Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 714

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 714 (NJ DDR 1959, S. 714); Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat nach dem in Übereinstimmung mit dem Beweisergebnis festgestellten und mit dem 'Kassationsantrag nicht angefochtenen Sachverhalt zutreffend erkannt, daß nicht die Angeklagte allein, sondern auch der Geschädigte schuldhaft zur Verursachung des Unfalles beigetragen hat. Die Angeklagte hat gegen § 6 Abs. 2 StVO verstoßen, weil sie beim Fahren nicht die äußerste rechte Seite der rechten Fahrbahnhälfte eingehalten, sondern die Straßenmitte benutzt hat. Auch den Zusammenprall hat sie mit verursacht. Sie hat, als sie die Absicht des Überholens infolge mangelnder Aufmerksamkeit erst spät bemerkte, entgegen § 1 StVO in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 2 StVO nicht die äußerste rechte Fahrbahnseite eingenommen, sondern ist nach links abgebogen. Die Forderung des § 8 Abs. 1 StVO, wonach Fahrzeugführer ihre Fahrweise so einzurichten haben, daß ein Überholen ohne Gefährdung oder Behinderung des Verkehrs, insbesondere des Gegenverkehrs, ermöglicht wird, richtet sich sowohl an den, der überholt, als auch an den, der überholt wird. Hieraus ergab sich für die Angeklagte, die sich vorschriftswidrig auf der Straßenmitte bewegte, die Pflicht, die vorgeschriebene äußerste rechte Seite der Fahrbahn aufzusuchen, um das Überholen, das links zu erfolgen hat, nicht zu behindern. Die Schuld des Geschädigten besteht nach Ansicht des Kreisgerichts darin, daß er nach den gegebenen Umständen seine Fahrweise nicht so eingerichtet hat, daß er jederzeit in der Lage war, seinen Pflichten im Straßenverkehr nachzukommen. Nachdem er bemerkt hatte, daß die sich auf der Fahrbahnmitte bewegende Angeklagte auf sein Warnzeichen nicht reagierte, hätte er seine Geschwindigkeit herabmindern müssen. Diese Beurteilung des Verhaltens des Geschädigten ist zu allgemein und nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erfolgt. Sie gibt keine hinreichende Begründung, inwieweit der Schaden vorwiegend von der Angeklagten oder dem Geschädigten verursacht worden ist. Das aber ist für die Strafzumessung und für die Feststellung der Höhe des Anteils des Mitverschuldens bei der Verurteilung zum Schadensersatz bedeutsam. Da das Kreisgericht im Ergebnis den Schadensersatzantrag dem Grunde nach zu drei Vierteln für gerechtfertigt gehalten hat, ist es von einem überwiegenden Verschulden der Angeklagten ausgegangen. Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. Das Oberste Gericht hat bereits ausgesprochen, daß jeder Verkehrsteilnehmer entsprechend dem in § 1 StVO niedergelegten Grundsatz der Vorsicht und gegenseitigen Rücksichtnahme im Straßenverkehr darauf vertrauen darf, daß sich andere Verkehrsteilnehmer entsprechend den Verkehrsvorschriften verhalten (Urteil des Obersten Gerichts 3 Zst V 4/58 vom 24. Juni 1958, NJ 1958 S. 679). Das gilt jedoch nicht, wenn aus den konkreten Umständen voraussehbar ist, daß sich ein anderer Verkehrsteilnehmer möglicherweise verkehrswidrig verhalten wird. In solchen Fällen muß auf die zu erwartende Verkehrswidrigkeit durch besondere Vorsicht Rücksicht genommen werden, um Gefährdungen von Personen und Sachen zu vermeiden. Im vorliegenden Falle bemerkte der Geschädigte bereits aus größerer Entfernung, daß die Angeklagte, die er zu überholen beabsichtigte, vorschriftswidrig nicht die äußerste rechte Seite der Fahrbahn, sondern die Straßenmitte benutzte. Es war daher geboten, die Absicht des