARD KÜHLIG, Berlin, und HEINZ MÜLLER, München Es ist ein theoretisch und praktisch bedeutsames Anliegen, das System des gerichtlichen Terrors zu charakterisieren. Der gerichtliche Terror, wie er sich z. B. in den Entscheidungen gegen Wilhelm Liebknecht und August Bebel, gegen Sacco und Vanzetti, gegen Henri Martin und die algerischen Freiheitskämpfer manifestiert hat, erlangte in der Periode des Übergangs vom vormonopolistischen Kapitalismus zum Imperialismus besondere Bedeutung. Mit dem Eintritt in die allgemeine Krise des Kapitalismus, die die Schwäche und Perspektivlosigkeit der imperialistischen Herrschaft enthüllte und den unversöhnlichen Gegensatz der friedliebenden uni freiheitlich denkenden Volksmassen zu dem imperialistischen Streben der Gewaltanwendung nach innen und außen aufs äußerste verschärfte, wurde der gerichtliche Terror zum bleibenden Bestandteil der imperialistischen Unterdrückungspolitik. Innerhalb der faschistischen Herrschaftsformen, u. a. in der Hitlerdiktatur, erhielt er seine ausgeprägteste Gestalt und entwickelte sich zum System des gerichtlichen Terrors, das neben den außergerichtlichen Terror der Exekutivgewalt trat. Dieses Terrorsystem entlarvte die Heuchelei über die Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikatur und die Rechtsstaatlichkeit der Justiz der imperialistischen Staaten und enthüllte die barbarische Physiognomie des Imperialismus. Trotzdem wurde diese Erscheinung durch die sozialistische Strafrechtswissenschaft nicht ausreichend und allseitig untersucht. Auf der Grundlage der Erfahrungen mit dem deutschen Imperialismus soll dieser Artikel einen Beitrag zur Charakterisierung des gerichtlichen Terrors darstellen, wie er heute im Bonner Staat besteht. I In Deutschland wandte die Justiz des junkerlich-bürgerlichen Staates, geführt von dem kaiserlichen Reichsgericht, in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts den gerichtlichen Terror gegen die stürmisch anwachsende Arbeiterbewegung an. In sogenannten Hoch- und Landesverrats- und anderen Strafprozessen gegen Führer und Funktionäre der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sollte der Wille der Arbeiterklasse nach Frieden, Freiheit und Brot getroffen werden. Der größte Musterprozeß gegen die fortschrittlichen Kräfte der deutschen Arbeiterklasse in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der „Hochverratsprozeß“ gegen Wilhelm Liebknecht, August Bebel und Adolph Hepner. Er wurde ein Jahr nach der blutigen Unterdrückung der Pariser Kommune und der Beendigung des zu einem Raubkrieg gewordenen Feldzuges gegen Frankreich, also auf einem Höhepunkt des Chauvinismus, vom 11. bis 26. März 1872 vor dem Schwurgericht Leipzig durchgeführt und endete mit der Verurteilung von Liebknecht und Bebel zu je zwei Jahren Festungshaft.1 Lassen wir Wilhelm Liebknecht diesen Gesinnungsprozeß selbst einschätzen: „ in unseren Personen war der Sozialismus, war die Arbeiterbewegung angeklagt. In uns sollte der Sozialismus, sollte die Arbeiterbewegung verurtheilt werden. Denn und das ist es, was dem Leipziger Hochverraths-prozeß an sich seine Bedeutung giebt dieser Prozeß war ein Tendenzprozeß in des Wortes verwegenster Bedeutung ein Prozeß gegen eine Partei, ein Prozeß gegen eine Weltanschauung, die in ihren angeklag-ten Vertretern getroffen werden sollte. Und die ganze Weltanschauung des Sozialismus saß auf der Anklagebank. Ein zweiter Prozeß, in welchem dies in gleichem 1 Der Hochverratsprozeß wider Liebknecht, Bebel, Hepner vor dem Schwurgericht zu Leipzig vom ll. bis 26. März 1872, Verhandlungsprotokoll, hrsg. vom Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Verlag Paul Singer G. m. b. H., Berlin 1911. Maße der Fall, ist mir nicht bekannt. Es hat viele große Tendenzprozesse gegeben wohl keinen, in dem es so vollständig an Thatsachen und Handlungen fehlte, und der so ausschließlich sich gegen Meinungen und Grundsätze richtete“2. Als Wilhelm Liebknecht diese Zeilen im Jahre 1894 im Vorwort zu den Protokollen des Leipziger „Hochverratsprozesses“, die vom Parteivorstand der SPD herausgegeben wurden, niederschrieb, konnte er noch nicht voraussehen, daß der gerichtliche Terror mit der beginnenden allgemeinen Krise des Kapitalismus und dem ersten Weltkrieg sich verstärken und die bürgerlich-demokratischen Rechtsprinzipien in noch krasserem Maße verletzen würde, als dies 1872 der Fall gewesen war. Des Kaisers Richter, an der Spitze das wilhelminische Reichsgericht, gaben im Dienste der Vorbereitung des ersten Weltkriegs mit dem „Hochverratsprozeß“ gegen Karl Liebknecht 1907 vor dem Reichsgericht den Auftakt zur verschärften Unterdrückung aller antimilitarisbischen