Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 761

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 761 (NJ DDR 1959, S. 761); außen führt. Das Nachlassen des Seiles, welches mittels einer Seilwinde von außen betätigt wird, bewirkt ein Aufsetzen der Meßplatte auf die Kohlenstauboberfläche und zeigt so auf einem Meßstreifen an der Außenwand des Bunkers den Füllstand an. Zur Zeit des Unfalls waren auf dem Meßstreifen an Stelle einer ordnungsgemäßen Skala nur Kreidestriche vorhanden, die eine exakte Messung verhinderten. Zur Entlüftung jedes Betriebsbunkers dient ein Entlüftungsrohr, das durch das Dach der Werkhalle ins Freie führt. Im oberen Teil des Entlüftungsrohres sind oberhalb des Daches Staubfiltersäcke angebracht, die den in der Förderluft enthaltenen aufgewirbelten Kohlenstaub auffangen. An einigen der Entlüftungsrohre ist oberhalb des Daches eine mit einer Berstfolie aus leichtem, dünnen Metall verschlossene größere Öffnung für den Fall einer Explosion oder Verpuffung angebracht. Bei diesen Bunkern waren die auf den Bunkerdeckeln befindlichen sog. Explosionsöffnungen mit Metallplatten fest verschlossen. Bei den anderen Bunkern waren an den Entlüftungsrohren über dem Dach keine Berstfolien angebracht; bei ihnen waren die sog. Explosionsöffnungen auf den Bunkerdeckeln innerhalb der Werkhalle mit einer Berstfolie verschlossen. Dazu gehörte auch der Unfallbunker. Die Bedienung der Anlage erfolgte durch den inzwischen verstorbenen Schlosser W., der diese Arbeit bereits seit mehr als 20 Jahren allein erledigte und der auch beim Aufbau der Anlage schon mitgewirkt hatte. W. galt deshalb als der souveräne Spezialist, dem niemand etwas zu sagen hatte. Er führte auch alle an der Anlage erforderlichen Reparaturen nach eigenem Ermessen durch, ohne den Meister oder Abteilungsleiter zu verständigen. Er verständigte die Vorgesetzten nur, wenn er bei einer Arbeit einer Hilfskraft bedurfte. Die unter der Leitung des Angeklagten E. stehende Abteilung Hauptmechanik, die auch für den technischen Zustand der Kohlenstaubanlage verantwortlich war, verschaffte sich weder Kenntnis von deren technischem Zustand noch von der Art und dem Umfang der erforderlichen Reparaturen. Es war auch kein ständiger, mit der Technik der Anlage vertrauter Vertreter von W. vorhanden, so daß W. oft außerhalb seiner Schicht und zur Nachtzeit in den Betrieb geholt werden mußte. Seine tägliche Arbeitszeit betrug daher nicht selten bis zu 16 Stunden. Diese Zustände konnten entstehen, weil sich kein verantwortlicher Funktionär der Werkleitung um die Technik, die Bedienung und die Wartung der Kohlenstaubanlage kümmerte. Dadurch, daß sich alle auf die ansonsten zuverlässige Arbeit des Schlossers W. verließen, fehlte es an der für solche Anlagen erforderlichen Bedienungsanweisung und an der Kennzeichnung der Gefahrenherde. So waren z. B. an den Bunkern bis zum Unfall keine Schilder, die auf die Explosionsgefahren hinwiesen. Am Tage des Unfalls beschickte der Schlosser W. bei Arbeitsbeginn wie üblich die Betriebsbunker mit Kohlenstaub. Wegen seiner starken Arbeitsbelastung verrichtete er auch an diesem Tage, nachdem er die Leitung zum Bunker 623 auf Füllen gestellt hatte, während des Füllvorgangs eine andere Tätigkeit. Dadurch war er von der ordnungsgemäßen Bedienung der Anlage abgelenkt. Als er den folgenden Bunker füllen wollte, stellte er dort den Hebel auf Füllen, unterließ aber, die Zufuhr zum Bunker 623 abzustellen und damit die Förderleitung in den folgenden Bunker freizugeben. Dadurch wurde der Unfallbunker überfüllt, so daß es zur Verstopfung des Entlüftungsrohres und der Filtersäcke und schließlich durch Sprengung der schwächsten Stelle des Bunkers, der vorschriftswidrig auf dem Bunkerdeckel angebrachten Berstfolie, zum gewaltsamen Austritt von Kohlenstaub in die Schmiedehalle kam. Der in starker Konzentration in die Schmieaehalle eingedrungene Kohlenstaub entzündete sich an einem offenen Schmiedefeuer und verpuffte. Die Stichflamme erfaßte insgesamt vier Arbeiter, die so schwere Verbrennungen erlitten, daß sie deren Folgen erlagen, während weitere vier Arbeiter Brandverletzungen erlitten. Ferner führte die Verpuffung zu mehreren geringfügigen Brandschäden an der Werkhalle und zu einem Produktionsausfall von etwa 80 000 bis 90 000 DM. Durch den Bedienungsfehler hat W. zwar eine Ursache zum Unfall gesetzt. Die Hauptursache des Unfalls lag aber in der Verletzung von Bestimmungen zum Schutze der Arbeitskraft durch verantwortliche Wirtschaftsfunktionäre des Betriebes, von denen in diesem Verfahren der ehemalige Werkleiter Sch., der Sicherheitsinspektor L. und der Hauptmechaniker E. angeklagt wurden. Um ein unfallsicheres Arbeiten mit Anlagen, die Kohlenstaub verarbeiten oder befördern, zu gewährleisten, hat das Ministerium für Arbeit die Arbeitsschutzanordnung Nr. 523 vom 5. Februar 1953 (GBl. S. 721) in Verbindung mit der Änderungs-Anordnung vom 19. April 1956 (GBl. IS. 384) erlassen. Nach § 4 Abs. 8 dieser Anordnung müssen an Kohlenstaubbunkern Explosionsschlote mit möglichst großem Querschnitt vorhanden sein. Sie müssen auf kürzestem Wege ins Freie, und zwar möglichst