Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 570

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 570 (NJ DDR 1959, S. 570); Aus den Gründen des Kritikbeschlusses: Im vorliegenden Fall kam es für die vom Gericht gemäß § 347 StPO zu treffende Entscheidung, ob die Verurteilte die bei Gewährung der bedingten Strafaussetzung in sie gesetzten Erwartungen erfüllt hat und die gegen sie ausgesprochene Strafe zu erlassen ist oder vollstreckt werden muß, auf die Feststellung an, wie sich die Verurteilte innerhalb der ihr auferlegten Bewährungszeit verhalten hat. Mit dieser die Entscheidung des Gerichts vorbereitenden Feststellung wurde der Abschnittsbevollmächtigte der Deutschen Volkspolizei von beauftragt. In seinem daraufhin erstatteten Ermittlungsbericht hat der Abschnittsbevollmächtigte mitgeteilt, daß die Verurteilte im Braunkohlenwerk tätig ist, ihre Arbeit nicht zufriedenstellend ausführt, bei ihren Kollegen Schulden macht, die sie erst nach mehrmaligen Ermahnungen bezahlt, und ebenso bei der Gemeinde mit der Miete dm Rückstand ist, die stets durch Lohnpfändungen eingeholt werden müsse. Ferner wurde mitgeteilt, daß die Verurteilte trotz ihrer zwischenzeitlichen Verheiratung mit anderen verheirateten Männern verkehrt, so daß die Bürger in ihrem Wohnort daran Anstoß nehmen. Auf Grund dieser Beurteilung hat der Staatsanwalt des Kreises beim Kreisgericht den Antrag gestellt, gegen die Verurteilte gemäß § 347 StPO die Vollstreckung der bedingt ausgesetzten Strafe anzuordnen. Diesem Antrag hat das Kreisgericht unter Zugrundelegung des vom Abschnittsbevollmächtigten erstatteten Führungsberichts entsprochen. An dem sowohl vom Staatsanwalt des Kreises als auch vom Kreisgericht völlig kritiklos übernommenen Bericht des Abschnittsbevollmächtigten ist zunächst zu beanstanden, daß darin die einzelnen Umstände des Verhaltens der Verurteilten lediglich formal aufgezählt werden und nicht ersichtlich ist, welche Grundlage der Bericht hat. Im übrigen hat sich aber folgendes ergeben: Nachdem das Kreisgericht, gestützt auf die Angaben des Abschnittsbevollmächtigten, die Strafvollstreckung angeordnet und der Beschäftigungsbetrieb der Verurteilten hiervon Kenntnis erlangt hatte, sind auf Initiative des Betriebes Beurteilungen über das Verhalten der Verurteilten während der Bewährungszeit eingeholt worden, die ein völlig anderes Persönlichkeitsbild der Verurteilten ausweisen, als es im Führungsbericht des Abschnittsbevollmächtigten dargestellt worden ist. Danach entsprechen die im Bericht des Abschnittsbevollmächtigten gemachten Angaben nicht den Tatsachen. Aus dem Schreiben des VEB Braunkohlenwerk ergibt sich ferner, daß der Abschnittsbevollmächtigte, soweit es sich um das Verhalten der Verurteilten auf ihrem Arbeitsplatz handelt, auch keine Auskünfte von der hierfür maßgebenden Kaderabteilung des Betriebes eingeholt hat. Die sich danach ergebende nicht zu vertretende Arbeitsweise des mit der Ermittlung des Verhaltens der Verurteilten beauftragten Abschnittsbevollmächtigten verstößt gegen den in § 108 StPO gesetzlich normierten und für alle im Zusammenhang mit einem Strafverfahren vorzunehmenden Ermittlungshandlungen geltenden Grundsatz der Erforschung der objektiven Wahrheit; sie hat mit dazu beigetragen, daß das Kreisgericht zu einem sachlich, rechtlich und damit politisch falschen Ergebnis gelangt ist und die ergangene Entscheidung mithin auch nicht die erforderliche politisch-erzieherische Wirkung haben konnte. Das gleiche gilt auch für die Arbeit des Staatsanwalts des Kreises, der, wie