und antiimperialistischen Kräfte des deutschen Volkes. Seitdem blieb der gerichtliche Terror ein Bestandteil der durch den besonders aggressiven deutschen Imperialismus betriebenen Unterdrückungspolitik. Das Streben der eigenen Bevölkerung nach Frieden, Demokratie und Fortschritt, der Freiheitswille der kriegerisch überfallenen und unterjochten Völker sollte auch mittels des gerichtlichen Terrors gebrochen werden. Als die revolutionäre Volksbewegung das kaiserlichimperialistische Regime in den Novembertagen des Jahres 1918 hinwegfegte, aber die bürgerlich-demokratische Umwälzung nicht zu vollenden vermochte, da blieb die angeblich unabhängige Justiz unangetastet als Bestandteil der bürgerlich-junkerlichen Herrschaft bestehen. Die kaiserlichen Reichsgerichtsräte und Richter setzten die Justizmaschinerie gegen die Rätebewegung und zum Schutz der Konterrevolutionäre, ihrer Morde und ihrer Bestialitäten, ihrer Fememordorganisationen und ihrer faschistischen Banden ein. Von der imperialistischen Klassenjustiz der Weimarer Republik stellte Grossmann fest, daß in der Zeit vom November 1918 bis 1922 für 354 Morde von rechts insgesamt 90 Jahre und 2 Monate und einmal lebenslänglich als Strafen ausgesprochen wurden, während 22 Straftaten, die demagogisch als politische „Morde“ von links bezeichnet wurden, zu zehn Erschießungen, drei lebenslänglichen Verurteilungen und 249 Jahren Einsperrung der verschiedensten Art geführt hatten.3-4 5 Die Erschießung der „Vorwärts“-Parlamentäre und die Ermordung Karl Liebknechts, Rosa Luxemburgs, Kurt Eisners, Leo Jogiches’ und vieler anderer hervorragender Vertreter der Arbeiterklasse blieb ungesühnt und wurde von der reaktionären Justiz teilweise offen gerechtfertigt. Als nach der Ermordung von Rathenau das „Gesetz zum Schutze der Republik“ vom 21. Juli 1922s gegen den Terror faschistisch-militaristischer Mordorganisationen geschaffen wurde, fand es in der Folgezeit fast ausschließlich gegen die fortschrittlichen Kräfte der Arbeiterklasse Anwendung. Die Ausnahmegerichte, die Militär-, Stand-, Sonder- und Schnellgerichte wurden schon vor 1933 eine „normale“, eine bleibende Einrichtung des imperialistischen Regimes. Als die deutschen Imperialisten im Jahre 1933 den Hitlerfaschismus beauftragten, ihre Interessen zu ver- 2 a. a. o„ s. 4/5. 3 vgl Großmann, 13 Jahre Republikanische Justiz. 4 vgl. Herrmann/SchmüCking, Die Ausnahmegerichte zur Unterdrückung der mitteldeutschen Märzkämpfer im Jahre 1921, NJ 1958 S. 772 S., 810 ff. 5 RGBl. 1922 I S. 585. 98;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 98 (NJ DDR 1959, S. 98) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 98 (NJ DDR 1959, S. 98)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden sowie zur Aufklärung und Verhinderung feindlicher Handlungen und Wirkungsmöglichkeiten, um Überraschungen durch den Gegner auszuschließen; die zielstrebige Bearbeitung feindlich tätiger oder verdächtiger Personen in Vorgängen mit dem Ziel der einheitlichen Durchführung des Vollzuges der Untersuchungshaft sowie der ständigen Erhöhung der Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den UntersyehungshiftinstaUen MfSj - die Kontrolle der Durchsetzung dieser Dienstanweisung in den Abteilungen der Rostock, Schwerin, Potsdam, Dresden, Leipzig und Halle geführt. Der Untersuchungszeitraum umfaßte die Jahie bis Darüber hinaus fanden Aussprachen und Konsultationen mit Leitern und verantwortlichen Mitarbeitern der Abteilung Staatssicherheit und der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwal-tungen für Staatssicherheit folgende Anweisung erlassen: Grundsätze zur Durchführung von Gefangenentransporten und der Vorführungen. Mit der Durchführung und Absicherung von Trans- porten und Prozessen bis zu Fluchtversuchen, dem verstärkten auftragsgemäßen Wirken von Angehörigen der ausländischen Vertretungen in der speziell der Ständigen Vertretung der in der als psychisch belastend qualifiziert und mit zum Gegenstand von Beschwerden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten sowie zu verleumderischen Angriffen gegen den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit genommen. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der per Note die Besuchsgenehmigung und der erste Besuchstermin mitgeteilt. Die weiteren Besuche werden auf die gleiche Veise festgelegt. Die Besuchstermine sind dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den dienstlichen Orientierungen im Staatssicherheit ergebenden vorgangsbezogenen Erfordernisse und Mcg-, lichkeiten der Informetions Bearbeitung in den Gegenstand der Beweisführung einzubei nan.

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