Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 626

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 626 (NJ DDR 1959, S. 626); Der Angeklagte erhielt für seine Spionagetätigkeit etwa 1100 DM der BdL und 2000 DM der DNB. 4. Der Angeklagte Huth besuchte in größeren Abständen die ihm von früher bekannte Familie Schulze in Berlin-Charlottenburg, Mommsenstraße 55. Anläßlich eines Besuches Anfang 1956 sagte ihm Schulze, daß im Nachbarhaus der frühere Großbauer Heyer wohne, er werde dort von einem früheren Schulkameraden erwartet. Der Angeklagte begab sich zu Heyer, traf aber keinen ehemaligen Schulkameraden, sondern eine ihm unbekannte Person an. Im Verlaufe des Gesprächs stellte sich heraus, daß diese Person ein Mitarbeiter des „Bundesnachrichtendienstes“ war. Der Bundesnachrichtendienst ist eine Spionageorganisation, die aus der früheren Organisation Gehlen hervorgegangen ist. Der Angeklagte erklärte sich bereit, gegen entsprechende Bezahlung für diese Organisation zu arbeiten. Er. war zu dieser Zeit als Materialausgeber in der Warnowwerft beschäftigt und sollte über die Produktion der Werft, das Bau- und Schiffsreparaturprogramm, Engpässe in der Materialbeschaffung, eventuelle personelle Veränderungen der leitenden Kader sowie über die Stimmung der Bevölkerung berichten. Er begab sich verabredungsgemäß 14 Tage später erneut nach Westberlin und traf in Berlin-Charlottenburg, Bleibtreustraße, im Lokal „Fürstenbräu“ mit dem Agenten des „Bundesnachrichtendienstes“ zusammen. Er berichtete auftragsgemäß und bekam in gleicher Richtung liegende weitere Aufträge. Die Berichte sollten aber aus Sicherheitsgründen nicht mehr mündlich überbracht, sondern künftig im Geheimschriftverfahren an eine Deckadresse in Westberlin geschickt werden. Dem Angeklagten wurde der Deckname „Kindermann“ gegeben, später „Kunert“ und „Kinel“. Außerdem wurde er in der Abfassung von Spionageberichten geschult. Ihm wurden Tabletten zur Herstellung von Geheimtinte ausgehändigt. Die Deckadresse lautete: Fritz Lachmann, Berlin-Lichterfelde, Drakestraße 64. Der Angeklagte sammelte auftragsgemäß unter Ausnutzung seiner Tätigkeit laufend die Informationen über den Betrieb der Werft, über die im Bau befindlichen Fahrgastschiffe sowie über den Umbau weiterer großer Schiffe. Er fertigte die Spionageberichte auf ihm geliefertem Papier an, versah sie mit Tarntexten und sandte auf diese Weise bis Ende 1956 etwa sieben*Be-richte an die genannte Deckadresse. Diese Berichte ergänzte er mündlich in fünf Zusammenkünften. Der Angeklagte erhielt monatlich 50 DM der BdL und . quittierte den Betrag jeweils mit seinem Decknamen. Ende 1956 wurde der Angeklagte bei einer Zusammenkunft im Lokal „Fürstenbräu“ einem anderen Agenten des Bundesnachrichtendienstes „Groß“ übergeben. Mit ihm wirkte der Angeklagte bis zu seiner Festnahme zusammen. Die Verbindung mit diesem Agenten wurde auf dem Postwege und durch persönliche Zusammenkünfte in Abständen von etwa sechs Wochen aufrechterhalten. Der Angeklagte bekam außerdem Westberliner Telefonnummern des „Bundesnachrichtendienstes“. Er sammelte im Aufträge von „Gross“ von Anfang 1957 während seiner Tätigkeit in Warnemünde mit großer Intensität täglich Informationen über alle ein- und auslaufenden Schiffe. Die Geheimberichte enthielten Angaben über Name, Herkunftsland, Bestimmungshafen, Art der Ladung und Tonnage. Er übermittelte ein nahezu lückenloses Bild des Güterumschlages und des Im- und Exports wichtiger Produkte, wie z. B. Kali und Chemikalien in die UdSSR, Schweden, Finnland, England und Norwegen. Die Berichte enthielten ferner Informationen über den Import von Fischen, Holz, Papier, Lebensmitteln, Baumwolle, Kautschuk, Erz, Dünger, Personenkraftwagen und Stahlwaren (Stabeisen und nahtlose Rohre) aus den sozialistischen und kapitalistischen Ländern in die Deutsche Demokratische Republik. Die Kenntnis dieser umfangreichen Angaben über den Im- und Export durch die westdeutsche Spionageorganisation war geeignet, Störmaßnahmen im innerdeutschen Handel und in den Beziehungen zum kapitalistischen Ausland auszulösen. Zur Durchführung dieses Auftrags erhielt der Angeklagte vom Agenten des „Bundesnachrichtendienstes“ eine Filmfolie, die verschiedene Anweisungen enthielt und die vom Angeklagten genau beachtet wurde. Die Folie war hinsichtlich der Erkundungen zum Hafen von Warnemünde in 24 Punkte und zu Rostock in 6 Punkte unterteilt. Sie forderte detaillierte Angaben über die Erforschung von wirtschaftlichen und militärischen Informationen durch den Angeklagten. So erkundete der Angeklagte entsprechend dieser Anweisung auf das genaueste rund 400 ein- und auslaufende Schiffe. Die Angaben wurden z. B. über folgende Vorgänge gefordert: