Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 597

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 597 (NJ DDR 1959, S. 597); Partei Vorbehalten bleiben wird. Die zu dieser Frage entwickelten Auffassungen sind nun aber auch maßgeblich für die Stellungnahme zu der Streitfrage, ob das Gericht, wenn durch Klage oder Widerklage ein bestimmter Anspruch geltend gemacht worden ist, über den Parteiantrag hinausgehen und der Partei mehr oder etwas anderes zusprechen kann, als diese gefordert hat. Es ist dies eine Frage, die nicht nur Stellung und Befugnisse des Gerichts betrifft, sondern zugleich auch die der Parteien, insofern ihre Bejahung eine Einschränkung der Befugnis der Partei zur Disposition über das subjektive Recht einschließt. Es mag vorausgeschickt werden, daß diese Problematik zwar eine gewisse prinzipielle, aber keine sehr große praktische Bedeutung besitzt. Fordert der Kläger PCO DM Schadensersatz, und ist das Gericht der Meinung, er könne 600 DM beanspruchen, so ist das Gericht verpflichtet und diese Verpflichtung wird gesetzlich festzulegen sein , ihn darauf hinzuweisln und ihm Gelegenheit zur Änderung seines Antrages zu geben, genau wie in dem Fall, in dem der Kläger Wandlung begehrt, das Gericht aber zu der Auffassung gelangt, daß zwar nicht Wandlung, aber ein Anspruch auf Ersatzlieferung oder Nachbesserung begründet sei. Mit Recht verfahren wohl die meisten Gerichte schon heute so, und es wird sich in der Praxis kaum jemals ereignet haben, daß der Kläger dem gerichtlichen Hinweis nicht Folge geleistet, d. h. den Anspruch nicht erhöht bzw. den vom Gericht für zutreffend gehaltenen anderen Antrag nicht wenigstens hilfsweise gestellt hat. In den seltenen Ausnahmefällen aber, in denen das nicht geschieht, ist anzunehmen, daß der Kläger seine Gründe hierfür hat, und ich bin gegen Püschel5 der Auffassung, daß das Gericht auch in die§gn .Fällen an den Antrag gebunden sein sollte. Es handelt sich hier, wie bemerkt, im Grunde um die schon erörterte Frage, ob das Gericht befugt sein solle, von Amts wegen Zivilprozesse einzuleiten, was als der spezifischen Funktionsweise der gerichtlichen Tätigkeit widersprechend oben abgelehnt wurde. Im Prinzip ist es kein Unterschied, ob ein subjektives Recht von dem Berechtigten überhaupt nicht oder ob es bewußt nur in einem bestimmten Umfang geltend gemacht wird: soweit es über diesen Umfang hinausgeht, ist es eben nicht geltend gemacht, und wollte das Gericht dem Kläger trotzdem mehr zusprechen, als er begehrt, so würde es damit insoweit eine Parteiforderung von Amts wegen rechtshängig machen. Das kann schon deshalb nicht zulässig sein, weil darin, daß der Kläger eine einheitliche Forderung trotz gerichtlichen Hinweises nicht in dem vom Gericht' für begründet ge-haltenen Umfang geltend macht, in der Regel ein außergerichtlicher Verzicht auf die Differenz liegen wird; in diesen Fällen soll also das Gericht nicht über den Antrag hinausgehen, sondern aufklären, weshalb der Kläger bei seinem ursprünglichen Anträge bleibt. Die Unzulässigkeit der Abweichung vom Antrag gilt verstärkt, wenn es sich darum handelt, daß das Gericht nicht den geltend gemachten Anspruch, aber einen anderen Anspruch für begründet hält: hier ist die Klage abzuweisen, wenn der Kläger es ablehnt, einen neuen Antrag gegebenenfalls hilfsweise zu stellen. Diese Ausführungen betreffen natürlich nur Fälle, in denen das Gericht keine Gestaltungsbefugnisse besitzt, in denen es also nicht durch das materielle Recht ermächtigt ist, das streitige Rechtsverhältnis unabhängig von den Parteianträgen zu gestalten. Es wurde schon gesagt, daß solche Befugnisse im neuen Zivilrecht vermutlich größere Bedeutung gewinnen werden; ein wichtiger Fall dieser Art im gegenwärtigen Recht betrifft den Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder im Eheprozeß. Der ausschlaggebende Gesichtspunkt für die Stellungnahme zu dieser Problematik ist die Erkenntnis, daß es des behandelten Eingriffs in die Verfügung der Partei über ihren Anspruch gar nicht bedarf, um eine erschöpfende und der gesellschaftlichen Entwicklung gerecht werdende Konfliktslösung sicherzustellen. Denn der Umfang der Untersuchung und Klärung des Streits soll ja nicht von den Parteianträgen abhängen; er soll grundsätzlich in jedem Prozeß auf die Gesamtlösung des gesellschaftlichen Widerspruchs gerichtet sein, und S NJ 1959 S. 130. gerade dem dienen ja die umfassenden Befugnisse des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts und Einbeziehung Dritter in den Prozeß. Dieses Ziel aber wird vollständig erreicht, wenn in den Urteilsgründen die gegenseitigen Rechtsbeziehungen der Prozeßbeteiligten in bezug auf den Streitfall in ihrer Gesamtheit und mit Rechtskraftwirkung geklärt werden. In dem obigen Beispielsfall wird also das Gericht in den Gründen zum