Überholens durch ein Warnzeichen anzuzeigen. Das allein entband den Geschädigten jedoch nicht von anderen notwendigen Vorsichtsmaßnahmen (§ 17 Abs. 1 StVO). Insbesondere hätte er erst überholen dürfen, nachdem die Angeklagte seine Absicht bemerkt und dies zu erkennen gegeben hatte (§ 8 Abs. 1 Satz 3 StVO). Hätte sich die Angeklagte vorschriftsmäßig auf der äußersten rechten Seite der rechten Fahrbahnhälfte fortbewegt und auf das Warnsignal diese Fahrweise beibehalten, dann hätte dies von dem Geschädigten als Anzeichen angesehen werden können, daß die Angeklagte seine Absicht, zu überholen, bemerkt hatte. Das gleiche gilt, wenn die Angeklagte auf das Warnsignal die Straßenmitte verlassen und sich vorschriftsmäßig auf die äußerste rechte Seite der rechten Fahrbahnhälfte begeben hätte. Die Angeklagte verließ jedoch trotz des Warnzeichens die Fahrbahnmitte nicht und gab demzufolge nicht zu erkennen, daß sie die Überholungsabsicht bemerkt hatte. Es ergab sich somit für den Geschädigten die Pflicht, auf die Verkehrswidrigkeit der Angeklagten Rücksicht zu nehmen, seine Fahrt .zu verlangsamen und die Angeklagte rechtzeitig erneut auf seine Uberholungsabsicht aufmerksam zu machen, bis sie die Wahrnehmung dieser Absicht zu erkennen gegeben hatte. Das vom Geschädigten in einem Zeitpunkt, als er die Angeklagte fast eingeholt hatte, abgegebene zweite Warnzeichen war nur noch geeignet, die Angeklagte zu erschrecken und zu einer unbesonnenen Reaktion zu veranlassen. Das hätte der Geschädigte, der entgegen der Vorschrift des § 8 Abs. 1 StVO überholen wollte, voraussehen können und müssen. Hinzu kommt, daß Radfahrer oft seitlich schwanken und schon insoweit besondere Vorsicht beim Überholen geboten ist. Ferner wäre zu beachten gewesen, daß es der Geschädigte war, der die Entwicklung der Verkehrssituation als Überholender ständig vor Augen hatte und daher genügend Zeit und Gelegenheit hatte, ihr durch entsprechende Fahrweise Rechnung zu tragen. Dieses leichtfertige Verhalten des Geschädigten beseitigt zwar nicht das vom Kreisgericht zutreffend festgestellte Verschulden der Angeklagten; es hat jedoch im Verhältnis zum Verhalten der Angeklagten im weitaus überwiegenden Maße zur Verursachung des Unfalls und damit zur Körperverletzung beigetragen. Unter diesen Umständen erscheint die bedingt ausgesprochene Gefängnisstrafe von drei Monaten zu hoch. Unrichtig war es auch, den Schadensersatzantrag dem Grunde nach zu drei Vierteln für gerechtfertigt zu halten. Wenn auch dem Kassationsantrag insoweit nicht gefolgt werden kann, daß die Schuld des Geschädigten derart überwiegt, daß der Schadensersatzantrag abzuweisen ist, so hätte das Kreisgericht doch auch bei der zivilrechtlichen Verurteilung die überwiegende Schuld des Geschädigten feststellen und bei der Bemessung des Anteils des zu leistenden Schadensersatzes beachten müssen. Auf den Kassationantrag war daher das Urteil des Kreisgerichts im Strafausspruch und hinsichtlich der zivilrechtlichen Verurteilung aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Kreisgericht zurückzuverweisen. Zivil- und Familienrecht § 8 EheVO; Richtlinie Nr. 9 des OG. Zur Frage des Vorliegens ernstlicher Gründe für die Scheidung einer sogenannten „alten“ Ehe. OG, Urt. vom 5. März 1959 - 1 ZzF 8/59. Die Parteien haben im Jahre 1931 die Ehe geschlossen, aus der drei, jetzt bereits volljährige, Kinder hervorgegangen sind. Die Verklagte ist 53, der Kläger 49 Jahre alt. Der letzte eheliche Verkehr hat im März 1957 stattgefunden. Seit April 1957 leben die Parteien getrennt. Der Kläger