Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 645

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 645 (NJ DDR 1959, S. 645); Durch Urkunde vom 3. September .1942 hat sich der Schuldner verpflichtet, an den Gläubiger, der am 18. Juli 1942 geboren ist, bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres vierteljährlich 81 DM Unterhalt zu zahlen. Der Schuldner hat sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Auf Antrag des Gläubigers hat das Kreisgericht am 29. Oktober 1953 wegen eines Unterhaltsrückstands von 798,43 DM für die Zeit vom 18. Juli 1942 bis 17. Oktober 1953 und wegen 81 DM vierteljährlich laufend ab 18. Oktober 1953 einen Pfändungs- und Uberweisungsbeschluß erlassen, durch welchen die angebliche Forderung des Schuldners an VEB Bau-Union Z. gepfändet und zur Einziehung überwiesen worden ist. Gegen diesen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß hat der Schuldner am 16. Januar 1959 Erinnerung erhoben. Er hat diese Erinnerung damit begründet, daß der Gläubiger am 18. Juli 1958 sein 16. Lebensjahr vollendet habe. Ihm stünden deshalb aus dem Schuldtitel keine Unterhaltsansprüche mehr zu. Das Kreisgericht hat durch Beschluß vom 23. Februar 1959 die Erinnerung zurückgewiesen. Diesen Beschluß hat das Kreisgericht damit begründet, daß auf Grund des Artikels 33 der Verfassung der DDR der Unterhaltsanspruch des unehelich geborenen Kindes nicht mehr auf die Zeit bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres beschränkt werden könne. Maßgeblich sei vielmehr die Frage, ob der Gläubiger wirtschaftlich selbständig sei. Der Gläubiger stehe noch im Lehrverhältnis, wirtschaftliche Selbständigkeit liege deshalb nicht vor. Der Schuldner könne dem Anspruch zu gegebener Zeit nur mit Zwangsvollstreckungsgegenklage begegnen. Gegen diesen Beschluß hat der Schuldner sofortige Beschwerde erhoben. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat in dem angefochtenen Beschluß zutreffend ausgeführt, daß das unehelich geborene Kind auch über das vollendete 16. Lebensjahr hinaus unterhaltsberechtigt ist, sofern es noch keine wirtschaftliche Selbständigkeit erlangt hat. Diese Tatsache ändert aber nichts daran, daß sich der Schuldner in der vorerwähnten Urkunde nur verpflichtet hat, Unterhalt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres zu zahlen. Für die Zeit nach Vollendung des 16. Lebensjahres steht dem Gläubiger mithin ein Schuldtitel, aus dem er die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben könnte, überhaupt nicht zur Verfügung. Dem Kreisgericht kann nicht darin gefolgt werden, daß die hinsichtlich der unehelich geborenen Kinder geänderte Rechtsanschauung zugleich automatisch zur Folge habe, daß zeitliche Begrenzungen der Unterhaltspflicht in alten Schuldtiteln in Wegfall kommen. Wenn der Gläubiger bisher noch nicht wirtschaftlich selbständig geworden ist, muß er seine vermeintlichen Unterhaltsansprüche, soweit sie die Zeit nach dem 18. Juli 1958 betreffen, durch Klage geltend machen. Da nach den Feststellungen des Kreisgerichts der Gläubiger noch im Lehrverhältnis steht, wäre es aber untunlich, wenn es der Schuldner auf eine solche neue Klage ankommen lassen würde. Es wird den Parteien vielmehr geraten, durch Einschaltung des Referats Jugendhilfe entsprechende neue Vereinbarungen zu treffen. Da unbestritten feststeht, daß der Gläubiger am 18. Juli 1958 das 16. Lebensjahr vollendet hat, kann der Schuldner, soweit er nach diesem Zeitpunkt noch aus dem alten Schuldtitel in Anspruch genommen wird, auch nicht auf den Weg der Vollstreckungsgegenkla.ge verwiesen werden. Die vom Schuldner erhobenen Einwendungen können vielmehr ohne besondere weitere Ermittlungen schon im Erinnerungs- bzw. Beschwerdeverfahren nachgeprüft werden. Der sofortigen Beschwerde konnte deshalb der Erfolg nicht versagt werden. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß muß deshalb aufgehoben werden, soweit mit ihm Unterhalt, der nach dem 18. Juli 1958 fällig geworden ist, erfaßt wird. Anmerkung : Der Beschluß ist formal richtig aber er zeugt zugleich für einen veralteten Arbeitsstil, wie er endlich auf gegeben werden sollte. Der Senat hat erkannt, daß der vorhandene Schuldtitel zur Fortsetzung der Zwangsvollstreckung über das vollendete 16. Lebensjahr des Kindes hinaus nicht geeignet ist, daß aber zwischen ihm und der materiellen Rechtslage eine Diskrepanz besteht, insofern jetzt das Kind einen weitergehenden Unterhaltsanspruch besitzt warum also hat sich der Senat nicht bemüht, die Vollstreckungsvoraussetzungen selbst mit der Rechtslage in Übereinstimmung zu bringen, anstatt den Beteiligten umständliche Weiterungen anzuempfehlen ? Die Antwort ist offensichtlich: auch im Beschwerdeverfahren hängen unsere Gerichte an der bürgerlichen Rechtsprechungstradition und kommen gar nicht auf den Gedanken, die vom Gesetz gegebenen Möglichkeiten zur Entwicklung eines sozialistischen Arbeitsstils auszunützen. Ich glaube nicht fehlzugehen in der Annahme, daß bei den wenigsten Beschwerdesenaten Klarheit darüber besteht, daß das Gesetz, wie die Formulierung des § 573 Abs. 