Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 858

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 858 (NJ DDR 1959, S. 858); wissenhafte Erziehung des Kindes zu gewährleisten. Vom Stadtbezarksgerdcht wurde hervorgehoben, daß die junge Klägerin sich in der Ehe nicht weitergebiildet und erst nach einigem Zögern eingeräumt habe, ihren Beruf im demokratischen Sektor ausüben zu wollen. Ihre Labilität ergebe sich auch daraus, daß sie in zwei Fällen das Kind nachts allein gelassen habe. Demgegenüber sei der 29jährige Verklagte, der als Baumeister tätig ist und sehr an dem Kind hänge, zu dessen Erziehung geeigneter. Aus diesen Gründen rechtfertige sich auch die Abweichung von der Empfehlung des Referats Jugendhilfe und Heimerziehung, das in seiner Stellungnahme zum Ausdruck gebracht habe, daß beide Eheleute das Sorgerecht für das gemeinsame Kind für sich beanspruchen, die Klägerin trotz ihrer Jugend aber geeignet sei, eine gewissenhafte Pflege und Erziehung des Kindes zu gewährleisten, zumal das Kind erst zwei Jahre alt 6ei. Gegen diese Entscheidung des Stadtbezirksgerichts, soweit über das Sorgerecht eiftschieden wurde, richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Kammergerichts von Groß-Berlin. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Im Falle der Scheidung der Ehe hat das Gericht nach § 9 EheVO im Scheidungsurteil zu bestimmen, welchem Ehegatten die elterliche Sorge für die Kinder zu übertragen ist. Für diese Entscheidung ist ausschließlich das Wohl des Kindes maßgeblich. Das Gericht muß sich also bei seiner Entscheidung, die nach Anhörung des Rates des Stadtbezirks, Referat Jugendhilfe und Heimerziehung, zu erfolgen hat, von der erzieherischen Befähigung der Eltern, ihrem Verhältnis zum Kinde und den Umweltsbedingungen, unter denen das Kind leben wird, leiten lassen. Die Prüfung dieser Voraussetzungen muß in erster Linie vom Verhalten der Eltern ausgehen, wie es in den verschiedensten gesellschaftlichen Beziehungen, vor allem aber im Arbeitsprozeß, zum Ausdruck kommt. Die Auffassung der Eltern über die besseren erzieherischen Qualitäten des einen oder anderen Teils sind demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Bei der Sorgerechtsentscheidung ist aber auch der Tatsache Rechnung zu tragen, daß die Gleichberechtigung der Frau wenn auch gesetzlich garantiert bei ihrer praktischen Verwirklichung noch manchen Schwierigkeiten begegnet. Die Erziehung der Mütter wurde nicht selten durch die kleinbürgerliche Vorstellung ihrer Eltern gehemmt, daß die Berufsausbildung eines Mädchens nur eine Überbrückung bis zur Eheschließung darstellt, die dann die Versorgung der Frau sichert. Findet die junge Frau nicht in sich selbst die Kraft, sich von diesen Vorstellungen zu lösen, und ist der Ehemann ebenfalls nicht bereit und fähig, seiner Frau zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu verhelfen, dann ist diese Mutter im Sorgerechtsverfahren zwangsläufig benachteiligt. Damit das Prinzip der Gleichberechtigung der Frau nicht verletzt wird (vgl. dazu Ansorg, Wohl des Kindes marxistisch betrachtet, in „Sozialistische Erziehung in Jugendhilfe, Heim und Hort“ 1959 Nr. 11), ist in solchen Fällen eine eingehende Prüfung der Situation der Mutter vorzunehmen, ihrer Bereitwilligkeit, aus dem engen Bezirk der Hausfrau hinauszutreten und am gesellschaftlichen Leben und am Aufbau des Sozialismus teilzunehmen. In vorliegender Sache hat das Stadtbezirksgericht diese Gesichtspunkte bei der Prüfung, welche der Parteien das Sorgerecht für das gemeinsame Kind erhalten muß, nicht berücksichtigt. Zwar hat es in den Gründen seines Urteils dargelegt, daß es zu der Überzeugung gelangt sei, die Klägerin sei gefühlsmäßig labil und unentschlossen. Der Verklagte erwecke hingegen den Eindruck, daß er auf Grund seiner Persönlichkeit besser geeignet sei, eine dem Wohle des Kindes entsprechende Erziehung zu gewährleisten. Diese Überzeugung des Gerichts findet aber nicht in Tatsachen ihre Begründung, sondern beruht auf subjektiven Eindrücken, die nicht geeignet sind, die bedeutsame Entscheidung über das Sorgerecht des Kindes zu tragen. Zur Person der Klägerin ergibt sich aus den Feststellungen des Gerichts lediglich, daß die Klägerin zur Zeit der Ehescheidung nicht berufstätig war und auch ihre Ausbildung als Friseuse nicht beendet hatte. Zu der Schlußfolgerung, die Klägerin sei labil, kommt das Gericht auf Grund der Beobachtung, sie habe gezögert, ihre berufliche Tätigkeit im demokratischen Sektor von Groß-Berlin auszuüben. Hierbei verkennt das Gericht aber die Bedeutung des erzieherischen Einflusses der Gesellschaft auf die Klägerin. Es übersieht, daß die Ausübung einer produktiven Arbeit eine Festigkeit und Selbständigkeit des Charakters entwickelt, die dem abgeht, der die Schule der Arbeit nicht durchgemacht hat. Aus der Tatsache, daß sie bei der Frage, wo sie ihre berufliche Tätigkeit ausüben wolle, zögerte, kann ihr nicht die Fähigkeit abgesprochen werden, ihr Kind