bereits angeführt, den schon seines formalen Inhalts wegen unzulänglichen Bericht des Abschnittsbevollmächtigten völlig kritiklos übernommen und als Grundlage für seinen Antrag an das Kreisgericht auf Anordnung der Vollstreckung der bedingt ausgesetzten Strafe verwertet hat. Der Staatsanwalt des Kreises hätte sich mit dieser Beurteilung nicht begnügen dürfen. Er hätte vielmehr beachten müssen, daß bei allen im Zusammenhang mit einem Strafverfahren beizuziehenden Charakteristiken über einen Bürger grundsätzlich eine Beurteilung durch ein Kollektiv einzuholen ist, um eine umfassende und irrtumsfreie Einschätzung zu gewährleisten. Das ist vor allem dann erforderlich und ohne weiteres auch möglich, wenn, wie im vorliegenden Fall, das Verhalten eines Bürgers innerhalb seines Arbeitskollektivs be- urteilt werden muß; diese Einschätzung vermag zuverlässig nur das Kollektiv zu geben, in dem der zu Beurteilende ständig arbeitet, nicht aber eine diesem Kollektiv nicht angehörende Einzelperson. Darüber hinaus ist ciese dem sozialistischen Arbeitsstil entsprechende Form der Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Werktätigen auch geeignet, die gesellschaftliche Entwicklung des zu beurteilenden Bürgers durch das Kollektiv vorzubereiten. Die dem Führungsbericht des Abschnittsbevollmächtigten selbst zu entnehmenden erheblichen Mängel hätten den Staatsanwalt vor Stellung seines Antrags beim Kreisgericht veranlassen müssen, gründlichere Ermittlungen anzuordnen bzw. von dem Beschäftigungsbetrieb der Verurteilten direkt eine Beurteilung anzufordern. Das Oberste Gericht hat schon des öfteren wenn auch in nicht so krasser Form Unzulänglichkeiten in der Arbeit von Abschnittsbevollmächtigten und Staatsanwälten bei der Erteilung und Verwendung von Personenbeurteilungen feststellen müssen. Eine solche Arbeitsweise ist nicht geeignet, die Entwicklung der Justizorgane zu sozialistischen Organen der Justiz zu fördern und das Vertrauen der Bevölkerung zur Justiz zu festigen. § 222 StGB. Zur Kausalität und Schuld bei fahrlässiger Tötung, wenn dem Eintritt des Todes nach einem verbotenen Eingriff entgegen den Erkenntnissen der Medizin und entgegen den ärztlichen Wahrnehmungen und Pflichten nicht mit den notwendigen und möglichen Maßnahmen entgegengewirkt wurde. KG, Urt. vom 28. April 1959 - Ust II 17/59. Der Angeklagte hatte in B. eine selbständige Praxis als Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenleiden. Er war dreimal verheiratet. Seine erste Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen, wurde 1948 geschieden. Seine zweite Ehe wurde ebenfalls geschieden. Seine geschiedene Ehefrau verstarb bald nach der Scheidung an einer Uberdosis von Schlaftabletten. Die dritte Ehefrau des Angeklagten ist nach einem vom Angeklagten herbeigeführten Abort an Sepsis verstorben. Wie das Stadtgericht festgestellt hat, hat der Angeklagte sich durch unrichtige Eintragungen in das Opiatbuch Rauschmittel verschafft und sie für sexuelle Ausschweifungen verwendet. Weiterhin hat er fortgesetzt in mindestens sechs Fällen Abtreibungshandlungen vorgenommen. So hat er im Jahre 1953 an seiner zweiten Ehefrau, im Jahre 1956 an seiner Sprechstundengehilfin, mit der er sexuell verkehrte, Abtreibungen vorgenommen. Weitere Abtreibungen hat der Angeklagte in den Jahren 1957 und 1958 bei seiner dritten Ehefrau und einem mit ihm weitläufig verwandten jungen Mädchen, mit dem er seit dem Tode der Ehefrau in einem eheähnlichen Verhältnis zusammenlebte, vorgenommen. Zu der Schwangerschaftsunterbrechung an seiner dritten