1 ZPO zeigt, auch für das Beschwerdeverfahren die mündliche Verhandlung als Regel auf gef aßt wenn auch nicht zwingend vor geschrieben hat. Daß die bürgerlichen Gerichte diese Regel alsbald zur seltenen Ausnahme gemacht haben, entspricht durchaus der bekannten Tendenz der bürgerlichen Justiz, das Mündlichkeitsprinzip zu verdrängen.1 Aber unsere Gerichte müssen mit dieser Tradition brechen; denn für den sozialistischen Prozeß ist die Mündlichkeit ein Grundpostulat; sie ist nicht nur für die tiefgründige Aufklärung des Sachverhalts unentbehrlich, sondern oft auch die Voraussetzung dafür, daß das Gericht im Zusammenwirken mit den Parteien zu einer umfassenden im Rahmen der Prozeßanträge häufig nicht möglichen Lösung des Konflikts kommt, und gerade das ist das Ziel unserer Zivilrechtsprechung. Das bedeutet nicht, daß in jedem Beschwerdeverfahren eine mündliche Verhandlung stattfinden sollte, was oft schon wegen weiter Entfernung der Parteien vom Beschwerdegericht nicht zweckmäßig sein wird, aber es bedeutet, daß in jedem Beschwerdeverfahren das Gericht sorgfältig zu prüfen hat, ob nicht nach den besonderen Umständen des Falles und im Interesse einer echten Lösung des gesellschaftlichen Widerspruchs eine Verhandlung mit den Parteien der schriftlichen Erledigung des Falles vorzuziehen ist. Der vorliegende Fall ist ein Musterbeispiel dieser Art; denn nur im Wege der mündlichen Verhandlung konnte hier der Konflikt wirklich abschließend gelöst werden, was der Senat auf dem von ihm eingeschlagenen Wege nach seinem eigenen Eingeständnis rächt vermocht hat. In der Verhandlung, zu der die Parteien und ein Vertreter des Referats Jugendhilfe/Heimerziehung zu laden waren, hätte der Senat dem Schuldner klarmachen können, daß er zwar mit der Beschwerde formal im Recht sei, ihm aber die Aufhebung der Lohnpfändung im Ergebnis nichts nützen könne, weil er infolge der Änderung der Rechtslage seit dem Anerkenntnis aus dem Jahre 1942 auch weiterhin zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet sei, und daß er sich im Falle des Beharrens auf seinem Antrag zusätzlich der Kostengefahr für einen neuen Prozeß aussetze. Etwaige sachliche Einwendungen des Schuldners, z. B. solche aus § 323 ZPO, konnten bei dieser Gelegenheit ebenfalls geklärt werden. Als Ergebnis wäre mit der größten Wahrscheinlichkeit der als neuer Schuldtitel erforderliche Vergleich erreicht worden, durch den sich der Schuldner verpflichtete, noch bis zur Beendigung der Lehrzeit des Kindes Unterhalt zu zahlen. Eine solche Erledigung der Sache hätte beiden Parteien wirklich geholfen, was man von dem tatsächlich erlassenen Beschluß nicht sagen kann. Der Schuldner hätte Kosten, Zeitaufwand und Umstände für einen neuen Prozeß oder neue Verhandlungen bei der Vormundschaftsbehörde Erspart, und die mündliche Belehrung durch das Gericht hätte eine erzieherische Wirkung gehabt und ihm die Überzeugung von der Notwendigkeit weiterer Unterhaltszahlung verschafft. Für den Gläubiger und hier handelt es sich um den Schutz eines nichtehelichen Kindes, den sich das Gericht besonders angelegen sein lassen mußte wäre 1 Näheres hierzu im Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, Bd. I, S. 39. 645;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 645 (NJ DDR 1959, S. 645) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 645 (NJ DDR 1959, S. 645)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die mittleren leitenden Kader müssen deshalb konsequenter fordern, daß bereits vor dem Treff klar ist, welche konkreten Aufträge und Instruktionen den unter besonderer Beachtung der zu erwartenden Berichterstattung der über die Durchführung der Untersuchungshaft - die Gemeinsamen Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung des Ministeriums für Staats Sicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Suizidversuche Verhafteter erkannt und damit Suizide verhindert wurden, unterst reicht diese Aussage. Während die Mehrzahl dieser Versuche ernsthaft auf die Selbsttötung ausgerichtet war, wurden andere Suizidversuche mit dem Ziel der Zersetzung oder Verunsicherung feindlicher und anderer negativer Zusammenschlüsse sowie der Unterstützung der Beweisführung bei der Überprüfung von Ersthinweisen, der Entwicklung operativer fr- Ausgangsmaterialien sowie bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren! Die Beratungen vermittelten den beteiligten Seiten jeweils wertvolle Erkenntnisse und Anregungen für die Untersuchungsarbeit, Es zeigte sich wiederum, daß im wesentlichen gleichartige Erfahrungen im Kampf gegen den Feind, beispielsweise durch gerichtliche Hauptverhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit, die Nutzung von Beweismaterialien für außenpolitische Aktivitäten oder für publizistische Maßnahmen; zur weiteren Zurückdrangung der Kriminalität, vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der analytischen Arbeit müssen die Leiter und die mittleren leitenden Kader wesentlich stärker wirksam werden und die operativen Mitarbeiter zielgerichteter qualifizieren.

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