Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 774

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 774 (NJ DDR 1959, S. 774); I Betrachten wir zunächst dieses Verhältnis, wie es in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und in den von unserem Staat sanktionierten Prozeßgesetzen seinen Ausdruck gefunden hat. Hier stoßen wir unausgesetzt auf eine bewußt scharfe Trennung zwischen dem Verfahren, in dem über den Anspruch des Klägers entschieden wird (dem sog. Erkenntnisverfahren), und dem Vollstreckungsverfahren. Statt vieler sei die Bemerkung Rosenbergs angeführt, die den bürgerlichen Standpunkt über das Verhältnis von Zivilrechtsprechung und Zwangsvollstreckung treffend zusammenfaßt: „Vollstreckungsprozeß und Erkenntnisprozeß (Prozeß im engeren Sinne) sind keine Einheit; dieser hat die Entscheidung, jener die Verwirklichung von Ansprüchen zum Ziel.“2 Folgerichtig ist nach dieser bürgerlichen Grundposition „das Bestehen des zu vollstreckenden Anspruchs keine Voraussetzung der Vollstreckung. Der Titel ist seinem Wesen nach nicht dazu da, den Anspruch zu beweisen oder auch nur prima facie wahrscheinlich zu machen Demgemäß ist „die Vollstreckung von ihrem materiellrechtlichen Untergründe losgelöst .“,3 das Vollstreckungsverfahren „eine selbständige bürgerliche Rechtsstreitigkeit .4. Eine weitere charakteristische Konsequenz dieser prinzipiellen Trennung zwischen Entscheidungsverfahren und Vollstreckung, mit der die Isolierung des bürgerlichen Vollstreckungswesens noch deutlicher wird, ist das Verfahren bei Zweifelsfällen über das Ziel des Vollstreckungszugriffs, wo doch die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen Prozeßgericht und Vollstreckungsorgan besonders naheliegend ist: „Die zu erzwingende Leistung oder sonstige Handlung ist im Wege der Auslegung des Titels festzustellen, wofür bei Urteilen die Formel in erster Linie maßgebend und der übrige Inhalt hilfsweise heranzuziehen ist. Diese Auslegung obliegt den Vollstreckungsorganen, geeignetenfalls unter Zuziehung von Sachverständigen .“5 6 Schon diese Ausführungen lassen erkennen, daß wir es hier mit einer krassen Erscheinungsform des bürgerlichen Rechtsformalismus zu tun haben. Da die Isolierung des Vollstreckungsapparats von dem Prozeßverfahren unser geltendes, aus der kapitalistischen Ära übernommenes Prozeßrecht noch weitgehend beherrscht und sich hieran auch nach Inkrafttreten des GVG und der AnglVO wenig geändert hat0, ist es notwendig, kurz auf den Klassencharakter dieses betonten Auseinander-fallens von Prezeß und Zwangsvollstreckung einzugehen. Pompoes/Ritter betrachten den Klassenhintergrund der bürgerlichen Vollstreckungsregelung zu einseitig, wenn sie Röhricht entgegenhalten, daß das Wolfsgesetz des Kapitalismus viel stärker als in der Unterwerfungsklausel in den Darlehnsbedingungen zum Ausdruck komme, in der Vereinbarung hoher Zinssätze, sehr kurzer Kündigungsfristen und Verfallsklauseln, die den Schuldnern aufgezwungen wurden7 *. Zweifelsohne drückt bereits die Gestaltung des materiellen Rechts, wie sie u. a. in den genannten Darlehnsbedingungen ersichtlich ist, unverhüllt die Herrschaft des ökonomisch Stärkeren aus, der im Zeichen einer formalen Vertragsfreiheit und einer formalen Gleichberechtigung der Vertragschließenden seinem Partner den Inhalt der Abmachungen diktiert. Aber untrennbar verbunden mit dieser Sicherung der Rechte des ökonomisch Stärkeren 2 Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 6. Aufl., 1954, S. 826. 3 Stein-Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 18. Aufl., Tübingen 1956, II, 2 vor § 104. 4 stein,' Grundriß des Zivilprozeßrechts und des Konkurs-reChts, Tübingen 1928, S. 354. 5 Stein-Jonas, a. a. O., n, 3, a vor § 704. 6 So spricht z. B. Artzt (Die Zuständigkeit des Sekretärs im Zwangsvollstreckungsverfahren, NJ 1953 S. 44) von dem Prinzip des Gerichtsverfassungsgesetzes, „daß dem Gericht nur die Entscheidungen der Prozesse zu übertragen sind“, und folgert hieraus de lege lata zutreffend , daß VoEstreckungs-handlungen nicht durch das Gericht selbst durchzuführen sind. 7 Pür die Beibehaltung der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung bei notarieUen Urkunden, NJ 1959 S. 380 f. ist die Art und Weise der Durchsetzung dieser Rechte und Interessen vor Gericht, das die Aufgabe hat, „die charakteristischen Elemente der kapitalistischen Produktionsweise, das Privateigentum und die freie Konkurrenz in der Produktion sowie im Handel unmittelbar gegen Übergriffe sowohl der Arbeiter wie der einzelnen Kapitalisten zu schützen“0. Dem entspricht die passive Rolle des Zivilgerichts, das im Bann der Verhandlungsmaxime nur das Tatsachenmaterial und den Beweisstoff beurteilt, den ihm die Prozeßparteien unterbreiten. Ist der kapitalistische Zivilprozeß, der unter der Herrschaft der Prozeßparteien durchschnittlich nur die Erforschung einer „formellen Wahrheit“ zum Ziel und zum Ergebnis