Ehefrau hat das Stadtgericht im einzelnen folgendes festgestellt: Die Ehefrau des Angeklagten war unmittelbar nach ihrer Entbindung erneut schwanger. Der Angeklagte hat daraufhin mit Einverständnis seiner Ehefrau, nachdem er sie in Narkose versetzt hat, eine Weitung des Muttermundes durch Einsetzen von Stiften zum Zwecke der Abtreibung vorgenommen. Dieser Eingriff führte nach drei Tagen zum Ausstoß der Leibesfrucht. Der Angeklagte ver-aniaßte seine Ehefrau sodann, den Zeugen Dr. K. aufzusuchen, und ließ dort eine Ausschabung vornehmen. Diesen Arzt ließ der Angeklagte in Unkenntnis über seinen vorangegangenen Eingriff. Der Zeuge ging von der medizinischen Auffassung aus, daß es sich um einen konstitutionell bedingten Abort handele, und sah keine Veranlassung, die Einweisung der Patientin in eine Klinik vorzunehmen. In Unkenntnis des vorangegangenen provozierten Aborts verordnete er auch keine antibiotischen Mittel, sondern beschränkte sich auf die Anordnung von Bettruhe. Das Stadtgericht hat weiter festgestellt, daß sich der Angeklagte in der Folgezeit wenig um seine Ehefrau kümmerte und die Temperaturkontrolle nur nachlässig vor-nahm. Nachdem seine Ehefrau nach einigen Tagen hohes Fieber mit Temperaturen bis zu 40° hatte, unterließ er auch die ärztlich gebotene Gegenkontrolle durch Messung des Pulses. Er verabreichte seiner Ehefrau Mittel zur Fieberbekämpfung, obwohl er die Möglichkeit erkannte, daß die Fiebererscheinungen ihre Ursache in einer Entzündung der Gebärmutterschleimhaut haben könnten. Als der Zustand immer bedrohlicher wurde, zog der Angeklagte kurz nacheinander zwei Internisten zu Rate. Er sagte ihnen aber nichts von dem vorausgegangenen Abort und versicherte, daß die Krankheit keine gynäkologischen Ursachen habe. Er lenkte damit die Aufmerksamkeit der 5 70;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 570 (NJ DDR 1959, S. 570) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 570 (NJ DDR 1959, S. 570)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Leiter der Hauptabteilung führte jeweils mit den Leiter der Untersuchungsorgane des der des der des der und Erfahrungsaustausche über - die Bekämpfung des Eeindes und feindlich negativer Kräfte, insbesondere auf den Gebieten der Wer ist wer?-Arbeit sowie der Stärkung der operativen Basis, hervorzuheben und durch die Horausarbeitung der aus den Erfahrungen der Hauptabteilung resultierenden Möglichkeiten und Grenzen der Effektivität vorbeugender Maßnahmen bestimmt. Mur bei strikter Beachtung der im Innern der wirkenden objektiven Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung und der Klassenkampfbedingungen können Ziele und Wege der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit auf der speziell kriminologischen Ebene der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Kriterien der Bewertung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diensteinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirlcl ichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und des vor allem von kriminellen Menschenhändlerbanden betriebenen staatsfeindlichen Menschenhandels hat Staatssicherheit durch den zielstrebigen, koordinierten und konzentrierten Einsatz und die allseitige Nutzung seiner spezifischen Kräfte, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung in den Verantwortungsbereichen weiter erhöht hat und daß wesentliche Erfolge bei der vorbeugenden Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche erzielt werden konnten.

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