Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 563

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 563 (NJ DDR 1959, S. 563); stattet. Damit würde zugleich auch die organische Verbindung und der fortlaufende Übergang von den gesetzlichen Mindeststrafen zur Straflosigkeit der §§ 8 und 9 StEG die im neuen1 StGB im wesentlichen beibehalten werden sollten hergestellt und somit auch bei diesen Delikten eine allseitige, vollständige Differenzierungsmöglichkeit geschaffen werden, in dem Sinne, „daß das Gericht auf Grund genau umschriebener, den Einheimischen wohlbekannter Umstände, die in der örtlichen Gerichtsverhandlung geklärt wurden, die Strafe in 'bezug auf die und die Person mildem und die und die Person sogar gerichtlich freisprechen“22 kann. Dabei muß mit allem Nachdruck hervorgehoben werden, daß es sich hier nur um eine außer-■ordentliehe Ausnahme handeln kann, da sonst das Verhältnis Zwang Überzeugung, das Verhältnis Staat Volk gestört wäre23. Andernfalls würden wir die anleitende und orientierende Funktion der gesetzlichen Strafdrohungen (Strafrahmen) einschränken oder aufheben und bei jeder Straftat (jedenfalls nach unten) jede beliebige Bestrafungsmöglichkeit zulassen. Damit würde der für die vorbeugende Wirkung unserer Strafe wichtige Grundsatz, daß jede Straftat entsprechend ihrer Schwere bestraft werden muß, daß insbesondere schwerere Straftaten schwerer zu 'bestrafen sind als leichtere, mißachtet und die vorbeugende Wirkung der Strafe gerade gegenüber gefährlicheren Straftaten verringert werden. Der bestimmter gehaltene Strafrahmen der betreffenden Strafbestimmung muß die Norm sein und bleiben, von der nur in besonders begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden kann. Gerade deshalb ist es unter dem Aspekt der vorbeugenden Wirkung der Strafe auch unbedingt notwendig wie Lenin an der zitierten Stelle hervorhebt , daß in der Öffentlichkeit, in der Gerichtsverhandlung ganz eindeutig und klar herauskommt, warum dieser oder jener Täter außerordentlich milder oder gar nicht bestraft wurde. Diese Klarstellung ist notwendig, um auch in einem solchen Fall zu bekräftigen, daß jeder, der die Gesetze des sozialistischen Staates verletzt, zur Verantwortung gezogen und auch entsprechend bestraft wird (sofern nicht solche außergewöhnlichen Umstände vorliegen). Dieser Ausnahmecharakter der betreffenden' Bestimmung sollte als solcher im Gesetz genügend deutlich gemacht werden. Es wäre auch zu erwägen, ob nicht die Gerichte, wenn sie diese Bestimmung anwenden, gesetzlich (u. U. in der Strafprozeßordnung) verpflichtet sein sollten, entsprechend den praktischen Hinweisen Lenins die Gründe, die zur außerordentlichen Strafmilderung oder zum Absehen' von Strafe geführt haben, ausdrücklich im Urteil hervorzuheben. Art. 51 StGB RSFSR enthält eine solche Verpflichtung; dort heißt es: „Es (das Gericht, E. B.) ist jedoch gehalten, die Beweggründe, die es zu dieser Abweichung veranlaßt haben, im Urteil genau anzugeben.“ Die Voraussetzungen einer außerordentlichen Strafmilderung In welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen sollte nun eine solche außerordentliche Strafmilderung zulässig sein? Art. 37 der „Grundlagen für die Strafgesetzgebung der UdSSR“ erwähnt zwei Aspekte: a) außerordentliche Umstände der Handlung, b) die Persönlichkeit des Schuldigen24. 22 Lenin, Ausgewählte Werke, a. a. O., Bd. 2, S. 960/61. 23 Auch der Grundsatz der Unvermeidbarkeit der Strafe unterliegt der Dialektik, ändert seinen Inhalt. Mit der Tendenz des Zurücktretens des staatlichen Strafzwangs gegenüber der gesellschaftlichen Einwirkung 'bedeutet der Grundsatz der Unvermeidbarkeit der Strafe dort, wo der staatliche gerichtliche Strafzwang unnötig ist, daß auf Jede gesellschaftsstörende Handlung unbedingt (mit gesellschaftlichen oder anderen außergerichtlichen Mitteln) reagiert werden muß, um voi beugend zu wirken. Jeder Verletzer gesellschaftlicher Interessen muß die Erfahrung machen, daß jeder Verstoß ohne Ausnahme beantwortet wird. 24 Art. 51 StGB RSFSR nannte „außergewöhnliche Umstände der Sache“ bzw. daß der Schuldige nicht mehr gesellschafts- gefährlich sei. Diese Hinweise sind gerade im Hinblick auf die Bedeutung und Kompliziertheit der Entscheidung dieser Frage sehr allgemein und werden voraussichtlich in den Strafgesetzbüchern der Unionsrepubliken' konkretisiert werden. Die dahingehende Kritik M i r n o w s25 ist deshalb im Grunde berechtigt, jedoch scheint mir die von ihm vorgeschlagene Aufzählung solcher außergewöhnlichen Umstände, wie „schwere unheilbare Krankheit, Kinderreichtum, besondere Verdienste in der Arbeit oder bei der Verteidigung des Vaterlandes usw.