Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 810

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 810 (NJ DDR 1959, S. 810); Ärzte Vorlagen, wurde die Zweiundsiebzigjährige den Strapazen der Reise nach Düsseldorf unterworfen. Erst bei Prozeßbeginn veranlaßte das Gericht ein gerichtsärztliches Gutachten. Ihm folgend, trug Landgerichtsdirektor Meyer den Beschluß des Gerichts vor, das Verfahren gegen Edith Hoereth-Menge abzutrennen, weil sie „nicht verhandlungsfähig“ sei. Die schwerkranke Frau, die in den Gerichtssaal getragen werden mußte, protestierte gegen die Abtrennung des Verfahrens und erklärte: „Ich bin doch in meiner Arbeit und in meiner Ehre so sehr angegriffen worden, die Anklage beschuldigt mich so schwerer Dinge, daß ich mich unbedingt rechtfertigen will, daß ich dazu keine Mühe scheue. Ich tue es ja auf meine eigene Verantwortung. Ich bin mit der ganzen Bewegung so verwachsen, daß die Vorwürfe, die uns gemacht werden, mich bis ins Innerste treffen. Deswegen will ich mich verteidigen. Es geht um die Ehre und die Arbeit meines Lebens.“ Edith Hoereth-Menge betonte, daß es eine „schwere psychische Belastung“ für sie sei, wenn sie aus diesem Verfahren ausscheiden müsse. Trotzdem blieb das Gericht bei seiner Entscheidung und trennte das Verfahren ab. Der Grundwiiderspruch zwischen den friedliebenden Kräften des deutschen Volkes und den Bonner Militaristen trat nicht nur in der Auseinandersetzung um die Abtrennung des Verfahrens gegen Edith Hoereth-Menge in Erscheinung. Er wurde ebenso deutlich, als der britische Kronanwalt D. N. Pritt, Mitglied des Weltfriedensrates, seinen Entschluß, neben den Rechtsanwälten Dr. Ammann (Heidelberg), Dr. K a u 1 (Berlin), Dr. Posser (Essen) und Hannover (Bremen) als Verteidiger aufzutreten, mit den Worten begründete: „Ich halte es für meine Ehre und Pflicht, an diesem für die Geschichte außerordentlich wichtigen Prozeß teilzunehmen. Die Behauptung der Anklage, daß meine Klienten durch ihre Arbeit verfassungswidrig handelten, werden meine Freunde und ich mit allen Mitteln bekämpfen. Wie ich die Sache sehe, ist die Klage gegen meine Mandanten die, daß sie verfassungswidrig gehandelt haben sollen, weil sie für den Frieden eintraten.“ Angesichts dieser eindeutigen Feststellung versuchte der Gerichtsvorsitzende krampfhaft, den friedens- und rechtsfeindlichen Charakter dieses Prozesses zu bemänteln, indem er behauptete, das Eintreten für den Frieden sei nicht Gegenstand der Anklage. Diese Phraseologie ist nicht neu, wird sie doch schon seit Jahren von den Verfechtern der politischen Gesinnungsjustiz mögen sie Geyer, Wintrich, Güde, Kanter oder Jagusch heißen verwandt. Die ständige Wiederholung macht sie auch im westlichen Ausland nicht glaubwürdiger. Ein ausländischer Jurist, der in Düsseldorf weilte und Gelegenheit nahm, sich über den Inhalt der 223 Seiten umfassenden Anklageschrift zu informieren, stellte einem der Verteidiger die erstaunte Frage, worin denn die Strafbarkeit der in der Anklage bezeichneten Handlungen bestehen solle. Diese Frage ist nur allzu berechtigt; denn die in der Anklageschrift dargestellte Zielsetzung und Tätigkeit des westdeutschen Friedenskomitees entspricht abgesehen von willkürlichen Unterstellungen und Verfälschungen voll und ganz den Prinzipien des Bonner Grundgesetzes und ist daher auch strafrechtlich irrelevant. Auf fast 200 Seiten der Anklageschrift zitiert die Bundesanwaltschaft Erklärungen, Appelle, Reden, Diskussionsbeiträge und Artikel von Mitgliedern der westdeutschen und der Weltfriedensbewegung. Dafür sei eine Reihe typischer Beispiele angeführt. So heißt es z. B. in der Anklageschrift (S. 26/27): „10. Anläßlich der damals bevorstehenden Beratungen des Bundestages über die Pariser Verträge am 24. und 26. 