Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 780

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 780 (NJ DDR 1959, S. 780); Gericht diese erzieherische Einwirkung von einem Kollektiv. Das trifft insbesondere zu beim öffentlichen Tadel und bei der bedingten Verurteilung sowie bei kürzeren Freiheitsstrafen. Es entspricht dem tiefen Humanismus unserer Gesellschaftsordnung, daß in den Fällen, in denen es sich bei der Rechtsverletzung um eine einzelne Entgleisung handelt, durch die neuen Strafarten oder kürzere Freiheitsstrafen das Vertrauen in das Kollektiv gesetzt wird, den Täter im Wege der gesellschaftlichen Erziehung auch ohne nachdrückliche Zwangsmaßnahmen im positiven Sinne zu beeinflussen. In diesen Fällen wird eine Lösung des Arbeitsrechtsverhältnisses in der Regel nicht richtig sein; hier ist vielmehr eine Weiterbeschäftigung geradezu gesellschaftlich notwendig. Auch nach Ladung eines Verurteilten zum Strafantritt ist nicht ohne weiteres die Lösung des Arbeitsrechtsverhältnisses gerechtfertigt. Bei kürzeren Freiheitsstrafen steht ebenfalls der Erziehungszweck im Vordergrund, und es ist sowohl vor als auch nach Verbüßung der Strafe die Einflußnahme durch das Kollektiv erforderlich. Es ist klar, daß diese Erziehungsaufgabe am besten und in den meisten Fällen überhaupt nur durch das Kollektiv erfüllt werden kann, dem der Täter zur Zeit der Begehung seiner Straftat angehörte. Die Arbeitskollegen kennen den Straffälligen am besten, und auch der Täter selbst wird sich unter den Augen des ihm vertrauten Kollektivs am ehesten ständig seiner Verantwortung bewußt sein. Vielfach ist es auch so, daß sich das Kollektiv selbst im Zusammenhang mit der Straftat eines Kollegen etwas hat zuschulden kommen lassen (z. B., wenn ein Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluß durch Trinkereien einer Arbeitsbrigade begünstigt worden ist). In solchen Fällen soll auch das Kollektiv aus der Verurteilung lernen und die Möglichkeit erhalten, durch verantwortungsvolleres Verhalten gegenüber dem einmal Gestrauchelten den Fehler wiedergutzumachen. Daraus ergibt sich, wie verantwortungslos das Vorgehen einzelner Betriebsleitungen ist, die den Werktätigen vor die Wahl stellen, entweder selbst zu kündigen oder bei der Volkspolizei angezeigt zu werden, wenn er eine strafbare Handlung begangen hat. So hatte z. B. im Kreis Strausberg ein Schwerbeschädigter, der mit seinem eigenen PKW im Interesse des Betriebes ständig Fahrten durchführte, dem Betrieb vier gebrauchte PKW-Reifen entwendet. Der Betriebsleiter stellte ihn vor die genannte Alternative und bewirkte damit, daß der Schwerbeschädigte einen Aufhebungsvertrag schloß. Erst nach wochenlangen Bemühungen hat er jetzt in einem anderen Betrieb einen seinen Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz gefunden. In einem anderen Fall hatte im Kreis Frankfurt (Oder) eine Verkäuferin, deren Brigade um den Titel „Brigade der sozialistischen Arbeit“ kämpfte, in ihrer Verkaufsstelle kleinere Geldbeträge gestohlen. Hier ließ es die Betriebsleitung ohne weiteres zu, daß die Verkäuferin kündigte und in einem Großbetrieb untertauchte. In diesen Fällen haben sich die Betriebe nur von dem Bestreben leiten lassen, die betreffenden Kollegen loszuwerden, ohne sich ihrer Verantwortung für deren Erziehung bewußt zu sein. Die Betriebsfunktionäre haben in alten Denk- und Lebensgewohnheiten befangen noch nicht voll den Wesensunterschied unserer Gesellschaft zur Praxis der kapitalistischen Unternehmer begriffen, die jeden unbequemen Werktätigen, noch dazu, wenn er das kapitalistische Eigentum verletzt hat, erbarmungslos auf die Straße setzen bzw. ihrer Justizmaschine überantworten. Es ist also in der Regel anzustreben, daß der Straffällige entweder im Betrieb bleibt oder nach der Verbüßung der Strafe wieder in seinen alten Betrieb zurückkehrt. Dieses Ziel kommt auch in der AO über die Eingliederung entlassener Strafgefangener in den Arbeitsprozeß vom 27. Dezember 1955 (GBl. 19561 S. 57) zum Ausdruck. Wenn aber der Straffällige nach Verbüßung seiner Strafe wieder in den Betrieb zurückkommen soll, so ist nicht einzusehen, warum das Arbeitsrechtsverhältnis mit ihm gelöst werden soll, wenn es nicht aus betrieblichen Gründen (§ 10 KündVO) unumgänglich ist. Eine Kündigung ist nur dann möglich, wenn sie das gesellschaftlich notwendige Mittel zur Gestaltung des Arbeitslebens darstellt, d. h., es darf für den Betrieb keine Möglichkeit geben, das Arbeitsrechtsverhältnis aufrechtzuerhalten. Die Kündigung darf beispielsweise dann nicht erfolgen, wenn bei kurzer Freiheitsstrafe für die Zeit des Strafvollzugs gar keine andere Arbeitskraft eingestellt zu werden braucht oder wenn dies zwar vorgesehen ist, aber keine Ersatzkraft gefunden wird; ferner dann, wenn eine neue Kraft befristet oder zwar unbefristet eingestellt wird, damit aber der Arbeitskräfteplan dennoch nicht überzogen wird. Gerechtfertigt wäre eine Kündigung evtl, dann, wenn der Straffällige eine Strafe von über sechs Monaten zu verbüßen hätte und die Neueinstellung einer Ersatzkraft für unbestimmte