senkrecht bis über das Dach hinaus führen. Die Schlote müssen mit dichtschließenden, aber leicht beweglichen Explosionsklappen versehen sein. Um Ansammlungen von Staub und brennbaren Gasen zu vermeiden, sind in den Schloten an geeigneten Stellen Berstfolien vorzusehen. Hätten die Angeklagten diese ASAO beachtet, dann hätten sie die Notwendigkeit von ins Freie führenden Explosionsschloten zur Verhinderung des Austritts von Kohlenstaub in die Werkhalle erkannt und festgestellt, daß Explosionsschlote nicht vorhanden waren. Sie konnten zwar annehmen, daß die über das Dach hinausführenden Entlüftungsschlote zugleich die Funktion von Explosionsschloten hätten, zumal sie einen Querschnitt von 50 cm besaßen. Dabei hätten sie jedoch erkennen müssen, daß die als Verschluß des sogenannten Explosionsloches auf dem Deckel des Unfallbunkers innerhalb der Werkhalle vorhandene dünne Berstfolie durch einen festen Verschluß hätte ersetzt werden müssen. Denn nur dann hätte der Entlüftungsschlot zugleich die Funktion als Explosionsschlot1 erfüllen können. In diesem Fall hätte auch an geeigneter Stelle des Schlotes über dem Dach eine mit einer Berstfolie verschlossene Explosionsöffnung angebracht werden müssen. Wären diese Maßnahmen getroffen worden, dann hätte auch bei Überfüllung des Bunkers kein Kohlenstaub in die Halle austreten und der Unfall mit den schweren Folgen für das Leben und die Gesundheit mehrerer Arbeiter nicht geschehen können. Nach § 8 der ASAO Nr. 523 war ferner der Erlaß einer besonderen Betriebsvorschrift über das Anfahren und Stillsetzen der Kohlenstaubanlage, die Reihenfolge der hierbei vorzunehmenden Schaltungen, das Verhalten der Beschäftigten bei Betriebsstörungen, die Durchführung von Reparaturarbeiten, die Reinigung der Anlage, die Bekämpfung von Bränden u. a. erforderlich. Bei Ausarbeitung dieser Vorschrift hätten die Angeklagten den seinerzeitigen unzureichenden technischen Zustand der Anlage, die Möglichkeit des Überfüllens der Betriebsbunker bei dem geringsten Versehen des mit der Bedienung beauftragten Schlossers W. und. damit die Gefahr des Austritts von Kohlenstaub in die Werkhalle nicht übersehen können, und die Notwendigkeit, die Explosionsöffnungen an den Bunkerdeckeln im Innern der Werkhalle fest zu verschließen, wäre ihnen unverkennbar deutlich geworden. Auf die Notwendigkeit, der Anlage größere Beachtung zu schenken, sind die Angeklagten bereits durch den Kohlenstaubaustritt im Oktober 1958 hingewiesen worden. Seinerzeit war gleichfalls die Überfüllung eines Bunkers die Ursache für den Kohlenstaubaustritt. Es gelangte aber nur wenig Staub in die Halle, weil das Entlüftungsrohr über dem Dach geborsten war. Aber trotz Feueralarms erfolgte von den Verantwortlichen keine Überprüfung der Anlage. Es wurde von E. und L. geduldet, daß die Schadenstelle mit Putzlappen verstopft wurde. Für die Verhinderung und Abstellung der festgestellten, für den Unfall ursächlichen sowie der weiteren Mängel waren die Angeklagten, jeder in seinem Arbeitsbereich, auf besondere Weise verantwortlich: Der Angeklagte Sch. war als Werkleiter gemäß §§ 1 und 2 der Verordnung zum Schutze der Arbeitskraft (ASchVO) persönlich dafür verantwortlich, daß die Werktätigen während der Arbeit und Anwesenheit im Betrieb vor Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, mußte er sich gemäß § 2 der ASAO Nr. 1 Allgemeine Vorschriften vom 23. Juli 1952 (GBl. S. 691) 761;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 761 (NJ DDR 1959, S. 761) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 761 (NJ DDR 1959, S. 761)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Persönlichkeit der an ihre Denk- und Verhaltensweisen, ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie an ihre Bereitschaft stellt. Es sind deshalb in der Regel nur erfahrene und im politisch-operativen UntersuchungsVollzug bewährte Mitarbeiter betraut werden, Erfahrungen belegen, daß diese Ausländer versuchen, die Mitarbeiter zu provozieren, indem sie die und die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die zentralen und territorialen staatlichen Organe umfassende Untersuchungen geführt werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Ordnung und Sicherheit an der Staatsgrenze der und den daraus resultierenden politisch-operativen Konsequenzen und Aufgaben. Es handelt sich dabei vor allem um neue Aspekte der politischoperativen Lage an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten, die Teilvorgänge bearbeiten, zu sichern, daß alle erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen koordiniert und exakt durchgeführt und die dazu notwendigen Informationsbeziehungen realisiert werden. Organisation des Zusammenwirkens mit den territorialen Diensteinheiten Staatssicherheit , insbesondere der Linie im operativen Grenzsicherungssystem sowie - der systematischen und zielstrebigen Aufklärung des grenz- nahen Operationsgebietes mit dem Ziel der Schaffung einer eindeutigen Beweislage, auf deren Grundlage dann VerdächtigenbefTagungen oder gar vorläufige Festnahmen auf frischer Tat erfolgen können, genutzt werden.

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