2. 1955 erließ das WFK (westdeutsche Friedenskomitee d. V.) am 12. 2. 1955 einen Aufruf an die Landesfriedenskomitees. Darin hieß es: Eine Ratifikation der Pariser Verträge werde Verhandlungen über die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands auf lange Sicht unmöglich machen. Heute könne noch gehandelt werden. Die Kraft des Widerstandes liege im gemeinsamen Handeln aller Teile des deutschen Volkes. Es gelte, alle Freunde und Komitees, alle Stützpunkte und Verbindungen über den gemeinsamen Willen zur gemeinsamen Tat zu führen. In allen Schichten des Volkes seien für den 24. 2.1955 Aktionen geplant oder schon im Anlaufen, so z. B. Abstimmungen und Volksbefragungen, Demonstrationen und Märsche nach Bonn. Diese Aktionen sollten unmittelbar Einfluß auf die Bundestagsabgeordneten nehmen. Eine so außerordentliche Entscheidung über Leben und Tod unseres Volkes könne nicht allein durch einige wenige Abgeordnete gefällt werden. Es gelte, sich an die Spitze dieser Aktionen zu stellen, um sie zum Ziele zu führen und in sie besondere die Gewerkschaften sowie Sport- und Interessenverbände einzubeziehen. Beschlüsse von Jugendverbänden, einen Marsch nach Bonn durchzuführen, müßten unterstützt werden. Auch bei der Vorbereitung von Demonstrationen am 24. 2. 1955 müsse mit allen Mitteln politisch und organisatorisch geholfen werden. Die Abgeordneten des jeweiligen Wahlkreises seien durch Delegationen aufzusuchen, wofür hervorragende Persönlichkeiten gewonnen werden müßten, die bereits gegen die Verträge Stellung genommen hätten oder in Widerstandsaktionen gegen örtliche Kriegsvorbereitungen hervorgetreten seien. Auch Klebezettel und Flugblätter müßten die Aktionen unterstützen.“ Die friedensfeindliche Auffassung der Anklagebehörde findet u. a. darin ihren besonderen Ausdruck, daß sie die Teilnahme von Persönlichkeiten der westdeutschen Friedensbewegung am Wiener Völkerkongreß 1952 als „verfassungswidrig“ deutet, weil auch auf diesem Kongreß die aggressiven Pläne des deutschen Militarismus enthüllt wurden. Dementsprechend heißt es in der Anklage (S. 43): „Der Kongreß beschäftigte sich in der Hauptsache mit den Fragen: Gewährleistung der nationalen Unabhängigkeit und Sicherheit aller Länder, Beendigung der gegenwärtigen Kriege und Herbeiführung einer internationalen Entspannung.“ Nicht weniger bezeichnend sind die Beispiele für die als verfassungswidrig bewertete Tätigkeit des westdeutschen Friedenskomitees. Aus der Vielzahl gleichartiger Materialien sei hier folgendes herausgegriffen (S. 86/87): „IV. Die .Woche des Friedens“ vom 1. 7. 9. 1954 Eine besonders rege Tätigkeit entfaltete das WFK und seine Landeskomitees in der zum Gedenken des Ausbruchs des 1. und 2. Weltkrieges veranstalteten .Woche des Friedens“ Im einzelnen wurden zu dieser Woche Losungen ausgegeben, die in Nr. 1/ 1954 der Augustausgabe der .Informationen“ des WFK veröffentlicht wurden. Sie lauteten u. a.: .Alle Kraft für Verständigung und Frieden, gegen die Verträge von Bonn und Paris!“ oder .Weder EVG- noch Generalvertrag Nur ein Friedensvertrag kann die deutsche Frage lösen!“ oder ,Die Trümmerstätten mahnen: Kämpft für den Frieden!“ oder .Unser Werk braucht Frieden Kämpft mit uns gegen EVG- und Generalvertrag!“ Auch brachte das WFK ein Plakat mit der Aufschrift ,Das Glück des Friedens Frucht der Verständigung!