Ausdruck bringen, daß sich der Anspruch des Klägers auf 600 DM beläuft, von denen ihm wegen seines ausdrücklich auf 500 DM beschränkten Antrags nur dieser Betrag zugesprochen werden konnte; zugleich wird es, um auch für die Zukunft klare Verhältnisse zu schaffen, feststellen, weshalb die Beschränkung erfolgte, gegebenenfalls also, daß in dem Verhalten des Klägers ein Verzicht auf die Differenz liege. Wenn, wie bemerkt, die bisher behandelten Fälle dieser Art praktisch kein großes Gewicht haben, so ist eine verwandte Problematik von eminent praktischer Bedeutung, nämlich der Fall, daß der Klageanspruch ausdrücklich nur als Teil einer größeren Forderung geltend gemacht wird. Solange im Zivilprozeß staatliche Abgaben erhoben un diese nach der Höhe des Streitwerts berechnet werden und das dürfte bis auf weiteres der Fall sein , wird man einer Partei besonders dann, wenn es sich in ihrer Sache um eine schwierig zu entscheidende Rechtsfrage handelt, kaum verwehren können, von ihrer Dispositionsbefugnis zur Ersparung von Kosten derart Gebrauch zu machen. Das durch die geltende ZPO bedingte Verfahren in solchen Sachen ist ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den Widersinn der Fallisolierung durch das bürgerliche Recht: da die Rechtskraft nur den geltend gemachten Teilanspruch ergreift, besteht durchaus die Möglichkeit und ist es oft genug vorgekommen daß über Teile derselben Gesamtforderung entgegengesetzte Entscheidungen ergehen. Es ist klar, daß sich der sozialistische Zivilprozeß mit einer solchen Regelung nicht abfinden kann. . Bei Anwendung der oben dargestellten Grundsätze würde das Gericht auch hier ohne Rücksicht darauf, daß nur eine Teilforderung rechtshängig ist, den Anspruch in seiner Gesamtheit zu untersuchen und aufzuklären und über ihn zum mindesten dem Grunde nach in den Entscheidungsgründen mit Rechtskraftwirkung zu befinden haben ob es in jedem einzelnen Fall angebracht ist, auch bereits die Höhe der Forderung in den Gründen festzulegen, wäre noch zu untersuchen. Damit wäre erreicht, daß schon im Verfahren über den Teilanspruch der Konflikt' im wesentlichen geklärt wird. Ein solches Verfahren ergäbe allerdings in Verbindung mit der derzeitigen Zuständigkeitsregelung die Schwierigkeit, daß dann u. U. ein Gericht wenn auch nicht im Urteilstenor über einen An-, spruch befinden müßte, für den es sachlich nicht zuständig ist. Dem wäre durch eine neue Zuständigkeitsregelung zu begegnen, für die es verschiedene Möglichkeiten gibt. In erster Linie wäre zu prüfen, ob mit der Herausbildung sozialistischer Gerichte und unter den Kautelen der staatsanwaltlichen Mitwirkung die Entwicklung nicht so weit vorangeschritten ist, daß an die Beseitigung der in der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Kreisgerichte noch bestehenden Ausnahme (§ 42 GVG) gedacht werden kann. Wird das verneint, so könnte diese Ausnahme auf die Fälle erstreckt werden, in denen der Gesamtbetrag einer nur teilweise geltend gemachten Forderung die Zuständigkeitsgrenze des Kreisgerichts übersteigt. Schließlich könnte man auch dem Vorbild einer Bestimmung des chinesischen Gerichtsverfassungsgesetzes folgen, nach der die Gerichte eine an sich in ihre Zuständigkeit fallende Sache dem jeweils höheren Gericht mit der Bitte um Übernahme vorlegen können, wenn der Fall „von großer Bedeutung ist und daher vor einem höheren Geridit verhandelt werden sollte“. Das Ergebnis der bisherigen Erörterung zur Frage der Parteidisposition läßt sich dahin zusammenfassen, daß diese im Grundsatz keine Einschränkung erfahren sollte, soweit es sich um die Geltendmachung des subjektiven Rechts durch Klageerhebung oder Klageerweiterung handelt oder mit anderen Worten: soweit eine Disposition in Frage steht, die ihrerseits erst zum Anhängigwerden des Anspruchs führt. 597;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 597 (NJ DDR 1959, S. 597) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 597 (NJ DDR 1959, S. 597)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit getroffenen Festlegungen sind sinngemäß anzuwenden. Vorschläge zur Verleihung der Medaille für treue Dienste in der und der Ehrenurkunde sind von den Leitern der Diensteinheiten der Linie zu prüfen, wie diesen Problemen vorbeugend und offensiv begegnet werden kann. Ein Teil der Beschwerden kann vermieden werden, wenn die innerdienstlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der Vollzugsorgane sowie Rechte und Pflichten der Verhafteten. Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit aus dem Oahre durch dienstliche Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, wie zum Beispiel die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes unterstellt. Er ist dem Vorführer gegenüber weisungs- und kontrollberechtigt.

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