ist Verwaltungsangestellter; die Verklagte ist nicht berufetätig. Der Kläger behauptet, die Ehe sei von Anfang an nicht glücklich gewesen. Er sei nach der Eheschließung fast zehn Jahre lang als Monteur auswärts beschäftigt gewesen. Dann sei er zur Wehrmacht eingezogen worden, aus der er erst im Jahre 1948 zurückgekehrt sei. In dieser Zeit sei eine Entfremdung zwischen den Parteien eingetreten, die auch nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft nicht überwunden worden sei. Es sei vielmehr zu erheblichen Differenzen zwischen ihnen gekommen. Ursache sei das' eifersüchtige Verhalten der Verklagten gewesen. Es sei schon zu üblen Szenen gekommen, wenn er sich auch nur mit einer anderen Frau unterhalten habe. Sie habe ihn mit Ausdrücken wie „Lump“ und „Hürenbock“ beschimpft und sei selbst vor Tätlichkeiten nicht zurückgeschreckt. Einmal sei sie mit dem Messer auf ihn losgegangen. Das Verhalten der Verklagten sei unerträglich gewesen. Er habe sich deshalb im Jahre 1955 einer anderen Frau zugewandt. Aus diesem Verhältnis sei ein am 17. März 1956 geborenes Kind hervorgegangen. Zur endgültigen Trennung von der Verklagten sei es im April 1957 gekommen, weil die Verklagte ihn aufgefordert habe, die Wohnung zu verlassen. Er sei deshalb zur Mutter seines nichtehelichen Kindes, Fräulein Th., gezogen, mit der er seitdem zusammenlebe. Er hat deshalb die Scheidung der Ehe beantragt. 714;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 714 (NJ DDR 1959, S. 714) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 714 (NJ DDR 1959, S. 714)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Organisierung und Durchführung einer planmäßigen, zielgerichteten und perspektivisch orientierten Suche und Auswahl qualifizierter Kandidaten Studienmaterial Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Grundfragen der weiteren Erhöhung der Effektivität der und Arbeit bei der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, an denen jugendliche Bürger der beteiligt ind Anforderungen an die Gestaltung einer wirk- samen Öffentlichkeitsarbeit der Linio Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung von Störungen sowie der Eingrenzung und Einschränkung der real wirkenden Gefahren erbringen. Es ist stets vom Prinzip der Vorbeugung auszuqehen. Auf Störungen von Sicherheit und Ordnung sowie des Geheimnisschutzes, der Zuarbeit von gezielten und verdichteten Informationen für Problemanalysen und Lageeinschätzungen und - der Aufdeckung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen für das Eindringen des Peindes in den Bestand auszurichten ist. Dazu noch folgendes: Dieser Seite der inoffiziellen Arbeit ist künftig mehr Aufmerksamkeit zu widmen, insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu unterstützen. Das erfordert, alle Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen diesen vorzubeugen, durch die die öffentliche Ordnung und Sicherheit angegriffen oder beeinträchtigt wird. Mit der Abwehr von Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage objektive und begründete Entscheidungsvorschläge zu unterbreiten. Die Zusammenarbeit im Untersuchungsstadium ist unverändert als im wesentlichen gut einzuschätzen. In Einzelfällen fehlt mitunter noch die Bereitschaft, bei Festnahmen auf frischer Tat usv sowie unter zielstrebiger Ausnutzung politisch-operativer Überprüfungsmöglichkeiten sind wahre Untersuchungsergebnisse zu erarbeiten und im Ermittlungsverfahren in strafprozessual vorgeschriebener Form auszuweisen.

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