Zeit den Arbeitskräfteplan überziehen würde, oder wenn sich bei einer Strafe bis zu sechs Monaten nur eine Ersatzkraft findet, die unbefristet arbeiten will, und dann bei Rückkehr des Straffälligen der Arbeitskräfteplan überzogen wäre. Die vom Gesetz zugelassenen Fälle einer fristgemäßen Kündigung zu Beginn des Strafvollzugs sind also auf einen weit engeren Kreis von Fällen beschränkt, als dies M. Lehmann offenbar annimmt. Natürlich kann der Betrieb bei Zustimmung des Straffälligen, wenn die Lösung des Arbeitsrechtsverhältnisses aus den angeführten Gründen notwendig ist, auch einen Aufhebungsvertrag schließen. Eine fristlose Entlassung ist bei Strafantritt aber aus keinem der in § 9 KündVO genannten Gründe möglich, da es sich bei der fristlosen Entlassung um eine Disziplinarmaß-nahme handelt und zwar u. U. die betreffende Straftat selbst, nicht aber der Antritt der darauffolgenden Strafe ein Disziplinverstoß sein kann. Abwegig ist schließlich das Argument von M. Lehmann, man dürfe den Straffälligen nicht besser stellen als einen Kollegen, der durch Reorganisationsmaßnahmen gewisser Ansprüche aus langjähriger Betriebszugehörigkeit verlustig geht. Der Straffällige soll im Interesse seiner Erziehung keine außerhalb des Strafzwecks liegenden Nachteile durch seine Straftat haben, wie es auch der Verlust des Anspruchs auf Zusatzurlaub usw. auf Grund langjähriger Beschäftigung wäre. Eine Reorganisationsmaßnahme ist aber keine Strafe, die die Beachtung bestimmter Erziehungsziele verlangen würde. Während bei der betrieblichen Reorganisation die Kündigung eines Arbeitsrechtsverhältnisses u. U. gesellschaftlich notwendig ist und dann der Verlust gewisser arbeitsrechtlicher Rechte eine gesetzliche Folge darstellt, ist die Unterbrechung des Arbeitsrechtsverhältnisses mit einem Straffälligen in der Regel eben nicht gesellschaftlich notwendig. Wenn eine Straftat tatsächlich so schwer die Arbeitsdisziplin verletzt, daß eine Weiterbeschäftigung nicht tragbar ist, dann darf der Betrieb mit der fristlosen Entlassung nicht erst bis zum Urteil warten; denn damit würde er zum Ausdruck bringen, daß er selbst die Weiterbeschäftigung nicht für untragbar hält. 'Eine fristlose Entlassung kann dann mit der Straftat nicht mehr begründet werden. Eine Ausnahme ist nur dann denkbar, wenn dem Betrieb der Sachverhalt der strafbaren Handlung noch nicht im wesentlichen bekannt ist, sondern erst in der Hauptverhandlung festgestellt wird. In diesem Fall muß allerdings der Betrieb den Betreffenden mindestens beurlauben, soweit er nicht schon inhaftiert ist; nur dann ist auch nach dem Strafurteil wegen des Verbrechens noch eine fristlose Entlassung nach § 9 Buchst, d KündVO möglich. Eine fristgemäße Kündigung wegen der Straftat ist dagegen nicht zulässig, weil die fristgemäße Kündigung keine Disziplinarmaßnahme ist. Mitteilung Die rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena veranstaltet am 11. und 12. Dezember 1959 in Jena ein Absolvententreffen. Ehemalige Angehörige der Fakultät, die an diesem Treffen teilzunehmen beabsichtigen, werden gebeten, sich bis zum 30. November im Dekanat anzumelden. 780;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 780 (NJ DDR 1959, S. 780) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 780 (NJ DDR 1959, S. 780)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung informiert seinerseits die beteiligten Organe über alle für das gerichtliche Verfahren bedeutsamen Vorkommnisse, Vahrnehmungen und Umstände im Zusammenhang mit den vorzuführenden Inhaftierten. Einschätzung der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Anweisung zur Sicherung der Transporte Inhaftierter durch Angehörige der Abteilung - Transportsicherungsanweisung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Beispiele von Vorkommnissen in und Untersuchungs- Haftanstalten des zur Auswertung in den Diensteinheiten der Linie Staatssicherheit Entweichen Am in der Zeit von Uhr bis Uhr bei Notwendigkeit durch Kontrollpassierposten besetzt. Die Zuund Ausfahrt im Bereich der Magdalenenstraße wird ständig durch einen Kontrollpassierposten gesichert. Darüber hinaus wird dieser Posten in der Zeit von Uhr bis Uhr die . finden, wohin die Untersuchungsgefangen den, welcher zum Wachpersonal der anderweitige Arbeiten zu ver- gab ich an, daß täglich von daß in der Regel in einem Objekt vollzogen. Ort, Zeitdauer und die Bedingungen des Gewahrsams werden durch den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung angewiesen. Dementsprechend kann der Leiter der Hauptabteilung oder der Leiter der Bezirksverwaltung Verwaltung den vorläufigen Ausweisungsgewahrsam. Diese Möglichkeit wurde mit dem Ausländergesetz neu geschaffen. In jedem Fall ist aber zu sichern, daß der betreffende Jugendliche eine unmittelbare staatliche Reaktion auf seine gesellschaftsschädliche Handlungsweise erlebt, um daraus die erforderlichen Schlußfolgerungen zu ziehen. In bestimmten Fällen wird die offensive Wirksamkeit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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