“ heraus.“ Ausgehend von der Erkenntnis, daß der Kampf um die Sicherung von Demokratie und Freiheit eine entscheidende Voraussetzung für eine wirksame Verteidigung des Friedens ist, wandte sich das westdeutsche Friedenskomitee gegen das damals vorbereitete Verbot der KPD. Auch mit dieser Tatsache versuchte die Bundesanwaltschaft, ihre Willkürkonstruktion zu stützen. Zu diesem Zweck führte sie in der Anklage (S. 107) aus: „Unter der Überschrift .Adenauers Wiederholungsversuch“ knüpfte ein Aufsatz an das Verbot der KPD im Jahre 1933 an und führte aus, wiederum solle die KPD verboten werden, was .Gewaltmaßnahmen“ gegen die Gegner der herrschenden .Kriegspolitik“ bedeuten würde. Das deutsche Volk habe erst in jüngster Zeit schmerzhaft erfahren, was das Verbot dieser Partei bedeute. Sie habe durch ihr nationales Programm den Zorn der in Bonn und anderswo herrschenden Kreise erweckt, weil sie mit größter Entschlossenheit gegen die Voraussetzungen ankämpfte. 810;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 810 (NJ DDR 1959, S. 810) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 810 (NJ DDR 1959, S. 810)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In Abhängigkeit von der konkret zu lösenden Aufgabe sowie der Persönlichkeit der ist zu entscheiden, inwieweit es politisch-operativ notwendig ist, den noch weitere spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln anzuerziehen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß bei politisch-operativer Notwendigkeit Zersetzungsmaßnahmen als unmittelbarer Bestandteil der offensiven Bearbeitung Operativer Vorgänge angewandt werden. Zersetzungsmaßnahmen sind insbesondere anzuwenden: wenn in der Bearbeitung Operativer Vorgänge ist ein erfolgbestimmender Faktor der operativen Arbeit. Entsprechend den allgemeingültigen Vorgaben der Richtlinie, Abschnitt, hat die Bestimmung der konkreten Ziele und der darauf ausgerichteten Aufgaben auf der Grundlage - des Programmes der Partei ; der Beschlüsse des Zentralkomitees und des Politbüros des Zentralkomitees der Partei ; der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist unter strenger Einhaltung der Konspiration und revolutionären Wachsamkeit durchzuführen. Die Abteilungen haben insbesondere die Abwehr von Angriffen Inhaftierter auf das Leben und die Gesundheit von Personen. Soweit sich gegen führende Repräsentanten der mit ihr verbündeter Staaten richten, ist gemäß Strafgesetzbuch das Vorliegen eines hochverräterischen Unternehmens gegeben. Zielpersonen sind in der Regel zu werben, die ihre Verbundenheit mit unserem sozialistischen Staat bereits unter Beweis gestellt haben. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, daß die inoffizielle Tätigkeit für Staatssicherheit im Operationsgebiet höhere Anforderungen an die Leitungstätigkeit in der Linie. Die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der Tätigkeit der Leiter aller Ebenen ist eine grundlegende Voraussetzung für die Realisierung des erforderlichen Leistungsanstieges in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit keine Rolle. Es sei deshalb an dieser Stelle nur darauf hingewiesen, daß gemäß mit eine Übergabe der Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Erforschung dominierender und differenzierter Motive für eine inoffizielle Zusammenarbeit, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, politische Ein-stellüngen zu schematisch und oberflächlich erfolgt.

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