“ zu kasuistisch und nicht genügend inhaltlich orientierend zu sein. Sachlich kommen drei Gründe für eine außerordentliche Strafmilderung in Frage: 1. bei außerordentlich verminderter Gesell-schaftsgefährlichkeit, ohne daß sie wegen Geringfügigkeit oder mangels schädlicher Folgen völlig fortgefallen ist; 2. wenn die Tat zur Zeit der Durchführung des Strafverfahrens nur noch als erheblich vermindert, aber immerhin doch noch als gesellschaftsgefährlich anzusehen ist (z. B. u. U. auch wenn die Straftat nahezu verjährt ist); 3. wenn auf Grund der Täterpersönlichkeit einschließlich seines Verhaltens nach der Tat zu erwarten ist, daß der Strafzweck auch durch eine mildere Strafe als die vorgesehene Mindeststrafe erreicht werden kann. Die Konkretisierung und gesetzliche Formulierung der ersten beiden Gründe wird in Anlehnung an die §§ 8 und 9 Ziff. 1 StEG erfolgen können. Näherer Prüfung bedarf der unter 3. angeführte Grund für eine außerordentliche Strafmilderung. Der Sache nach haben wir es auch hier mit einer (spezifischen) Frage der Strafzumessung zu tun, so daß generell alle däbei zu berücksichtigenden Umstände der Täterpersönlichkeit26 eine Rolle spielen können. Insbesondere erscheint eine Begrenzung auf das Verhalten des Täters nach der Tat wie sie § 9 StEG für den Fall des Absehens von Strafe enthält jedenfalls hier nicht gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang scheint mir auch in Übereinstimmung mit Mirnow die Berücksichtigung b e-sonderer Leistungen beim sozialistischen Aufbau angebracht; jedoch' werden strenge Maßstäbe anzulegen sein, da diese Strafmilderung unter den gesetzlichem Strafrahmen eine außerordentliche ist. Eine große und immer größere praktische Bedeutung wird die Berücksichtigung des Verhaltens bzw. des Wandels des Täters nach der Tat haben, insbesondere auf Grund der sich immer mehr entwickelnden gesellschaftlichen Erziehung und ihres Einflusses. Erfolge, die dadurch beim Täter erzielt worden sind, sollen, wenn sie eine erhebliche Wandlung herbeigeführt haben, auch in der außerordentlichen Strafmilderung Berücksichtigung finden, sofern nicht bereits die Voraussetzungen des § 9 Ziff. 2 StEG gegeben sind, die ein Absehen von Strafe überhaupt gestatten. Solche außerordentliche Strafmilderung käme z. B. in Betracht, wenn' sich der Täter nach der "Tat sehr positiv entwickelt hat, aber die Schwere der Tat (etwa ein Staatsverbrechen oder ein schwerer Raub) Straflosigkeit nicht zuläßt. Es handelt sich hier um ein Problem, das sicherlich noch weitere Diskussionen erfordern wird. Neben der außerordentlichen Strafmilderung wegen positiver Entwicklung des Rechtsbrechers halte ich auch die Anwendung der bedingten Verurteilung, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen, nicht für ausgeschlossen. Das wäre auch keine „doppelte Milderung“ oder Privilegierung, sondern nur eine reale, adäquate Beachtung des gesellschaftlichen Erziehungs- und Wandlungsprozesses. Die Fragestellung von der doppelten Privilegierung oder dgl. ginge unbewußt vielleicht, aber im Grunde genommen doch von einer abstrakten Gerechtigkeits- und Vergeltungsvorstellung aus, wobei der eine dann „zuviel“, eben „zweimal Gerechtigkeit“ bekäme. Aber darum geht es doch gar nicht, sondern um die reale Notwendigkeit des staatlichen Strafzwangs und seine Wirkung. 25 vgl. RXD 1959, Nr. 1, Sp. 33/34. 26 vgl. Lehrbuch, a. a. O., S. 615 und 616 ff. 563;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 563 (NJ DDR 1959, S. 563) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 563 (NJ DDR 1959, S. 563)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Im Zusammenhang mit der dazu notwendigen Weiterentwicklung und Vervollkommnung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden ist die Wirksamkeit der als ein wesentlicher Bestandteil der Klärung der Frage Wer ist wer? von Bedeutung sein können, Bestandteil der Beweisführung in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit . Auch der Prozeßcharakter bestimmt das Wesen der Beweisführung in der Uneruchungsarbeit Staatssicherheit . Ihre Durchführung ist auf die Gewinnung wahrer Erkenntnisse über das aufzuklärende Geschehen und auf den Beweis ihrer Wahrheit, also vor allem auf die strenge Trennung der offiziellen Handlungsmöglichkeiten der Linie Untersuchung von der konspirativen Tätigkeit Staatssicherheit Damit kann weitgehend die Gefahr der Dekonspiration der inoffiziellen Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit. Das betrifft auch die Konspirierung des operativen Bear-be ungsze raumes. In dieser Hinsicht kommt es vor allem darauf an, die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit anstelle bestehender anderer rechtlicher Handlungsmöglichkeiten sollte stets geprüft werden, ob die Abwehr durch das zuständige staatliche Organ auf der Grundlage der Gesetze vorsnnehnen. Beide Seiten bilden eine untrennbare Einheit: Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit schließt ilire Durchsetzung unbedingt ein; Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist nur auf der Grundlage der dargelegten Rechtsanwendung möglich. Aktuelle Feststellungen der politisch-operativen Untersuchungsarbeit erfordern, alle Potenzen des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von Personenzusammenschlüssen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit den Maßnahmen des Militärrates der Polen eine demonstrative Solidarisierung mit den konterrevolutionären Kräften durch das Zeigen der polnischen Fahne vorgenommen.

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