hat und das Gericht zu einem passiven Schiedsrichter der streitenden Parteien herabwürdigt, nichts anderes als die wesensnotwendige Ergänzung des bürgerlichen Privatrechts, so kommt nun noch ein weiteres Charakteristikum des bürgerlichen Prozeßrechts hinzu, das den Rechtsformalismus, mit dem die Interessen der herrschenden Ausbeuterklasse durch die Justiz geschützt werden, auf die Spitze treibt: die bewußte Trennung von Erkenntnisverfahren und Zwangsvollstreckung, die Einrichtung eines Vollstreckungswesens, dessen Organe unabhängig und isoliert vom Prozeßgericht tätig werden zu einem nicht unbeträchtlichen Teil sogar ohne eine vorherige gerichtliche Nachprüfung des durchzusetzenden Anspruchs, wie das Beispiel der Unterwerfungsklausel zeigt. Der Klassenhintergrund der Trennung von Prozeß und Zwangsvollstreckung wird noch deutlicher, wenn man ihre praktischen Auswirkungen verfolgt. Besonders augenfällig ist die Diskrepanz zwischen der gerichtlichen Entscheidung und ihrer Vollstreckung bei der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils. Nach § 704 ZPO findet die Zwangsvollstreckung statt aus Endurteilen, welche rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind. Damit wird in Verbindung mit den weiteren Vorschriften der §§ 708 ff. das bürgerliche Prinzip der automatisch anauordnenden Vollstreckbarkeit aller der Urteile9 ausgesprochen, die nicht sofort mit ihrer Verkündung in Rechtskraft erwachsen. Die Vollstreckungsorgane können also in einem verhältnismäßig großen Umfang auf Antrag des in erster Instanz obsiegenden Gläubigers tätig werden, obwohl zu diesem Zeitpunkt vielfach noch gar nicht feststeht, ob das Urteil angefochten wird und ob es auf eine etwa eingelegte Berufung hin aufgehoben wird, oder nicht. Hinzu kommt, daß das Vollstreckungsorgan bei seinen Zwangsmaßnahmen, die auf Grund einer nur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils ergehen, keinerlei Beschränkungen unterworfen ist10; so wird z. B. der Erlös einer Zwangsversteigerung von Mobiliar ebenso an den Gläubiger abgeführt wie bei der Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Urteil. Auf diese Weise ist in der ZPO nahezu lückenlos dafür Vorsorge getroffen worden, daß der kapitalkräftige Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus noch nicht rechtskräftigen Urteilen betreiben kann, notfalls nach vorheriger Sicherheitsleistung (vgl. § 710 ZPO). Insbesondere können Vollstreckungsabwehrmaßnahmen, wie die Sicherheitsleistung des Schuldners zwecks Abwendung der Zwangsvollstreckung, durch das Erbieten eigener Sicherheitsleistung des Gläubigers11 ohne weiteres lahmgelegt werden. Bezeichnend für den Klassencharakter des Instituts der vorläufigen Vollstreckbarkeit, wie wir es heute noch in der ZPO vorfinden, sind auch mehrere Sondertatbestände des § 708, die in der bürgerlichen Gerichtspraxis eine sehr große Rolle spielen und eine vorläufige Vollstreckung ohne 8 Das Zivilprozeßrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Bd. I, Berlin 1957 S. 24. 9 d. h., soweit diese Endurteile einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben. n Inwieweit ein in der Berufungsinstanz gestellter Antrag des Schuldners auf Vollstreckungsschutzmaßnahmen nach §§ 719, 707 ZPO Erfolg haben wird, ist immer ungewiß, da die Entscheidung von dem „freien Ermessen“ des Berufungsgerichts abhängt (vgl. Baumtoach-LauterbaCh, Zivilprozeßordnung, 24. Aufl., 1956, Anna. 3 A zu § 707). li Eine Abwehrmaßnahme, die gegen aUe diejenigen Urteile gegeben ist, die ohne vorherige Sicherheitsleistung des Gläubigers für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind (vgL §§ 708, 709 ZPO). 774;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 774 (NJ DDR 1959, S. 774) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 774 (NJ DDR 1959, S. 774)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen schenhande angefallenen Bürger intensive Kon- takte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland einschließlich spezieller sozialistischer Länder, der Wiedereingliederung Kaltentlassener sowie einer umfassenden vorbeugenden Tätigkeit gemäß Artikel Strafgesetzbuch durch die Leiter dieser Organe und Einrichtungen sowie die Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, terroristische Angriffe von seiten der Inhaftierten stets tschekistisch klug, entschlossen, verantwortungsbewußt und mit hoher Wachsamkeit und Wirksamkeit zu verhindern. Das bedeutet, daß alle Leiter und Mitarbeiter der Linie in Jeder Situation mit der Möglichkeit derartiger Angriffe rechnen müssen. Die Notwendigkeit ist aus zwei wesentlichen -Gründen von entscheidender Bedeutung: Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung überarbeitet und konkretisi ert werden, Die Angehörigen der Linie die militärische Ausbildung politisch-operativen-faehlic durch Fachschulungen und ielgerichtet zur Lösung der.

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