durchfahrende Schiffe; Handelsschiffe im Hafen; Import und Export (Datum, Name, Heimat, Tonnage, Ladung, evtl. Unterlagen); bauliche und sonstige Veränderungen im Hafen; Waggonverladungen im Hafen (Ladung, Fahrtziel); Bunkerkohlenbestand; Baggertätigkeit (Datum, Name, Einsatzstelle) usw. usf. Die Übermittlung der im Geheimschriftverfahren hergestellten umfangreichen wirtschaftlichen Angaben es handelte sich während der Zusammenarbeit mit „Gross“ um etwa vierzig Spionageberichte erfolgte an zwei Deckadressen in Hannover, und zwar Friedei Klingenberg, Hannover, Stammestraße 83 *, und Hermann K. Jakobs, Hannover, Hansteinstraße 4. Die Übermittlung erfolgte in Abständen von zwei bis drei Wochen. Außerdem traf sich der Angeklagte in Abständen von vier bis sechs Wochen mit dem Agenten „Gross“ und ergänzte die Berichte. Es fanden mit „Gross“ etwa zehn Zusammenkünfte statt, meistens in der Pension „Mon repos“, Berlin-Charlottenburg, Düsseldorfer-Ecke Leib-nizstraße. Darüber hinaus berichtete der Angeklagte entsprechend den Anweisungen über Einheiten der Seestreitkräfte, in Warnemünde stationierte Einheiten der Deutschen Grenzpolizei und über eine Einheit der Sowjetarmee. Bei einer Zusammenkunft im Jahre 1958 mit „Gross“ erhielt der Angeklagte den Auftrag, im Stadtgebiet von Warnemünde zwei „tote Briefkästen“ anzulegen. Diese Briefkästen sollten, wie dem Angeklagten mitgeteilt wurde, im „Ernstfall“ zur Übermittlung von Spionagenachrichten dienen. Er erhielt zwei weitere Folien, die eine genaue Anleitung zur Arbeitsweise mit „toten Briefkästen“ und Angaben über das Sammeln militärischer Informationen enthielten. Auftragsgemäß legte er die „toten Briefkästen“ in Warnemünde an, den einen in einem Park in der Nähe des Bahnhofes, den zweiten an einem Kilometerstein auf der Straße Warnemünde-Bad Doberan. Skizzen über die Lage händigte er dem Agenten „Gross“ aus. Am 7. Mai 1959 traf der Angeklagte mit „Gross“ in der erwähnten Westberliner Pension erneut zusammen. „Gross“ übergab dem Angeklagten eine Konservendose mit der Aufschrift „Champignons“. Sie enthielt einen Kurzwellen-Konverter, der auf diese Weise gefahrlos in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik eingeschleust werden sollte. „Gross“ erklärte, daß dieses Gerät an einen Radioapparat mit doppeltem Lautsprecher angeschlossen werden sollte, damit der Angeklagte im Ernstfall Anweisungen erhalten könnte. Er sollte auch für die Bedienung dieses Gerätes geschult werden. Er erklärte sich einverstanden und transportierte den Kurzwellen-Konverter in die Deutsche Demokratische Republik. Der Angeklagte erhielt monatlich 50 DM der BdL, zuletzt 150 DM der BdL. Insgesamt wurden ihm etwa 3000 DM der BdL ausgehändigt. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Geständnissen der Angeklagten, den Aussagen der Zeugen, den Gutachten der Sachverständigen sowie den zum Zwecke des Beweises in der Hauptverhandlung verlesenen weiteren Gutachten, Dokumenten und den vorgelegten Beweisstücken. IV Der Angeklagte Keimling war seit Ende 1955, die Angeklagten Gebhardt und Brehmer seit Frühjahr 1957 angeworbene und bezahlte Spione des amerikanischen Geheimdienstes, der Angeklagte Huth seit Beginn des Jahres 1956 angeworbener und bezahlter Spion des westdeutschen „Bundesnachrichtendienstes“. Es ist erwiesen, daß es sich bei den namentlich genannten Auftraggebern der Angeklagten um Vertreter der Spionageorganisation eines anderen Staates nämlich der USA bzw. Vertreter der westzonalen Spionageorganisation „Bundesnachrichtendienst“ handelt, deren Tätigkeit sich gegen die friedliche und demokratische Entwicklung der Arbeiter-und-Bauern-Macht und das sozialistische Lager £26;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 626 (NJ DDR 1959, S. 626) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 626 (NJ DDR 1959, S. 626)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der Dietz Verlag Berlin Honecker, Die Aufgaben der Partei bei der weite ren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der. Aus dem Referat auf der Beratung mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Sachverständigen unter sicherheitspolitischen Erfordernissen Klarheit über die Frage Wer ist wer? wurden in guter Qualität erfüllt. Zur Unterstützung cor politisch-operativen Aufklarungs- und Ab-wehrarbeit anderer Diensteinneiten Staatssicherheit wurden., üoer, Auskunftsersuchen zu Personen ozwsännen-hängen aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus aufgeklärt; gegenseitig teilweise mit sehr hohem Arbeitsaufwand erar-beitete Materialien als Grundlage für weitere offensive, operative und rechtliche Maßnahmen zur Verfügung gestellt.

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