zu erziehen, zumal sie ausdrücklich zu Protokoll erklärt hat, sie werde im demokratischen Sektor arbeiten, was auch geschieht. Im übrigen fehlen auch hier Feststellungen über die gesellschaftliche Tätigkeit der Klägerin und die Rolle, die der Verklagte in dieser Beziehung während der Ehe gespielt hat, ob er also selbst mit seiner Frau gesellschaftliche Veranstaltungen besucht, sie selbst dazu angeregt und die Wahrnehmung ermöglicht hat. Das Gericht mißt der Tatsache, daß die Klägerin 21 und der Verklagte 29 Jahre alt ist, zu große Bedeutung bei. Möglicherweise hat es sich dabei von der Überlegung leiten lassen, daß der ältere Verklagte über eine große Lebenserfahrung verfügt und eine größere Lebensreife hat als die Klägerin. Diese allein auf das Lebensalter der Parteien gestützte Schlußfolgerung ist aber unzulässig. Auch eine 21jährige Mutter verfügt in der Regel über die erforderliche Reife und das notwendige Verantwortungsbewußtsein, um ihr Kind gewissenhaft zu erziehen. Das Stadtbezirksgericht übersieht, daß gerade auch junge Menschen in hervorragender Weise ihre gesellschaftlichen und staatsbürgerlichen Pflichten erfüllen und in unserer Gesellschaft einen nicht unbedeutenden Platz haben. Der Klägerin wegen ihres Lebensalters die Fähigkeit zur Erziehung ihres Kindes abzusprechen, ist also gleichbedeutend mit einer unzulässigen Abwertung der Fähigkeit junger Bürger, ihre gesellschaftlichen Pflichten wahrzunehmen. Die Bedenken, die das Gericht hinsichtlich des Pflichtbewußtseins der Klägerin daraus herleitete, daß die Mutter das Kind zweimal nachts allein gelassen habe, sind wegen der mangelhaften Sachaufklärung nicht überzeugend. Aus der Entscheidung ergibt sich nicht, welche Gründe die Klägerin dazu veranlaßt haben. Zum anderen ist aber die Tatsache nicht zu übersehen, daß in beiden Fällen eine andere erwachsene Person zur Beaufsichtigung des Kindes anwesend war. Zur Person des Vaters ergibt sich aus den Urteilsgründen nur, daß er von Beruf Baumeister ist. Wie er seine gesellschaftlichen Pflichten, seine familiären und väterlichen Aufgaben erfüllt, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen, so daß aus der Feststellung seines Berufs allein keine Schlüsse zu ziehen sind, ob er zur Erziehung des gemeinsamen Kindes geeignet ist. Aus den Urteilsgründen geht aber hervor, daß sich der Verklagte gegenüber der Klägerin wiederholt undiszipliniert verhalten hat und sich sogar dazu hat hinreißen lassen, die Klägerin zu schlagen. Ein Mann, der sich in dieser Weise gegenüber seiner Frau vergeht, zeigt, daß er noch erhebliche Rückstände in seinem Bewußtsein zu überwinden hat. Er betrachtet sich noch als den Herrn über seine Familie, der ohne Achtung vor der Persönlichkeit des anderen seinen Willen mit Gewalt durfchzusetzen berechtigt sei. Diese Sachlage hätte das Gericht veranlassen müssen zu prüfen, ob der Verklagte nicht auch bei der Erziehung des Kindes ein Verhalten zeigen könnte, das dessen Wohle abträglich ist. Schließlich hätte sich das Gericht auch mit der Tatsache auseinandersetzen müssen, daß es sich bei dem gemeinschaftlichen Kind der Parteien um ein Kleinkind handelt, das im Lebenskreis der Mutter lebt. Auf Grund des engen biologischen und psychologischen Zusammenhanges zwischen Mutter und Kind ist eine Lösung des Kindes aus dieser Beziehung mit einer schweren seelischen Belastung für das Kind verbunden, die ihm erspart bleiben muß, wenn in der Person der Mutter die Voraussetzungen vorhanden sind, daß sie ihre gesellschaftlichen Pflichten erfüllt und dem Kind auch in seinen späteren Lebensjahren eine Hilfe sein wird. Eine Sorgerechtsentscheidung erfordert eine sehr sorgfältige Aufklärung des Sachverhalts unter den dar- 858;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 858 (NJ DDR 1959, S. 858) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 858 (NJ DDR 1959, S. 858)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die öffentliohe Ordnung und Sicherheit hervorruf. Die kann mündlich, telefonisch, schriftlich, durch Symbole sowie offen oder anonym pseudonym erfolgen. liegt häufig im Zusammenhang mit der sich vertiefenden allgemeinen Krise des Kapitalismus stehende zunehmende Publizierung von Gewalt und Brutalität durch die Massenmedien des Gegners. Durch eine Glorifizierung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Unterscheidung wahrer und falscher Untersuchungsergebnisse detailliert untersucht und erläutert. An dieser Stelle sollen diese praktisch bedeutsamen Fragen deshalb nur vom Grundsätzlichen her beantwortet werden. Die entscheidende Grundlage für die Erfüllung der ihr als poiitG-operat ive Dienst einheit im Staatssicherheit zukomnenden Aufgaben. nvirkiehuna der gewechsenen Verantwortung der Linie ifür die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit erfordert, daß auch die Beschuldigtenvernehmung in ihrer konkreten Ausgestaltung diesem Prinzip in jeder Weise entspricht.

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